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Cviiinibeiid, den 25. Dezember 1926 Rr. 282- Seit« S Wahlvorbereitungen in Thüringen Weimar. 21. Dezember. Die b»sl)eri^n Rcgierungsparieien haben sich nach langwierigen Verhandlungen für die Neuma'y- zum Lanblagr auf eine E i n h e i > s l i st e geeinigt. Die be- iciligle» Parteien, nämlich die Deulschnalionale Voiksparkei, die Teuische Voikspartei. der Landbunü und das Zentrum, iveudcu sich in einem gemeinsam »uter'eichncieu Wahlonsruf au die Be- vöikcrlina Thüringens. Ais Wahllag sür die kommenden Ren- inaPen ist der 30, Januar 1927 in Aussicht genommen. Der Lohnskreik in -er Schuhin-ust ie Berlin, 23. Dezember. Am 23. Tezember fand !m Reichs- nrbeitsministerium Verhandlungen über den Antrag der Gr- ».erilschasien auf Vcrvindüchkeitserklärung des Schiedsspruches vom 16, Dezember über die Lohnregelung in der Schuhindustrie statt. Einigungsncrftiche seitens des Vorsitzenden Ministeralrat Dr. Vieves blieben erfolglos. Dr. Meves erklärte hieraiif, das; der Neichsarbeitsminister sich die Entscheidung über den Antrag der bemerkschasten Vorbehalte. Die Zahl oer im ganzen tlieiche gekündigten Arbeiter in der Schuhindustrie beläuft sich auf 80 IM. Tie Kündigungen in Berlin lauten auf den 7. Januar. Im sächsischen Arbeitsmimsterium (Schlichtungsstellei haben am 22. des Monats Vcrhandlnnaen über die Löhne der berufsfremden Arbeiter in der sächsischen Tertiünduürie stattgesnnden. Es ist ein Schiedsspruch gefallt worden, der eine «iprazentigc Lohnerhöhung ab 1. Januar 1927 borlieht. Tie Parteien haben sich bis zum 28. des Monats über Annahme vder Ablehnung des Schiedsspruches zu erklären. Der FeM MLms (Lin neuer F-c,ne-Prozeß in Berlin. Bcrli», 24. Dezember. W:e erinnerlich, harte der Untersuchungsrichter beim Landgericht 3, Laridgerichtsrat Graste, im Hinblick auf die bei den Landsberger Prozessen getroffenen Feststel lungen die Vorunler uchuug :n den Fällen Leutnant Sand, Wilins und Lcgner, die bereits ge;chlvssen war, von neuem eröffnet, La weitere Ermittlungen sich als notwendeg er wiesen halten. Nuumelir ist die Voruntersuchung im Falle WilmS endgültig geschlossen worden, und die Hauptver- bandlung toird im Lause des Januar vor dem Schwurgericht beim Landgericht 3 dnrchgeführt werden. Angeklagt sind neben Oberleutnant Schulz und Klapproth ». a. Ober leutnant Jnhrman n, Leutnant von Pos er und der erst Im dielein Jahre in einem einsamen ForstbanS im Spree- toald verhaftete Feldwebel Um Hofer. Wann die Fülle Sand und Legner zur Verhandlung kommen werden, ist noch unbestimmt. Das Verfahren qenen Koffmann und KöUing Naumburg, 24. Dezember. Uebcr den Stand des Disziplinarverfahrens gegen Land- gerichrsdirekior Hofsma n n und Landgcrichtsrat KöIling verlautet, daß iiach dein Abschluß der Voruntersuchung Nnistnnden ist für den Januar mir der Verhandlung gegen Hossmannn und Kölling knnm noch zu rechnen, vielmehr dürste das Hanptvcrfa-Hren erst im Februar zur Durch führung gelangeil. Deutsche Redakkeure ans Memel ausgeroiSien Königsberg. 24. Dezember. Nach einer Meidling aus Memel sind gestern der Hauptfchrijtieiter Leubner und der Redakteur Warm vom Meineler Tampfboot sowie Redakteur Brieskorn von der Meiiiellündisäse» Nuiidschau in Heydekrng aus dem Me- melgebiet ausgewiesen ivorüen. Tie Betroffenen haben bis zum 1. Januar 1927 das Gebiet zu verlassen. Gründe für die Maß- Weihnachten bei Alk-Dres-ner Originalen Gar vieles ist schon über Alt-Dresdner Originale wie den alten „Rehhahn", „die Vogel-Marliese", ,/Peicr Kroll", „den alten Helmert" uiw. geschrieben worden, aber wohl kaum hat man sich bisher damit beschäftigt, ein mal fcstzustellen, wie diese bekannten Dresdner Originale bas W e r h n a ch t s f e st zu verleben pflegten. Vor etwa 20 Jahren hat ein entfernter Nachkomme „des alten Helmert" in dem sächsischen Bergstädtchcn Stollberg einen Bortrag gehalten, in dem er manches über das weihnacht liche Leben verschiedener Dresdner Originale von einst cr- zählr hat. Das bekannteste Stadtoriginal, von dem man heute noch in Dresdens Bevölkerung manche Anekdote hören kann, Nehhahn, führte vor seiner Verheiratung, die' im Jahre 1823 erfolgte zu Weihnachten ein ganz anderes Leben als danach. Rehhahn verbrachte als Junggeselle se.ne Zeit während der Wcihnachtsfeiettage in seinen drei Dresdner Stammlokalen. Am ersten Feiertag lies; er sich für gewöhnlich vom Wirt einer kleinen Kneipe tu der heutigen Pirnaiichen Straße mit Gänsebraten und grünen Klößen sreihnlten. Am zweiten Feiertag sah man ihn in einer unbedeutenden Schänke ützen, die in einem Hofgebälidc der heutigen Kreuzslraße lag. Sie gehörte einem Nudelinttller, namens Dorner, der sür Rehhahn eine Schwäche hatte, und bei dem er auch am dritten Feiertag- abend sogar in der Familie zum Essen eingeladsn war. Da für wartete Rehhahu mit allerlei schnurrigen Anekdoten aus se-.nem Leben auf. Anders wurde das Leben dieses tollen Kauzes mit Weihnachten 1823. Seine Frau sorgte dafür, daß mau Weihnachten in der jungen Häuslichkeit mir guten Dresdner Striezeln, Bratäpfeln und mit einem Kalbsbraten feierte, den ein paar der Hochzeitsgäste ge stiftet hatten, die sich auf Rehhahns Hochzeit am 11. Juni des nämlichen Jahres so gut amüsiert hatte», daß sie in Lautbarer Erinnerung an ihr Vergnügen dem Ehemann noch den WoihnachtSbraien spendierten. Später war Rch- hahn mit seiner Frau in den Weihnachtstagen häufig Gast Am -ie WieSergulmachung Berarunze« in Paris über das Landauer ArleU — Die Schrille -er deulfchen Negierung — Nevision o-er Degna-ignng? Paris, 24. Dezember. Tie Stellungnahme der Reichsregierung und der deutschen Oessentlichkeit zum Landauer Urteil hat in lfjaris tiefen Eindruck gemacht uuo i» politische» Kreise» stark« Nervosi- t ä l hsrvorgeruse». Es hat den Anschein, als wäre man an offizieller Stelle eher geneigt, durch einen Begnadig n»gs- a li t den Eindruck des Landauer Urteils zu verwischen, als noch mals den ganzen Prozeß durch eine höhere Instanz aufrollen zu lassen. Wie verlautet, wird sich der französische Ministerrat in seiner nächsten Sitzung mit dem Landauer Urteil beschäftige». Herr v on Hoes ch , der deutsche Botschafter, soll nach dem „Journal" bei seiner gestrigen Anssprache mit dem Sekretär des Auswärtige» Amtes Berthelot daraus hingewicfe» haben, daß seine Demarche nur das Vorspiel eines charakteri sierten Protestes sei, den zu erhebe» die deutsche» Mi nister gestern beschlossen hätten. — Nach Berliner Meldungen ist der deutsche Botschafter »ach seinem Besuche bei Berthelot von den zuständigen Stellen der Reichsregierung angewiesen wor den, bei der französischeil Regierung in dem Sinne vorsteilig zu werde», daß sie im Falle Rovzier einen Modus finden möge, der oer berechtigten Entrüstung in Teiltschiand im Sinne einer Genug!»»»«; Rechnung trage. Die Reichsregierung selbst habe keine Vorschläge gemacht, weil sie die Auffassung vertrete, daß cs Sache Frankreichs sein müsse, eine Lösung zu finden, die aus eine Wiedergutmachung hiuauslaufe. Der Oberbefehlshaber des Besatzungsheeres in den Rhein- landen, General Guiilaumat, ist i» Paris augekoinme». Die Reise steht in Verbindung mit dem Urteil des französischen Kriegsgerichtes in Landau. — Rach den Sozialisten haben »un auch die Radikale» (Fraktian Painlene-Eaillaux) einen Schritt bei oer Regierung unternommen, um sic zum Eingreifen in die Landauer Affäre zu veranlassen. Inzwischen gehl die Revision der Verteidiger ihren Gang. Tie Berufung wird vom Revisionsgericht, das in Paris seinen Sil; hat und aus höhereil Offizieren besteht, geprüft wer den. Der Ncvisioiisgerichlshos habe sich die Prüfung snmlücher Urteile Vorbehalte», die von oe» Kriegsgerichten bei den in Aktion befindlichen Truppe», also auch !m besetzte» Gebiet, ge. fällt werden. Es befindet nur über die rein juristische Seite der Angelegenheit und nicht über die Angelegenheit selbst. Im Fake der Annahme der Revision wird der Prozeß zur nochmaligen Hauplverhandlung an ein anderes französisches Kriegsgeriw« im besetzten Gebiet (Mainz, Trier vder Koblenz) verwiesen wer den. Im Falle oer Ablehnung steht den Prozeßbeleiligten die Anrufung des Appellatioiisgerichlshofes in lparis zu. Sollte die sraiizöstsche Regierung mit einem Gnadenakt eingreisen, dann kommt eine Revisionsverhandlung nicht in Frage. Berlin, 24. Dezember. Die dem Außenminister Stresemann nahestehende „Tägliche Rundschau" schreibt in einem sehr bemerkenswerten Artikel, der sich mit der politischen Seile des Landauer llrlcii besaßt, es verstehe sich von selbst, das; die Affäre Noucier »ichl mit dem Abschluß ocs Gerichtsverfahrens ihr Bewende» haben könne. Es sei vielmehr unbedingt notwendig, daß setzt der Fall politisch behandelt und in eine Atmosphäre gehoben werde, In der das schreie,»de Unrecht, das in Germershei», und in Laudan nach der Ansicht des gesamte,, deutschen Volkes geschah, wenig stens zum geringen Teil m'eder gut gemacht werden könne. Es flehe wohl fest, das; der deutsche Botschafter in Paris, Herr von Hösch, in diesem Sinne tätig sei und das; er dauernd die Fühlung mit dein Auswärtigen Amt in Paris aufrechterhalte, um dort die Schwere ocs Falles und den Ernst der Lage kn ihrer ganzen Bedeutung bcoreislich zu machen. Es liege nahe, anzunchinen, das; die französische Regierung zum mindesten das provozierende Mißverhältnis beseitige» werde, das in der gleichzeitigen Frei sprechung Noueiers und der Berurleilung der Angeklagten, zum Teil von Roucier schwer verletzter Deutscher, bestehe. Es liege durchaus im Interesse der Politik, die Briano verfolge, wenn mehr geschehe. Germersheim sei kein Ruhmesblatt in der Oie' schichte der französischen Besatzuugsarmee. Je eher man das durch eine Befreiung der Einwohner von der Besat- zuiigslast zum Ausdruck bringe, desto besser. nähme der Ausweisung wurden nicht angegeben. Reben den Redakteuren ist noch eine Anzahl anderer deutscher Staatsange höriger ausaewiesen worden. Diese Maßnahme läuft aus eine Lahmlegung der deutschen Presse iin Mcmelgebiet hinaus. Sie ist der erste politische Akt, den die neue litauische Negierung Smetona in dem unter litau ischem Protektorat sichenden Memelgebiet voruimmt. Dieser Akt steht in schreiendem Widerspruch zu der Versicherung des neuen Staatspräsidenten Smelana, daß er die Rechte der Deut schen im Mcmelgebiet schützen werde. — Sobald eine amtliche Bestätigung der Ausweisung vorliegt, wird die Reichsregierung beim Völkevbund die nötigen Schritte unternehmen. Neparakwnssachleiftungen im November Berlin, 24. Dezember. Im Monat November sind für Frankreich 303 Vertrüge (darunter 7 Nachträge zu den svühcren Abschlüssen und eine Berichtigung eines früheren Vertrages) im Werte von 2-1.2 Millionen Reichsmark genehmigt worden. Hier durch erhöht sich der Wert aller in der Zeit vom 1. September 1924 bis 30. November 1926 genehmigten französischen Sachlie- ferungsoerträge (ohne Kohlen- und Favblstosftieferungen) auf 361,9 Millionen Reichsmark. Von den Novemberbeträgen bezie hen sich die Verträge im Werte von über 2.7 Millionen Reichs mark auf die Lieferungen sür Kricgsgcschädigte, während der Ölest auf Verträge mit anderen Personen und die französische Verwaltung entfällt. Den Hauptleil der Verträge von 15 Milli onen Reichsmark bilden Verträge über Nadelschnittholz und Te- legrapl>enstangen. Für Belgien wurden !m Berichtsmonat 120 Verträge (einschließlich von 17 Zusatzverträgen und einer Berichtigung) im Werte von 3,8 Millionen Reichsmark genehmigt. Ter Gesamt wert aller seit dem Jnkrafttrelen des Daiuesplanes genehmigten belgischen Verträge stellt sich damit auf rund 78 Millionen Reichsmark. Von den Rovembervertrügen beziehe» sich 13 Ver Irüae ans die Lieferung chemischer Produkte in» Werie von über 2 Millionen Reichsmark. Kurze Nachrichten 1 Dr. Luther wieder kn Berlin. Der srülsere Reichskanzler Dr. Luther traf in Begleitung des Staatssekretärs a. D. Keinp- ner, der ihm nach Bremen entgcgengcfahren war, Donnersiag mittag 1 Uhr auf dkm Lehrter Bahnhöfe ein. 1 Scoering nimmt seine parlamentarisch Tätigkeit wieder auf. Der sozialdemokratische Pressedienst erfährt, daß Devering Ende Januar oder spätestens Ansaug Februar seine parlamen tarische Tätigkeit wieder anfzunehmen gedenkt. 40 003 Mark unterschlagen. Der Vorsteher oer Siatious kasse in Glog au hat nach Aufdeckung von Unterschlagungen in Höhe von 40 600 Mark Selbstmord verübt. In einem Ar» fchievsbrief gesteht er seine Schuld ein. Weihnachtsurlaub des Reichskanzlers. Reichskanzler Dok tor Marx hat sich sür die Weihnachtsjeiertage zu einem »urM Urlaub nach Düsseldorf begeben. Vom Zuge erfaßt und getütet. Mittwoch abend wurde aus dem Bob ich ol von Münster t. W. ein Angehöriger der Bahnhosswache von einem Gtuer zug überfahre». Der Unglückliche, dem beide Beine vom Rumpfe getrennt wurden,'starb kurze Zeit später im Kran kenhaus. Schweres Autobus-Unglück in Belgien. In dem Städtchen Ghlin, nordwestlich vo» Moni, eeplc- dtcrten -infolge Entzündung der Benzinbehälter eines Auto bus, wobei 24 Arbeiter zum Teil schwer verletzt wurden. einer heute nicht mehr in Dresden lebenden Familie Zaum- zeil; die im heutigen Hause „Neue Gasse 12" und später in der Nampiichc» Straße 8 in den 40er und 50er Jah- Jahrcn gewohnt hat. Sein letztes Weihnachtsfest verbrachte Nehhahn 185,6 in seiner eigenen Wohnung in der heu tigen Gewandhausstraße. — Damals kränkelte er bereits, war aber trotzdem in den Weihnachtsfeiertagen sichtlich auf geräumt und ließ sich sein Schälchen „Heeßen" mit Stol len schinecken. Ein anderes Dresdner Original Peter Kroll ver lebte als eingefleischter Junggeselle und als ein Feind von „Familiensimsielei", wie er' es nannte, das Weihnachts- fcst in der Kneipe, Er verkehrte in den Feiertagen entweder bei „Bramemüllers" in der Kreuzstraßc, wo ec s-.ch am Gelang der Harfenmcidche» ergötzte, oder bei der „Stvlpnor Liese", einer Kellerkneipc am Neumarki, die durch ihren .Heringssalat im damaligen Dresden berühmt war. Von diesem ließ sich Peter Kroll, ehe er abends wieder nach Hause zurückcehrte, immer gleich eine» ganzen Blech krug voll mitgeben und dieser Heringssalat bildete in den Weihnachtsfeiertagen bei ibm schon frühmorgens das erste Frühstück. „Tie V v g e l--M a r I: e se", die auch während des Striezelmarktes in ihrer schmalen Bretterbude aller hand Vogelgetier feilhielt, kehrte während de- Weihnachts- fcstes ihrem Dresden den Rücken und verlebte die Feier tage bei einer berheirateren Schwester in Goppeln. Deren Kinder beschenkte sie dann am Heiligen Abend mit Gras mücken, Amseln, Drosseln vder Zeißigen. Der „alte Helmert", ein fliegendes Buchhändler- Original des alten Dresden, war in den Feiertagen der selbe eifrige und nie um eine Anrwort verlegene Geschäfts mann wie geivühnlich. Unermüdlich lief er vom ersten bis zum dritten Feiertag in damaligen bekannten Dresdner Gaststätten mit seiner Büchertasche umher und pries in seiner witzigen und zitatenreichen Art deren Inhalt den Gästen zum Kauf a». Tie Weihuachtssliniiiiuiig war bei ihm keine sonderliche. .Höchstens fing er unter der E:n- w-irkuna von c:„ paar Glas Grog an, Verse zu reimen, so z. B. „Vergesset, Ihr Leutchen, nicht de» Geist, sonst Euch das Hirn gar schnell verwaist", vder „Die Bücher sind des Geistes Salz, ihr Inhalt gibt im .Hirn den Schmalz". Manchmal gab er den Gästen »n Lokal auch einen verstohlenen Wink in Versform, wie z. B.: Die Fewr tage schließt mein Laden, sein Herr inöcht' gern 'nen Gänse braten. Natürlich fanden sich dann meist mitleidige Sec len, die „dem alten Helmert" zu einem leckeren warmen Abendbrot im Sinne seiner gereimten Aufforderung ein luden. „Vater Kohl", der wegen se-.uer Grobheit be kannte Wirt einer kleinen Weinschänke im Hauie Weber gasse 6, machte es sich in de» Weihnachtsfeierkageii zum besonderen Scherz, seine Gäste dnrck möglichst originelle Grobheiten zum Lachen zu bringen. Er warf mit Redens arten um sich, wie z. B.: „Na, Ihr seid mer de richdchei, Feierdagslausewenzel!", oder er sagte: „Heide gib's nicht! Kummd'n Vierden Feierdach wieder". Wen» die Gäste eine Portion seiner berüymten .Knackwürste verlangten-, stellw s:ch Vater Kohl so, als ob diese ansgegangen wären, in dem er meinte, „Knackwürschde, wolld -r? Bild Eich so was unr »ich ein, dafftr die von mich kriechd, die har schon der Rubbrich gesr .... ?" vder „Raus mid Euch jetzt! Vater Kohl will voch Feierdache machen?" Das war gewöhnlich spät abends in den Feiertagen für die Güste die Ansforderung ihre Zeche zu bezahlen und Pater- Kohls Schänke zu verlassen. Ein anderes Original, das als. Betielmujikant auch in den Feiertagen mit Vorliebe in gewissen Dresdnee Gaststütten aufspielte, war „Mci Sex er", eine rührende Mnsikantcnersche-.iiung und ein Mensch nicht ohne einen Zug von wehmütiger Poesie. Er machte in den Feie- tagen mit s::n bestes Geschäft, indem ihm die Gäste a Belohnung für se:n Gcigenspicl von allen Seiten Gels zusteckten oder ihn zu Speise und Trank einlnden. E n anderes bekanntes weibliches Original „d i e E ! e r- hanne", pflegte als echte lebenslustige Dresdnerin die Feiertage fast ausschließlich im Wirtshaus zu verbringen. Ueberall, wohin sie kam, wurde sie mit Jubel empfangen. Sie trug in den Feiertagen ihren alten Schafpelz und ein Paar grobe Filzschuhe. Dazu wickelte sie sich noch einen rot und blau gestreiften Schal um de« Kops, und m,i einem Knotenstock wegen des Glatteises bewaffnet, marschierie die Eierhcinne mir gut gestillter Börse los, »m in den Feier tagen ihre verschiedenen Stammkneipen anfzusuchen. In