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Nummer 89 — 26. Jahrgang «mal wöch. Bezugspr«!» für April 3,V« Mk. «inschl. SesteNgew. «nzrlgenpreife: Die Igesp. Petitzeile 80 üj. Stellengesuche SO Die Petitreklamezeile. 89 Milli meter breit. 1 Offertengebühren siir Selbstabholer SO L. bei Uebersendung durch die Post außerdem Portozuschlag. Einzel-Nr. 10 L, Sonntags-Nr. IS L . Beschästlicher Teil: Artur Lenz in Dresden. ÄÜÜllWw Sonntag, den 17. April 1927 Im Falle höherer Gewalt erlischt jede Verpflichtung auf Lieferung sowie Erfüllung o. Anzelgenaufträgeir u. Leistung v Scl-adenersatz. Für undeutl. u. d. Fern/ ruf iibermitt. Anzeigen übernehmen wir keine Ver antwortung. Unverlangt eingesandte u. m. Rückport» nicht versehene Manuskripte werd, nicht aufbewahrt. Sprechstunde der Redaktion 2—3 Uhr nachmittag» kmuptfchriftleit.: Dr. Ioleob Alber» GeschiistSst«»«, Druck und «erlag: Saronia- Bttchdrulkeret GmvH.. Dresden.«, l, Polierftrohe 17. Fernruf 21012. Postscheckkonti: Konkursverwalter ltlecma»», Dresden 106«. Für christliche Polilik und Kultur iltedaktto» der »ächstschen «olkS^eitniig DreSden-Attstadt >, Polteistratze 17. Fernruf 70 und »1012. !7U Spaüung dsr^anlon-Partei? General Tschangkaischek gegen die Radikalen in Südchina — Die Stellung -es Autzenminislers Tschen — Tschens Anlworl an die Mächte Ostern Jeder von uns hat nach den Gesetzen der Harmonie eine ihm eigene und gemäße Bestimmung zu erfüllen, lind in einem genau gemessenen Maß der Zeit drängt uns die Kraft nach Erfüllung voran, unausgesetzt, ohne Stok- Irung, und wer diese Kraft versäumt, steht nutzlos in den Akten der Geschichte, — nutzlos im Taufbuch, nutz los am Stein seines Grabes benannt. In einer Welt voll menschlicher Disharmo - n i e aber — voll Haß. voll Elend und voll von Hemm nissen — ein Lebenswerk zu erfüllen, heißt nichts ande res als: Durch Leid und Entbehrung zur Voll bringung. Wer seine Aufgabe in der ihm zugemesse- nen Zeit in der Tat zum Ziele führen will, für den schei det die süßliche Oberflächlichkeit der Lebensauffassung aus. Er ist sich bewußt, daß diese Erde nicht herrlich ab gerundet und poliert, sondern mit scharfen Kanten und Ecken versehen ist, daß er bei allem Komfort der Erfin dungen doch immer wieder durch die Abgründe und Klo ake» menschlichen Daseins muß. Tod und Auferstehung liegen nahe zusammen. Und bevor in der Pracht des Frühlingsmorgens die Oster glocken erklingen, geht traurig und herb die Stille des Karfreitags vorüber. Dem Sieg des Lebens geht das Leid voraus. Alle Süßlichkeit und alles Weichliche verschwindet. Und die Karwoche trägt den Stempel des Männlichen, des Unerbittlichen. Diese Spanne Zeit zwischen dem Beginn des Lei dens und dem Triumph der Auferstehung ist das Tpmbol des menschlichen Lebens. Und wer die Geschichte kennt — nicht in ihren Zahlen, sondern in ihren Zusammenhän gen -- der wird wissen, daß alle Größe, alle Entfaltung und aller Triumph nicht dem Feigling, dem Schwachen beschieden war, sondern dem Strebenden, dem die Gefahr Perachtenden Noch niemand hat das Glück an den Haa ren herbeigezogen, hat es willkürlich mit seinen Wün schen bezwungen. Jeder Einzelne und jedes Bolk konnte es nur auf dem Wege des Leidens und des Schaffens. Unsere Gegenwart drängt aus die Verkürzung, auf die Ausschaltung eines m a n »hafte n und arbeits reichen Daseins. Sie ist flüchtig und produziert in Mas sen waren, statt in Q u a l i t ä ts artikeln. Sie verabscheut die Gediegenheit der Arbeit und weicht mit Lrschauern zurück, wenn es einmal gilt, den Egoismus ;u töten, oder die Bequemlichkeit sich auszupeitschen. Und man leugnet die Zeit, die zwisäzen Aschermitt woch und Ostern liegt und hört mit der Komödie der Fastnacht lieber gar nicht erst auf. Aber auch die an deren. die Verbitterten, finden nicht die Krast, aufzu horchen und sich einmal ehrlich nach den Quellen ihres Hasses umzusehen. Das war vor 1914 doch noch anders in Deutschland. Man besann sich zu gewissen Zeiten auf den wirkli ch e n I n halt der Dinge, und in den Familien wurden die Kinder angehalten, schon in ihrer Jugend das Leiden zu erleben, — das reine und göttliche Lei den — damit sie einst alsMänneran derTragik ihres Daseins nicht zugrunde gingen. Nur dies Geschlecht war auch noch fähig, die Geißel des Welt krieges zu ertragen, und das Opfer des eigenen Lebens für sein Vaterland zu bringen. Dies Opfer bestand nicht etwa in einem blinden Rausch der Begeisterung sdie so Berauschten waren nicht die Stärksten), sondern es be stand bei den Edelsten in der wirklichen und lei densvollen Hingabe ihres Blutes und ihrer Kraft — kn Glauben an das Höhere. Bis die Kugel sie erlöste. Wir erwähnen das nicht, um dem Kriegshandwerk zu dienen — nein, denn wir sind der Meinung, daß der Krieg fast ausnahmslos unmoralisch ist, (aber in folge einer falschen Erziehung haben wir das 1914 nicht genug erkannt) und daß auch bald von höchster autori tativer Stelle die Frage näher zu beantworten ist, wann ' der Einzelne den Dienst im Kriege sogar verweigern muß. Das Leben ist genügend voll von Leid, als daß dieses Leid noch zur Befriedigung von Begierden einzel ner vermehrt werden dürfe. Und wer glaubt, daß der Krieg in höchstem Maße galize Völker sittlich aufrüttele und höherführe, der betrachtet die Sache gemächlich aus der Ferne — an Siegesfeiern sich berauschend, aber die Augen abgewandt von der -blutgetränkten Erde und den gequälten Blicken .Sterbender. Wie hoch der sittliche Wert London, Sen lli. April. Innerhalb Ser großen chinesischen Bolkspartei, Ser Kuomin tang, die von Kanton aus in einem gewaltigen Siegeszuge ganz Süüchina erobert hat. ist es in Sen legten Wochen zu Konslikten zwischen den Vertreter» gemüßigter (nalional-chinesischeri und radikaler (kommunistischer) Richtung gekommen. Die ser Konflikt scheint nunmehr zu einem ossenen Bruche zu führen. Als Führer der gemäßigten Richtung gilt der Ober- koinmandierenüe der Konlon-Armee. General Tschangkai- schek, als Exponent der Radikalen, der russische Berater des kantonefischcn Außenministers Tschen, Borodin. — Am Don nerstag hat Tschangkaischek in Nanking eine Beratung der gemüßigten Führer der Partei «.^-gehalten, über di« irügende Meldung vorliegt: Das Zentrallionlrotlkomitee der Kuomintang verurteilt in einer Entschließung das Hankauer Regime und jardert die Fest nahme zahlreicher extremistischer Führer in Hankan als Störer der öffentlichen Ordnung in China. Zn den letzteren gehören Borodin, Fiistizmiinster Hsuchien und Ehantouhiu, der Führer der kommunistischen Partei. Der Außenminister Eugen Tschen ist nicht genannt worden, da er nicht als Kommu nist, sondern als Werkzeug Borodins angesehen wird. Die Ent schließung stellt die endgültige Spaltung (?> der Kuomintang dar. Nach einer iveiieren Meldung aus Schanghai ha! Tschangkaischek dort alle kommunistischen Munlieber der dorli gen Provinzialregiernng verhaften lassen. Die Schießereien zwi schen Soldaten »nd Kommunisten in den Boistädien von Schang hai gehen weiter. Man dari bei diesen über London einttesienden Nachrichien nicht vergessen, daß England eine Spaltung der südchinesischen Gruppe nur allzu zehr wünscht. Wen» also über London eine ..endgültige" Spaltung der Kuomintang-Partei gemeldet wird, dann darf man das mahl als ttebertreibnng ansehe». Zweifel los aber besteht die Tatsache, daß zwischen Tschangkaischek und der radikalen Gruppe in Hankan wettgehende Tinerenzen be stehen. Wenn die Londoner Meldung auch den Außenminister T s ch e n unter die Radikalen rechnen möchte, so ist das wohl nur darauf zurückzuführen. daß man diese» Mann als höchst unbequem für Englano empfindet. Noch vor wenigen Wochen bezeichnet«: auch die englische Presse ziemlich allgemein Tschen als einen Mann von gemüßigten Ansclianungen. Sicher ist jeden falls. daß Tschen auch heute noch die. südchinesiscke Regierung nach außen hin vertritt. Wenigstens sind die Note», die den Mächten als Antwort ans die Beschwerden über de» Nanking- Zwischenfall überreicht worden sind, von Tschen unterzeichnet. Der To» und Inhalt dieser Noten ist aber keineswegs radikal. der den Weltkrieg Ueberlebenden steht, ist ja mit Leich tigkeit aus deir Genüssen nnd Wünsche» der Gegenwart zu ersehen. Es gibt zwar ein sehr schönes Wart: ..Das Leiden der Menschen ist fruchtbar, das des Sa tans (des Verdammten) nnsruchtbar." Dieses Wart läßt sich lvgischerweise nmkehren. Etwa sv: Die im Leide Fruchtbaren nennt man Menschen, den im Leide Un fruchtbaren Satan. Mer aber dann den Maßstab legt an die Heutigen, die dach alle die Leiden des Krieges erleb teil, und sie nach ihrer Fruchtbarkeit taxiert, der wird ein furchtbares Urteil über ihre Menschenehre fällen. Das Leid, das hier dem Einzelnen aus der Masse sich bot, war Hunderttausendmal nntzlvs, — umsonst gespen det. umsonst heraufbeschworen. Und auf den Karfreitag des Weltkrieges folgte durchaus kein Ostermorgen. Nicht geläutert, nicht hinausgewachsen über sich selbst strömten die Heere von Menschen zurück — und nicht von geläu terten Menschen wurden diese Heere empfangen. Und es ist Selbstbetrug und Betrug am Volke, wenn man immer wieder davon rehet, daß das deutsche Volk von sondern aus diesem amtlichen Dokument spricht die kluge Politik eines Mannes, per ans Grund der tatsächlichen Macht- oerhältnisse mit den fremden Staaten znsammenarbeiten will. So bedeute! diese Note einen sclfarsen Gegensatz zu den Sensa tionsmeldungen über das Ende der Kuomintang-Partei, die die englische Presse ihren Lesern als Osterüberraschung glaubt oor- setzen zu können. Wir lassen den Inhalt der Note hier folgen: Schanghai. 10. April. In der Antwort des Ministers des Aenßeren der Kanton- rcgierung, Tschen. auf die Note der Vereinigten Staa ten. die sich im wesentlichen mit den gleichzeitig überreichten AnlwoUen an die anderen Mächte deckt, heißt es: Die Natio nalregierung ist bereit, den gesamten, dem amerikanischen Kon sulat i» 'Nanking zugesiigten Schaden wieder gutzumachen, gleich viel ob dieser durch ..Mordrebellen" oder andere verursacht wurde. Die Nationalregierung schlägt vor. daß die Frage der Bestrafung der Schuldigen nach Borliegen der Ergebnisse der anqenbiicklich im Gange befindliclzen Regierungsnntcrsnchung oder der Untersuchung durch eine internationale Kommission, die sofort von den Vereinigten Staaten uns der Nationalregie ru.ig eingesetzt werden soll, erörtert wird. Die Nationalregie- rung schlägt vor, daß die Uniersuchnngskonnuission auch die Um stände der Beschießung der »nbe festig len Stadt N a n k i n g durch die Flottenstreltl-räsle der Vereinigten Siaaten am 24. Marz untersucht. Die Forderung nach einer schiislttchen Enttchnidigung durch den Oberbefehlshaber der Nationalarmee ist gerechlserttgl. -venu die Schuld der Nationalisten für die Unruhen in Nanlttng -r- wiesen werde. Die Naiionalregienmg schlägt daher vor. jür die Frage der Entschuldigung ebenfalls die Klärung der Schuld- frage, sei es dnra> die angenbNckttch im Gange befindliche Re giecnngsnniersnchung oder durch die varge schlage ne Iniernattv- n.ile Konnninön abznivarlen. Inzwischen wiederhol! die Nativ- nalregiecung den Ausdruck des Bedauerns wegen der Verletzung des ame>ikaniscifen Konsulats in Nanking. Die Nationalregie rung als verantwortliktze Behörde billigt nicht, daß « irgend einer Gestalt gegen das Leben und Eigentum von Ausländern Gewalt angewendet oder agitiert wird. Tie Nattonalregiernnz würde es jedoch an Offenheit fehlen lasse», wenn sie nnteriieße. zu betonen, daß nach ihrer Ansichi die unbilligen Ber- t r ä g e Sie H a nptgef a h r für da - Leben und Eigentum der Ausländer in China bilden. Die Nattonairegiernng ist daher gern bereit. Delegierte zu ernennen, »in mit den M-rcinigten Staate« eine befriedigende Regelung der zwischen Natioualchina und Amerika schwebenden Fragen und Meinungsverschieden- Keilen herbeizusuhren unter Bedingungen, die die rechtmäßigen Interessen beider Lander und die Gegenseitigkeit ihrer Be« ziehnngen sichern. Jahr zu Jahr sich dem neuen Morgenrot mehr und mehr nähert, daß es dem netten Ostern nicht mehr fern sei. Was sind die paar politischen nnd w i r t s ch aft - liche» Erfalqe. die in Genf oder Locarno, in London oder sonstwo gebucht wurden. Das Feilschen lim diese Dinge gab uns eine» häßlichen Geschmack nnd die Ge währ, daß selbst die scheinbar friedliebendsten Verhand- ler !m tiefsten Grunde vergaßen, daß die Völker und Nationen in der Geschichte an ihrer U n Kult u r zugrun de gingen, d h. an ihrem innersten Wesen. Nicht aber daran, daß ihnen hundert oder lausend Quadratmeter Land irgendwo genommen wurden. Daß der Staats mann jür die Ordnung dieser wirtjchastiichen nnd poli tischen Dinge zu sorgen hat. ist klar. Aber er trägt zu gleicher Zeit für das Wachsen der sittlichen Kraft seines Volkes die ganze Verantwortung Und zwar in solcher Art. daß dem Volke diese sittliche Kultur, diese- Steigerung des eigenen, persönlichen Lebenswertes immerfort als himmelweit erhaben über jenen Dingen der Politik und Wirtschaft erscheinen muß. Weil