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Sonntag, den 13. Februar 1t)2? Nr. 36? Seite 10 lich in der frühchristlichen Zeit die Weihnachtskrippen aufkomen. genügt« es den deutsche» Müttern nicht, das in einer Futter krippe liegende Fcsulnndlei» still zu verehren, sondern sie letzten an Stelle der Krippe o!e Wiege, und in weiterer Betätigung ihres Dranges, die Geburt des Heilands so lebendig wie mög lich darzustrllen begannen sie dnZe auch zu schaukeln. Dazu gehörte aber »-"') ihrer Ansicht auch ein Wiegenlied. Tä vom Singen zum Tarnen von jeh'r nur ein Schritt mar. so taten sie auch diese» "-ilten die Wiege mit dem Ghristuslnnü aus den Altar und führten einen Reigen um ihn auf, wobei sie sang ,,: „Joseph, lieber Joseph mein, hilf mir wiegen das Kin- drlein." Selbst alte Leute scheuten sich nicht, an Tanz uns b'l.orgesang teilzunehme». uni daiuit ihrer Freude über die Ge burt Christi Ausdruck zu geben. Auch der Mummenschanz, der bei Feier der Fastnacht selten fehlte, war stets mit Tanzerei verbunden. Noch im 13. Jahrhundert wurde au gewissen Fest tagen in den Klöstern getanzt, und manci)« Forscher nehmen an. das, der Sankt Veitstanz, dessen Name heute allerdings nur mehr zur Be-eichnung einer bösen Nervcn- kranil-eit dient, van d"her seinen Namen hat. Von allen kirchlichen Tänzen dürste sich bei uns der Bar th o l o in ä u s t a n z noch im vorige» Jahrhundert in Rothen burg an der Tauber üblich war. ain längsten erliallen lMbeu. Tie Liehhirten der ganze» Gegend strömten an diesem Tage in die dem heiligen Bartholomäus geweihte Kirck>e dieser Stadt und zogen von dort mit Musikbegleitung in geordneten Reihe» in » e Wo.'s angskircl>e. um dort abermals eins Messe anzuhören. Gegen Miliog marschierte man in den Gaslhos zum güldenen Lamm und lieh sich das Esten wohl schmecken. Hernach begab wan sich «nii den Marktplatz, um eine öffentlichen Tanz auszu- sührcn. Recht eifersüchtig wurde gewacht, daß kein Unberu fener daran leilnahm. Aehnliche mit Kirchenfesten Hand in Hand gehende Tanze fände» in Halle. Gröningen und Ilmenau stati. Ein ., S ch >ve r t ta n z " genannter Neigen findet noch geaeiiwäriig am Maria Himmelfahrtstage alljährlich neben einem kleine» Muttergotteskirchlcin in der Bucht vo» Cattaro in Dalmatien statt. Nach dem Gottesdienst stellen sich die weit und breit hergekominciicu Männer im Kreise nus, und während jeder den Zipfel des Taschentuches des Nackchars ersaht, schreiten sic bedächtig im Kreise herum. In der Mitte ober hat einer der angesehensten Männer mit einem blanken Schwert in der Hand Blak, genommen und singt uralte a» die Türkeukriege erinnernde Heldenlieder. Leider kann nicht in Abrede gestellt werden, das, viele der ehemals durchaus würdigen kirchliche» Tänze im Lause der Zeit verwilderte» und sehr weltlichen Charakter an- nahmen. In unserem Baterlande setzte dieser Umschwung bereits gegen Ende des Mittelalters ein. und die allgeme'ne Sittenverrahung. welche der Dreißigjährige Krieg mit sich brachte, neranlaßle die kathoiisclie Kirche mit Recht, das Ver bot solcher Kirchenlänze. die es eigentlich gar isichl mehr in-aren, auszusprechen. Einen wirklich noch kirchlichen Tanz gib! es nur noch in Sevilla, wo Knaben oni Fronlelch- namstagc ,'u Ehre» des allerheiligsten Altarsakramenles tanzen. Aber auch diesem Brauch ist bereits das Todes urteil gesprochen, er muß laut einem Beschlüsse der kirch- Iick>en Behörden in den nächsten Jahren eingestellt werden Der Kimfiler smö Ne Gräfin Von Dr. F. Weide ne der. Michelangelo Buonaroti war seinem Aeußern nach unscheinbar und häßlich. Es fügte sich, daß er einmal zu einem vornehmen Ballfest geladen wurde. Von der unerhörten Pracht desselben anfangs in Stimmung gebracht, versank er allzu bald wieder in die ihm eigene Melancholie, und er lehnte sich an eine Säule und lech vor seinem mehr nach innen als nach außen gerichteten Blick die Paare an sich vorüber tanzen. Da wunde er aus seinem Sinnen geweckt, indem die ebenso schön« als wegen ihres leichtfertigen Lebens berüchtigte Gras!» Guido»! aus ihn zulral und ihn an sprach! „Meister, warum beteiligt Ihr Euch nicht an der allgemein-, n Lust? Kommt mit mir zum Tanz, und Tanz soll nur das Vorspiel sein zu weite rem Genuß!" Auf diese Worte h!» leuchteten für eine Sekunde des Künstlers Augen aus. aber er ward wieder traurig und sprach: „Verführt mich nicht, schönes Weib, ich bitte Euch, denn ich bin ein ariderer als Ihr. Ich habe nichts aus Erden als mein hei liges Wollen und Streben. Und wenn dieses mich auch nur aus eine Werte verließ, ich glaube nicht, dann noch soviel zu besitzen, daß ich es auszuhalten vermöchte auf dieser Erde. Ihr freilich tut Euch leicht, da Ihr die Schönl)eil für Euch hobt und den Adel. Güter, di« noch am ehesten ein indisches Paradies ver bürgen könnten. Ich hingegen gleiche ganz jener Schwalbenart. die nur in Himimelshöl-en fliegen kann, und einmal auf die Ende geraten, verloren ist, weil sie nicht mchr hach',»kommen vermag: so ist sie eingestellt für den Flug in der Höhe. Darum noch einmal, schönes Weib, verführt mich wicht zum Lasterleben, in welchem wohl Ihr noch zu glänze» vermögt, ich aber zum Ge spött« aller würde und laßt mir meine Schwing»:-» heiliger Be geisterung. die mein Alles sind, da sie mich über den Jammer meiner irdischen Lage hinwegzutragen imstande sind." Heinrich Pestalozzi Aus Anlasz des 100jährigen Todestages des großen Erziehers erschien im Perlage von Georg Müller, München, als Auszug aus dem Pestalozziroman „Lebenstag eines Menschenfreundes" das Büchlein „Pestalozzi" (150 Seiten, Bilder von Hermann Schäfer, Halbleinen 1,60 Mk). Da es sich streng an die Quellen hält, zählt es zu dem Besten, was wir über Pestalozzi besitzen. Mit Erlaubnis des Verlages veröffentlichen wir daraus das folgende Kapitel: Das Abc Längst hat Heinrich Pestalozzi angesangen zu unter richten: anfangs ist er sich vorgekommen wie der alte Lehrer, zu dem ihn das Babeli brachte, so ungebärdig sit zen die vielen vor ihm da. Doch merken sie bald, wenn er sich laut sprechend hinstellt, daß sie alle nur sein ein ziger Zuhörer sind. Er lehrt sie. seine Sätze im Chor zu wiederholen, und lockt Antworten heraus, die sie gemein sam sagen können: täglich gewitzter in dieser Kunst, die auch die Unaufmerksamen in seinen Sprachkreis zieht, entdeckt er das Geheimnis seiner Klasse, die aus dem Vie lerlei von Schülern ein Wesen macht, sodaß es gleich ist, ob ihrer drei oder dreißig dasitzen. Dabei nimmt er sich ängstlich in acht, etwas Fremdes in sie hineinzusprechen: immer lauert er, wo ihre Sinne und Gedanken sind, um sie für sich einzufangen. Irgendwo ist ein Niß in der Wand, der wie ein seltsames Tier aussieht, einen langen Schnabel wie eine Ente, ober Füße wie ein Maikäfer bat: ob sie wollen oder nicht, wenn ihre Blicke durch den Raum gehen, hängen sie daran fest: er fängt ibnen das Un geheuer ein in Sätze, die sie willig nachsprechen, weil sie von ihnen selbst gefunden sind. Einige haben Bücher, und ein paar können sogar ein Weniges lesen: er zeigt den andern, wo diese Hexenmei- sterkunst ihre Herkunft hat. Er läßt sie in den Worten die tönenden und zischenden Laute finden und macht ein lustiges Spiel daraus, ihrer zwei miteinander zu verbin de». jeden einzelnen durch das Abc hindurch: dabei schont er sich nicht, unermüdlich das ha. bs bi. bo. bu mitzuspre chen, bis ihm die Stimme in der Bru,i icyarttg wird? manchmal kommt er sich vor wie ein Hahn, wenn er schwitzend dasteht und mit ihnen kräht. Bis eine Stunde mit Minuten und ein Tag mit Stunden abgelaufen ^t, läßt sich viel hineinfüllen, und Tag für Tag geht es ver zwickter zu, vom bal. bel, bil, bol. bul zum balk. belk. hlkk: immer anders marschierten die Soldaten aus ihrem Mun de auf, bis ihnen alle Hebungen, rechts- und linksherum, kehrt und vorwärts marsch gleich geläufig sind. Und eines Tages läßt er für die Augen sichtbar werden, was solange nur durch Mund und Ohren ging. Er hat ihnen keine Fibel mitgebracht, nur einen Korb mit Täfelchen, darauf die Buchstaben mit ihren Häkchen und Schnörkeln wie Vögel mit ihren Schwanzfedern prah len, und rastet nicht, bis jeder seinen Laut als Rainen hat, sodaß er ihn nur zu zeigen braucht, und schon gibt eine ganze Klasse die Antwort. Sie wissen nun längst, daß keiner die siebzig einzelnen verstehen kann, wenn je der nach seinem Einfall losschreit, und warten das Zei chen ab. daß ihnen sein Finger gibt Sie sind dann wirk lich eine Klaffe, ein Wesen, daß 140 Ohren und Augen, aber nur einen Takt und darum nur einen Mund hat- Und manche Nacht, während sie schlafen und er allein ip der Schlaflosigkeit des Alters wach unter ihnen liegt, bildet sich traumdünn die Ahnung einer Lehrmethode: daß es wie mit den Buchstaben mit allen anderen Kenntnissen des Menschen sei, daß sie sich bauen ließen, Eteinchen um Eteinchen, bis eine Wand, ein Zimmer und schließlich das Haus einer Wiffenfäsaft dastände. Kühner aber, wie jemals sein Kopf ein Gespenst machte, scheint ihm dies: daß auch alles andere, was einen Menschengeist mitsamt der Seele ausmache, seine Denk kraft. seine Fertigkeiten, sein Wille, seine Wünsche, seine Absichten, sein Glauben wie seine Taten, in einem solchen Takt eingcfcmgen sei, und daß. wenn einer erst den Takt stock dazu finde, ibn hundert andere gebrauchen könnten, um überall die wildaufwachsenden Menscbenscelcn in den Wohlklang der Ordnung einzufiihre». Die Gräfin stand ob dieser sonderbare» Werte gerührt, ja, säst schien ihr Auoe feucht. Aller nur «inen Augen-b!ick währte diese Stimmung ihres Herzens. Dann konnte sie ihrem stär keren Drange nicht Immer widerstehe», sie gab dem Meister die .Hand und war gar bald wieder im Trubel des Festes ver- ichw unden. Der Künstler a'er schloß den freundlichen Blick der Grei sin in seinem Heven ein. und innerlich jubelnd, als Hütte er einen Fund pciuacht. um dessentir-il'e» al'es andere nick)! mehr in Befracht käme, stahl er sich von dem Feste hinweg noch Hause. Und dort eist gleichsam wie der Finder eines D-omanten non ungeheurem Werte, einsam, bei aeschlossenen Türen und Fensterläden, betrachtete er von allen Selten sein Erlebnis und iubrlte auss neue, aber auch eine ursiäaliche Wehmut kam über ihn: Ihr Werke me-nes Geistes, Gemälde. Sarkophage. Pa läste. Pcterskirche. wie selb ihr entstanden als Denkmäler die ses und jenes flüchtigen vom Spender kaum einaerechnelc» Blickes — nur nebenher aus mich oerich'ct. seine Neimiug aber aalt den andern —. und dnnwch schuf ich euch gerne, ihr Deuk- nälcr solcher Sekunden, und auch du. Gräfin Goldsni, sollst das deine haben den» 'ch bin nicht undankbar aegen Gott, »nd ich weiß, was ich besaß. Sa er mick. wenn auch nur für einen Auacnblick. deine Seele in ihrer Nacktheit schauen ließ. Und weiß ich denn hingegen, daß die andern jene Stunden. Tage, Fahre. die du ibnen gewährst, so besitzen werden nsie ich meinen Augenblick? Müßten sie dir denn sonst nicht Ku"peln wölben, die mit der Ku""e1 des Hsinme's zusammen troffen und Bilder malen aus den Gastwrund der Morgenröte? ksieiiZbclieffi 5>si,Ke! lüt 5cliulZniZlih I. k^etnspseclies 1073 s.auengraben sist. 10 Humor Glühende Schilderung. „Wir haben das Inserat gelesen, daß diojes Hänschen hier zu verkaufen ist. Können w:r es besichtigen?" „Nein, das tut mir leid, nachdem wir d:e Bechrob- bung i,n der Anzeige gelesen haben, haben wir beschlossen-, cs zu behalten." In »er Küche. Hausfrau: „Was war denn das für ein Geräu ch im der Küche?" Mädchen: „Der Bäcker wollte mich küssen, gnädige Frau." Hausfrau: „Ach >o, und Sie' nw'lten das nicht leiden." Mädchen: „Nein, gnädige Frau, der Briefträger ivollt« das nicht leiden." Pech. Der Kohlenmann kommt zu dem Mädchen und sagt: „Wir haben doch immer vierzig Zentner in den Keiler reiinchütten können. Und heute gehen bloß achtunddrcißig re-.n. Wo kann ich denn die zwei Zentner noch hintun?" „Um Gottes willen", schrie das Mädchen, „ich glaube, der Herr war im Kohlcnkeller." Verwechslung. „Sich du diese Frau an! Tanzt sie nicht wunderbar? Wie die den Charleston und Black Bottoin hinlegt!" — „Dummkopf! Siehst d» denn nicht, daß sie eine» Nervenschock gehabt hat?" Wer js, zufriedener, der Mann, der eine Million be sitzt, oder ein Vater, der zwölf Kinder fein eigen nennt? — Unzweifelhaft dieser, denn der Millionär hegt stets de» Wnn'ch, seine Million nm eine weitere zu vermehren, eim Wunsch, den der Vater von zwölf Kindern kaum haben dürfte. Romola Sin Skenaissauce-Ro«au von George Eliot. Fre: nach dem Englilchen von H. Niesch. iNerlao Joseph Habbel, Regcnsburg) (34. Fortsetzung.) Nonioia ging nicht zur Ruhe in der letzten Nacht, die sie in den astvertrautcn Räumen verbrachte. Nachdem Tito das Halls verlassen hatte, öffnete sie den Kleiderkasten, der ihr Hoch-zeirsgewond barg, und ein schmerzlicher Seufzer, entrang sich ihrer Brust, als sie die weif« Seide, den Schleier, die Perlen betrachtete, die sie am Tage des Glückes gc,chmüc?t halten. Die Erinnerung an die Zeit vollkommenen lüg in ihr wach, die ganze Lvebcsfähigkeit des Weibes wallte Vertrauens und innigster Liebe zu dem Gatten wurde m-"ch>- in ihr auf, und es 'wurde ihr zumute, wie eine: Mutter, welche die erstarrte Hand eine: geliebten Kindes zärtlich an sich prcßr. Aber neben der hochzeitlichen Hülle hing noch e.n anderes Kleid in dem Kasten, ein dunkles von rauhem Stoff, und als Romolas Hand es berührte, versiegten die anssteigenden Tränen wieder, der Gebanke an die der Liebe und Freude bare Gegenwart erstickte die weichen Regungen. Sie nahm das Gewand und breitet« es aus; cs bestand aus grauem Serge, nach der Art zugetchnitteu, wie die Schwestern vom dritten Orden des heiligen Fran ziskus, Pinzochere gemannt, gekleidet waren. Romola wollte d-.eie Hülle benützen, um unerkannt fliehen zu Wunen, und als sie dieselbe nun anlegte und ihr Haar verhüllt«, bewies ihr ein prüfender Vlck ln den Sp::gc?, das, sie so ihrem Bruder Dimo ausfallend ähnlich sah. Ob st»e wohl auch innerlich ihm näher kommen würde? Schon erwachte in ihr das Verständnis dafür, daß die Menlchen sich vom Irdischen vbwcnden und dazu gebracht werden konnten, v:«l mehr sich mit düsteren als mit freudigen Bildern zu beschäiligen. Romola weilte nicht lange vor dem Spiegel, sondern ging alsbald daran, Andenken an ihren Pater und ihre Mutter in eine Kiste zu lammen'»packe,,, welche Ma-:o nach feiner Rückkehr Bern-ardo der Nero zur Ansvewahruna neben sollte Noch eines blieb zu tun übrig: zögernd berührte No mola den Ehering, den sie an der Rechten trug, aber sie zog ihn nicht ab. Es kam ihr zum Bewußtlein, baß sie mi Begriff sta-nv, mit der Vergangenheit, mit dem einst ge liebten Gatten vollständig zu brechen, ihr Leben zu zer- Ich neiden. „Und doch, -ich kann nicht, ich kann Ihm nicht mehr aisgehören, er ist falich. Mir schaudert vor ihm, ich ver achte ihn." Hastig nahm Romola den Ring vom Finger und legte ihn auf den Tisch. So groß ihre Liebe einst war. so groß war nun auch ihre Abneigung. Sie handelte nicht nach philosophischen Grundsätzen. Wenn auch ihr Vater sie in der Lehre der Stoiker erzogen hatte, be-aßcn doch ihre Au-- tchauungen wenig Macht über sie, sie kannte nur ein Gesetz, bas Gesetz des Herzens, und beugte sich nur einein Motiv — nicht der kalten Pflicht. — sondern dem Impuls der Liehe. Nun, aber, da Tito ihre Liebe ceäuscht, ihr Vertrau-» nsißbraucht, hielt sie nichts zurück an seiner Seite. Nur ein Wort bereute sie. jene schmähliche, indirekte Anschuldigung: „Hast du vielleicht noch jemand beraubt, der nicht tot -.st?" Es schien ihr. als habe sie sich mit dieser beißenden R.-de entwürdigt. Mensch-n. die sich einmal liebten, sollten sich wenigstens keine scharfen Worte sagen, um der einst:gen Neigung willen. Es galt noch, das Kostüm der Ordensschwester zu ver vollständigen. Romola wurde sich, als sie einen Rosenkranz an dem Gürtel befestigte, gar nicht klar, daß ihre Verklei dung i-m Grunde genommen eine Heuchelei war, sie dachte einzig an die Durchführung ihres Planes. Nach reiflicher Neberlrgung halte sie beschlossen, das gelehrteste Weib der Welt, Caffandra Fedele in Venedig, auszusuchen und sie zu befragen, wie sie als wohlunterrichiete Frau ihre Kenntnisse auszunützen vermochte, nm sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Ihre Juwelen nnd eine kleine Summe Geldes, die sie besaß, sollten zur Bestreitung der Reisekosten dienen. Nomola wußte, sie würde nie wieder von Herzen glücklich werden, aber sie wollte ein edles, tätiges Leben führen und ernst arbeiten, um Großes zu leisten und dadurch den Namen des Vaters vor Berge senheit zu bevahren. In solche Be trachtungen vertieft, bemerkte sie nicht, d-atz ihr Lämpchen zur Neige ging, erst als es erlosch und Finsternis si« um>- fing, kam sie wieder zur Besinnung und tastete »ach einem Stuhle, um di« Nacht sitzend zu verbringen. Inmitten der Dunkelheit, ringsum kam ihr die Szene am Sterbelager des Bruders Plötzlich in Erinnerung, nnd se:ne visionären Worte schienen ihr nun Leben zu gewinnen: „Der Mann, de sic n Gesicht ich nicht sehen konnte, ließ deine -Hand los und ging, und als er ging, iah ich se.n Gesicht, und siche er war der böic Feind . . . Du, Romola, rangst die Hände und suchtest nach Wasser, aber vergeblich . . und dann warst du allein in der leeren Steinwüste Die Nacht brach ein und ich sah nichts mehr." Das Zusammentreffen dieser Ideen mit ihrem Schick tat verblüffte Romola. aber sie kämpfte nach der ersten Regung des Staunens dagegen an, sie wollte die seltsame Ilebereinstinilnuiig als Zufall anschcn und nicht zügelet?, daß sie der Warnung achten hätte sollen. Und dock, dämmer ten ihr allmählich Ideen auf, die jenen des Bruders vsik- waudt Ware», und mit Schrecken fragte sie sich, ob sic am Ende auch Anlage dazu hätte, eine VMonärin zu werden wie pie bekannte Camilla Rucellai. Sie begriff, daß es Menschen geben konnte, welche i>n Ekstase geraten vor den Bildern des leidenden Christus, sie ahnte, welche Gefflhle Pater Hieronhmus bewegten, als er sich Gott zum Opfer darbot für das Volk, seine Predigt fiel ihr von neuem ein. Dann stritt sie wieder gegen diese Einpffndungen nivb san» lange nach, über die Welt des Kreuzes und die Welt heid nischer Philosophie, bis endlich linder Schlummer der müden Seele Ruhe brachte. (Fortsetzung folgt ) Hltlkl-t l.sngs vorm. ?riese L k>Sau6n i. Vorfil. LctiilclPiLlZe 30 -i. ?ernruk 2208 VVeikttatt idr känxlleiiscüe Elssiuüleiel unck XmiLiver L>arun'en, rperiell lür Xieckeo. Uilm« Ueieremen. Lkirren ulstl VoisclilAge gern ru Dienstes ^uskakrung eigener, rovle g4- L«del ei kmvllrko tä §