Suche löschen...
Sächsische Volkszeitung : 08.02.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-02-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192702081
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19270208
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19270208
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-02
- Tag 1927-02-08
-
Monat
1927-02
-
Jahr
1927
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 08.02.1927
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Sie i>Me>> »WWMe im M IW Ein Rückblick Die Zeit politilcher Hochspannung wie ne oie ersten Jahre noch Krieg und Unislurz zeigte, sind vorüber. Die nüchterne politische Wirklichkeit tritt immer mehr in den Vordergrund, und an ihr heißt es zu arbeiten. Weite Kreise der politischen Jugend liabcn sich zu dieser Arbeit an der sozialen und poli tischen Wirklichkeit noch nicht öurchringen können, sie sind in Wesahr, einem wirklichkeitsfernen Idealismus und damit einer politischen Sekte zu verfallen. Der folgende Tätigkeitsbericht des N e i ch s v e r ba n d e s der deutschen Winüthorstbu n d e zeigt, daß die Bunde dieser Gefahr entgangen sind: sie haben ihre politische Aktivität nicht aufgegeben, wissen aber darum, daß alle Reformen und alles Reue an Gegenwärtigem anzuknüpfen l>at. Dies halte zur Folge, daß ein Teil derjenigen, die sich nur !m Bekenntnis er schöpfen und wenig Sin» für politische Kleinarbeit zeigen, in ihrer Arbeit in den Windthorstbunden erlahmte». Um so er freulicher ist aber die Tatsache, daß diese Krise schon jetzt durch eine rege und tiesgeliendc B i l ü u n g sa r b e i t in allen Lan des- uns Prdvinzialverbänden weggcschafst worden ist. Die Leitung der Windthorstbnnde weiß darum, daß der deutsche Katholizismus eine stattliche Anzahl blühender Iugend- rerbände besitzt: sie wird, wie bisher, auf ein vertrauensvolles Zusammenarbeiten das größte Gewicht legen. Unsere Bunde wollen nur die Zusammenfassung von politisch fähigen und poli tisch regen Menschen sein. Weiter nichts. Damit ist auch unser Aufgabengebiet scharf Umrissen und alles, ivas außerhalb des politischen Gebietes liegt, ist nicht Sache der Windthorstbnnde. Jedes Mitglied unseres Bundes gehört in einen unserer katho lischen Iugendverbände hinein. Der Neichsverband der deutschen Windthorstbnnde umfaßt zurzeit 12 Landes- und Provinzialvevbände: Brandenburg, Ba de», Grenzmark, Hessen-Rassau, Riederschlesic», Oberschlcsien, Ostpreußen, Pfalz, Rheinland, Freistaat Sachsen, West fale», Württemberg. Aufgabe des Reichsverbandes wird es in diesem Jahre sein, für die Durchführung der Organisation in der Provinz Hannover, der Provinz Sachsen und in den Frei staaten Thüringen und Hesse». Sorge zu tragen. Im Ge schäftsjahre fand die Gründung des Provinzialverbandes Hessen- Nassau statt. Für die Arbeit der Windthorstbunde wurden von der Reichsgeschäftsstelle für das Winterhalbjahr 1S25/26 und für das Halbjahr 1926/27 Arbeitspläne herausgegeben, die eine Richtschnur für die politische Arbeit in den einzelne» Teilen des Reiäzes darstellcn sollen. Im Anschluß an die Fricdrichshafener Tagung im Jahre 192» wie auch an die 6. Reichstagung in Soest- Recklinghausen enthalten diese Arbeitsprogramme in der Haupt sache Fragen des inneren Ausbaues unseres Bolksstaates in kul- iueller und sozialwirtsck>afllicher Hinsicht. Der Arbeitsplan kann ' wn der Reichsgeschästsstelle noch bezogen werden. In diesen: Zusammenhang hat die Reichsgeschäftsstelle besonders auf die Literatur des Volksvereins für das katholische Deutschland und auf die Arbeiten der „Reichszentrale für Heimatdicnst" hinge wieset- , Im Januar 1926 trat der erweiterte Neichsverbandsvor- stand zu einer Sitzung in Berlin zusammen, in der neben Or ganisationsfragen Prof. Dr. Schreiber über „Deutsche Kul turpolitik" sprach. Im Anschluß an die Reichstagung in Fried richshafen-Weingarten wurde noch einmal die Frage gestellt: Wie gestalten wir Wirtschaft und das Soziallebcn im Sinne der natürlichen Lebensordnung: hierzu sprachen Dr. Röhr und der Reiclistagsabgcordnete Lammers. Die Leiden Wege, die Dr. R ö h r aufzeigte, waren: Wir müssen in uns eine Bewertungs skala der Bedürfnisse und damit der Güter aufstellen, und zwar nach Notwendigkeit und Nützlichkeit, nach Schädlichkeit und Ueberflüssigkeit. Danach muß ein jeder handeln. Der Staat muß eine Wirtschaftspolitik treiben, die sich auf den genannten Prinzipien aufbaut. Die Aussprache über dieses Thema gab für die weitere Arbeit in wirtschaftlichen Fragen lehrreiche An regungen. Im Mittelpunkt der Arbeiten des pergangenen Geschäfts jahres stand die 6. Rcichstagung der Deutschen Windthorstbunde in Soest und Recklinghausen »om 26. Juli bis 31. August, lieber diese Tagung ist ei» beson deres .Heft des „Jungen Zentrums" erschienen, das nicht allein aber die Tagung selbst berichtet, sondern auch in seinem aus- zedchnten Echo, die .Haltung der Windthorstbunde und die Aus lassungen der Presse zur Tagung deutlich zum Ausdruck bringt. Auf der Reichstagung standen drei große Fragen zur Erörterung. Der erste Tag brachte ein Referat des Reichsvorsitzenden Ioos über die „Deutsche Demokratie". Am zweiten Tage folgten zwei Referate über die „Deutsche Innensiedlung" von Tr. Wild und Rcichstagsabgeordneten Dr. B rü n i n g. Am dritten Tage sprachen Dr. Max Hildebert B ö h »i über die „Ausländsdeutschen und das deutsche Volk" und Professor Dr. Schreiber über .Auslandskulturpolitik". In mehreren Entschließungen wurde zur Sieü l ungs frage, zum Re ichsban ner, zur Flag ge n f r a g e, zur DueIlsrage Stellung genommen. In die sem Heft (September—Oktober 1926) ist auch der Arbeitsplan für das Jahr 1926/27 eingehend dargelegt. Das Verhältnis der Windthorstbunde zum Reichsbanner hat sich nicht wesent lich geändert. Der Neichsgeschästsführer, Abgeordneter Dr. Krone, ist zusammen mit unserem Verbandsvorsitzenden Ioos in den Vorstand des Reichsbanners gewählt worden. Aus der Arbeit im Reiche. Der Gauverband Recklinghausen hielt drei Schu lungskurse ab und befaßte sich aus dem ersten mit der Lage der deutschen Wirtschaft, auf dem zweiten im Anschluß an die Reichstagung mit der Siedlungsfrage, auf dem dritten mit dem Grenzlanö- und Auslandsdeutschtum. Ein ähnlich aufgebauter Kursus wurde auch vom GauverbanS Dortmund abgehalten. Im Gau „Linker Niederrhei n" fanden drei Schulungskurse statt. Hier behandelte man besonders die Frage „Iungzentrum und Landjugend", die „Agrarfrage als soziales Problem" und „Deutsches Volk und deutscher Staat". Der Frage einer besseren Erfassung der Landjugend war auch auf der Reichstagung eine besondere Aussprache gewidmet. Die Gautagung der Belgi schen Windthorstbunde behandelte die politischen Strömungen im deutschen Katholizismus, insbesondere „Vitus Heller und seine Bewegung". Die Berlin-Brandenburger Windt horstbunde hielten zwei volkswirtschaftliche Kurse von je einer Woche ab, die sich ebenfalls mit Wirtschaftsfrage» beschäftigten. Folgende Themen wurden bel>anÄelt: Die geschichtliche Entwick lung der deutschen Volkswirtschaft. Die deutsche Wirtschaft vor und »ach dem Kriege. Weltanschauung und Technik. Pro bleme des Betriebes, Werdegang, Ziel und Stand der übertrieb- lichen Organisationen. Der innere Ausbau des deutschen Wirt- säzastslebens. — Die n i e d e r s ch l e s i s ch e n Windthorstbunde besprachen auf ihrer Gautagung das Thema: Partei und Per sönlichkeit. Auf der Gautagung der Pfälzischen Windt horstbunde kamen deutlich die Spannungen zwischen der Zen- trumspartci und der Bayrischen Volkspartei zum Durchbruch. Die Tagung wurde mit einer Kundgebung „Schworz-Rot-Gold, das Banner der deutsche» Einheit und Freiheit" abgeschlossen. Einen sehr eingelzenden Kursus hielten die Windthorstbunde O st- Preußens ab. Hier beschäftigte man sich mit dem „Nationa litätenproblem des Ostens", mit der „Bedeutung des Ostens für die deutsche Wirtsckzaft", mit der „Kulturellen, politische» und wirtschaftlichen Bedeutung der Rheinlands" und mit den Fragen der Bodenreform. Der schöne .Heimgarten in Neiße beherbergte die O b e r s ch l e s i s ch e n Windthorstbunde vier Tage zu einer Aussprache. Hieran nahmen auch Bunde aus Niederschlesien teil. Außerdem wurden Ein-eltagungen und Kundgebungen ab gehalten in Essen, in Sachsen, in Obcrschlesicn und in Köln. In Bayern arbeiten zurzeit die Windthorstbunde in Nürnberg und München. Das politische Wollen der Zentrumsjugend erhellt beson ders aus der Monatsschrift „Da s junge Zentru m" sVerlag Französische Straße 62, III., Berlin. Bezugspreis 0,90 Pfg. im Vierteljahr). Wir müssen daraus Hinweisen, daß diese wertvolle und inhallreiche Zeitschrift unter der jungen katholischen Gene ration und auch bei den älteren Parteifreunden noch nicht ge nügend gelesen wird, Zusammenfassend können wir sagen, daß die Windthorst bunde wohl nur im beschränkten Maße an Zahl zugenommen lzabcn, daß ihre innere Bundcsarbeit und die Anerkennung in der Oefsentlichkeit aber gewonnen haben. Die Bundcsarbeit soll künftig, eher als bisher ein stärkeres und vertieftes Belzandeln der politischen Zeitaufgaben bringen. Zum Schluß sei ein Urteil miedergegeben, das Pater M u ck e r m a n » in der „Essener Volkszeitung" über die Windt horstbunde schrieb: „Es mag vielen entgangen sein, wie gerade die Jugend der Windthorstbunde begonnen hat, die politischen Aufgaben in ihrer konkreten Gestalt anzuschauen und ihr Kön nen an ihnen zu üben. Ich habe auch schon Gelegenheit gehabt zu beobachten, wie fruchtbar solches Tun ist. Nur schien mir manchmal, als würde dieses jüngere Geschlecht vom älteren nicht recht verstanden werden, als nähme man es nicht ernst und komme sich ihnen gegenüber überlegen und klug vor. Das ist nicht die rechte Art. Wir wollen uns lieber alle von dem neuen Feuer ergreifen lassen, wir sollen lieber von ihnen lernen, daß eine neue Zeit gekommen. Denn in der Tat ist es etwas ande res, Bürger zu sein in einem Staat, wo der Bürger nur dazu da ist, regiert zu werden, oder aber als mitverantwortlicher Träger der Negierungsgewalt selber dazustehen. Das ist etwas Grund verschiedenes, ivas aber bei weitem noch nicht begriffen worden ist. Wer das zuerst versteht, der wird zuerst Herr der Lage wer den. Was aber den Katholizismus angeht, so wird er zweifel los am besten fahren, wenn die Partei, die traditionsgemäß ihn schützt, gerade jene ist, die mehr als andere über politisch ge schulte Wähler verfügt und über politische Köpfe." Romola Ei» Rena„sanec'Ro»ian von George Eliot. Frei nach dem Englftchen von H. Riesch. Verlag Joseph Habbel, Regensburg) s29. Fortsetzung.) Baldassare wußte, wie er es anstellen müsse, um Näheres über Tito zu erfahren. Er hatte auf der Reine unaufhörlich den Namen des Zwilchenhändlers wiederholt, den jener Fremde ihm angab. Bratti Feravecchi galt daher fein erster Gang, als er einige Silbermünzen belaß. Ein Dolch war es, der in dem Laden des Krämers vor allem feine Ausmerk,-ainkeit erregte, und nach kurzem Handel erstand er ihn. Im Laufe des Gespräches erwähnte Bal- daftarre, daß ein Genuese ihm Brattis Adresse angegeben habe, und er fragte, ob der ehrenwerte Händler wohl mehr solcher Ringe, wie er a» jenen Genuesen verkaufte, be säße. Leider nein, lautete Brattis Antwort und redselig fügte er bei, daß derartige Ringe überhaupt Seltenheiten seien. Nur durch die zufällige Bekanntschaft mit einem jungen Griechen wäre er in den Besitz jenes Onyx ge langt. ES bedurfte nicht vielen Fragens, bis Bratti die Gc-chichte des glücklichen ersten Besitzers berichtete, soweit er sie kannte. Der alte Mann, der voll Interesse zuhörte, mußte übrigens — ,o dachte er — schwerhörig sein, denn er ließ sich manches wiederholen. Als Baldalsarre den Laden verließ, war er über Ditos Verhalten und Stellung so ziemlich unterrichtet, er wußte von dem Juwelenverkauf, von leiner Ernennung rum Professor, seiner Heirat und der Gunst der Scalas. „Was mag er von seinem früheren Leben, was »mag er von m:r gezagt haben? Geduld, cs muß alles an den Tag 'oiiimen!" Auf dem Wege zu feinem armseligen Heim kam er in oer Bia del Garba an einem Buchhändlerladen vorbei,' er blieb stehen, um sich die aufgelegten Bücher anzuschauen. ,Ob wohl alle meine Kenntnisj« dahin sind?" sagte er zu ''ch- Und Baldassarre konnte dem Verlangen nicht wider lesen. Rasch war der billigste Band, den er haben konnte, erhandelt und mit ihm begab er sich heim, um dort, auf einem Haufen Stroh letzend, d.e Buchstaben zu besehen, wozu ihm das spärliche Fensterlicht leuchtete. Aber es fiel kein rnneres Licht auf diele ichwarzgedruckten Zeilen, sie blieben ihm unverständlich, solange er sie auch anstarrte. Als Baldaftare in Florenz herumgewandert war, um billige Unterkunft zu luchen, war er zuerst in die Dia de Bardi, gegangen, denn er wußte durch Bratti, daß Tito hier wohnte,.und hatte von dort aus nach einer Woh nung gespäht, die es ihm ermöglichte, die stolze alte Straße und d.e Brücke ein wenig im Auge zu behalten. Nichts schien ihm dazu geeigneter als der Hügel San Giorgio. Vor einem der wenigen Häuser des Hügels stand gerade eine alte Frau, offenbar die Besitzerin. Baldassarre ging auf sie zu und fragte s:e, ob hier kein Nachtquartier zu ver mieten wäre, bekam aber erst Antwort, als er der tauben Alten seine Frage ins Ohr schrie. „Neu,, ch habe keine Wohnung zu vermieten," lau tete die mürrische Antwort. „Aber eine Wohnung will ich ja gar nicht, nur einen Unterschlupf; könnt Ihr mir nicht in dem Stadel da ein Strohlager geben? Ich will Euch gerne jede Woche ein oder zwei Quattrine zahlen." Geld ist ein Zauberwort, das auch auf die Hauseigen tümer.n, Monna Lisa war ihr Name, seine Wirkung nicht verfehlte. „Zahlen w'll er," murmelte sie vor sich hin. „Warum soll ich mir das Geld entgehen lassen? Er scheint fremd und seltsam, er wird s:ch »m sie nicht kümmern, sie muß eben ihre Zunge halten." „Sie" war ein blauäugiges Mädchen, das gerade heim lich neugierig durch ein Loch im Fensterladen spähte, an gelockt von der Stimme des Fremden, und das sich freute, als er schließlich handelseinig mit Monna Lila wurde. Testa — ,-.e war die Neugierige — trug zwar noch länd liches Gewand, aber es bestand ans gutem Stoffe und sah beinahe festmäß.g aus. Tito hatte sein Versprechen ge halten, sie, gutherzig wie er im Grunde war, aus den Hän de» Nozris, ihres Stiefvaters, befreit und bei der halb tauben Monna Lisa untergebracht, mit der strengen W«i- nna. ru ickwewe» von rbm und keinen Besticken bei ihr. Plüne -es Liberalismus Die einzige Regierungspartei, durch die heute kein Riß geht, sei die Deutsche Volkspartei, so schrieb heute ein volks- parleiliches Blatt. Einigermaßen in Widerspruch dazu steht aber ei» Aufsatz des volksparteiliäsen Abgeordneten Dr. Fritz Mit telmann in der liberalen Zeitschrist „Wille uno Weg", der i» folgender Weise zur politischen Lage Stellung nimmt: „Die Deutsche Volkspartei, die sich als Erbin der National- liberalen Partei ihrer geschichtliche» Ausgabe bewußt ist, weiß, daß es außerhalb ihrer Reihen Hunüerttausende von liberalen Wählern und Wählerinnen gibt. Die Schaffung einer großen liberalen Partei der Mitte ist ein dringendes Gebot ocr Stunde. Bisher ist das Zentrum die einzige biirgerlielze Partei, ohne deren Mitwirkung keine Regierung seit der Re volution, weder im Reich noch in Preußen, möglich gewesen ist. lieber das liberale Bürgertum ging man mehr als einmal zur Tagesordnung über und ließ es politisch und wirtschaftlich seine Kurzsichtigkeit entgelten. Wie lange will der Liberalismus diesem politischen Spiel noch untätig und resigniert zuschauen? Weiß das deutsche Bürgertum nicht, daß in seiner geeinten Kraft eine ungeheure Machtfülle liegt, über die keine wie immer geartete Regierung hinwegsehcn könnte? Statt des Zentrums müroe die große Liberale Partei im Mit telpunkt aller Regierungsbildungen stehen und den gesamten Gang der Politik maßgebend beeinflussen. Soll dieser große Wurf, der der Parteizerrissenheit in Deutschland ein Ende zu machen berufen wäre, aber gelinge», dann ist es höchste Zeit, nunmehr.energisch uno zielbewusst zu lmndeln." Die „Dresdner Neuesten Nachrichten" unterschreiben diesen Appell Wort für Wort: Nur sind sie der Ansicht, daß die von Dr. Scholz Geführten im Verlaufe der letzten Krise eigentlich alles getan haben, um sich von dem großen Ziele, das Mittel mann «fer Volkspartei steckt, zu entfernen. „Daß man jetzt schon", so heisst es dort weiter, „über berechtigte liberale Wünsche der Deutschen Volkspartei hinweggeht, beweist der Ver lust eines wichtigen Ministeriums, über das Deutschnationale uns Zentrum verfügten, ohne die Deutsche Volkspartei erst groß zu fragen (?) Kein erfreuliches Vorzeichen! Die einzige Hoffnung, die jetzt bleibt, ist dis. daß die Demaskierung dessen, was man auf der konservativen Rechten unter Innenpolitik und im Zen trum unter Kulturpolitik versteht s!), das liberale Bürger tum zur Selbstbesinnung bringt. Dann wird im Gefolge des großen Umschichtungsprozesscs der jetzigen Parteien oie Bahn frei werden für eine neue große liberale deutsche Partei." D. Doehring ist tot! Es lebe die lieberale Offensive gegen das Zentrum! Die Idee, die hier unserem Volke Wege des Auf stiegs zeigen will, scheint uns doch sehr sehr kleinlich, sehr be scheiden und die Regie sehr ungeschickt. Und die Deutsche Volks partei, die einzige Regierungspartei ohne Riß? Mer glaubt oos? Ein letzter Gruß Das Kapitel Doehring ist eigentlich für uns abgeschlossen. Der Vollständigkeit des Bildes halber aber sei aus Doehrings an- gekündiglem zweiten offenen Brief, der die äußeren Gründe für seinen Rücktritt offenbart, noch der Hauptinhalt wieaergegebcn. Doehring hatte bekanntlich auf Wunsch des Zen tralvorstands des Evangelischen Bundes die Herausgeberschaft der „Täglichen Rundsck>au" niedergelegt. Wie er nun ausführt, lag die Schwierigkeit, diesem Wunsche nachzukommen, für ihn in der Tatsache, „daß der Inhaber der Aktienmehrheit des Zeitungs verlags genau denselben Wunsch hatte, aber von Motiven gelei tet wurde, in denen ich eine brutale Brüskierung nicht etwa nur meiner Person, auch nicht nur des Evangelischen Bundes, sondern des deutschen Protestantismus überhaupt erblicken mußte". Doetz ring schreibt: „Verlangte doch dieser Herr nichts mehr und nichts weni ger, als daß der als Herausgeber zeichnende Präsident eben oer Organisation, der die „Tägliche Rundschau" zum großen Teil ihr Wiedererstehen verdankt, von oer Herausgeberschast zurücktrete, weil durch seinen Namen das Inseratengeschäft erschwert und die Verbreitung oes Blattes in katholischen Kreisen verhindert würde. Sic werden sich erinnern, geehrte Herren, daß wir einmütig ent rüstet über diese Zumutung waren und uns sagten, es sei doch unerhört und bekunde eine über alles Maß hinausgehende Miß achtung des evangelischen Selbstgefühls, wenn man den Pro testantismus zwar für gut genug erachte, einer Zeitung in den Sattel zu Helsen, dann aber ihm aus geschäftlichen und katholischen R ücksichten den Abschied zugebcn versuche, nichtsdestoweniger aber nach wie vor auf evangelische Leserkreise rechne. Diesem Ansinnen nachzugcben, erschien mir aus evangeli- scher Selbstachtung unmöglich, oder aber — so habe ich oft genug erklärt —, es müsse ein radikaler Bruch mit der „Täglichen Rund schau" erfolgen und der Evangelische Bund müsse, so wertvoll ee für ihn ist, ein weitreichendes Presseorgan zur Verfügung zu haben, dennoch darauf verzichten." Mit dieser Kenntnisnahme können wir die Akten über die sen unerquicklichen Fall schließen. Wir verstehen jetzt auch, daß es Doehring so schwer gefallen ist, aus gesäpiftlichen und katho. lischen Rücksichten seine bisherige Stellung zu liquidieren. Die:es Schweigen fiel Tessa nicht ganz leicht, und eben darum freute sie sch, den Fremden zu sehen; mst ihm durfte sie doä> wohl ein wenig plaudern. Sie bechloß, ihm spä ter einen Teil ihres Abende'sens zu bringe» und mit ihm ein Gc-präch anzuknüpfcn, denn mit Monna Lila konnte man lch ja nicht unterhalten. Und iv geschah cs auch. Kaum hatte Tessa gegessen» stahl sie sch, eine Laterne in der einen, eine Schlüssel Makkaroni :n der anderen Hand, davon und öffnete lei>e die Türe der Scheune. „Ich habe Euch da etwas /,u est-cn gebracht," zagte sie rasch auf den erstaunten Bk:ck Bal- daftarres hin und bot ihm die Speise dar. Ihre (habe war dem Grefte nicht unwillkommen, denn er belaß nur eine Rinde trockenen Brotes. Ohne eine Silbe zu erwidern, nahm er daher d:c Schlüssel und begann heißhungrig die Makkaroni zu verichlingen, indes das Mädchen sich ihm gegenüber letzte und befriedigt zuchautc. „Schmeckt es Euch?" fragte oder vielmehr schrie sie, an die Taubheit ihrer Hauswirtin gewohnt. „Ja, aber ich höre ganz gut, ich bin nicht taub." „Ach, ich dachte n cht daran. Ich muß eben immer ichreien, wenn :ch mit Monna Lila reden will. Sie ist eine brave alle Frau, uns beiden geht es lehr gut, ich brauche nicht einmal zu arbeiten, aber ich füttere doch meine Geißen gern. Ihr dürft keinem Men'-chen sagen, was :ch mit Euch rede. Soll ich Euch ein Stück kalte Wurst holen?" Baldalsarre schüttelte den Kopf. Er sah dabei nicht unfreundlich aus, >o daß Testa immer zutraulicher wurde „Ihr seid ein Fremder, nicht wahr? Ihr wohnt nir gends und kennt niemand, oder doch?" „Ja, einen einzigen Mann kenne ich," antivortets Baldal'arrc. „Heißt er am Ende Nofri," fragte Tessa besorgt „Nein, wer st das? Euer Bräutigam?" Testa lachte belustigt. „O nein, gewiß nicht. Ich habe gar keinen Bräutigam, ich bin schon lang verheiratet: aber davon darf ich ja nicht reden. Gelt,' Ihr erzählt es nicht, daß ch's Euch gesagt habe. Ihr würdet nie er raten, wer mein Mann ist. Ich sehe ihn leiten, manchmal bete ich dann zur Madonna, daß sie ihn mir ichickt, einmal tat Ire es auch. Saat, wollt Ihr hier bleiben?" «lkorttekum» total.!
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)