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Sonnabend, den 25. Dezember 1926 Welhnacht,deUage Nr. 292.- Seite S Meißnachksfeste in vergangenen Seiten ' Kechkehem Wäre Christus nicht in Bethlehem geboren worden, noch durchschreiten muh, schemt auch mehr aus Gründen wer weih, ob das Städtchen nicht das Schicksal so vieler der Sicherheit als aus anderen der Kirche vorgelagert anderer Orte des Heiligen Landes, die uns aus der Hei- zu sein. Hat man diesen durchschritten, so erüffnrt sich vor ligen Schrift bekannt sind, geteilt hätte und dem Erd- dem erstaunten Blick ein gewaltiger Raum: die ungeheure baden gleich geworden wäre. So aver har es all die Säulenhalle des Kirchenschiffs mit der weiten Geburts- Stürme der Weltgeschichte, die darüber hinweggebraust grotte, die sich daran anschiieht. Line Reihe von Stufen sind, überstanden, und ist heute ein nicht gerade blühendes, führen zu der Höhle nieder, in der Christus geboren wurde: aber doch in einem gewissen gesicherten Wohlstände dahin- sie liegt gerade unter dem gr'echischeii Hochaltar des lebendes Städtchen von etwa 10 09» Einwohnern. Wohl Hauptschiffes. Ein Stern mit grohen silbernen Heiner der Pilger, die jahraus, jahrein Jerusalem besu- Strahlen befindet sich an der Stelle der Geburt, und chen, verabsäumt es, auch dem nicht ganz zehn Kilometer eine Inschrift darauf besagt: „Jesus Christus hic natus non Jerusalem entfernten Bethlehem einen Besuch abzu- est de Maria Virgine". Wie eine Legende berichtet, soll statten. Und diesem Fremdenverkehr ist in der Haupt- dieser Stern dem Stern von Bethlehem, der bei Christi fache die verhältnismäßig zahlreiche Einwohnerschaft des Geburt erschienen ist. nachgebildet sein, lieber den, Stern Städtchens zu verdanken. Die Bevölkerung ist fast durch- ist ein Altar errichtet, B>r T-p Nacht von silbernen weg arabisch, aber zum Unterschied von den anderen ara- Ampeln und brennend?? ch, Ue Ge- bischen Stämmen, die Palästina bewohnen — Palästinas burtsgrotte angeschlossen befindet sich noch eine zweite, Bevölkerung ist zu einem Drittel jüdisch, zu zwei Dritteln kleinere Grotte, die sogenannte Krippengratte, in der die arabisch — sind sie Christen, nicht Mohammedaner, und Krippe mit dem Iesuskindlein gestanden haben soll. Hier zwar säst durchweg römisch-katholische Christen, während soll auch die Anbetung des Kindes durch die Hirten und sonst in Palästina auch die griechisch-orthodoxe Kirche die heiligen drei Könige erfolgt sein, worauf zwei große einen großen Besitzstand aufzuweisen hat. So sind zun, Gemälde, die diese Augenblicke zum Gegenstand haben. Beispiel auch in der Geburtskirche die Kriechen die un- Hinweisen, umstrittenen Herren, während die röm,sehen Katholiken zum Gottesdienst die daneben liegende Katharinenkirche. Am heiligen Abend hat Bethlehem seinen großen Tag. die mit der ersteren durch einen Gang verbunden ist, be- Auto auf Auto rollt dann non Jerusalem heran: d'e Koa- „ußcn. suln der katholischen Staaten begeben sich hin, zahlreiche ' Das Städtchen Bethlehem macht, wiederum in, Ge- Fremde finden sich hier ein, der Bischof von Jerusalem gensalz zu den meisten anderen palästinensischen Orten Zieht in feierlichem Zuge hinauf, Um Mitternacht wird einen recht sauberen gepflegten Eindruck. Zwar sind die die heilige Christmesse zelebrier,, dann begeben sich die Straßen so schmal, daß sich die Fußgänger an die Mau- Gläubigen unter Borantritt o?s Klerus in feierlicher Pro- ern drücken müssen, wenn einmal ein Auto an ihnen vor- Zession in die Eeburtskapellc, wo eine Schlußandacht statt- be, will, aber die in Weiß gehaltenen und im orienta- findet Und zwei Wochen später wiederholen sich die lischen Etil gebauten Häuser — flache Dächer und kleine Feierlichkeiten unter einen, anderen Ritus und mit ande- Fenster charakterisieren sie — säumen die Straßen gefäl- ren Teilnehmern: die griechisthe Kirche feiert ihre Weih- lig ein, und aller Unrat wird von ihnen fern gehalten, nacht, die mit der römisch-katholischen Kirche nicht öber- Freilich, in die hintersten Winkel und die kleinsten Neben- eu,fällt: denn die Griechen haben den Dreikönigstag als gassen darf man auch in Bethlehem nicht schauen. Weihnachtsfesttag bcibehalten Man muß diesen Feier- Orientalisch mutet auch die Geburtskirche an. Mit l'chkeitcn einmal beigewohnt haben, muß nach der erhe ben massigen Quadersteinen, aus denen sie erbaut >st, bcnden Feier in der strahlenden römisch-katholischen Ka den kleinen, ott vergitterten Fenstern sicht sie einer Trutz- thariueukirche mit der Prozession durch die spärlich er- burg fast ebenso ähnlich wie einer Kirche. Und oft genug leuchtete, in, Alltagsgemande befindliche griechische Ge muhte sie ja auch im Lause der Jahrhunderte gegen an- burtskirche gezogen sein, um oie Zerrissenheit der Ebri- stürmende Feinde verteidigt werden. Dementsprechend stenheit so recht schmerzlich zu fühlen. Da ist der Ort, ist auch der Eingang gestaltet. Lr besteh, nur aus ckner wo der Heiland geboren wurde: für alle wurde er geboren: schmalen und sehr niedrigen Tür, durch die alle, die das den Frieden wollte er auf die Erde Gingen. Beten wir mittlere Größeumaß übersteigen, nur gebückt eintrcten am heiligen Weihnachtsfest auch für den Frieden in der können. Und ein völlig dunkler Borraum, den man dann Christenheit! Adolf Föhr. Borfahren und Siegeszug des Christbaumes. Vor hundert Jahren waren bestimmt auch keine leichten Zeiten, denn die Kriegszeiten hafteten bei unse ren Borsahren, ähnlich wie bei uns, noch in dem Be wußtsein. So mußten alle Feste einfach und bescheiden gefeiert werden, natürlich auch das Weihnachtsfest, das schönste Fest des Deutsche». Den Christbaum kannte man nicht allerwärts, ihn vertrat die lichtergeschmückte und mit vergoldeten Tannenzapfen behängte Pyramide, die damals in größeren Städten, in denen es frische Bäume nicht immer zu kaufen gab. viel zu finden waren. In Berlin und anderen großen deutschen Städten konnte man übrigens in wohlhabenderen Häusern die Pyramide und den Christbaum nebeneinander stehen sehen. — Auch in Siiddeutschland und in Franken mar der Torläufer des Christbaums eine Art Pyramide, ober im Vergleich zur norddeutschen großen und schön geschmückten Pyramide ein sehr einfacher Weihnachts schmuck: das „Paradies", wie man sie nannte, be stand nämlich immer nur aus drei durch Stübchen im Dreieck verbundenen Aepfeln, aus denen nach oben eben falls drei Stäbchen führten, die nun durch einen großen Apfel zusammengehalten wurden. lDiese Sitte kannte mau in alten Tagen auch in der Gegend von Hof und Bayreuth.) Am Ende der Seitenzweige der großen Pyra miden waren immer weiße Lichter zu finden, au der obe ren Spitze prangte ein Weihnachtseugel oder ein Christ- ki idchen aus Wachs, mit eine», seinen Seidenkleidchen angetan. Unter der Pyramide, im reizvollen Durchein ander wurde alles Geschenkmerk aufgebaut, gerade wie wir cs heute »ach machen. Die C h r i st b ä u m e verdrängten die Pyramiden nach und „ach. Ter lebende Baum ist eben der schönste Weihnachtsschmuck. Vor hundert Jahren fand man an den Ehristböumen nur etwas Eßwcnen, Lichter und klei nes Schmuckwerk. Galdpapier und bunte Papierblumen bildeten dann die weitere Verzierung. Diesen Schmuck trug schon der e r st euusbe k a n u t e W e , h „ a ch t s - bau in, über den ein Bericht aus dem Jahre 1604 auf uns gekommen ist. Bis aber der Christbaum seinen Weg durch ganz Deutschland bis hinauf „ach Königs berg in Preußen gemacht hatte, dauerte es „och eine gute Weile. I u i: g - S t i l l i u g spricht in seinem „Heim weh" von einen, Woihnachtsh-a»»,,' einem „Hellerleuch tetei, Lebensbaun,", wie er ihn nennt, „mit vergoldeten Nüssen", und zwar war dies un, 1750. In Berlin brannten die ersten Weih,,achtsbäume erst seit etwa t780, sünszehu Jahre später daun in Hamburg und wei tere zehn Jahre später in Dresde „. Zu de» ersten Dichtern, die einen Weihuachtsöaum beschreiben, gehört der Sohn Königsbergs. C. Th. A. Ho ff „in,, n. dessen reizvolle, in seine», Märchen „Nuß knacker und Mausekänig" verflochtene Schilderung eines Berliner Weihnachtsabends ans dem Jahre 1810 einzig dasteht. Auch Goethe erwähnt im „Weriher" die „paradiesische Entzückung", in der die Erscheinung eines nusgspulzteu Baumes mit Wachslichtern, Zuckermerk und Aepfeln den Menschen in die Kindheit versetzt. „Ein Wachsstöckchen und „och etwas" verspricht Lotte hem schwer mit Selbstmordgedanken kämpfenden Werther. Und Wachs stäcke, von den kleinsten an, die gewöhn lich die Kinder erhielten, bis zu den großen und teueren, den mau Respektspersonen zu verehren pflegte, bildeten damals eine in allen Kreisen sebr geschätzte Weihnacbts- gabe. Tie Bezci ch u u u g „Weihuachts- oder Christ- bauii," war damals absolut keine allgemeine, sondern eine ganz sellene. Selbst Goethe und Schiller sprechen immer nur von einen, „aufgeputztei," oder „grünen Baum". Erst gegen das Ende des 18. Jahrhunderts tau chen die Worte „Christhaum", Weihnachtsbaum und Lich- terbaum auf. Daß in vielen Gegenden Deutschlands die eigent lichen Weihuachtsgabcu für die Kinder schau a», Vor abend von Sank! Nikolaus gebracht wurden, ist heute ziemlich vergessen. Der Nikolaus war in Süd- und Mitteldeutschland, auch in de» österreichischen Alpen eine bekannte Figur. Man feierte de» 0. Dezember als Be scher,mgssest. Dam, bildete das Christkind den Mittel punkt des Festes und der Nikolaus galt nur als Vor bote. Das ist vielfach heute noch so. W o hat nun der erste deutsch e Weihuachtshaum gebrannt? Darüber hat man sich schon oft den Kopf zer brochen und restlos wird sich das wohl nie klären lassen Wir müssen uns begnügen mit Tatsachen und Ueberliefe- rungen, die auf uns gekommen sind. Im Jahre 1000 soll in Schlettstadt auf der „Herrenstube" schon eine Christbaumfeier abgehalten worden sein. Ausführlicher beschreibt im Jahre 1005 ein Straßburger Bürger die damaligen Christbäume. „Auf Weihnachten", berich tet er, „richtet man Dannenbäum zu Straßburg in den Stuben auf. daran henket inan Rosen aus vielfarbigem Papier geschnitten, Aepfel, Oblaten, Zischgold." — Dar nach scheinen die ersten deutschen Christbäume den heuti gen nicht unähnlich gewesen zu sein, aber ei „ esfehlte ihnen, und zwar das Wichtigste: es steht nämlich kein Wort von den Lichtern in dem Bericht des Straß burgers. Auch der gelehrte Straßburger Pfarrer Dann - Hauer, der vierzig Jahre später eine geharnischte Schrift gegen den Christhaum verfaßte, erwähnt keinen Lichter schmuck. „Unter anderen Lappalie», damit man die alte Weihnachtszeit oft mehr als mit Gattes Wort begeht, ist auch der Meilinachtsbaum oder Tannenbaum, den man zu Hause aufrichtet, denselben mit Puppen oder Zucker behängt und ihn hernach schüttelt und abblümen läßt. Wo die Gewohnheit hergekommen, weiß ich nicht, eifert er iveiter, und nennt schließlich den Christhaum des „Satans Kapelle", die man „liehen der Kirche baut". Gleichwohl hatte die lange, gelehrte Abhandlung des witzigen Herrn keinen rechten Erfolg, denn wer den Christbaum einmal kannte, wollte ihn nicht mehr missen. Aber erst 100 Jahre später wurden zum ersten Male die Lichter von einem Professor der Rechte, Kißling, in W i t- tenberg erwähnt, der den Christbaum ebenso warm empfiehlt, wie ihn Dannhauer einst abgelehnt hatte. Wir sahen ja schon, wie sich der Tannenbaum als Symbol der deutschen Weihnacht langsam ausbreitete, nach Wien kam er sehr spät. „Nicht in einer einzigen der mir bekannten Familien habe ich das lustige Auf- (8e6et in der Ahnstnacbt Herr, Nacht ist es in mir, Dunkel breitet sich das Gefilde meiner Seele. Aber heimliche Stimmen wisse» von Deinen Verhei ßungen zu erzählen. O laß die Sternenräume Deines Himmels sich auftun, Sende, sende ans das Licht von der Höhe. Und Dein Engel künde mir die Botschaft des Heiles. Denn sieh, ich bin der Hirte, der nächtlich wacht. Ich bin der Weise, der weite Wege zieht. I ch aber bin auch der Böse, der den, Kinde nach dem Leben trachtet. Wo ist der König? so rufe ich, Und weiß nicht, gehe ich aus. Ihn zu suchen, anzlibeten, ihn zu morden Dunkel ist das Gefilde meiner Seele. O sende, sende Deinen Stern, Daß er mich führe zu der Wiege der Wunder Goitcs, meines Herrn. ' Gerh. Paul. putzen sdes Baumes) und Kinderlsben gesehen", schreibt 1808 der ans Deutschland nach Wien gereiste Musiker I. F. Reichhardt, „das bei uns am Christabend in jeder Familie zu finden ist." Der Wiener Polizei bericht meldete nun sogar einmal im Jahre 1814, daß in einem Hause Arnstein „ein zahlreiches Weihnachts- banm- und Christba,imfest" war, was indessen damit zu erklären ist. daß die Arnstein ans Berlin stammten und dem heimischen Brauch auch in der neuen Heimat treu- geblieben waren. Im Jahre 1815 gab es am Wiener Hof einen Christb-aum. und zwar beim Erzherzog Karl, der als erster den Lichterbaum eingeführt hatte: inan fand aber trotzdem in Wien zuerst keinen rechten Geschmack an diesem Lichterbaum. Ist er dach in manchen Orte» Tirols. Steier marks und Kärntens selbst heute noch ganz unbekannt. In Baye r n und Franken fand der wirkliche Weihnachtsbaum auch sehr spät Eingang, um die Mitte des vorigen Jahrhun derts traf mau ihn auf dem flachen Lande lange nicht in der heutigen Selbstverständlichkeit. Das; man den Weihnachtsbaum gerne mit Aepfeln behängt, greift auf eine mittelalterliche Sitte zurück. Be, Weihnachtsumzügen in dieser Zeit nahm mau grüne Zweige und behängte dieselben mit Aepfeln und Nüssen. Der Gedanke des Christbciumes wird demnach auch auf diese mittelalterlichen Schmuckzweige zurückgeführt wer den müssen. sDuß die alten Römer in der Uebcrreichung eines Apfels eine Liebeserklärung sahen, nur nebenbei.) Man sieht also, auch der kleine, heute zur Selbstver- tändlichbeit gewordene Weihnachtsbaum hat, wie alles n der Welt, seine Geschichte. Dr. F. W. Berge n. Die ältesten -eutseßen "VeihnaeHter kieder Das älteste deutsche Weihnachtslied, welches uns er halten ist, ist in Aachen, und zwar in einem Evangelien buch des Kaisers Otto IU., welcher im 10. Jahrhundert lebte, gesunden morden. Es befindet sich heute noch im dortigen Münsterschatz. Sein Text lautet folgendermaßen: Syt willekommen heirre krist, Want du unser alre heirre bis, Syt willekommen, lieber heirre. Her in erdriche also schone: bvrieleis. An anderer Stelle und aus späterer Zeit ist uns auch die zweite Strophe dieses Liedes noch erhalten. Wie es heißt, versammelten sich in der Christnacht die Aachener „Scheffen" auf ihrem Gerichtszimmer, begaben sich sodann zum Münster und stimmten dort das Lied an, wobei die Gemeinde am Ende jeder Strophe das Kyrieeleisan mit sang. Die zweite Strophe lautet: Nun ist gott geborn unser aller trost, Der die höllschen Pforten mit seinem Kreutz ausstosz, Die Mutter hat geheiszen Maria. Wie in allen bristenbüchern geschrieben steht. Kyrieleison. Aus alter Zeit stammt auch das bekannte Lied, das heute noch in den meisten katholischen Gesangbüchern zu finden ist: Gelobet seist du, Jesu Christ. Daß du ein Mensch geboren bist. Aus einer Jungfrau, das ist wahr, Des freuet sich der Engel Schar, Kyrie eleison. Es ist zu Anfang des 16. Jahrhunderts in Rostock be zeugt. wo es bei», Gottesdienst verwendet wurde. Nach dem ü«r Priester den, Volke das allerheiligste Sakrament gezeigt und damit gesegnet hatte, stimmte die Gemeinde das Lied an, wie wir aus der Rostocker Kttcheuordnung entnehmen können. Es ist jedoch siclM, daß das Lied in eine weit frühere Zeit hineinreicht. Sehr alt ist auch das bekannte Lied: „Es ist ein Ros' entsprungen". Wenn es auch im frühesten Mittelalter nicht belegt ist, so haben wir seinen Ursprung doch min destens in das 14.. wenn nicht in das 13. Jahrhundert zu- rückzliverlegen. Im 14. und 15. Jahrhundert waren halb-lateinische Lieder sehr beliebt, in denen stets ein deutscher Vers mit einem lateinischen abwechselte, und zwar so, daß jeder Bers den Sinn des vorangehenden fortsetzte und vollen dete. Bekannt ist das Lied „In dulci jubilo": In dulci jubilo Singet und seid froh! All unser Wonne Leit in praesepio Sie leuchtet vor der Sonne Matris in gremio, Oui alpha est et O.