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Nummer 285 — 25. Jahrgang Kmal wöch. Bezugspreis für Dezbr. 8.00 einschl. Bestelloel» Anzeigenpreise: Tie Igesp. Petilzeile 38-8. Stellengesuche 21) ,L. Die Peiitreklamezeile. 8S Milli, nieier breit, 1 Oliertengebühren sür Selbstabtzoler Lü bei UebersenSung ourch die Post außerdem Portozuschlag Einzel-Nr. ly .Z. Sonnlags-Nr. 15 L. Veschästl. Teil: Friedrich Nieser in Dresden. 8silor«k>ron kinckkuäen k'irstellrvüren Turnj-erSie Ledr. tieukmgsr leiienmisistdisiiiiioii OrssOsn-g. 2slinsxio8se 10 Ulemminssir 4. liegt. löö? ketineiiklll Freitag, 17. Dezember 1926 gm Fasse höherer Gewalt erlischt sede Verpflichtung auf Lieferung sowie Erfüllung o Anzeigenaufträgen u. Leistung o Schavenersatz. Für undeutl. u. 0. Fern« ruf übermitt. Anzeigen übernehmen wir keine Ver« antwortung. Unverlangt eingesandte u. m Rückporto nicht versehene Manuskripte werv nicht aufbewahrt. Sprechstunde der Redaktion 2—3 Uhr nachmittag» Hauptschriftleit.: Dr. Joseph Albert. Dresden ä.-O. XVeberzsssv 17 ^ V. 2.!. Leite ^ t^ernml 2l03i . 2Y73Ü lL45^ B -.'5 t-icschüsisNcUc, ^ruii und Berta»: Saroiua- Bsschdrulterei GaibH-, DreSde,« I, PoNerslrahe 17» NeiiinU -?lüis. Poslschciironto Dresden I47S7. 7-.^N!e»so: Dresdner Bank, Dresden. Für christliche Politik und Kultur .Uedaktton der Sächsischen VoikSzertung Dresden-AUItadt 1, PoUerstrnbe 17. gcrnrns 20711 und eivle. 'kl N D s Weihnachtsbeihilfe Mr dis Beamten Die Stellung des Zentrums. ^ s zentrnmsparlamentarischen Kreisen wird uns ge sei, .eben: Um die Weihnachtsbeihilfe der Beamten sind im Reichstag in den letzten Tagen außerordentlich schwierige Verhandlungen geführt worden. Die Reichsregierung hatte ihrerseits nach einer Kabinettssitznng am 25. No vember den Vorschlag gemacht, den Beamten der Gruppe 1 bis 18 eine einmalige Weihnachtsbeihilfe zu gewähren. Dis Führer der Regierungsparteien sind am 25. Novem ber über diese Absichten der Reichsregierung unterrichtet worden. Der Vorschlag der Negierung ging damals da hin, den Gruppen 1 bis 4 ein Viertel des Monatsgehaltes mit einer Mindestgrenze von 30 Mark, den Gruppen 5 dis 13 ein Fünftel mit der Höchstgrenze van 00 Mark zu gewähren. Die Franenbeihilfe sollte 10 Mark betrogen und für jedes Kind ein Zuschlag van 5 Mark gewährt werden. Nachdem sich die Negierung am 20. und 30. No vember die Zustimmung auch der F l ii g e l p a r l e t e n verschafft hatte, wurde ein dahingehender Antrag von sämtlichen Parteien in i t Ausnahme des Zen trums unterschrieben. Der Standpunkt des Zentrums ging dahin, das; bei voller Aner kennung der Notlage der Beamten und der sich daraus ergebenden Fürsorgemaßnahmen eine Weih nachtsbeihilfe zunächst am dringendsten für die wirtschaftlich schwächsten Gruppen sei. Das Zentrum mar deshalb der Ansicht, daß es am zweckmäßig sten sei, die Maßnahmen zu befürworten, die auch im vorigen Jahre getroffen worden sind und die sich auf die Beamtengrnppen 1—6 bezogen. Dazu kam, daß man im Zentrum die Auffassung vertrat, daß die allgemein u n b e st r i t t e n e Notlage der Beamten nicht durch diese an sich geringe Weihnachtsbeihilse zu beheben s e i. Deshalb hielt es das Zentrum für richtiger, auf eine baldige Inangriffnahme der neuen B e s o l d u n g s o r d n n n g hinznwirken. Tie Negie rung ihrerseits wies darauf hin. daß die endgültige Ve- soldungsordnung erst in Verbindung mit der Erledigung des Finanzausgleiches erfolgen könne und daß sämt lichen Beamtenkategorien die Weihnachtsbeihilfe auch deshalb zu gewähren sei, weil es sich als unmöglich er wiesen habe, die bereits vorige Weihnachten in Aussicht gestellte Regelung der Beamtenbesoldung schon in diesem Jahre herbeizuführen. Bei der Haltung der Parteien war eine Mehrheit für die Pläne des Zentrums nicht zu erzielen. Unter die sen Umstünden wurde nunmehr vom Zentrum die Forde rung ausgestellt, daß, wenn man über die Gruppe 6 unter Linschluß der Weihnachtsbeihilfe auch für die Kriegs beschädigten hinansgehen wolle, diese Aktion nur erträg lich sei m i t e i n e r gleichzeitigen Hilfsmaß nahme für die Erwerbslosen und die So zial- und Kleinrentner. Die Kosten der Hilfsaktion für die Beamten wurden vom Neichsfinanzminister wie folgt berechnet: 37 Mil lionen sollen auf das Reich, davon 23 auf die Kriegs beschädigten, 4 ans das Heer und die Marine und 10 auf die Beamten. 75 Millionen haben die Länder und Ge meinden zu tragen, 14 fallen der Post und 17 der Reichs bahn zu Lasten. Sowohl Post wie Reichsbahn hatten sich bereit erklärt, die Aktion der Reichsregiernng mitzu- machen. Auch Preußen hatte eine dahingehende Erklä rung abgegeben und darüber hinaus angeregt, den Frauenzuschlag van 10 auf 20 Mark zu erhöhen. Der Reichsfinanzminister erklärte sich mit diesem Vorschlag einverstanden. Für die Gewährung der vom Zentrum für die sozial Bedrängten geforderten Hilfe wurden von der Oiegierung 25 Millionen zur Verfügung gestellt, die noch Berücksich tigung der Bedürftigkeit und der sonstigen gesetzlichen Regelung folgendermaßen nach Antrag des Zentrums verteilt werden sollen: Die Hanptnnterstütznngsempfän- ger aus der Erwerbslosenfürsorge, soweit sie über 26 Wo chen erwerbslos sind, einschließlich der Zuschlagsempfän ger und Empfänger der Krisenfürsorge erhalten eine halbe Wvchenunterstützuiig. Die Empfänger der Renten aus der Invalidenversicherung erhalten einen Betrag von je ü Mark bezw. 3 Mark für jede Waisenrente Die Die Sozialdemokrakie verlangt Rücktritt -er Reichsregierung als Vorbedingung für die grohe Koalition — Das Kabinett gibt nicht nach — Die Entscheidung hängt an wenigen Stimmen Berlin, 16. Dezember. Wird heute das Kak: n et t g e st ü r z t'? Die-s Frage ist durch die gestrigen Berhaudiuugen immer noch nicht geklart worden. Diese Verhandlungen haben einen i>ehr wechselvollen Verlauf genommen. Sie haben das einigermaßen überraschende Ergebnis gehabt, daß die S o z i a l d e m o k r a re n ihr Mißtrauensvotum gegen die Regierung Marx einbringen werden, falls die Negierung nicht von iich aus ihren Rücktritt erklärt. Wie die Rechte i-ich zu diesem Mißtrauensvotum stellt, hängt nach der Meinung gut nntervichteter Lense davon ab, ob der Kanzler auch mit der Rechten Verhandlungen an- knnpft. Tie Reg:ernng wird sich jedenfalls dem Parla ment steilen. Es ist zu erwarten, daß heule eine lehr anSgedebnte Debatte stattfindet und daß die enticheidewde Abstimmung erst morgen vorgenvmnicii wird. Das R c i ch s k a b i n c t t trat heute vormittag zu einer Sitzn n g zusammen, um zu der durch den Beschluß der Sozial demokraten geschassenen Lage Steilung zu nehmen. Wie ver lautet, empfindet das Kabinett den Beschluß der Sozialdemokra ten als eine Vriiskicrung und wird nicht zuriicktreten. Das Kabinett beabsichtigt, sich dein Reichstage „in offener Felsschlucht zu stellen". Wann der Reichskanzler im Plenum des Reichs tages eine Erklärung abgeben wird, ob zu Beginn der Sitzung oder erst in der TcöaUe. steht zurzeit »och nicht sest. Nachdem das Kabinett zur sozialdemokratischen Entschlie ßung. den Beschluß gefaßt hatte, nicht znriickzutreten. empfing der Kan z l e r kurz die Führer der K o a l i t i o n s par te i e » zu einer B espr e ch u n g . in der die neue pariamen- tarische Lage eingehcno beraien wurde. Erhebliche Bedeutung mißt man im Reichstage der Fraktionssitzung des Zentrums bei, die um 111- Uhr begann. In Kreisen der Regierungspar teien wird nunmehr bestimmt, damit gerechnet, daß die Sozial demokraten ein Mißtrauensvotum einbringen werden. Nein rechncrnsch besteht die Möglichkeit, daß es mit geringer Mehrheit abgc'ebnt werden könnte.. Die sür heute mittag 12 Uhr angesetzte Sitzung des Reichs tages ist vorläufig aus 2 Uhr vertagt worden. Die Kommu- »isien haben ein Mißtrauensvotum gegen das Gesamtkabinett eingebracht. Im Einzelnen haben die gestrigen Perbandlungen genden Verlauf genommen. Sämtliche Fraktionen ton im Laufe des Nachmittages Sitzungen ab. Den R fot- ... . ^ hiel ten im Lame des Nachmittages Sitzungen ab. Den Regie rungsparteien wurde in dieien Sitzungen ein KabinettS- be'chluß Vvrgelegt, in dem vorgeschlagen wird, Ver- öandlllngen über die große Koalition einznleiten. Tie Fraktionen stimmten dem zu, auch die Deutsche Volks- Partei. Daraufhin empfing der Reichskanzler Dr. Marx die s o z: ald e m okratischen Frakrionsführer Müller tFranken) und Breitzcheid. Der Kanzler vereinbarte mit den beiden sozialdemokratischen FraktionSvorsitzenden, daß die Sozialdemokraten ans ihr Mißtrauensvotum verzichten und daß lofort die Verhandlungen über die große Koali tion ausgenommen werden tollten. Anschließend kand noch eine Beiprechung zwischen dem Reichsaußenminister. dem Reichswehrminister und den sozialdemokratischen Fraktions« führcrn statt. Man nahm nun allgemein an, daß damit die Grund» sage für die weitere» Verhandlungen gegeben ,ein würde. Um 10 Uhr abends aber kam ein Beschluß der sozialdemo kratischen Fraktion folgenden Wortlautes heraus: „Tie Sazialvemokratische Fraktion ist zu Verhandlungen über die Bildung der Großen Koalition bereit, sie i r aber der Bnssassung, d aß hierzu der Rücktritt der Reichsregiernng crsorderlich ist." Damit mar das Ergebnis der vorhergehen den Verha,, dln, kge, i> ve r i >tch trlr Ter „Vorwärts" ichreibt heute früh erklärend zu den Beschluß der Fraktion, der Fraktion sei es mit ihrer Bereitschaft über die Bildung einer Regierung der Großen Koalition zu verhandeln, durchaus ernst. Eine Regierung der Großen Koalition könne nicht geschaffen werden, ohne daß grundsätzlich alle Portefeuille lien besetzt würden. Das schließe natürlich nicht ans, daß der eine öder der ander,e Minister bei der Neubildung der Regierung in lein Amt zurückkehre. Das Misstrauen der Sozialdemokratie gegen G.ßler könne durch wie immer geartete Erklärungen nicht mehr beseitigt oder beschwichtigt werden. Sollten sich die Parteien der Mitte mit der Loziatdcmokratie über die not wendigen R.formen bei »er Reichswehr einigen, so würde der Mann, der diese Reformen durch',»führe» habe, noch zu finden ,cin. Tie „Germania" sieht in dein Beschluß der Sozialaemw Kralen ein Zugeständnis an de» radikalen Finge! der Htarlei. mit Politik habe eine solche Taktik wenig wehr zu lun. Das Blatt glaubt nicht, daß die Reichsregierung und die Regierungs. Parteien viel Neigung zeigen würden, der sozialdemokratischen Forderung zu entsprechen. Man brauche sich deshalb nicht zu verwundern, menn die Beschlüsse des heutigen Ministerrates und der Regierungsparteien anders aussielen, als sie ohne die sozial demokratische Ankündigung ausgefallen mären. — Auch die Tägliche Rundschau" zweifelt nicht daran, daß das Kabinett der sozialdemokratischen Forderung nicht Rechnung trage» wird. — Die „V ossische Zeitun g" sagt, der Irak- lionsbcschinß werde als ein Schlag in das Gesicht des Kabinetts Marx empsnndcn, das doch unzweideutig zu erkennen gegeben habe, daß cs ehrlich die Große Koalition wolle. Ter „Lokal- an zeig er" schreibt, zum zweiten Male sei die sozialdemokra tische Fraktion über Abmachungen hinweggegangen, die ihre Führer getroffen hätten. Dis zeige zur Genüge, wie außer- ordentlich stark der linke Flügel der Sozialdemokratie sei. Nach wie vor richte sich der Hauptstoß der Toziaidemokrateir gegen die Minister der Demokraten, oie deinioch immer wieder versuch!»». mit der Sozialdemokratie in Fühlung zu kommen. Kleinrentner erhalten einen Betrag van einem Drittel der Manutsunterstützung. Den Erwerbslosen wurde unr eine Halde Wachenunterslützung van durchschnittlich 7 dis 10 Mark gewährt im Hinblick ans die vor vier Wachen erfolgte allgemeine Erhöhung der Unterstützungssätze. Den Invalidenrentnern fall ans dem einfachen Wege durch Auszahlung der Rente durch die Post die Erhöhung zuteil werden, weil auf diese Weise der Reiclzszuschuß nur ver doppelt zu werden braucht. Bei der Kleinrentncrfür- sarge, die seit der Fürsorgepflichtverordnung Aufgabe der Länder ist, sollen die Notstandsmaßnahmen voll und ganz vom Reich übernommen und mit einem Drittel der Mo- natsnnterstützung von 7 bis 10 Mark festgclegt werden. Bei der hier getroffenen Regelung handelt es sich um zwei völlig gesonderte Aktionen, eine für die Beam ten und eine für die sozial besonders Bedrängten. Durch den gemeinsamen Beschluß der Parteien und der Oiegie rung wurde die einmalige Weihnachlsbeihilfe auch auf die Altveteranen ausgedehnt. Im Haushaltsausschuß stell ten die Sozialdemokraten den Antrag, auch die Reichs- arbciter in die Aktion einzudeziehen, eine Forderung, die die Länder und Gemeinden besonders belasten würde. Der Neichsfinanzminister gab hierzu bekannt, daß neue Tarifverhandlungen für die Reichsarbeiter im Gange seien, wonach eine Erhöhung der Löhne unter Berücksich tigung der wirtschaftlichen Lage in Aussicht genommen ist. Eigenartig war vor allein die Haltung der Deut schen Bolksnartei. Im Somalvolitilchen Ausschuß weigerte sie sich, den Antrag der Regierungsparteien auf Einbeziehung der wirtschaftlich Bedrängten zu unter schreibe». Sie erklärte, daß sie wegen der Erwerbslosen nicht in der Lage sei, sich an der Aktion zu beteiligen. Trotz dieser ablehnenden Haltung beantragte ein Vertre ter der Volkspartei die Ausdehnung der Weihnachtshilfe sür die Sozialrentner auch ans die Rentner aus der Kuappschafts- und Nngcstelltenversicherung. Die Hal tung der Deutschen Valkspartel war um so befremdender, als zu gleicher Zeit eine Einigung der Oiegierungspar teien im Haushaltungsausschusse erfolgt war. Die Be ratungen wurden am 'Nachmittag im Haushaltsausschuß fortgesetzt. Trotz der am Vormittag erfolgten Einigung stellte nunmehr der Vertreter der Volkspartei auch im Haushaltsausschuß erneut den Antrag auf Ausdehnung der Unterstützung auf die Rentner der Kuappschafts- und Angestelltenversicherung. Nachdem von den anderen Par teien demgegenüber darauf hingewicsen wurde, daß bei einem solchen Perbalten einer Regierungspartei eine ver nünftige Politik überhaupt nicht mehr möglich sei. zog der Vertreter der Volkspartei seinen Antrag wieder zu rück. Bei den Rentnern aus der Kuappschafts« und A n g e st e l l t e n v e r s i ch e r n n g liegen die Dinge anders als bei den übrigen Gruppen. Einmal ist die 'Notlage nicht so groß, und zum anderen beruht sür die Knappschasts- und Angestelltenversicherten die gesetzliche Grundlage auf der Selbstverwaltung. Reichsmittel lind hierfür noch nie in Ansvruck genommen worden ' .Ä