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Nummer 5/ — Jahrgang tmal wöch. Bezugspreis für März 3,00 M!>. einschl, Sesteligeio Anzeigenpreise: Tie Igesp. Petilzeile 804 Stellengesuche 40 ^z. Die Petitreklamezeile. 89 Milli meier breit. 1 Ofterlengebllhren für Selbstabkole LV L. bei Uebersenoung ourch sie Post außerüen Porlozufchlag Einzel-Nr. tv Sonntags-Nr. 18 ^ Dejchältlicher Teil: Artur Lenz in Dresden. D 0 IN! er 81 aq. 10. MIN z 1027 Im Falle höherer Geioalt erlischt jede Verpflichtung auf Lieserung sowie Erfüllung v Anzeigenaufträgen u. Leistung o Sclxrvenersatz. Für unüeull u. v. Fern, ruf übermitt. Anzeigen übernehmen wir keine Ver antwortung. Unverlangt eingelanbte u m Rückport» nicht versehene Manuskripte mcrd nicht aufbewahrt. Svrechstunöe oer Rcoaktion 2 3 Uhr nachmittag» Hauptschristleit.: Dr. Joseph Albert. Dresses Saronia- Buchdrucktrei «mdH., Dresden A. i. Pötierttrnhe l?» Fernruf ewlL. Hastlchecktonlo Dresden I47S7. ganNonto: L»e»d««r Bank, Dresden. UtrichäfiSstellr, Druck und «Verlag: -- - - - "sötie Für christliche Politik «n» Kultur Redakliou der Titchslsche» »volksseitong LreSden-UUItadl l. Polieiftrahe 17. Fernruf ÄNll und rioir. Der deutsche Liberalismus Don parlamentarischer Seite schreibt man uns. In den „Deutschen Stimmen", die Stresemann iahe stehen, findet sich ein Aufsatz, der die Stellung der bolkspartei innerhalb der heutigen Koalition im Reiche auf das Tiefste beklagt und der, um es kurz ;u sagen, wieder eine selbständigere Politik der Partei verlangt und ihre Loslösung von den Deutsch, nationalen. Am Schlüsse findet sich das Bekennt nis, die Partei müsse sich wieder mehr auf ihren „libe ralen" Gedanken besinnen und es werden kultnrpoli- tische Bestrebungen, wie sie Martin Spahn vertrete, ausdriicklich a b g e l e h n t. Sollte ihnen, so heißt es fast drohend weiter, das Kabinett die Zustimmung geben, so bliebe nichs anderes übrig als Austrittaus der Koalition. Diese Auslassung ist aus vielen Gründen interessant. Sie zeigt einerseits die Unzufridenheit, mit der anschei nend als Aschenbrödel nufgesaßten Stellung im Reichs- Kabinett, von der man aber gcrechterweise doch nur sagen kann, das; die Bolkspartei sie mit allen Mitteln ge s u ch t habe, andererseits die betonte kulturpolitische Unterschei- düng von den Deutschnationalen. Das Zentrum wird nicht genannt, aber die Ablehnung von Herrn Spahn — ob mit Absicht gerade ein katholisches Mitglied der deutschnationale» Reichstagsfraktion genannt wird, las sen wir dahingestellt - bedingt implizite natürlich eine «och schärfere Ablehnung des Zentrums! Weiter erfährt man. dasz die Bolkspartei auch bezeichnenderweise mit ihre in N a in e n nicht in ehr zufrieden sei. Sie begeht demnächst in Hannover das Fest ihres 60jährigen Bestehens, und bei dieser Ge legenheit beabsichtigt sie auch, ihren alten „nationa- l e n" Titel wieder auszunehmen, den sie zu ihrem Scha- den allzu sehr habe in den Hintergrund treten lassen. Bedenkt inan, das; schon auf dem Parteitage der Volks partei in Dortmund S t r e s e in a n n unter dem beson ders lebhaften Beifall der Versammlung damals einen ähnlichen Gedanken ausgesprochen hat. so wird man die neuerliche Wendung nicht weiter verwunderlich finden! Unseres Erachtens bedeutet das eine entschiedene Klärung. Das deutsche Parteiwesen hat nach der Revo lution ein Gesicht angenommen, das nur verständlich wurde unter der allgemeinen Katastrophenstimmung, die damals herrschte. Schon die übermäßige Betonung des Wortes „Volk" in allen Parteien mutzte auffällig sein. Alle bürgerlichen Parteien machten es — freilich mit Ausnahme des Zentrums. Aber es waren eben Revolu- tionserscheinungen, die offenbar heute von denselben Par teien nicht mehr so wichtig genominen werden. Ans jeden Fall haben weite Volkskreise sich in den letzten Jahren gewöhnt, in der Bolkspartei eine „Rechts partei" zu sehen. Und wie man in den positiv christlich eingestellten Kreisen diese auch immer kulturell im christ lichen Sinne als zuverlässig zu betrachten meinte, so ging auch die Volkspartei im großen Rahmen mit durch als Partei einer positiven christlichen Einstellung. Das ist s: egarnicht! Und es ist gut. das; sie wieder den libe ralen Gedanken öffentlich betont und dadurch ihre Sonderstellung; denn Liberalismus und Chri- stentum in dem Sinne, wie es die gläubigen Kreise in Deutschland vertreten, sind keineswegs Freund e. Aber die Einstellung der Volkspartei ist ganz klar. Sie will mit der Betonung des liberalen Gedankens E r- ober ungen nach rechts und nach links ma chen. Einmal bei den Deutschnationalen. Es ist be kannt. daß diese kulturpolitisch nichts weniger als ein heitlich sind, und nur die Besonderheiten der Lage Deutschlands brachten es mit sich, das; die heterogensten Elemente sich an die deutschnationale Seite schlugen. Warum sollten, so rechnet man in der liberalen Partei, dort nicht wieder freikonservative Ideen aufkommen? Sicherlich ist diese Spekulation nicht schlecht: denn mit dem Schwinden des außenpolitischen Drucks und der all gemeinen Angleichung an die gegenwärtigen politischen Verhältnisse sind die Aussichten »ach rechts nicht übel lind die Rotwendigkeit der Unterscheidung wird je länger desto wichtiger, wenn die Volkspartei sich überhaupt auf die Dauer halten will. Hier soll eben das „Liberale" im Gegensatz zu der deutschnationalen Orthodoxie entschei dend sein. Rach links hofft man ebenfalls aus den Reihen der zerfallenen Demokraten auf Zuzug. Die Liberalen sind immer Optimisten gewesen, und so hoffen sie gerade für die Zukunft auf einen neuen Aufschwung. Für die christlichen Kreise ergibt sich erneut, wie schmal die parlamentarische Basis in Wahrheit t st, auf der wir Kämpfen müssen. Aber je besser man die wahren Freunde und Gegner er kennt, desto geringer die Illusionen. Unsere kulturpoli- ttschen Ziele können nur durch kluge und gewandte Tak tik zum Siege geführt werden, und wir wülsen die Mehr« Die Hauptsragen ln Genf Die -eulsch-polnischen Slreilpnnkle — Die Saarsrage — Italien und Rumänien Genf, 9. März. Im Programm der Ratstagung wie In den politischen Be sprechungen der führenoen Siaatsmänner nehmen die deutsch-polnischen Fragen den ersten Platz ein. Diese Tatsache wird auch nicht verwischt dadurch, daß Lhamberlain in einer Besprechung mit Pressever- tretern de» rumänisch-ungarischen Konflikt als den einzig ersten Punkt der Tagesordnung bezeichnet hat. Mil der Ankunft des deutschen Gesandten in Warschau Rauscher uno des Leiters der Abteilung siir di« Frage» der Wanderarbeiter im preußischen Ministerium des Inner», Ministerialrats Rathenau, voran, gegangen war, sowie mit der ersten Verhandlung der oberschle- fischen Schulsragen in der heutigen Ratssitzung ist der Austakt siir Sie Erörterung dieser Angelegenheiten gegeben. Seit >zestern weiß man von Bemühungen, die deutschen und die polnischen Vertreter an einen separate» Verhandlungstisch zu bringen. Man darf vielleicht prophezeien, daß diese Bemühungen von Erfolg gekrönt sein werden. Ob es freilich zu einem sachlichen Ergebnis kommt, steht noch keineswegs fest. Abschließendes darf mit Rücksicht auf die Kompliziertheit der Probleme für Genf nicht erwartet werden, wo höchstens die Wiederaufnahme der unterbrochenen Verhandlungen vereinbart und vielleicht gewisse Richtlinien besprochen iverden könnten In Ser Angelegenheit des Handelsvertrages und des Nie- d e r l a s s u n g s r e ch t e s, die beide nicht als politisch ange- sehen werden dürfen, würde eine elwaige Verständigung bei ein- sichtsvollem Verhalten Polens allenfalls denkbar fein. Dagegen ist in der oberschlesische,, Schulfracie ein reiner Nechisfall zu enlscheiden, dessen Regelung oem Rate auch dann obliegt, wenn Sie übrigen deutsch polnischen Ange legenheiten ans dem Genser Iiilercssenkreise. dem sie offiziell nicht angehören, wieder aus das Gebiet direkter Verhandlungen übertragen werden sollten. Diese Schulfrago Hot den Hauptgegenstand der g estrige n sehr kurzen Sitzung des V ö l k e r b u n o s ra t e s gebildet. Ter Rat hat nach kurzer Beratung eine Unterkommission zur Prüfung dieser Angelegenheit eingesetzt. Die Unterkommission ist vom Völkcrbimdsrat beauslragt. das gesamte vorliegende Material eingehend zu prüfen und noch in dieser Tagung dem Rat zu einer endgültigen Stellungnahme vorzulegen. Die Unter kommission beginnt bereits heute zu arbeiten. Man erwartet, daß der Völkerbundsrat Ende der Woche und zwar Donnerstag oder Freitag, die endgültige Entscheidung in der oberichlcsischcir Schulsrage tresfc» wird. Danziger Angelegenheiten beschäftigen gegenwärtig das Finanzkomiteo des Völkerbundes. Es handelt sich vor allen um die Regelung von Zollsragen und die Ausgestaltung des zur Fundierung einer Anleihe ge planten TabaKmonopols. Zwischen Polen und Danzig bestehen in diesen Punkten Meinungsverschiedenheiten. Diese Ange legenheiten dürsten oem Rai am Donnerstag vorgelegt iverden. Die deutsche Delegation sicht ans dem Slandpunkt. daß eine Verquickung dieser Ostsrage mit den Probleme» der West grenze nicht möglich ist. Das Saargebiet steht hier im Mittelpunkt der Erörterungen. Die deulsche Dele gation hat in einem Memorandum ihren Stanapunkt dargelegt. Einmal wünscht Teutschlanü. daß das internationale B ah n sch u tz k o r p s aus 20» Mau» herabgesetzt wira. Da neben ist eine Umbildungder S'aa r - 9! egieru n g , die durch den Rücktritt des bisherigen Präsidenten Stephens heit nehme», wo wir sie bekommen: vcm einer „christ lichen" Rechten kann in Deutschland jedenfalls keine Rede mehr sein! Die letzte Kundgemmg der Deutschkanserva- t i v e n ist vielfach als der Beginn einer Trennung der Konservativen von den D e u t s ch n a t i o n a l e n angesehen worden. Dieser Auffassung tritt erneut der deutschnationale Abgeordnete Everlingin der „Kreuz zeitung" sRr. 110) entgegen. Everling macht dabei in Wiederholung früher gemachter Aeutzerungen Bemerkun gen. die mit dem, was sich bei der Regierungsbildung abgespielt hat und was die Deutschnationalen beim Re gierungseintritt an Verpflichtungen übernommen habe», keineswegs übereinstimmen. Er verweilt ausdrücklich (Kanada) aktuell geworden ist, in dem Sinne erwünscht, dag auch das belgische Mitglied der Saar-Negierung, Lambert, aus- scheidet und an seine Stelle ein Vertreter oes Saargebietes selbst tritt. Diese Wünsche stoße» auf den geschlossenen Widerstand Frankreichs und Belgiens. Eine Entscheidung über dies« Probleme des Saargebiets Ist wohl erst am Sonnabend zu erwar« ten. Di« große Sensation des Tages bildete gestern ein« Erklärungder italienischen Delegation über da» italienisch-rumänisch, Abkommen über Bessnrabien. Dieses Abkommen ivar bereits 1920 zwischen Rumänien einer seits. England. Frankreich. Japan und Italien «noererseils ge schlossen worden. Italien hatte aber die Ratifikation hinaus- geschoben, um den interessierten «Mächten. Rumänien und Ruß. land. Gelegenheit zu einen, gütlichen Ausgleich zu geben. Di« Erklärung betont, daß mit der jetzt erfolgten Ratifikation vcm Italien in keiner Weise eine Unsreuiidlichkeit gegen das be freundet« Rußland bezweckt werde Der Ratifizierung sei kein» über die Bedeutung oes Vertrages hinaus gehende Tragweite beizumessen. In Genfer Kreisen wird diesem Schritte Italien» trotzdem eine gewisse Bedeutung in dein Sinne beigemessen, al» er nicht nur die italienisch-rumänischen Beziehungen betont, sondern auch aus der Linie der jüngsten englischen Politik liegt. Stresemann empfängt Genf, 9. Mürz. Reichsminister Dr. Stresemann empsmg gestern nachmittag nacheinander den Be uch Banderveldev und E h o m b e r l a i »4. Beide verweilten über I'.'z Stunden bei Tr. Stresemann. Die für gestern nachmittag geplante B.'prechung mit Briand wurde aus heute verschöbe». Außerdem wird Jicichömin ster Tr. Stre emann l en e eine Be prechung mir dem polnijchen Minister des Aeußeren Zer les ki haben. Neichc-minister Dr Stresemann gibt in seinev Ehzen chaft ai-S Präsident des BölkcrbuiidSralS heute abend den übrigen Mitgliedern des Rots ein Tuier. Der Lettische SZanöMnM Gens, 9 'Marz Der britische Staatssekretär für Auswärtige Angelegen heiten. Sir Austen Chamberlai», hat gestern nachmittag vor Pressevertretern die Stellung Großbritanniens zu der ge» genivärtigcn Ratstagung dargelegt. Chamberlai» bezeichnete die Ratstagung als ..nicht aip- rcgeno" und meinte, es besiehe die Neigung, bei jeden, Zusam mentreffen von Außenministern der Großmächte und anderen Politikern, die Herbeiführung einer neuen oder eine einschnei dende Wendung der bestehenden Politik zu erwarte». Soweit die britische Regierung i» Betracht Kamme, sei eine solche Absicht keinesfalls gegeben Wir haben seit mehr als zwei Jahren, sagte Ckamberlain. die gleiche Politik mit Stetigkeit »ersolgl. Unser Ziel ist die Herbeiführung eines wirklichen Friedens: dev erste grosse Sä,ritt in dieser Richtung ist in Locarno gemacht morden. Dm Cintiftt Deutschlands in de» Völkerbund und sein warmherziger und frei mütiger Empfang n«ar der zweite. Iedenialis Kat England nie mals versucht, seine Intereße» durch die Schau." o»"r auf den Gesiiii'.nngsiw'. behalt. den Gras Westarp für seine Fraklicm vor Billigung der Richiiinic". gegeben habe. Everling beliebt hier wieder eine Zw-eide nigircit. die im hohen Grade peinl cb empfunden morden mntz. Es reimt sich auch sch'echi zusammen, daß er die 'Varule der Konservativen: „Mil Gail für König und Valeriand, mit Gott für Kaiser und Reick!" als die Grundlage auch der Arbeit der Denlschnaiianalen in demselben Augen blick proklamiert, in welchem die deulschnatianalen Mi nister mit Billigung der gesamten deutschmüianalen Fraktion, also auch des Herrn Everling. den Eid auf die republikanische Verfassung und ans die Repa- blik geleistet haben. Man sollte doch endlich einmal auf hären. durch solche Zweideutigkeiten die sachliche Arbeit immer wieder zu stören und zu gefährden.