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Sächsische Volkszeitung : 16.03.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-03-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192703167
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19270316
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19270316
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-03
- Tag 1927-03-16
-
Monat
1927-03
-
Jahr
1927
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 16.03.1927
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Dresden „Im Wal- und auf -er Kelde . . . Folgende beachte,,S>verte Worte richtete der Förster Nö>ch in Seußlitz bei Großenhain <m das Pubklikum: „Es »ahr wieder die schöne Zeit, wo jung und alt gerne hinauswaudert in die herrlich« Natur, aber leider wird auch in Feldern und Wäldern durch rohe, unüberlegte. Menichen viel Schade» angerichtet, ohne daß die meisten es ahne». Ein beliebtes Ziel ist der Seußlitzer Forst, und wie es da maiichmal auSsieht, ist eine Schande; alles vollt Frühftückspapier, Kartons, Büchsen, junge Bäume abgebrochen und abgeschnitten, Tore und Sitzbänke dem» lierr, kein verbotener Weg wird respektiert. Den ersten Auftakt gab letzt eine Schule mit zwei Lehrern. ES ist traurig, daß gerade von den Schulen so wenig Rücksicht auf Wald und Wild genommen wird. Viele Menschen wissen gar nicht, was sie dem Forscheamten für Aerger bereiten, wenn sie die junge» Bäumchen abbrechen und ab schneiden, sie wissen nicht, daß sie 5—7jährige Arbeit und Kosten ver nichten. ES wird an alle Elltern und Lehrer die Bitte gerichtet, doch durch Ausklärung der Jugend beizutragen, daß diese Ungehörigteiten unterbleiben. Wenn jemand ein Stückchen oder eine Rute haben muß, so mag er diese doch aus einem Busch zuschneiden, aber keinen gepflanzten Baum vernichten. Es werden in dem Seußlitzer Forst in den näch sten Jahren mehrere ausländische Waldbäume angepflanzt, oa wäre cs doch jammerchade, wenn sie gleich wieder ver nichtet würden. Ich richte an alle Naturfreunde die Bitte, helft mft dazu beitragen, daß uns die Stimmung im herr lichen Waldesdom nicht durch Schandtaten getrübt wird. Ter geschätzte Forstmann hat ohne Zweifel recht. Und was er dem Großeuhainer Publikum ans Herz legt, gilt auch all den anderen „Publikümern" im schönen Sachsenlande. Darum zeigt euch eurer schönen Heimat würdig! Auch im deulichen Walde! Lehrerschaft und Schulärr-erungsgefetz Dresden, den 1-1. März. Dein Landtage liegt bekanntlich dos Schuländerungs gesetz vor, das vor allen Dingen eine Neuregelung der Pslicht- slunüenfroge bringen soll. Der Dresdner Lehrervcrein hat hier zu folgende Entschließung gefaßt: „Am 31. März 1927 soll das Personalabbaugesetz vom L7. Mürz 192-1 außer Kraft treten, das von der Lehrerschaft vor allem durch Erhöhung der Pflichtstundenzahl, aber auch durch Minderung anderer Rechtsverhältnisse Opfer gefordert hat. Mit Bestimmtheit mußte erwartet werden, daß nach Ab lauf des Personalabbaugesetzes der vor ihm bestehende gesetz- Iicl)e Zustano wieder herbeigesührt würde. Die Lehrersclwst ist enttäuscht worden. Tos dem Landtag vorliegende Schulünde- rungsgesetz ist ein neues Abbaugesetz unter anderem Namen. Der Dresdner Lehrerverein erwartet deshalb vom Landtag, daß er dieses Gesetz in ollen seinen wesentlichen Teilen ablehnt und bezüglich der Pslichtstundenzahl, der Versetzung von Lehrkräften, der Personalslänoigkcit und der Verpflichtung zur gegenseitigen Vertretung die Rechtsverhältnisse wieüerherstellt, die vor dem Perjonalabbaugesetz auf Grund des Schulbedarfsgesetzes galten." : Kreishauptmann Buck beurlaubt. Kreishaupttnann Buck ist für oie Zeit vom 14. dis 26. März beurlaubt und wird wahrend dieser Zeit durch Geheimen Regierungsrat Dr. von Hey gendorf vertreten werden. : „Zriny." Tos große Trauerspiel von Theodor Körner wurde am Sonntag von Mitgliedern des Katholischen Gesellen vereins Dresden-C. im Kolpinghaus zur Aufführung gebracht. 24 Jahre lag die letzte Aufführung dieses Theaterstücks zurück. In einleitenden Worten wurden die zahlreich erschienenen Gäste mit oen historischen Begebenheiten des Spieles vertraut gemacht. Mit jugendlicl)em Feuer gespielt, zogen die ergreifenden Szenen an den Augen der Zuschauer vorüber. Die.erprobten Mitglieder der dramatischen Abteilung zeigten sich der großen, an sie ge stellten Aufgaben voll und ganz gewachsen. Was ihnen auch der vollbesetzte Saal durch reicl>en Beifall zum Ausdruck brachte. — Möchten doch oft von Volkserzieherischen Vereinen soläse alle erpiodte Theaterstück« geboten werden, deren bildender und erzieherischer Wert sehr zu schützen ist. : Tie Ausstellung » vc» Alkoho Minus ist bisher von 12 000 Perionen ft worben, davon waren 2363 Schüler. Die Ausstellung ist bis zum 2 4. März tägl.ch von 8 Uhr vormittags bis 9 Uhr abends. Sonntags von 11 Uhr vormittags bis 6 Uhr abends bei freiem Eintrit geöffnet. Am Dienstag, den 15. März, findet 6 Uhr abends durch Prof. Dr. Neubert eine Führung statt; 8 Uhr abends wird Frau Dr. Putzer über „Alkohol und Nach kommenschaft" sprechen. Siedlung und Wohnungsnok Eröffnung des «iffenschaftlichen Lehrganges über das deutsche Siedlungswesen in Leipzig ^ , , Leipzig. 15. März. Gestern vormittag wurde im Festsaal des Neuen Rathauses durch Oberbürgermeister Dr. Rothe der Wissenschaftliche Lehrgang über das deutsche Siedlungswesen in Staat und Land eröffnet, den der Rat der Stadt Leipzig und das Deutsche Archiv für Siedlungswesen im Zusammen wirken mit andern Körperschaften im Anschluß an die Leipziger Siedlungswoche vom 14. bis 31. März veranstalten. Der Lehr- gang soll, wie Dr. Rothe aussührte, im Gegensatz zur Sied- lurihswoäze. die sich an breitere Kreise wandte, den interessierten Kreisen Gelegenheit geben, sich in Spezialvorträgen bester Sach kenner über das gesamte Stedlungsproblem zu unterrichten. Eine der wichtigsten Aufgaben der ösfentlichen Verwaltung sei die Beseitigung der Wohnungsnot. Es könne und müsse möglich sein, in 4 bis 5 Jahren dieses Ziel zu erreichen. Die Stadt Leipzig habe den ernsten Willen dazu. Sie habe aus Mitteln ihres Stvmmverknögens bereits 10 Millionen Mark für den Wohnungsbau ousgegeben. Da aber eiheitliche Richt linien über die Beschaffung und Verwendung von ösfentlichen Mitteln fehlten, sei es möglich, auf lange Sicht zu disponieren, Diese Möglichkeit zu schaffen, sei Pflicht des Reiches. Arbeitsminister Elsner. der mit dem Innenminister Dr. Apelt für die sächsische Regie« rung erschienen war, wünschte dem Lehrgang im Namen der Staatsregierung besten Erfolg. Der Vorkriegszustand im Woh. nungswesen könne nicht wieder hergestellt iverden. Das ver biete sowohl die Gestaltung der wirtschaftlichen Verhältnisse in der Nachkriegszeit als auch ose Erkenntnis, daß es sich beim Wohnungsbau in hervorragendem Maße um eine öffentliche An. gelegenheit handelt. Es gehe nicht an, den Wohnungsbau lediglich als eine Sache der Privatwirtschaft zu betrachten. M i t Privatmitteln die Wohnungsnot zu beheben, sei aus- geschlossen. Reich, Staat und Gemeinden müßten richtung gebend eingreifen. Insbesondere aber müsse das Reich, darin stimme er mit dem Oberbürgermeister überein, um Staat und Gemeinden die Aufstellung von Ba u p r og ra in m e n zu ermöglichen, baldigst eine endgültige Regelung über die Be. reitstellung von öffentlichen Mitteln herbeisühren. Hieraus hielt Reichsmintster a. D. Dr. Külz eine grundlegende zweistündige Vorlesung über „Die Haupt- aufgaden des deutschen Siedlungswesens im Lichte unserer Gesamtlage". In tiefgreifenden Ausführungen brachte er das Problem des Siedlungswesens in den nötigen, bisher meist zu wenig beachteten Zusammenhang mit den An« foroerungen uirü Aufgaben, die sich aus unserer Lage überhaupt ergeben. Die Hauptsache sei, die durch die Ind u str ia li s i e - rung herbeigesührte übertriebene Urbanisierung der Bevölke rung durch eine planmäßige Siedlungspolitik ein zudämmen und auf diese Weise auch das städtische Wohnungs problem zu mildern. In den Städte» werde man Hochhäuser und Miethäuser nicht entbehren können, die Entwickelung müsse aber dahin gehen, daß Heimstätten und Siedlungen dos Charak» teristi-kum für die Außenbezirke der Städte werden. Auf dem Lanoe seien durch großzügige innere Kolonisation bäuerliche Siedlungen zu schaffen, namentlich in den gefährdeten, dünn bevölkerten Randgebiete», Posen und West- vreußen wären vielleicht nicht verloren gegangen, ivenn Jahr für Jahr 5000 deutsche Bauern angesiedelt worden wären. Jede neue ländliche Siedlung sei ein neues Bedarsszentrum für den Binnenmarkt und zugleich eine Produktionsstätte für einfuhr- tparende heimische Versorgung. 100 000 Bauern seien in vieler Beziehung ein Aktivposten in der Volkswirtschaft. 100 000 Erwerbslose aber in jeder Beziehung ein Passivposten. Die rationalisierte Industrie sei gar nicht mehr in der Lage, den Ueberschutz der ländlichen Bevölkerung auszunehmen. Es sei daher «in wirtschafts- und sozialpolitisches Gebot, diesen lieber» schuß, statt ihn in der Stadt der Erwerbslosigkeit preiszugeden. durch bäuerliche Sieolung aus dem Lande fest« zuhalten. Auch unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung der Volkskrost müsse die innere Kolonisation gefördert iverden. da der Geburtenüberschuß säst ausschließlich vom Lande komme. Das Problem sei in seiner Bedeutung als Lebensfrage der ganzen deutschen Nation von den verantwortlichen Stellen neuerdings erkannt woroen. Der bürokratische verwaltungsmäßige und parlamentarische Apparat sei für die schnelle und wirksame, Durchführung aber zu schwerfällig: es müsse daher ein kausmän« nischer Apparat aufgezogen werden. Zur Finanzierung sei di« Errichtung einer Reichsrentenbank und die Umwandlung der Zwischen Kredit« in Dauerkreditr notwendig. Die Siedlung sei keine Parteisache, sondern eine SacheLesganzen Volkes. Nur die Völker werden bestehen, so schloß der Redner, die rest los ihr« natürlichen Kraftquellen ausschöpfen. Gerade das deuisci)« Volk ist gezwungen, seinen Lebensraum unvermindert zu erhalten, und sein« Lebenskraft nach Möglichkeit zu steigern. Das ist die hohe Aufgabe des Siedlungswesens in Stadl und Land. ; Die Ausstellung „Der Mensch" in Oslo. Die vom Deut schen Hygiene-Museum in Zusammenarbeit mit dem Norwegi schen Roten Kreuz veranstaltete Ausstellung „Der Mensch" ist in einem Zeitraum von 3 Wochen in Oslo von über 70 000 Personen besucht worden. Dabei ist die Ausstellung von vor mittags 11 bis abends 10 Uhr geöffnet gewesen und mußte stun denweise gesperrt werden, weil die Räume nicht in der Lage waren, die Besucher, die zu einem großen Teil von auswärts kamen, zu fassen. Dresdner Lichlsplele Capitol Staatsanwalt Jordan Hans Land hat zu einer Zeit, da der Naturalismus in Virile stand, einen Roman geschrieben, in dem das alte Thema: „Richtet nicht!" in eine neue Form gegossen war: Ein Slaatsan- ivalt namens Jordan ist als scharfer, rüchsichlsloser Ankläger be kannt. Die menschlichen Nöte der Angeklagten kümmern ihn nicht, nur der Buchstabe des Gesetzes. Da ereilt ihn das Schick sal: Ein Nlädchen, dessen Mutter er wegen Kuppelei zur Verur» teilung bringt, macht einen unauslöschlichen Eindruck auf ihn. Zum ersten Male im Leben gleitet er aus der Bahn, will Frau und Beruf um seiner Leidenschaft willen verlassen. Das Mäd chen aber fühlt «ine andere Leidenschaft: Roä>e. Sie zwingt den alternden Mann auf die Knie, um ihm dann zu sagen: „So. Herr Staatsanwalt, jetzt sind wir quitt". Er überwindet das nicht und begeht Selbstmord. Ein Einzelsall — so hat es -Hand Land gesehen. So stellt auch Hans Mierendorff, der Hauptdarsteller des Filmes, seinen Staatsanwalt Jordan hin. Mary Johnson, seine Gegenspieierin, ist interessant und sympathisch. Der Film ist, im ganzen gesehen, eine sehr saubere Leistung. Zwei Bedenken aber lassen sich nicht beseitigen. Einmal haben wir heute nicht mehr die Einstellung zu den Dingen des Lebens, die den Naturalisten Grundlage ihres künstlerischen Schaffens war. Was kümmert uns heute ein Einzelschicksal, das keinen typischen Zug ausweist? Das Publikum lacht an den un passendsten Stelle»,- es findet den Staatsanwalt, der sich selbst verliert, lächerlich. Oder es sucht doch — ganz entgegen der Absicht des Dichters — aus Jordan einen Typus zu machen und denkt: „So sind sie, die Staatsomväite!" Das.ist heute, wo die „Vertrauenskrise" der Justiz ein schweres innerpolitisches Pro blem bildet, eine höchst unerwünschte Wirkung. Aus diesen Gründen darf es als nicht ganz glücklich bezeichnet werden, daß man uns diese Geschichte von gestern heute im Film »och einmal vor Augen führt. Leipzig ) Zentralverband der Arbeitnehmer össentlicher Betriebe und Verwaltungen, Fachgruppe Straßenbahner (Christliche Ge werkschaft). Am Donnerstag, den 17. März, abenos 148 Uhr findet in „Brückners Restaurant", Kolonadenstraße 13, 1.. eine wichtige Mitgliederversammlung mit- folgender Tagesordnung statt: 1. Bericht über di« Rechts- und Gehaltsverhältnisse der im Angestellten- und Beamtenoerhältnis befindlichen Straßen bahner Deutschlands. 2. Stellungnahme zur Betriebsratswahl. 3. Verschiedenes. Sämtliche dienstfreien Kollegen werden drin- gend gebeten diese Versammlung zu besuchen. Unorganisierte als Gäste willkommen. ) Zuchthaus wegen Betruges. Wegen Betruges im Rück- lalle und wegen Urkundenfälschung wurde vom hiesigen Schöf fengericht der vorbestrafte Maler Franz Kumisch aus Leipzig zu drei Jahren sechs Monaten Zuchthaus und 1200 RM. Geld strafe und süns Jahren Ehrenrechtsverlust verurteilt. ) Bon der Landesuniversität. Wegen Ueberlragung des LHrstuhls für Chemie in der Philosophischen Fakultät der Uni versität Leipzig sind Verhandlungen mit dem Professor an der Technischen Hochschule in München Dr. Hans Fischer emgeleltet worden. Elisabelh Bergner Morgenfeier in der „Komödie". Längere Zeit schien es. als seien die arotzcn Schauspieler, die, von denen nicht nur einzelne, sondern alle sieberhast schivär- men, ausgestorben. Die großen „Namen sind ja dagewesen, die Achtung vor ihnen ebenfalls, aber die gewisse zärtliche Liebe, die vom Backfisch dis zum alten Herrn alle ergreift, die zuletzt einem Josef Kainz zuteil wurde, die kennen wir in den letzten 15 Jahren nicht mehr! Elisabeth Bergner hat alle Aussich ten. ein solcher erkorener L-eiftins d-s.deutschen Publikums zu werden, jo, wenn man den rasenden Beifall des vollständig aus- vvrkauslcn Hauses mit den unzähligen Hervorrusen in Betracht zieht, ist die Bergner dieser Liebling, ist die große, allseitig ver ehrte Schauspielen» schon jetzt. Trotz ihrer Jugend. Zwei sehr beifällig aufgenommene Films („Geiger von Florenz" und „Nju"), noch mehr aber ihre geniale Darstellung der „Heiligen Johanna" haben sie in kurzer Zeit die am meisten genannte Künstlerin werden lassen, die I-eule bereits — nicht zuletzt veranlaßt durch Arthur Eloesserg liebevolles Buch „Elisabeth Bergner" — «in künstlerischer Glorienschein umgibt, noch dem so viele Große weit mehr Jahre streben mußten. Daß sie unser Dresdner Ge neralintendant Dr. Reucker gewissermaßen „entdeckt" hat. wird wenigen bekannt sein. Daß die zarte Frau mit dem klugen Knabengesichl und der ekstatischen „Kunst des Erlebens" sich durch ihre Hartnäckigkeit und unverdrossene Energie zu dem «mpor- geschmungen hat, was sie heute ist, das glaubt man ihr sofort. Elisabeth Bergner las von Schnitzler die Novelle „Fräu lein EI se". Eine Erzählung, bei der Thema und Variation so uneinheitlich sind, daß man verzweifeln könnte. Das Thema geht aus das bekannte Manna Bann« Motiv zurück. Wie immer ist die Atmosphäre erotisch. Diese Erotik ist wie immer parfümiert und ihren gewaltsamen, höchst unerfreulichen Sentiment-Entgleisun- gnn steht der gesund« Mensch fremd gegenüber. Diese todesmüde, schlappe Einstellung jeden Widerstandes gegen das Leben und seine Härten, der doch das Leben erst lebenswert macht, die für uns wir eine Persiflage winkende, abstoßende Darstellung des mondänen Wiener Gesellschastslebens erscheinen wie Sterbeseuf- zer einer zum Falle reifen „Kultur". Soweit das Thema. Mer die Variationen, d. h. also die Technik der Gestaltung macht Schnitzler keiner nach. Er ist der unbestrittene Meister der mo- Kein erklärender oder schildernder Satz ist in dieser Novelle. Sie besteht nur aus einem von Dialogen durchbrochenen Atono- iog der alles, was zu schildern sonst nötig wäre, ganz unauf fällig dazutut. Diese Art Gestaltung ist von einer künstlerischen Kraft, von einem Nüancierungsreiz, von einer beispiellosen Ein dringlichkeit, daß Charaktere mit scheinbar dünnen Strichen entstehen und Seelen bis in ihre subtilsten Fasern dlosgelegt werden. Elisabeth Bergner fand hier etwas, zu dem sie in Beziehung steht. Ihre Kunst ist ja ebenfalls die der subtilsten Stimmungsgestaltung. Ein feines, dünnes, ätherisches Figür- chen tritt sie vor uns. dem aber dennoch nichts Krankhaftes oder Unwirkliches anhaftet. Lin MensckftnkinS, das um Verständnis und Zärtlichkeit sieht, das gestreichelt sein will. Ganz so wie sie auf der Bühne oder im Film erscheint. Ganz so wie sie Arthur Eloesser schildert. Und wenn sie mit leicht anklingendem Wiener Akzent zu sprechen beginnt, wenn die Stimme in Angst vibriert, die ganze Erscheinung Hilflosigkeit «»nimmt, dann ist jedermann mit ihr, ist jedermann bereit, dieses zärtliche und Zärtlichkeit heischeitde Menschenkind zu streicheln. Das Erotische geht in ihrer — sehr stark gekürzten Vorlesung — fast verloren, man interessiert sich nur mehr für das in den Klauen des Geiers ver hauchende Vögelchen, nicht für Manna Vanna, nicht für Eehnitz. ler. Und in diesem Sinne bot uns die Bergner einErl« bnis, für das wir dankbar sind. Franz Zickler. Zweiter Deeihovenaben- des deutschen Arbeiter-Sängerbundeg Das Bärtichquartett (Herren Bärtich, Wunder lich. Rokohl, Schilling) vermittelte am Sonntagabend das C-MoIl°Quart«tt iWevk 18) und das E-Mall-Quartett (Werk 59). Weiter setzten sich die Herren Wunderlich, Nokohl und Schilling für das G-Dur-Trio- (Werk 9) ein. Sämtliche Werke wurden in geradezu idealer Weise geboten. Echte Beethoven- weihc lag über den Werken und der Ausführung. Aber nicht nur über den Schöpfungen dieses Musiktitanen, sondern auch über den Zuhörern. Man dürfte nicht allzuoft eine derartige Andacht bei gefülltem Saale an einem Konzertabende spüren, wie dies am Sonntag im Volkswohl der Fall war. Und da wol len uns gewisse Neutöner, deren Werke klägliches Stückwerk gegen die unsterblich^, Schöpfungen eines Ludwia van Beet maßloser Selbstüberhebung auf eine höhere Stufe. Die Zeitge schichte wird ihnen über kurz oder lang die richtige Antwort daraus geben! Vor dem Schassen eines Beethovens ist noch nie mand geflüchtet. Es mehren sich jedoch jetzt die Fälle, wo inan vor der neutönerischen Unmusik die Flucht ergreift. Sehr tref fend ist auch, daß man die Kritik schon scheut. Beethovens Schassen fand im Bolkswohlsaale begeisterten Beifall. Zu er wähnen wären auch noch die trefflichen Erläuterungen, die Kam mervirtuos Schilling dem Programm beigegeben hatte. Kaufmannschaft. In einem Konzert des M.--G.-V. „Lied- hoch" hörte ich am Sonnabend die Violinistin Anna Maria Serbeck. Ihr treffsicher Lehrer ist Johannes Stri« gler. Sie spielte das A-Moll-Konzert für Violine von Joh. Seb. Bach. Man kann der sungen Künstlerin für ihren Weg ans der Mulikerluufbahn nur Glück wünschen. Sie betritt! mit bestem Rüstzeug versehen einen Pfad, der wohl reich an Dornen und Hindernissen ist, der aber auch durch Glanz und Schönheit immer wieder verlockt. De jugendliche Dame kann ihn aber unbesorgt und festen Schritts betreten; denn wer sein« Feuertaufe so glänzend besteht, wie Anna Maria Seebeck, der kann sich beichten Herzens auf diesen Weg wagen. Sie ist mit ernem Htchstmc-ß künstlerischer Sorg falt und Gediegenheit betraut worden. Demzufolge hat sie eine sichere, saubere und schön ausgeglichene Technik. Nach brr Herzhaftigkeit zu schließen, mit der sie aus satte Strichfärbung zustrebt, steht zu erwarten, daß der Ton noch an Größe und Füll« gewinnen wird. Schon jetzt besticht er durch Forsche und Edelklang. Mir Technik allein ist'S aber nicht getan. Besonders wichtige Faktoren sind Ausdruck und Musikalität. Auch mit diesen beiden kann Anna Maria Seebeck auftvarten. Im Andante machten sich Wärm« und Weichheiten der Tongebung ganz besonders bemerkbar. Für ihre Musikalität sprechen Durchsichtigkeit in der Linien-- führung, Tonreinheit und ein ausgezeichnetes Einfühlen in den klassischen Charakter des Bachschen Konzertes. Die Künstlerin fand reichen, wohlverdienten Beifall, von dem sie gewiß gern einen Teil an ihren künstlerisch fein emp findenden Lehrer abgeben wird. Auch prächtige Blumen waren äußere Zeichen aufrichtiger Anerkennung. Das Kon zert begleitete unter der gewandten Leitung Paul Englers der Händelverein recht wacker und dozent, wie er auch schon vorder das Concerto arokkn von Knrelli oeickr
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