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Dienstag, den 1. Februar 1927 «r. 25; Seite 4 Eine Stimme zur Berufswahl Aus unierem Leierkreise, uud -war „von einem Prak tiker, der bereits 52 Jahre in leinem gelernten Berufe tätig ist und der heute noch dieselbe Liebe zu seinem Beruf« besitzt wie in jungen Jahren", wirb uns zur Frage der Berufswahl geschrieben: Jedes Jahr, wenn das Schuljahr sein Ende erreicht, richten vele Eltern- und Jugendherzen ihre Blicke in die Zukunft — die Eltern Nicht ganz ohne Sorge, die Jugend meist mit frohem Hoffen, beide aber mit derielbrn Erwar tung: „Was wird der Berus dem ins Leben tretenden jungen Mencheiikinde wohl bringen'?" Die Zukunft liegt wie ein leuchtendes Land vor den jungen Blicken; De ernste, 'chwere Frage der Berufswahl tritt an den jungen Meir iche» lseran. E.ne verfehlte Wahl kann Unglück fürs ganze Leben bedeuten, Unglück für den einzelnen, wie auch oft für eine größere Gemeinschaft. D'.e Wahl des Berufes ist eine gemeinsame Frage für Kind, Elternhaus und Schule. Die Eltern sollten sich die Frage auswersen: Was haben wir unserem Kind« an körperlichen, geistigen und sittlichen Qualitäten, von Kennt nisse,,, Fertigkeiten und Fähigkeiten mitgegeben, für feinen zukünftigen Beruf? Wohl nur in den seltensten Fällen ist ein Kind ausschließlich für einen Beruf prädestiniert. Der Gedanke der Berufswahl mutz aber auch die Auf merksamkeit auf daS „Was" und „Wie" lenken. Nicht allein daraus kommt cs an, was man werde, sondern auch vor allen Dingen, wie man es werde, ob und in tvelchem Grade man den Bereis auszufüllen vermag, den man erwählt. Und da sp.clen neben besonderen Kenntnissen und Fähigkeiten, die mancher Bwus erfordert, geistige und sittliche Qualitäten eine wichtige Nolle. Insbesondere Pflichtgefühl, G.'wisfeu-- haftigke:t, Treue, Ausdauer und planmäßiges Streben, Ehr lichkeit, Verträglichkeit, soziales Denken, straffe Selbstzucht. Sittlich gebildete uud zuverlässige Menschen werden in jedem Berufe geschätzt und versagen nicht leicht an dem Platze, an den s:e gestellt find. Eines sollte man in heutiger Ze-.t vor allen Dingen den jungen Leuten, di« einen Beruf ergreifen, vor Augen halten: nicht nur erwarten, sondern auch geben; nicht nur fragen: Was bringt mir der Beruf? sondern auch: Was bringe :ch ihm entgegen? Und da kann die A»Noort nur heißen: Mich selbst, mich ganz! Das erste Interesse, die größte Kraft, das volle Maß an Zeit gehört dem Berufe, nicht anderen Dingen. Sich hiiigcben dem Beruf, ihn liebgewinnen, kurzum leben und ausgehen ,n seinem Beruf, nur jo kann der Berns ihm auch gebe», was er von ihm verlangt und erwartet. Kein Beruf -.st wohl so unscheinbar, keiner so gering, daß er nicht dein, der sich ihm hingibt, auch innerlich etwas zu bieten hätte. Es ist gewiß nicht immer leicht, in, ewig gleichen Alltag, heute wie morgen, den harten, schmalen Weg der Pflicht stets srvh und heiter zu wandeln. Aber wer seinen B.rnf und das Feid, aus dem er sich abspielt, liebgewonnen hat, Wird nicht Last und Leere in ihm scheu, sondern auch Freud« am Erfolg habe». Und das ist schließlich doch di« schönste Gabe unseres Berufes, daß ec uns nicht nur äußerlich be schäftigt, sondern uns auch .»„erlich bcrc ch:rt und befriedigt, das ist der beste Erfolg, mau nutzt dadurch sich selbst und vielen «»deren Menschen. Daruin zwinge inan nie ein Kind in einen Beruf hinein, zu dem es keine Lust und Liebe hat. Unser gesamter Wirtschastskörper ist krank; die Berufe leide» Not, besonders e:n Beruf, der die Aufgabe hat, die Brücke zu schlagen zwilchen Arbeiter uud Kapital, das iist der Handwerkerstand; in diesem verbindet sich beides. Leider ist der Handwerkerstand in den letzten Jahren durch die Industrie stark in den Hintergrund gedrängt worden. Die Maschine arbeitet zwar billiger und schneller, aber sie drängt auch die Werte im Menschen zurück, erobert ihn und macht ihn leicht zum Sklaven. Der Handwerker schafft mit seinen Händen, was se:n Geist ersonnen. Das aste. Sprichwort: „Handwerk hat goldenen Boden" bewahrheitet sich in diesem Sinne auch heute noch. Der Handtverkerstand richtig aufgefaßt und richtig an- gefaßt, knetet auch heute noch denen, die sich ihm mit Lust und Liebe widmen, nicht nur eine materielle Lebensgrund sage, sondern auch einen ethisch inhaltsreichen Lebens beruf. I. Bvhn, je»., Leipzig. Dresden Die Argentinier in Dresden Die aus 61 Damen und Herren bestehend« Studienkommis sion siidamerikanischer Wissenschaftler und Pressevertreter traf am Connadcndvormiitag 11.22 Uhr mit dem D-Zug« Berlin- Wien in Dresden ein. Die Gäste wurden aus dem Hauptbahnhose von Vertretern des Bcrbaedes für Auslandsarbeit in den Säch sischen Hochschulen begrüßt und nahin«» das Mittagsmahl im Studentenhaus rer Technische» Hochschule ein. Nachmittags fand eine Besichtigung des Chemischen Instituts von Geh. Hofrat Pro fessor Tr. Fritz Foersler und des Mathematischen und Natur wissenschaftlichen Instituts von Professor Dr. Rimnmi statt. Am Abend besuchten die Damen der Reisegesellschaft ans Einladung des Rates zu Dresden die Oper. Die Herren wurden im Rat- Hause durch Vertreter der sächsische» Regierung, der Stadt Dresden, der Technischen Hochschule und des Verbandes für Aus landsarbeit an den sächsischen Hochschulen empfangen. K. K. V. Columbus, Dresden Aus unsere Anzeige in der „Sächsischen Bolkszeitung", Lolumbus-Maskendall betreffend, sind bereits eine Anzahl An fragen über wie? wo? was? usw. ei »gegangen, deren einzelne Beantwortung uns nicht möglich ist. Darum: 1 Jeden Tag die „Sächsische Volkszeitung" lesen, ob etwas Näheres drin steht. 2. die Anzeigen in der „Sächsischen Volkszeituiig" be achten, 3. den redaktionellen Teil recht gut durchlcsen, dann wird alles klar! : Pferd und Wagen in der Elbe verschwunden. Am Frei tag vormittag ereignete sich in Vorstadt Uebigau ein merk würdiger Unfall. Ein dem Gutsbesitzer Vogei-Uebigau gehöriges Pferd wurde scheu und raste mit einem baladenen Düngerwagen die nach der Elbe führende Straße entlang dem Strom zu. Dort stürzte es von dem Steilufer in di« Weilen und verschwand mitsamt dem Wagen, ohne wieder zum Vorschein zu kommen. : Veränderungen i« der Besetzung in der Kommandan tur Dresden. Zufolge des :»n Januar von: Reichswehr- Ministerium verfügten Persoualveräuderuiigen werden der Kommandaitt von Dresden Oberstleutnant Merz und Major Hnelscher, bisher Platzmajor von Dresden, unter den: 1. Februar 1927 zu dem 4. Artillerie-Regiment versetzt. AlS Kommandant wurde mit dem gleichen Tage Oberst Körner, bisher im 10. (Süchs.) Infanterie-Regiment, als Platz major Hauptmann Hartmann, bisher im 11. (Sächs.) Infan terie-Regiment, ernanitt. : Lehrerksnfcren). Am D'.enstag, den 1. Februar, findet für alle Lehrer der Dresdner Volks-, Berufs- und Hilfsschulen im Ausstcllungspalast eine Hauptkonferenz statt. Der Unterricht fällt an diesem Tage in den genannten Schulen aus. Wir sollen wir leben? lieber dieses Thema spricht im nächsten religiinS-wissenschastlichen Bortrag am Dienstag, »e„ 1. Februar, abends 8 Uhr, im Gesellenhaus Herr Dir. E» giert. Jedermann willkommen. Eintritt frei. : SchirgiSwalder Laudrmannschaft. Dienstag, den 1. Februar, abends Punkt 8 Uhr im neuen Pereinslokal« „Z w r n g er sch I ö ftch c n", am Zw.ngerteich, Versammlung. : Gastspiele der Genossenschaft Deutscher Biihnrn-An- gehör'ige». Am Dirn-riag, den 1. Februar, wird das vom Rech und der Deutschen Bühuengenvssenschast gegründet«! Unternehmen seine erste Vorstellung in Dresden geben und zwar als Vorstellung des Vereins Volkslvohl im Volkswohlsaal, Ostra-Allee, 8 Uhr. Zur Aufführung gelan ge» „Der zerbrochene Krug", Lustspiel von Heinrich von Kleist und „Lottchcns Geburtstag" Lustspiel von Thoma. Dieses gemeinnützige und sozial« Unternehmen, das die Not der engagementloscn Knnstler lindern soll, unter denen sich :n der heute wirtschaftlich so schweren Zeit erste und anerkannte Kräfte bef'.nden, verdient das wärmste Inter«,>se und Entgegenkommen aller Kreis«. In den beiden Stücken find beschäftigt: Litt) Ho-rst, Charlotte Jahn, Ella Heyn, Erna Jüngst, Elfrede Lutz. Wal er Z ckler, William Schwarz, Franz Kuilmanii, Hugo Hubatsch. Spielleitung Aenne Schön^ stedt. — D.e VorverkausSstelleii des Vereins Volkswohl be finden sich in der Geschäftsstelle Waisenhausstraße 35 und be: F. R:es, Seestratze Dresdner Lichlsviele Prinzeß-Theater „Madame wünscht keine Kinder" Ke ue Sorge, die deutsche Moral ist geioahrt, denn das Lustspiel wickelt sich in Paris ab. Außerdem ist es eine köstliche Ironisierung der modernen Ehe. Und daß d.« Madame, die sich keine Kinder wünscht, am Ende doch e-nem stbammen Jungen bas Leben schenkt, ist di« mora lische Pointe der Geschichte. Das Milieu stellen jene Kreise, die sich nie langweilen wollen, die nur Interesse für ein Vereins - Kalender Dresden. Eammelverband. Montag, den Sl. Ja nuar, 7A Uhr, Winterfest im Konzertsaal der Aus stellung. Kötzschenbroda-Radebeul. Dienstag, den 1 Februar, crbds. 7,30 Uhr: 1. Stiftungsfest des katholischen Ge- msindevereins in der „Goldenen Weintraube". Dresden. Mittwoch, den 2. Februar, nachm. 4 Uhr, Eli sabeth-Tee im Hotel Bristol, Bismarck-Platz. Dresden. Katholischer Bürgerverein. Mitt woch, den 2. Februar, 8 Uhr abend: Generalversamm lung im Gesellenhaus. Dresdeu-N. Donnerstag, 3. Februar: Winterfest des Bolksvereins. 7.30 Uhr abends im Ballhaus, Bautz- ner Straße. Dresden-Strehlen. Katholischer Verein. Sonntag, 6. Fe bruar. abends >68 Uhr, Jahreshauptversammlung im Strehlener Keglerheim. Leipzig. Dienstag, 1. Februar, Vortrag KapIanFah- sei im Stadt. Kaufhaus über Shaws „Heilige Jo hanna". pikantes, mondcriiies Gesellschaftsleben, fabelhafte Toiletten und Charlesröntänze ohne Ende haben. E:'n junger Rechts anwalt, den Harry Liedtke nOt immer guter Laune und Schelmerer gibt, heiratet ein« Dame aus diesen Kreisen. Mir ihr kommt aber auch die ganze vergniiigungHwchtige Familie der Frau ins Haus und es bedarf erst einer klug angelegten Kur, um aus dem Lnxusweibchen eine Frau zu machen. — Gespielt wird mit viel Grazie und Freude an der Sache. Maria Cor da gibt die moderne Frau, Trude Hesterberg spielt d:e ebenso tanztolle Mutter, ergötzlich ist das Schwesterchen Dina Gralla. — Unterhaltend ist auch das Beiprogramm: e:n amerikanischer Fox-Film, der sich „Die närrische Meirager'ie" nennt und in dem ein kleiner Junge, ein Pferd, ein Eiet, ein Hund und ein Elefant das Ergötzen der Zuschauer bilden und die nouesten Bilder der Deul'g-Woche. Leipzig Ein geistesgestörter Polizist? Leipzig. 31. Januar. Am Freitag nachmittag ist in der Halleschen Strotze ein Passant von einen: Polizriwachtmeister a»geschossen morde». Der Passant wurde am rechten Oberarm verletzt und imch dem Krankenhaus gebracht, konnte aber nach seiner Einlieferung vernommen werden. Der Vorfall kann nicht anders erklärt :verden, als daß der Beamte in einem Anfall von Geistesgestörtheit geschissen l)at. ) Rückgang des Leipziger Fremdenverkehrs. Das Jahr 1926 I)at erneut «inen starken Rückgang dcs Fremdenverkehrs in Leipzig gebracht. Während im Jahre 1925 noch 425 663 Frem de polizeilich gemeldet wurden, waren es 1926 nach den vorläu figen Feststellungen nur 348 616, also 77 006 weniger Aus Sachsen Ein Kriegerdenkmal für Schrrgiswalde D.e Errichtung eines Ehrenmals für seine gefallenen Kameraden erstrebt sert langem der M i li t ä r ve r e i n. Die Generalversammlung war einstimmig für die Aus führung des Entwurfes von Architekt Willi Baumgar ten-Dresden. E:ne Versetzung des Kriegerdenkmals von 1870/71 und sein« Bereinigung mit der Neuanlage unter der Friedense.che ist beabsichtigt. Im August hofft man das neue Denkmal emwe hen zu können. Sch'.ok Reichenberg wird -och umgedaui Reichenberg. 30. Iaimar. Das berühmte alte Schloß zu Reichnderg, zuletzt wie das Wallensteinschloß Friedlaiw im Be sitze der ehemaligen Grafen Clamm-Gollas und diesem dur oas Bodenamt enteignet, wird zu einer Direktton -er staatlichen Forste für Nordböhmen umgebaut. Die Stad: und das Staats denkmalamt hatten entschiedenen Protest eingelegt. Dieser aber wurde mit Entscheidung dieser Woche verworfen. Der Umbau und damit die Zerstörung eines oer wichtigen alten Baudenk mäler wird also Tatsache. Das Schulministerium hat sich ledig lich Vorbehalten, daß 1. der große Saal des sogenannten neuen Schlosses in allen Einzelheiten photographiert und 2. die Details einer Stückwerk-Verzierungen fachmännisch abgenommen und m Reichenberger Museum cursbewahrt ,verden Ein :vahrhaft trauriger Ersatz. Bekanntlich ist ein Bauplatz im Schloßgarten auch für eine technisch« Schule bestimmt worden. Romvla Ein Ve„alssane«-Vo«an von Georg« Etiot. Frei nach dem Englischen von H. Riesch. (Verlag Joseph Habbel, Regensburg) (23. Fortsetzung.) T«r Soldar, den er iah, strebte, gehemmt von der Volksmenge, der Nords-eite des Dom Platzes zu. Im Ge- dräirg« hatte er den Flüchtling, dem er nachsetzt«, aus den Auge,: verloren, und dieser — es :var der älteste der drer — suchte, da er fühlt«, seine Füße würden ihn nicht weit genug tragen, in den geheiligten Räumen des Domes Zu flucht, während s«-„ Verfolger die entgegengesetzte Richtung einschlug. De Staffeln h, „aufeilend, strauchelte der Ge fesselte und hielt sch unwttlkürlich an dem Nächstbesten fest. War os Zufall oder Schickung, daß er den Arm Titus er griff? Erchrocken sah der junge Mann um und stand Aug in Aug mit seinem Adoptivvater Baldasfarre Calvo. C:e bl.ckten einander einige Sekunden lang an, durch bohrend, drohend der e:ne, ::: wortlosem Entsetzen der andere, indes de schwielige Hand des Alten den s-amt- bekleidetei: Arm des tödlich Erblaßten fast zermalmte. „Ta ist ja noch ein entwichener Gefangener", rief Tov- nabuvn:, "ach umwendend. „Wer ist er, kennt Ihr ihn?" „Er- muß ein Wahnsinniger sein", ertviderte Tito, der Worte, dre er tprach, sich kaum bewußt. Gibt es ja Augenblicke, in welchen unsere Leidenschaften für uns ent scheiden, während wir beinahe passiv sind. Er wendete, während er des lagt«, den Blick nicht von Balda-iarre, ihm war zumute, als ströme aus des Vcrleugneten Augen ein geheimes Gift in seine Adern, und trotzdem vermocht« er es nicht, wegzusehen. Doch nur einen Augenblick noch hielt der Greis den Arm umklanu- mert, kann keß «r ihn fahren und betrat die Kirche. 3. Kapitel Im Tom Als Balda.'sarre m.t zusammengeschnürten Händen,«:,, Seil um den Hals, den Dom betrat, schrak er erstaunt zu rück und bl:«b am Tor stehen. Er hatte erwartet, di« Kirche leer zu sehen, und statt dessen erblickte er eine zahllos« Volksmenge, :n der jeder Rang und Stand vertreten war Mitglieder des Magistrats, edle Danren, Handwerker, Bauern. Aller Augen hingen begierig an der Gestalt dos Dominikanermönchs, der mit einem Kruzifix in der Hand auf der Kanzel stand. E".n.gen Zuhörern in der Nähe des Einganges siel der alte Mann, delsen Acutzeres den entsprungenen Ge- fangeiren verriet, wohl auf, aber sein« grauen Haare, das Elend, Vas Ihm auf dem Gepichte geschrieben war, weckten vcel mehr Mitleid als Argwohn. Ueberdies war das Got teshaus eine unverletzliche Zufluchtsstätte, und w ließ man ihn denn unbehelligt. Zu denen, die Bakdapsarres Eintritt bemerkt hauen, gehörte auch Romvla. Sie sah ihn lange und aufmerksam an, graue Haare pflegten ja doppelt ihre Sympathie zu >vecken. Es dünkte sie, des Armen Blick ruhe auf ihr. Dem ivar aber nicht sv, Baldassarres Augen sch,v«ifien halb bewußtlos ins Weite, und sein Geist be schäftigt« s.ch wieder lebhaft mit dem Zusammentreffen auf den Domstusen. Bilder der Vergangenheit wachten in ihm auf und >vechselten mit rachegierigen Gedanken, »nd kaum „och hörte er den Prediger sprechen, bis «in Wort an sein Ohr klang, das sein Herz fwcheu machte, denn es schien ihm das Echo seiner eigenen Leidenschaft: „Der Tag der Rache ist nahe." Eine lange, bange Pause entstand nach diesen Worten. Baldasjarre konnte den Prediger nicht deutlich sehen, aber er verlangte, se:ne Stimme wiederzuhören, diese drohend« Stimme, die ihm nicht Furcht, sondern Zuversicht einflößt« Endlich begann der Möich wiederum?) „Ihr alle in Florenz seid meine Zeuge:,, daß ich vor Jahren schon vorhersagte, es werde «in« Geißel uns he.nr- suche», da doch niemand Anzeichen von Krieg und Trüb sal gewahrte. Und :ch kündete den Prälaten und Fürsten *) Die folgend« Predigt ist keine wörtliche liebersetzui^, 'andern «jnc Nachahmu,^ der Predigtweis« Cavonarolas. .. ^-—>—7------ - - - —— — und dem Volke Italiens: Das Matz eurer Missetaten ist voll, Jehovas Donnerkeile werden euch treffen, der Becher eurer Lüste, die euch jetzt s-üßer Wein scheinen, wird über euch ausgegolien und scurc Tropfen tverden euch wie ge schmolzenes Blei brennen. Ihr Priester, die ihr dem Herrn nicht dient und hinter dem Tempelvorhang sündiget, werdet Gottes inne werden. Wie ein verzehrendes Feuer wird er über euch kommen. Denket nicht, daß ihr ihm entrinnen könnt, denn er will e« fürder nimmer dulden, daß man sein Heiligtum befleckt, er wird seine Kirche reinigen. Und d« es geschrieben steht, daß Gott nichts tut, ohne es seinen Dienern, den Propheten, zu offenbaren, hat er mich erwählet und mir sein« Absicht kundgetan durch die Worte der Schrift und .n Vision«,:. Nicht um mich dessen zu rühinen, wird ja d:e Gabe der Weissagung auch Unwürdigen verliehen, sondern zu eurem Heile sage ich euch dieses. Und sein Wort erfüllt mich, und es drängt mich, zu reden, gleich w:e der Wind die Bäume des Waldes bewegt, io daß sch nicht zu schweifen vermag, spotten meiner gleich die bösen Zungen. Bier Jahre lang predigte ich nun in Gehorsam gegen Gott dies« dre: Dinge, daß in diesen Zeiten Gott seine Kirche läutern wird, daß zuvor über ganz Italien ei,,« Heimsuchung kommt und baß dies bald ge schehen wird. Heuchler, tvelche ihren Haß gegen die Wahrheit mit einem Mantel scheinbarer Liebe verhüllen, haben mir ge rate,,: „Laß das Weissagen, es genügt, zu r „em tugendhaf ten Lebenswandel zu ermahnen!" Aber d.e,rn antwortete -ch: „In euren Herzen wohnt Gott nicht und euch ist sein Wort nur ein totes, beschriebenes Pergament. Aber ich sage euch, der alt« Gott lebt „och, der die Bedrücker des Volke« uud dre „»heiligen Priester straft. Er ist der Gott der Heerscharen, Feuer. Schwert und Pestilenz sind di« Boten >e:„es Zornes. Du. Italien, bist das erwählte Land, aber du hast das Heiligtum befleckt, und liehe, die Boten sei,rer strafenden Gerechtigkeit stehen vor deiner Türe." Mächtig und immer mächtiger hatte sich Savvnarolas Stimm« erhoben, nun hxlt er plötzlich inne. Sein Schweigen wie ws,re Worte bannten d:e Menge, und lautlos, fast aremlos bl.ckten alle zu .hm aus, gleichsam zu Statuen erstarrt unter der Wucht dieser Anklagen und Drohungen. (Fortsetzung solar.'