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Die ausgestellte Polizei Die Entente als Kaupweranslaller — Keine Angelegenheit der Fachleute — Polizei und Publikum Von unserem Berliner Korrespondenten Was kann die Polizei schon ansstellen? Das war die allgemeine Frage, als znm ersten Male der Gedanke der großen Polizeiansstellnng auftanchte, und jetzt, da die drei gewaltigen Hallen des Berliner Messeamts bis zum letzten Winkel mit interessantem, überraschendem, fesseln dem und belehrendem Material gestillt sind, heißt die ver wandelte Frage: Welches Gebiet des täglichen Lebens gibt es eigentlich, von dein die Polizei nichts ausstellen könnte? Bom Mord bis zur galanten Zeitschrift, vom Kino bis zum Flugzeug, von der geheimen Spiritus brennerei bis zur Falschmünzerwerkstatt, vom Richtblock bis zur Einwohner-Kartothek, vom Verkehrsturin bis zum Zollkntler — alles ist Polizei. Fast graut es uns ein wenig, wenn wir seststellen, daß wir mit jedem Schritt, den wir tun, aus einem Gebiet der Polizei in ein anderes schreiten, daß jede Handlung in ein Dezernat dieses un geheuren Apparates gehört. Dieser Apparat war schweig sam, verschwiegen. Er liebte kein Klappern, das die Auf merksamkeit auf sich zog. Wir wußten nichts von ihm. Wir wußten vor allein zu wenig von ihm. Und das war die Schuld der Polizei, o,e ihr den Kontakt mit dem Publikum erschwerte, die oft Fremdheit schuf, wo Vertrauen notwendig gewesen wäre. Diese Schuld nun ist mit der großen Polizeiaus stellung zu einem Teil abgetragen. Das ist die erste große Erkenntnis der Polizeiausstellung für die Polizei und mr das Publikum. „Warum, wozu?", so frage ich den Berliner Polizeipräsidenten Grescinski als wir in seinem Arbeitszimmer lange nach Dienstschluß, schon bei sinkendem Abend, über Polizei und Polizeiaus- stellung plaudern. Er sieht dein Rauchschwaden seiner Zigarette »ach und lächelt leise: „Die eigentliche Ursache der Polizeiausstellung ist die Entente. Sie hat wieder und immer wieder Forderungen erhoben, die den Charakter der Polizei betrafen. Sie konnte die Befürchtung nicht los werden, daß die Polizei verstecktes Militär bedeute. Nun können ihre Bertreter selber sehen, studieren und kontrollieren, wie weit ihre Befürchtungen berechtigt sind. Die Polizeiausstellung beweist klar den Cbarakter der Polizei in Preußen wie in den anderen Der Berliner Polizeipräsident Grczesinski, der unserem Berliner Korrespondenten eine Unterredung über Zweck und Ziel der Großen Polizei-Ausstellung gewährte. Ländern als eines Organs zur Ausrechterhaltung der staatlichen Ordnung. Nirgends eine Verbindung mit dem Militär, nirgends auch nur die Spur der Uebernahme militärischer Aufgaben. Diesen Zweck der Ausstellung, die Entente davon zu überzeugen, daß die Polizei sich nur polizeilichen Aufgaben widmet, haben wir voll und ganz erreicht. Aber wir brauchen mehr. Die Ausstellung muß die Ilebcrzeugung schaffen, wie notwendig auf polizeilichem Gebiet, auf dem Gebiete des Verkehrswesens und der Kriminalistik, enges, internationales Zusammenarbeiten ist. Die durch den Krieg unterbrocheneil Beziehungen der internationalen Kriminalpolizei sind zwar längst wie der ausgenommen, aber sie bedürfen der Erweiterung, des Ausbaues. Gerade hier kann die Polizeiausstellung, an der sich außer dein Deutschen Reiche ja auch Argen tinien, Kuba, Dänemark, Danzig, Aegypten und die Nie derlande, Oesterreich, Polen und die Schweiz, Spanien und Ungarn beteiligen, Wertvolles leisten. Aber noch viel mehr gilt das für das Verkehrswesen. Wir brauchen dringend internationale Verkehrs vorschriften, denn der Automobilverkehr zwischen den großen Städten in Europa ist keine Frage der Zukunft mehr, ist eine ak tuelle Tagesfrage. Aber die Polizeiausstellung ist keine Angelegenheit der Fachleute. Sie soll eine innigere Verbindung zwi schen der Polizei und der Bevölkerung schassen. Sie soll die Notwendigkeit einer solchen engeren Verbindung be weisen. Die Polizei braucht das Vertrauen der Bevölkerung. Ohne dieses kann sie nicht arbeiten. Die Polizei will stets und überall sich in den Dienst des Staates und sei ner Ordnung, in den Dienst der Staatsbürger stellen. Für die Erfüllung dieser Aufgabe bedarf sie des Verständnis ses, des Vertrauens der Staatsbürger. Dazu muß die Polizeiausstellung vor allein helfen. Die Ausstellung selbst? Wir haben das Material einmal ganz systematisch geordnet, zum anderen aber auch die regionale Gliederung voll zu ihrem Recht kom men lassen. Die Länder und Städte stellen für sich aus. Jeder hat Raum, seine Sonderleistungen, von denen alle anderen lernen sollen, zu zeigen. Den Kern bildet aus Raumgründen, wie infolge der Größe ihres Apparates, die Polizei der Reichshauptstadt, die Polizei Berlins. Die systematische Gliederung beginnt mit dem gewaltigen Ge biet der Verwaltungspolizei, die für die Bedürfnisse der Schutzpolizei sorgt, wie für die Verwaltungsarbeiten der Kriminalpolizei. Bekleidungs-, Verpflegungs-, Besol- dungssragen sind zu lösen. Für die Bevölkerung ist die Vermoltungspolizei die gesetzgebende Stelle, die die Verordnungen erläßt, durch ihre Anweisungen den glatten Ablauf des Apparates regelt. Nur wenige ahnen, wie umfassend das Gebiet dieser Verwaltungs- Polizei ist und sehen auf der Ausstellung mit Staunen, daß es sich nicht in ein paar historischen alten Bürorüu- men und sagenhaften Revierstuben erschöpft. Das große Gebiet der Gesundheitspolizei, der Gewerbepolizei, der Apotheken-, Drogerien-Kontrolle, der ersten Ermittlun gen bei der llnsallfürsorge, der Handelsüberwachung und der Seuchenkontrolle, des Paßwesens, des Fremdenver kehrs, der Einbürgerungsfragen, der Bauerlaubnis. Dispense — das alles erschöpft längst nicht den Arbeits kreis der Verwaltungspolizei." „Aber die belagertsten Stände sind die der Krimi nalpolizei", unterbreche ich die besorgniserregende Auf zählung dieses allumfassenden Apparate«. Der Volnej- präsident lächelt. „Die Kriminalpolizei hat manche Wünsche an das Publikum. Wir haben uns besonders eifrig bemüht, hier dem Puvlt- kuin einen Einblick in die Tätigkeit der Kriminalpolizei zu geben. Wir möchten gern, daß das Publikum erkennt, wie bedeutungsvoll für die Krimiualpolizei die Hilfe des Publikums ist, und zwar die vorbehaltlose Hilfe. Ich muß wieder an den Fall des Raubmörders Böttcher er innern. Wie eindringlich haben wir damals, als die kleine Senta Eckert ermordet wurde, die Eisenbahn arbeiter ermahnt, uns jede, auch die unbedeutendste Tat sache mitzuteilen. Keiner der Arbeiter hielt es für not wendig, uns davon Kenntnis zu geben, daß der zur Ko lonne gehörige Böttcher sich auf Stunden von seinem Ar beitsort entfernt hatte. Hütte man uns diese Tatsache damals nicht verschwiegen, wir Hütten Böttcher in weni gen Tagen verhaften können; der Mord an der Gräfin Lambsdorff und die übrigen Naubüberfälle des Raub mörders wären verhindert morden. Heute nun erklären uns die Arbeiter, sie Hütte» diese Tatsache nicht für wichtig gehalten. Aber das Publikum kann in einem solchen Falle nicht er messen, was für die Aufklärung eines solchen Falles wich tig und unwichtig ist. Die Ausstellring wird hoffentlich das Verständnis weiter Bevölkerungskreise für die Ar beit der Kriminalpolizei und für die Notwendigkeit der Mitarbeit des Publikums erweitern und stärken. Schutzpolizei und Verkehrspolizei mit ihren schwie rigen, noch nicht überall bis ins letzte geklärten Aufgaben und Fragen beschließen den Neigen. Sie zeigen vieles Interessante über die berufliche Entwicklung des moder nen Polizisten. Von der Polizeischule mit ihren Unter richtsfächern und sportlichen Uebungen bis zum ersten Dienst im Polizeirevier, von der sprachlichen Ausbildung der Verkehrsbeamten bis zur Organisation der lieber- fallkommandos, ein langer Lehrgang, den der Polizist hellte durchlaufen muß. Auch hier hoffen wir, daß das Publikum Verständnis für die Schwierigkeit der Aufgaben der Polizei gewinnt." Kugelsicher Ein kugelsicherer Tänzer, der Brust und Kons des Kriminal beamten beim Pampfe gegen gefährliche Verbrecher sichert. Mord Die Ehrenhalle '.er Großen Polizeiausstellung. Ein großer Teil der Alten Automobilhalle ist in einen Ehrenhof umgewandelt, den alle Ausstellungsbesucher zuerst betre- »«». Ein von prächtigem Blumen schmuck umgebener künstlicher Teich, oon Lebensbäumen überragt, spiegelt das gewaltige Monument eines Schutz- polizlsten-Kopses wider. Rings um die ses Mittelstück ziehen sich die Gedenk- rüume der einzelnen deutschen Staaten, hinter denen dann die Ausstellungs stände der ausländischen Teilnehmer liegen. u)er meist umlagerte Stand der Aus stellung ist der hier abgebildcte künstlich rekonstruierte Tatort eines Mordes. In Kiefernschonung liegt im Hintergründe die nachgebildcte Leiche eines Ermorde ten. Im Vordergründe sind einzelne Talspuren durch Stäbe mit Ziffern be zeichnet. Zur Antwort auf die Frage: AKrs zeigt dieser Tatort? ist folgende Antwort gegeben. Kriminalistisch scst- gcstelltcr Fund: Mann mit tödlicher Schußverletzung. Brustschutz, kein Nah schuss. Taschen des Tot-en ohne Inhalt, Schußwaffe in Höhe rechter Hand. 15 Zentimeter vom Körper. Fahne l: 'Pa lronenhülse, :! Nieter von Leicl-e. 2r Blutspur 1,80 Nieter von Patronen. Hülse, 2,70 Nieter von Leiche entsernt. 8: Kreisförmig um Blutspur Gras nie dergedrückt. -1: Bon Blutspur ab viel fach zertretene Schleisspur in Richtung Fundort der Leiche. 5: Futzai'druck, offenbar der Täler. Krimiualistisäf« Diagnose: Fundort der Leiclie ist nicht Tatort. Der Mann ist bei Punkt 2 er schossen und dann zum Fundort ge schleift. Selbstmord voracläuscht. wahr scheinlich Raubmord.