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«wonniag, oen 3. OMlover Nr. 225; Seite Aber der Gelbbeulel... Marianne und -er Teuione — Brisiol ist ko! — Die soziale Frage und das Geld — Iuwelenraub und Polizeiaussleliung — Der Wachtmeister als Pädagoge Erst den Champagner und dann die Rechnung. Es isi merkwürdig, wie jäh im Leben die Stimmung um schlägt, wenn die Wetterfahne sich dreht in der Richtung zum P o r t e in o n n a i e. Es war wirklich schön in Genf. Wir missen jetzt, nachdem so manche Teil nehmer, die alles mitgemacht habe», zurückgekehrt sind, welche Weine man getrunken, welche Blusen man ge tragen, welche Farbe die Strümpfe gehabt haben und welche Bänder die Hüte. Alan sagt, es seien auch die gewiegtesten Diplomaten wirklich gerührt gewesen. Leicht stellt inan sich vor, mit welchen Seufzern man sich von einander getrennt hat, um in die respektive Heimat ab- zusahren. Und nun ist an der verlassenen Stätte jene eigen tümliche Luft, die sich in Speiseräumen bildet, nachdem abgegessen ist. Reste von Parsüm und Sauce, Nach wehen von Schweinebraten und Bier, von Hammelkeule und Burgunder, von Schellfisch und Aal in Gelse, alles gleichsam gebeizt von einem mählich abziehenden Hecht, zu dem unzählige Zigarren, Pfeifen und Zigaretten ihren Beitrag geliefert haben. Die Kellner sitzen in den Ecken und rechnen, nnd der Wirt, der eben noch so freundlich geplaudert hat, wird zum Kühlen Finanzier. Ganz Europa ist nun am Rechnen. Darum wird es auch so still. So wie vor einer Hochzeit, wenn die Väter über die Mitgift sprechen. Will Marianne den Teutonen hei raten, so hofft sie natürlich, datz er ihre Schulden über nimmt. Der Teutone aber kann bei aller Liebe es doch nicht lassen, die reell schätzenswerten Eigenschaften sei ner Zukünftigen prüfend ins Auge zu fassen. Stören wir den Frieden dieser Berechnungen nicht. Die Bilan zen in den Geschäften macht man ja im allgemeinen ohne Musikbegleitung. Außerdem wartet man dafür die nächt liche Stille ab. Es bedarf dabei keiner weiteren Zu schauer. Denen lege man inzwischen einige Theorien vom Völkerbund vor. zeige ihnen nach und nach die Porträts der wichtigsten Männer dort und suche auf alle Weise ihre gute Laune hochzuhalten. Die Welt soll wissen, datz es mit der Geheimdiplomatie ein Ende habe und datz jeder Staatsbürger bei den großen europäischen Aktionen mitentscheide. Darum werden die Verhandlun gen offen geführt, und nur gelegentlich einmal wird ein Frühstück in der Stille gehalten. Die Idee von Genf wird siegen, und nachdem Bristol, der treue Bernhar diner, den Chamberlain, Vriand, Herr und Frau Strsse- mann und so manche heimische und exotische Hand gestrei chelt hat, nachdem Bristol, der von allen verehrte und geliebte Hund des Völkerbundes, der sämtliche dortigen Diplomateil so übermenschlich, ja so tierisch treu ange schaut hat, als wollte er jedem insbesondere dafür dan ken, datz er diesen Tag noch habe erleben dürfen, nach dem also Bristol, der Völkerbundhund und somit der bunte Hund aller Völker, nachdem er also zum Leid wesen aller Beteiligten krepiert ist, hat er es im Symbol seines Sterbens vor aller Welt und dem Morgenrot einer neu emporsteigenden geschichtlichen Epoche ausgesprochen, datz der Völkerbund auf diesen Hund nicht mehr kom men kann. Auch im Reiche der sozialen Fra g e n hört man deil Klang von Friedensschalmeien. Das Echo der Rede Dr. Silverbergs verstärkt sich noch immerfort. Natürlich kann in Europa keine Ruhe werden, solange die Fron ten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer so furchtbar wider einander stehen. Man begreift den Jubel, der sich allent halben erhob, als ein so mächtiger Verband wie der der Industrie, das große Signal zum Waffenstillstand und zu einer neuen Aera gab. Aber auch da kommt nun die Sache an das Portemonnaie. Welch eine Nolle spielt doch diese Geldkatze, diese Brieftasche oder dieses kleine braune Lederfutteral im Schicksal der Menschen. Nur Weniges von diesem kostbaren Stoff, und man kann das Los ganzer Familien bessern. Aber wie schwer ist es, dieses Wenige von dem Vielen zu bekommen, was an anderen Stellen aufgehäuft ist. Immer wieder regt sich im Menschen der Gedanke, es wäre doch am Ende am besten, einfach alles gleichmäßig zu verteilen und auf diese Weise alle Menschen glücklich zu machen. Das zu tun ist aber noch niemandem gelungen. Hat man es mit Gewalt versucht, so kam es immer nur auf eine Umschich tung heraus, nicht aber auf eine Verteilung. Es ist eben der Besitz auf das Innigste verbunden mit der Persönlich keit des Menschen. Nur von der Persönlichkeit her und gemeinsam mit ihr kann eine gerechtere Verteilung kom men. Hätten alle Menschen die Liebe, dann hätten auch alle Menschen Geld. So war es denn wirklich am Platze, datz der Herr Reichsarbeits minister in seiner großen Kölner Rede darauf hinwies, datz im Menschen selber die Entscheidung liege. Die ganze Schwäche unseres Zeitalters wird auch hier wieder offenbar. Es hat die Mittel, Stimmungen vorzubereiten und Sensation zu machen. Es kann in wenig Monaten die ganze zivilisierte Welt überzeugen, datz jeder Deutsche ein Boche sei, und wieder in wenig Monaten die gleiche Welt zu der Meinung bringen, daß man sich mit den bra ven Deutschen verständigen müsse. Es kann im sozialen Leben die Illusion erzeugen, datz nun alles besser werden solle, und man trinkt sogar schon ein Gläslein auf die neue Zeit. Aber zu den starken Entschlüssen, die mit Sensation nichts zu tun haben und die wirklich das Los der armen Leute bessern, dazu bringt sie es nicht mehr, und so patzt auf sie immer noch am besten das Liedlein: Auf dem Dache sitzt ein Greis, der sich nicht zu helfen weiß. Dieser Komische und doch so tragische Zwiespalt wird uns in neuer Form vor Augen geführt im herrlichen Ber lin. Da berichten die großen Blätter auf der erstell Seite: „Wild-West in der Tauentzienstraße". Am hellichten Tage gehen Verbrecher mit Revolvern bewaffnet in ein Iu- welengeschäst, rauben dort für 160 600 Mark Kostbarkei ten, bahnen sich mit ihren Schietzwasien einen Rückzug in das nächste Warenhaus und verschwinden wie ein Fisch im Wasser. Also Verbrechen aus offener Straße, mitten in der Hauptstadt, und alles mit solcher Selbstvcr' ständlichkeit, als sei man nicht in Berlin, sondern in den Näubernestern des Balkan oder im Urwald der Rot häute Karl May's. Zugleich aber in demselben Berlin eine riesige Polizei a u s stell u n g. Wer durch diese Ausstellung geht und in Ruhe betrachtet, wie das Auge des Gesetzes geschärft worden, wie großartig die Organi sation entwickelt ist, wie die Delegierten aller Länder staunen usw., der kommt unter einen Eindruck, als könne es in dieser Welt kein Verbrechen mehr geben. Man könnte sich vorstellen, daß ein Redner aufträte und feier lich verkündigte, man sei nun bald soweit, die Utopie aus Goethes pädagogischer Provinz verwirklicht zu haben. Dort gibt es ja kein Militär mehr und keine Menschen bestien. sondern nur noch ein glückliches Volk, sanft ge hütet von einer ebenso giücklichen Polizei. „Meine Her ren und meine Damen." könnte er versickern, „bei einer solchen Polizei können Sie ruhig sck'afen und kann jeder Deutsche sich jenem Eberhard von Württemberg verglei chen. der sein Land im Liede pries: „Doch ein Kleinod Halts verborgen, datz in Wäldern noch so groß, ich mein Haupt kann kühnlich legen jedem Untertan in Schoß." Das ist der Sieg der Humanität, die unter dein festlichen Geleit von wohlbewehrten Polizisten glänzenden Zeiten entgegengeht. . ." Inzwischen aber werden auf der Tauentzienstraße die Juwelen gestohlen . . . Mich soll das indessen nicht abhalten, mit Dank gegen das Vaterland zu bekennen, daß in den letzten Jahren edle Menschlichkeit unter unserer Polizei gewach sen ist. O Triumph des Fortschritts: Der schreckliche Wachtmeister meiner Jugend, der mir mit Bart und Sä bel drohte, als ich einmal Aepfel gestohlen, ist geworden zu einem Menschensreund und zu einem Volkspädagogen. llsu- Nil lliülmkü «KI?!! ML 8 Ui! OrMlInu.miwtust Lillciu i. UIIÜ KElclisnksrg ii. i2. Der Herr Ser Well Roma» von Robert Hugh Benson. Autorisierte llebersetzung aus dem Englischen von H. M. von Lanka. (7t. Fortsetzung.) Dort stand sie in dem ruhigen Lichte, bewegungslos ihn anstarrend. Einen Augenblick wagte er cs nicht, zu sprechen. Er schritt hinüber zum Fenster, schloß cs nnd zog die Vorhänge zusammen; dann faßte er die steife Figur saust beim Arm » . . „Mabcl," sagte er „Mabel!" Sie ließ sich zum Sofa hinüberziehen, doch blieb sie trotz seiner Berührung vollkommen kalt. Er setzte sich nieder und blickte sie mit einem Gemisch von Verzweiflung und Furcht an. „Liebste, ich bin todmüde," sagte er. Noch immer starrte sie ihn an. In ihrer Haltung lag sene Leblosigkeit, wie sie sonst nur Schauspieler wieder gebe», und doch wußte er, daß es sich bei ihr um Wahr heit handelte. Dieses Schweigen hatte er bei ihr schon mehrmals als Zeichen des Schreckens gesehen — einmal sicher, und zwar beim Anblick eines Blnttrvpsens auf ihrem Schuhe. „Komm, mein Liebling, setze, dich wenigstens," sagte er. Mechanisch gehorchte sie ihm, setzte sich nnd starrte ihn immer noch an. Nochmals drang schwaches Geräusch von der unsichtbaren Welt des Tumultes draußen durch das Schweigen und erstarb wieder. .Hier drinnen war es still. Er wußte nur zu wohl, daß zwei Dinge in ihr rangen.: die Treue zu ihrem Glauben und der Abscheu vor jenen im Namen der Gerechtigkeit begangenen Verbrechen. Wie er sie so anblickte, sah er, daß diese beiden «inen Kampf auf Leben und Tod führten, daß der Abscheu überwog und daß sie selbst nichts weiter als das passive Schlachtfeld war. Dann, als draußen in der Entfernung von einer; Mäile mit dem Geheul eines Wolfes die Stimme des Pöbels sich erhob nnd wieder versank, da brach die Spannung. . Sie warf sich ihm entgegen, er fing sie an den Handge lenken auf, nnd, in seine Arme geschlossen, lag sie mit Gesicht nnd Oberkörper aus seinen Knien, während ihr Körper in innerer Bewegung sich wand . . . Eine volle Minute verging, und keines sprach. Oliver begriff alles, und doch, in diesem Augenblicke fand er keine Worte. Er zog sie nur noch näher an sich, küßte wiederholt ihr Haar nnd setzte sich zurecht, um sie zu stützen. Währenddem überlegte er, was er ihr nun lagen würde. Dann erhob sich ihr glühendes Gesicht einen Moment, blickte ihn leidenschaftlich an, ließ ihr Haupt wieder sin ken und stieß schluchzend abgebrochene Worte an:-. Er konnte nur hier und da ein Wvrr verstehen, doch wußte er, was sie zu besagen hatten. Es sei der Untergang all ihres Höffens, seufzte sie, das Ende ihrer Religion. Man möge sie sterben lassen, sterben, nnd damit wäre alles zn Ende; alles sei vorbei — vernichtet durch die mordende Leidenschaft ihrer Glaubens genossen . . . Sie waren schließlich auch nicht besser als die Christen, so zügellos wie jene, an denen sie ihre Rache ausübten, so verblendet, als wäre Julian, der Er löser, nie erschienen; cs war alles verloren. . . Krieg nnd Leidenschaft und Mord waren wieder dorthin zurückgckehrt, wo sie geglaubt hatte, man hätte ihnen ans ewig Lebe wohl gesagt . . . Die brennenden Kirchen, die gehetzten Katholiken, das Wüten auf den Straßen, das sie heute mitangesehen hatte, die ans Spießen getragenen Körper des Kindes und des Priesters, die zerstörten Kirchen und Klöster. . . Sie stieß es hervor, unzusammenhängend, von Schluchzen unterbrochen, Einzelheiten von Schrecknissen, Ausrufe des Jammers, Vorwürfe, denen sie, immer auf seine Knie gelehnt, durch verzweifelte Gebärden des Kopfes und der Hände Nachdruck verlieh. Sie war Vvllständiig ge brochen. Noch einmal zog er sie, sie unter den Armen fas send, empor. Er war vom Arbeiten erschöpft, doch wußte er, er mußte sie beruhigen. Diese Krisis war viel ernster als alle vorhcrgegangenen. Und doch war er Pcher, daß sie dieselbe überwinden würde. „Setze dich, Liebling", sagte er. „So, ... gib mir deine Hände, und nun höre." Beginn des Herbstes Die Straße, die Ich ivalle. Die dunkle Straße Not. Von Dolden, vollen und schweren. Von Ebereschenbeeren Ist dicht bestreut und rot. Es wächst aus Nebeln ani Berge Ein Dorf in den Abend empor. Muß ich um Arbeit bitten Am zweiten oder dritten. Am siebten, neunten Tor? Seit Wochen die eine Frage, Bangend von Tür zu Tür. Und immer das gleiche Bescheiden: Wir müsse» selber leide,, Und können nichts dafür. Am Himmel fetzen Wolken, Es regnet am ersten Hans. Wird man mir Obdach schenke», Treibt Spott mich ohne Bedenken In Nacht und Nässe hinaus? Die Ebereschenbeeren Brennen am Wege rot. O Heimat, — wie soll das ende». Wird Winter die Wehmut wenden. Reicht schon der Herbst uns Brot? Heinrich Brauch. Ein „gewattiger" Künstler Georg Friedrich Händel war !m wahrsten Sinne des Wortes ein „großer" Künstler. Von gewaltiger, imponierender Statur, verfügte er Uber die Kräfte eines Niesen; sein Zorn war von allen gefürchtet. Bekannt ist die Geschichte von der Sän gerin Cuzzoni, einer damals berühmten Primadonna, deren Eigensinn Händel dadurch zähmte, daß er sie ohne Umstünde packle und znm Fe » ster hinaushielt, wobei er die klas sischen Worte sprach: „Ich weiß, daß Sie ein Teufel sind, aber ich bin Beelzebub und verstehe mit Teufeln umzugehen!" Tie in Todesangst schwebende Sängerin wurde von diesem Mo ment an ganz gefügig. Bald darauf sprach ei» Unbekannter Händel an und dankte ihm für diese Behandlung der Cuzzoni mit den Worten: „Endlich hat sie ihren Meister gefunden!" Cs war — der Gatte der Primadonna . . . Nach einer schweren Krankheit begab sich Händel nach Aachen, um in den dortigen heißen Quellen völlige Gene sung zu suchen. Ter Arzt erklärte ihm. die Kur dauere acht Wochen: inan könne nicht mehr als höchstens drei Bäder in der Woche vertragen. „Tos ist mir zn lange", erwiderte der Tondichter, „icht muß in vier Wochen fertig sein, nnd werde deshalb täglich baden." Ter Arzt schlug die Hände über dem Kops zusammen. Allein Händel führte den Plan lalsächüch durch und — war nach einem Monat gesund! Auf einer Neise machte Händel nach langer Fahrt an einein Gasthaus halt, setzte sich zu Tasch und bestellte sieben Por tionen Rinderbraten. Nach einiger Zeit brachte der Kellner eine Portion und setzte sie dem Gast vor. Der fuhr den Kellner an: „Sind die übrigen Portionen noch nicht fertig?!" Tie Portionen wären wohl fertig, stotterte der Kellner, aber die G ä st e wären doch noch nicht da . . . Die Gäste sind iv o h l da! !" donnerte Händel. Und zum Staunen des Kellners und des herbeigeholten Wirtes verzehrte er in aller Ruhe die sieben Portionen Rinderbraten allein lp. — Bismarck! und der Bayer. Tie ungeheure Popularität, die Bismarck nach seinem Sturze genoß, — so mancher Gegner wandelte sich nun zu einem Freunde um — tat ihm außerordent lich wohl. Am meisten aber freute er sich, daß auch Kleine Leute kamen, um ihn ihre Verehrung zu bezeugen. So hotte sich eines Tages auch ein bayrischer Lokomotwsührer cingefunden. Als Bismarck, wie immer, um 11 Uhr, ans seiner Gartenpforte trat, sprach er zunächst einige sehr elegante Amerikaner an, von denen eine der Tomen ihm einen großen Blnmenstranß überreichte. Mit diesem Strauß !m Arm kam der Fürst, wie .Hans Schadow in „Pinsel und Palette". Verlag K. F. Kochlcr. Leipzig, erzählt, auch an den Lokomotivführer heran und unterhielt sich ein Weil chen mit ihm. Auf dessen Bitte, ihm eine Blumem als Anden ken zu geben, suchte Bismarck ein Tutzeno Kornblumen und eben soviel» weiße Nelken sür ihn heraus. Nach dem Fortgang des Fürsten meinte der Lokoinotivsührer: ..Schade, daß ich ihm nicht gesagt habe, daß ich Bayer bin!" Als Schadoiv ihn tröstete mit den! Hinweis, daß der Fürst dies sicher erkannt Hütte und daß er den Beweis dafür ja in der Hand halte, sah ihn der Bayer verständnislos an. „Na, ivas für Farben hat er Ihnen denn rausgesuchl?" sagte Schadoiv. Turans der Bayer: „Iessas Maria, dös is ja blau-weiß! Tös san ja die bay rischen Farben! Glauben's denn, das hat er mit Fleiß getan?" Schadoiv beruhigte ihn mit den Worten: „Ter Mann hat nie ekvas ohne Absichten getan, aber nicht immer haben es die ander», bemerkt!" Gg. Seine Verteidigungsrede war bewundernswert; sie war bas, was er sich selbst Sen ganzen Tag wiederholt hatte. Der Mensch sei eben nvch nicht vollkommen, tagte er, in seinen Adern flösse das Blut derer, die zwanzig Jahr hunderte hindurch Christen gewesen waren . . . Man müsse nicht verzweifeln, der Glaube an die Menschheit sei ja gerade das Wesen der Religion, der Glaube an das bessere Selbst des Menschen, an das, was ans ihm werden würde, nicht an das, was er gegenwärtig war. Man stehe erst in den Anfängen der neuen Religio», noch besitze sie nicht ihre Vollkraft; es müssen auch sauere nitter den ersten Früchteil sein . . . „Bedenke auch welche Herausforderung! Vergiß nicht, was für ein nngehenercs Verbrechen diese Katholiken geplant hatten: sie hatten es unternvminen, dem neuen Glauben mitten ins Herz einen Stoß zu versetzen . . „Liebling", sagte er, „die Menschen lassen sich nicht in einem Augenblick ändern. Was dann, wenn es dielen Chri sten gelungen wäre! . . . Ich verurteile alle-- ebenso streng wie du. Diesen Nachmirtag las ich einige Zeitungen, di; allem, was die Christen getan haben, an Bosheit gleich- kvmmcii. Sie jubeln ob all dieser Verbrechen. Es wird die neue Bewegung um zehn Jahre zurückdräiig.'n . . . Glaubst du denn nicht, daß es Tausende gibt, die genau wie du diese Gewalttätigkeiten hassen n»d verabscheuen? Aber worin besteht denn schließlich der Glaube, als darin, daß die Bor in Herzigkeit dcn Sieg davontrageii wird? Glaube, Geduld nnd Hvfsnnng — dies sind unsere Waffen." Er sprach mit leidenschaftlicher Ueberzeugung, seine Augen auf sie geheftet, nnd bemühte sich, ihr sein Ver trauen einzuflösjen, zu befestigen, was bei ihr noch im Zweifel schwankt.'. Gewiß, auch er haßte, was sie haßte, doch sah er Dinge, die ihrem Auge verborgen waren . . Nun ja, sagte er'sich, er mußte eben bedenken, daß sie ein Weib war. Allmählich verschwand jener Ausdruck wilden Ent setzens aus ihren Äugen, und tiefstes Elend prägte sich in ihnen aus, während er sprach und seine PersöiMchkeit wieder Einfluß auf sie auszuüben begann. Doch nvch war alles nicht vorüber. Fortsetzung folgt.)