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Sächsische Volkszeitung : 20.02.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192702203
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19270220
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19270220
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-02
- Tag 1927-02-20
-
Monat
1927-02
-
Jahr
1927
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 20.02.1927
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Sonn»«, rv ledruar l»:7 UnlcrtzalMny unü lV Ilsen Nnmmkr 4» Seile llllllllillütll i«.IIIIIIIIttItt»«>IIIltIItIIII»ItIIIIttIlIIIt»IlIIIttIItIIItIIIIIIIttIIIIIIIU,I»IIIIIIIIII»IIIIItIIItIIII»IIIIIt»II»II«It»UIIUII>III»IIIIIIttIIIIIIUIlIII,IIII IlllllillMIMIIIIIillMIMIMIIIIIMlll III, II» Grohkaushüuser Das Warenhaus und feine Geschickte — Riefenkaufhäuser — Zur Psychologie -es Lräusers — Mechanisierung -es Verkaufs Da-? Geschäflslcben einer Großstadt ist ohne das Waren haus n'chi mehr zu denken. Ja, man mutz sogar sagen, datz dos Warenhaus dem großstädti'chen Geschäfts!eben die bestimmende Note gibt, es ist der vorgeschobene Expo nent der gegebenen Einkaufsstellen, soweit es sich um de Artikel des gewöhnlichen Bedarfs handelt. Gewiß werden die Tpezialgeschäsle, zumal für die kaufkräftigeren Kreise, stets ihre Bedeutung behalten, da sie eher dem individuellen Geschmack Rechnung tragen können, aber es ist doch n cht zu verkennen, datz ihnen das Warenhaus ichrittweise Bo den abgewinnt, und zwar um >o mehr, je mehr auch bei uns, wie es in industriellen Ländern der Fall i'st, der geistig hochstehende und den individuellen Lebensstil pflegende Teil der Bevölkerung in seiner wirtschaftlichen LeistungS- sähigkcjk geschwächt wird. Die Kreise, die „sich schämen", ein Warenhaus aufzuiuchen, weil bei ihnen m t dem Be griff eines solchen die Vorstellung der „Ramschware" un trennbar verbunden ist, beschränken sich heute auf einen ganz o-'r»gfiigigen Teil der älteren Generation, dem es 'chwer fällt, umzulerucn und den die w.rtichaftliche Not noch n cht gar zu sehr drückt. Die übrigen Käufer werden im Gegen satz dazu von der Vorstellung beherrscht, datz im Waren haus billigere Preise gälten oder wenn das nicht, datz cs ihnen doch eher möglich sei, hier einen einfacheren Gegen stand zu erwerben, als in den „vornehmen" Spe zi a l g e , ch ä f t e n , die an „gute", d. h. ohne viel Rück sicht auf den Preis entlaufende Kundschaft gehöhnt seien. Die Perbilligung der Verkaufsgegen stände liegt nun tatsächlich dem Gedanken, aus dem heraus die ersten Warenhäuser entstanden, zugrunde. Der Franzose Boucicant war es, der das erste Waren haus, nämlich den heute noch bestehenden „Au bon marche">. i» Paris gründete, und zwar im Jahve 1852. Natür lich war cs nicht reine Uneigeniitttzigie.t, die ihn dazu bewog, seinen Kunden wirklich die Waren zu bisher ungewohnt billigen Preisen und günstigen Bedingungen zu liefern, sondern er folgte damit einem uns heute g.läufigen, da mals aber neuen Grundsatz: Großer Gewinn durch großen Um atz bei niedrigen Preisen, — ein Grundsatz, der als das „Taviorchsteni" des Warenhandels bezeichnet werden kann. Wenn heute das Streben nach großem Nmiatz den gesamten Warenhandel beherrscht, so war das damals keines wegs der Fall. Im Gegenteil, man sah vielfach ein Gdchüstsprinzip darin, gewisse Schichten der Be tz ö l k e r u n g v o m Einkauf a us z u sch li e tz e n und zog eine "charfe den Kundenkreis begrenzende Linie: das Dienst mädchen durste nicht in demielben Geschäft seinen Be darf decken, in dem die „gnädige Frau" c'nkauste, und der Adel Halle 'einerseits Quellen, die sich der Bürgerschaft per ch.'vssen. Demgegenüber setzte das Warenhaus das demokrati! che Prinzip durch, dem es gleichgiktg rst, woher das Geld in der Kasse kommt. Die sogenannten bes seren Kreise freilich mieden zunächst das Warenhaus um eben dieses Prinzipes willen, und selbst heute sind die Spuren einer Zeit, in der das Geld des gemeinen Mannes nicht den: Geld der Vornehmen ebenbürtig war, nicht völ lig geschwunden. Wie sehr aber der Gedanke des Waren hauses dazumal «inschlug, beweist der Umstand, datz Boueicaut bereits im ersten Jahre 450 000 Francs Umiatz erzielte und sich im Laufe von weiteren zehn Jahren bis zu 7 Millionen aufichwang. Nach Deutschland kam das Warenhaus sehr viel später. Erst im Jahre 1889 wurde inMünchenam Karl- Platz das erste „Grotzkaufhaus", von der Firma Tietz (Oskar und Hermann, die ,n dem verwandtschaftlichen Ver hältnis von Lnkel und Neffe zu einander standen) gegründet. Dann ging die Entwicklung allerdings sehr schnell. 1897 folgte eine gleiche Gründung in Hamburg, 1900 in Ber lin, nachdem in Berlin inzwischen auch das Warenhaus Werth ei in entstanden war. Die Anfänge des dritten protzen Berliner Warenhauses, Jandorf, reichen in das Jahr 1892. Weiches sind nun die Umstände, die den Aufsch w uug des Warenhauses begünstigt haben und weiterhin be günstigen? ES ist zunächst der bereits erwähnte Ge.chäslS- arundsatz, der ihnen erlaubt, tatsächlich die Preise der Speziasgeschäste um ein Geringes zu unterbieten. Aber bei der Geringfügigkeit der Unterbietung, die heute m'igi ch ist — sie war früher erheblich größer, und die Waren- bäuier haben sicherlich das Verdienst, e ne ae -isse allg me ne Preissenkung für die von ihnen gerührten Waren beiwrkt zu habe» — müssen noch andere Gründe m tsprecken. Und diese sind weniger merkantiler als pstghologischer Natur. Gewiß kann man auch den Umstand anführen, datz es bequem ist. sämtliche Einkäufe aus einmal auSrührcn zu können^ ohne von einem Ge'chäst ins andere laufen zu müssen, aber ausschlaggebend dürfte dies kaum sein. In manchen amerikaniichen Geschäftshäusern hat man ein ganz neues V e r k a u fs v e r fa h r e n eingo- kührt. ES beruht auf dem Gruud'atz: „Bediene Dich selbst!" Sämtliche Waren liegen ausgezeichnet auf dem Ti ch. jeder mann zugänglich, und jeder Kunde kann, ohne auch nur im geringsten geniert zu werden. Prüfen und wählen. Auf Wnn'ch steht natürlich überall und jederzeit ein waren kundiger Ratgeber zur Verfügung. D'e« Geschälte haben großen Zulauf. Und daS ist auch ve 'ländlich. Wer hätte ''ch bei einem Einkauf Vicht schon durch dis lmmerwäbrende Gegenwart und das fortwährende Anpreiien der Waren Der VsMer Der Himmel bängt voll Schnee, der Wind pfeift kalt, die miide Welt ward alt. ward alt. Verschlossen Tiir und Tor. mit ödem Schritt, gehn Pappeln stundenlang mit meinem Tritt. Manchmal von einem Hofe DresÄigesumin, ein Hund b-llt auf. verdrossen kehr ich uin. Was hilft der Fluch? Das Mort verweht im Wind, Und Tränen? Lange ist mein Auge blind. Der Himmel hängt voll Schnee, der Wind pfeift kalt, mein müdes Hsrz ward alt, ward alt. Plötzlich ein Meisentriller, rund und hell. O Trutz im Grau, Dank, freudiger Gesell! Verschlossen Tür und Tor — mit jedem Schritt geht hold und schön ein ferner Frühling mit. Ludwig Bäte seitens des Verkäufers gestört gefühlt? Ist es doch viel fach kaum möglich — besonders zurückhaltende Naturen werden dies empfinden — mit einer etwaigen B.gieit- person ungeniert ein paar Worte zu wechseln und Rat zu pflegen. Und wer hätte fich nicht schon, besonders wenn der Geschäftsinhaber sich gar höchstpersönl ch bemüht, be wogen gefühlt, irgendein Stück zu kaufen, das ihm gar nicht gefiel? In dieser Huisicht besitzen die Warcnhäusrer einen gewaltigen Vorzug. Sie sind unpersönlich. In dem großen Getriebe fällt der einzelne nicht auf; er kann run und lassen; was er will. Derselbe Umstand, der manche Meuchen in die Großstadt treibt, nämlich die freiere BewegungSmöglichkeit, treibt die Meu chen auch in das Warenhaus. ES ist gewi sermatzen die „Großstadt" unter den G e i ch ä i tS h ä u s e r n. Und noch e,i anderes. Sowie eine weitere Anziehungs kraft der Großstadt darin liegt, daß lie v:el und mancher lei Seheuswürdiges bietet, io :st es auch beim Warenhaus. Es gewährt einen allgemeinen Ueberblick über alles, was es Erwerbeiiswertes gibt. Ka'eidoskopartig ziehen die Gegenstände am Besucher vorüber — eine große immer währende Ausstellung. Und ungeniert kann man überall herantreten, nach dem Prei e fragen, weiterg Heu, ohne zu kaufen, probieren, prüfen, und wenn man will, schließlich das Haus verla seu, nachdem man viel gesehen und nichts gekauft hat. So befriedigt es auch den Hunger derer, die zwar die Sehnsucht nach allem möglichen Erwerb besitzen» aber nicht die Mittel: >ie zu befried.gen, Soll ec- doch nicht wenige Personen geben, denen ein B.'such :m Waren haus zur lieben alltäglichen Gewohnheit geworden ist. Ja, selbst wenn sie sich mit dieser passiven Rolle nicht glauben begnügen zu können und meinen, zur Verstärkung ihres Vergnügens die Verkäuferinnen tüchtig in Bewegung brin gen zu müssen, können sie dies Vergnügen durchaus kosten los haben. Die Firma freut sich auch über solche Kun den. denn sie weiß, sie sind ihr dann wenigstens in de» Dingen, die ja auch lie durchaus haben müssen, sicher. Trotzdem aber sind die Warenhäuser heute au: einem gewi sen loten Punkt an gelangt, weil die Spez.al- ge'chüfte auch nicht in ihrer Entwickelung zurückgeblieben find. Daher nun heutzutage die Bestrebungen, das Prin zip, das zu ihrer Gründung geführt hat. noch weiter aus- zuüanen. Und es läßt »ach nur noch in horizontaler H n- I-icht, d. h. durch weitere Steigerung des Umsatzes, und zwav durch örtliche Ausdehnung, alw durch eine Art Trust bildung, erreichen. Heute chon haben manche Waren- hän er nicht nur einen riesenhafte» Umsang, sondern auch zahlrc che Filialen an verch'edenen Orten. Das Waren haus Werlhcim am Potsdamer Platz in Berlin bedeckt einen Flächenraum von 27 000 Quadratmetern und hat nun mehr auch den ganzen Gebäudekomplex bis zur Wilhelm straße angckausl; es Hai säst 2 00 Berka ufsabtei- lu ugen und verfügt über eine eigene Feuerwehr, ein eßzencs Lichkwerk. das 2000 Kilowatt täglich liefert, und ein eigenes Wa scrwerk, das täglich 800 Kubikmeter Was- 'er gibt. Außerhalb Berlins hat Wevthcim fünf Filiale». Tietz bcchültigt 14 000 Angestellte und hat Filialen in Hamburg, München, Stuttgart, Karlsruhe, Gera, Plauen und Weimar. Der Jandorf che Konzern besitzt eine Ver kaufsfläche von 00 000 Quadratmetern und fertigt erwa 120 000 Käufer ab. Bereits im Jabre 1928 wurde nun der Verband deutscher Waren- und Kaushäner gegründet, der den Zweck hatte, durch Bscha'sung von billigeren Ein käufen eine weitere Verbilligung der Ware zu ermöglichen. Doch sind dem natürlich schranken gezogen, und i>o sehr denn das B.'strebcn e n, durch Vereinigung von Warenhänierii in einer Hand die Nationalität de? Betriebes bis zum A'ußersten zu steigern. Der Jandorf-Konzern ist w in die Hände der Firma Werthc m übergegaiigeii, >o datz durch die Vereinigung dieier beiden Firmen ei» Konzern entstanden ist von wahrhaft amerikan: ch.n Ausmaßen. Da neben lausen die Verbuche, nach der Methode von SlinneS auch in vertikaler Hinnchl znsammenznlegen. also auch die Industrien sich anzngliedern. Besonders das Waren haus Tietz besitzt eine Reihe eigener Fabriken, vornehmlich für Textilwaren. Diese Grosikaufhäuser — der Name „Warenhaus" mutet hier längst nicht mehr zeitgemäß an — sind ein Symbol unserer Zeik. Nicht nur der der Gegenwart eigene Drang ins Große ist damit gemeint, charakieristnch ist vor allem auch die Mechaninernng des Verkaufs, die hier ein- gefnhrr ist. So ichr die Gegenwart jedem einzelnen daS Recht auf seine Individualität zuzusprccheii vermeint, so sehr sucht sie andererseits die Verhältnisse dc-Z Lebens zu mechanisieren. Ein Grotzkaufhaus ist im wesentlichen nur noch eine grvtze B e r k a u fs m a > ch i n e. Namenlos, un persönlich reicht diese Maschine die Ware dar — anSgeze ch- ner, signiert, in Semen, Kalt, sachlich, unpersönlich wühlt der Käufer. Mit einem stereotyp abwech elndc» „Danke", „Bitte" zieht diese Maschine das Kansgcld ein und gibt daraus heraus. Ohne hiiizublicken verabsalgt die.e Ma schine die Ware. Und selbst das lielenswürdige, in der Dcrkcinferiiiiienschnle gelernte Lächeln oer Verkäu'erinnen ercheint nur wie ein äußerer Reflex, der ans einen maschi- nenurtigen inneren Antrieb erfolgt. Ot; o Wiede m a n n. Der Karneval von Venedig Von I, Endringer. Lucretia Rovigo schritt neben ihrem Voter die vielen Stu fen zum Dogenpalast empor. Unablässig plauoerte ihr Mund er sprudelte über vom Lob der Maskenfeste. von den Freunden des Karnevals, von dem Spott Uber die jungen Venetianer. die gleich ihnen di« Stufen emporeilten Dem Vater war es recht so. Voller Verachtung und Geringschätzung blickte auch er auf die reichen Kaufleute, die sich stolz „Patrizier" nannten, deren Vorfahren aber, wenn man nur wenig mehr als hundert Jahre znriickrechnete, gewöhnliche Krämer und Handwerksmeister ge wesen waren, oie den ritterlichen Herren demütig den Steig bügel hielten, wenn sie sich dazu herabließen, vor ihrer Tiir zu halten. Nun hatten ihnen die Galeeren Reichtümer über Reich- tümer aus aller Herren Länder zugebracht. Paläste hatten sie erbaut, kostbare Seltenheiten darin aufgehäust — was aber war ihr Reichtum, wenn ein einziger Sturm ihre Schisse an den Klippen des Meeres zerschmetterte? So mancher hatte einst ein reicher Kaufmann geheißen, der jetzt an San Marco um milde Gaben bettelte. Abenteurer waren sie, Glücksritter, die heute ein Eintagsleben des Luxus und der P achtentfaltnng führten, morgen vielleicht scl>on vor dem Nichts standen. Das edle Geschlecht oer Grasen von Rovigo aber hatte Jahrhunderte lang aus seinen Schlössern an der Adria gesessen, der Grund und Boden, auf dem Venedig stand, ivar ihm zu eigen gewesen, von der Etsch bis an die Piave hatte sich sein Besitz erstreckt. Frei lich, ein Stück nach dem andern ivar dem Geschlecht entfallen; der schnöoe Mammon war im Lause der Jahrhunderte herrschend geworden, nicht alle Novigos hatten ihm widerstehen können. Und um des Glanzes des Goldes willen hatte manch einer seines Geschlechtes ein schönes Schloß, ein herrliches Gut an einen der reichen Krämer von Venedig abgetreten, bis endlich ihm. dem letzten, nur noch eine einzige Herrschaft nahe bei Venedig ver blieben war, und — mit wachsenden Besorgnissen dachte der Graf oaran — auch diese war bedroht. Lebte doch auch er selber in dem Bestreben, es den reichgewordenen Kaufherren gleichzn- tun. prächtiger zu leben als ihm sein bescheidener Herrensitz er laubte. Mit herrischer Gebärde hatte er ein für allemal die Vorstellungen und Einwendungen seines Kämmerers abgetan: nie und nimmer durfte ein Gras von Rovigo hinter den Bürger lichen von Venedig zurückstehen. So war Lucretia denn nicht minder mit Gold und Esel stritten beladen «ie die Patrizierfräulein, und ihr Maskenüleid war vielleicht das prächtigste von allen. In vielen Falten floß die schwarze Seide von ihrem Haupte hernieder, um sich auf den Schultern sestzuklammern, und dann wiederum in reichem Falten wurf bis auf d'e kostbaren Schuhe hernieoerzurieseln. Sterne von purem Go!d staken überall darin, Edelsteine aller Farben schimmerlen zwischen den Falten auf. und aus dein .Haupt schwebte eine silberne Mondecsichcl wie ein Diadem. Stolz betrat sie am Arme ihres Vaters den prunkvollen Saal. Eine jähe Stille entstand, als sie einlral, und dann folgte ein Flüstern. „Die Königin der Nacht", so Hörle man hier und dort. Uno dec Doge schritt von der Estrade. aus der sein Sitz stand, hinab, um den Grafen und sein Kind zu begrüßen. Unüberbrückbar schien die Kluft, die die Jugend Venedios von der schönen Lucretia trennte, uno doch — schon dieser Abend sollte sic Überdrücken. Das Fest war vorgeschritten, Zeclpwd saßen die Patrizier beim süßen Wein, dos junge Volk ivirbeiie tanzend durch die Säle. Cckwer waren die Köpfe, erhitzt die Sinne Ta schlug an dem Tisch der Zecher mit einem Male die Faust des Grafen auf. Und seine Stimme dröhnte durch die Säle: „Dem. oer binnen einer Stunde einhundert Pfund reinen Goldes aus diesen Tisch herzählt dem sei Lucreia zu eigen". Eine Stille folgte dem Wort. Alle Häupter waren erhoben, alle Paare standen mitten im Tanze still. Und noch einmal Ser Graf: „Dem. der binnen einer Stunde einhunoert Pfund reinen Goldes auf diesen Tisch herzählt, dem sei Luereiia zu eigen". Ein paar Köpfe senkten sich und rechneten. Einige Jüng linge näherten sich den Vätern und flüsterten. Lucretia aber, bleich, mit fiebernden Augen in die Menge blickend, ein stolzes und doch erzwungenes Lächeln auf den Lippen, stand an ihren Vater gelehnt — ein lierausloi'dernoes Bild, welches zu locken und gleichzeitig zu höhnen schien. Einhundert Psund reines Goldes — wer besaß solch eine» unerhörten Schatz? Wer konnte ihn binnen einer Stunde auf den Tisch zählen? Selbst für das reiche Venedig war die Bedingung unerfüllbar. Immer noch schwieg alles. Da schob sich durch den Saal eine unscheinbare Gestalt — eine graue Maske mit ties verhüll tem Anilitz. Sie trat vor, verbeugte sich und sprach: „Herr Graf, ist eas Euer Wortm' „Es ist mein Wort!" „Und Ihr. edelstes Fräulein, ists so Euer Wille?" Hochmütig en Augen acht 't mein Wille Spöttisch gab Lucretia die Antwort, indem sie ihre schwar- os über ihn hinweg in den Saal blitzen ließ: „Es o". ügte sie hinzu: „Doch glaube ich. daß Ihr in ganz Venedig, ja selbst wenn Ihr nach Florenz und Rom schicktet, nicht soviel Geld scliaffcn könntet, datz es den Preis für des Grasen Rovigo Tochter erreicht". Der Graue verbeugte sich schweigend. „Verzeihet eine» Augenblick, bis ich wiederkehre". „Binnen einer Stunde. Hobe ick gesagt", gröhike der Graf. „Wisset, oaß nicht eine Minute darüber Euch geschenkt wird". Der Grane verneigte sich znstiminenü und entfernte sich. Aufgeregt schwirrten die Fcstteilnehmer durcheinander. Wer war die graue Maske? Viele halten sie schon mil Befrem den bemerkt, niemand aber hatte mit ihr gesprochen, niemand mit ihr getanzt, den Tischen der Zecher hotte sie sich icrngehalten. Ein großer Kreis bildete sich uni den Grasen, Man schwätzte und rechnete und erwog die Möglichkeit, oas genannie Gewicht Goldes zu beschossen. Jedem schien es undenkbar. Der Gros selber lachte, und Lucretia sonnte sich in ihrem Triumph, Was war der Glanz Venedigs, was ivar der Glanz des Dogenpalasles gegen sie. die schöne Grascntochler? Eine Weile war vergangen, da crsckoll aufgeregtes Rusen vom Eingang und wich dann wieder ticlsler Stille. Die graue Maske erschien uno trug schwer an einer Last, die nnler d m Mantel war. Ein maskierter Diener, gleichfalls mit einer schweren Last, folgte. Vor dem Grafen und Lucretia angelangt, verbengle sich der Grane, schob dann sein Maskenkleid auseinander und brachte zwei schwere Beutel zum Vorschein, die er ans den Tisch stellte. „Prüft das G.'w'cht. Herr Gras". „Eine Wage her!" rief dieser. Man brachte eine Wage herbei: Einer der Beutel wurde gewogen. Er wog genau siiiifunö zwanzig Pfund, Ein Staunen inalte sich ans allen Gesichtem, der Graf erbleichte, Lucretia starrte, jäh erblaßt, ans oen Fremden. Alan wog den zweiten Beutel. Wieder siiiisnndzwanzig Pfund. Dann den dritten und den vierten. „Habt Ihr das Gewicht für gut besnnde», Herr Gras?" sagte der Fremde. „Prüfet das Gold!" ries da der Gras, „ob es echt sei!" Einige oer Patrizier näherten sich, zogen ein paar kleine Instrumente hervor, pochten und hämmerte» ans das Gold und erklärt"» dann, cs sei echt und reines, »»vermischtes Gold. „Wer bist Du?" fragte der Gras rauh und heiser, „Mit Verlaub, Herr Gras: Antonio, ein Kaufmann ans Byzanz". „Einen byzantinisä>en Krämer meine Tochter geben? Nie und nimmermehr! So war's nicht gemeint. Ein Venetianer muß es sein!" „Diese Bedingung wurde nicht gestellt".
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