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Mittwoch, rz. laut Nummer lZ7 Seite s ZMalMMMe Umschau Derussethos uns Wirtschaftsorganisation Für den Mangel an folgerichtigem Denken auch in Wirlfchaftskreisen, bei denen man dieses Manko nicht erwarten sollte, ist bezeichnend der Umstand, daß diese die Gewerkschaften am liebsten beseitigt, dagegen die Arbeitgeberverbände als berechtigt und notwendig bei- behalten wissen wollen. Aus derartigen Auffassungen und Bestrebungen spricht eine bedauerliche Unkenntnis Uber Wesen und Funktionen der Arbeitnehmerorganisa tionen. Aber auch die Arbeitgeberverbände werden von jenen Kreisen vielfach falsch beurteilt und eingeschätzt. Leide dürfen nicht bloß in ihren wirtschaftlichen Be ziehungen und ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, sondern sie müssen auch in ihrem soziologischen Werte be trachtet und gewürdigt werden. Objektiv besitzen sie einen solchen, subjektiv tritt er aber noch nicht genügend in die Erscheinung. Das trifft für beide Formen des gewerblichen Organisations wesens zu. Die Gewerkschaften aller Richtungen werden insbesondere von den breiten Massen der Mitglieder hauptsächlich darauf angesehen, was sie ihnen einbringen an Lohnerhöhungen. Arbeitszeitverkürzungen, Verbesse rungen im Betrieb, kurz auf ihren rationellen Vorteil. Die Gewerkschaften sollen aber, soziologisch betrachtet, mehr sein. Sie fallen Träger der beruflichen Idee der Arbeiterschaft in Volkswirtschaft und Volks staat sein, sollen von diesen nicht bloß nehmen, fordern, sondern ihnen auch zu geben bereit sein, wenn die all gemeinen Verhältnisse das erfordern, sie sollen mithelfen, die Arbeitnehmer als Stand einzugliedern in Volks wirtschaft und Volksgemeinschaft, so gesellschaftsbildend und -fördernd wirken. Das ist ihre soziologische Be rufung. Bei einem Teil der Führer der gewerkschaftlichen Organisationen ist der Sinn für diese Seite der Gewerk schaften vorhanden, bei einem andern Teil derselben noch nicht genügend und noch weniger bei den Massen. Aehn- lich steht es damit bei den Arbeitgeberverbänden. In einer eben erschienenen Schrift von Dr. H. Lechtape: „Die deutschen Arbeitgeberverbände", (Leipzig 1926, Quelle u. Meyer), die vor allem es auch unternimmt, dem Wesen dieser Verbände eine wissenschaftliche Deutung zu geben, wird neben der ökonomischen vornehmlich auch die sozio logische Seite der Arbeitnehmerverbände hervorgehoben. Auch sie sollen, wie die Gewerkschaften, die Idee des Standes im Gegensatz zur Klasse in der Volksgemein schaft herausarbeiten. „Den Willen der heterogenen Un ternehmernaturen gilt es umzuschmelzen in eine höhere Einheit, die dem Berufsganzen und dem Allgeineininter- esse dient." „Im Arbeitgeberverband fühlen sich die Un ternehmer nicht nur als die zum Ausschluß einer gegen seitigen Konkurrenz auf Zeit Verbundenen (wie bei den Kartellen), sondern auch als Standesgenossen und Kol legen." — Wobei wir es dahingestellt sein lassen, ob hier nicht ein Seinsollen der tatsächlichen Lage der Dinge vor- weggenommen wird. Vorläufg wenigstens! Die soziologische Bedeutung der Arbeitgeberver bände liegt nicht nur in ihren Beziehungen zu ihren Mit gliedern. sondern vor allem auch zu den Gewerkschaften bezw. den diesen Angeschlossenen. Gerade in den Wir kungen der Arbeitgeberverbände auf das Verhältnis zwi schen Unternehmertum und Arbeiterschaft liegt der Schwerpunkt der soziologischen Bedeutung dieser Organi sationen. Darum müssen auch an die Leitungen der Ver bände hohe Anforderungen gestellt werden, sowohl an die Vorstände als die Geschäftsführer. Nach Lechtape er fordert eine richtige Erfassung der Aufgabe dieser „von dem Organisationsführer mehr als Fähigkeiten, es er fordert Charaktereigenschaften und in großen Verbänden auch eine Persönlichkeit. Organisation wird so in her vorragendem Maße eine Kunst der Psychologie. Men schen lenken wollen, heißt Menschen behandeln können. Je größer die Zahl der Verbandsmitglicder, desto größer sind die organisatorischen Anforderungen an die Ver bandsleitung". Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften müssen sich mit berufssittlichen Auffassungen erfüllen. Der Weg zu den Massen führt über Vorstände, Geschäfts führer und die unteren Funktionäre. Die „Majestät" -er Zahl Zweimal zwei ist vier. Das ist mathematische Un antastbarkeit. Ist Logik der Zahl. Stelle ich diese Zah len aber in das praktische Leben, so Norden auch sie schwankende Größen. Weil hinter ihnen wechselnde Verhältnisse stehen, Menschen, die sie als Beweis mittel für zweckbestimmte Ziele gebrauchen. Die Zahl wird subjektwer Ausdruck realer Dinge, deren Auf und Nieder auch sie unterworfen ist. Zeit und Umstände t>eräiidern ihren inneren Wert. Eine Mark bleibt nicht immer eine Mark, und hinter der Mark der Vorkriegszeit steckt eine andere Kaufkraft als hinter der von heute. Daher sprechen wir z. B. beim Lohn von einem Nominallvhn und einem Reallohn in Vergleichsmöglichkeiten bietet nur der Reallohn. Das heißt mit anderen Worten: Zahlen als solche geben keine Vergleichsbasis, sondern nur die Ledeutung, die ihnen zu den verschiedenen Zeiten unter bestimmten Umständen innewohnt. Da aber Zeit und Umstände keine feststehenden Größen sind, werden Vergleiche selbst beim Versuch objektivster Beurteilung zu immer mehr oder weniger abweichenden Ergebnissen führen. Ver gleiche hinken, sagt der Volksmuud, und es ist Psycho logisch durchaus verständlich, daß das Resultat von der subjektiven Einstellung des Statistikers mehr oder weniger beeinflußt wird. Wenn das auch unvermeidbar ist, so muß doch die sich immer breiter machend« Methode ver urteilt werden, hinter einer scheinbaren Folgerichtigkeit bewußte Irreführung zu verbergen. Die Berechnungen über di« Auswirkung der Sozial versicherung von seiten mancher Arbcitgeberkreise sind dafür ein besonders krasses Beispiel. Der Zweck dieser Be rechnungen ist einzig und allein die sozialpolitische Ueber- spannung und unerträgliche „Belastung" der Wirtschaft barzulegen. Um das zu beweisen, werden di« unmöglich sten Vergleiche angostellt, und schon mehrfach mußten die Slegerwald zur Idee -er Arbeitsgemeinschaft Die „Deutsche Wirtschaftszeitung", das offizielle Organ des Deutschen Industrie- und Handelstages, hatte Herrn Ministerpräsidenten a. D. Slegerwald gebeten, seine Gedanken über die Idee der Arbeitsgemeinschaft niederzulegen. Aus seinen Darlegungen entnehmen wir kurz folgendes: „Wenn es trotz der wertvollen Verdienste der Ar beitsgemeinschaft dennoch zur völligen Passivität nach wenigen Jahren aktiven Wirkens kommen konnte, so erklärt sich das nicht zuletzt aus ihrer nicht genügen den g e i st i g e n Fundamentierung. Sie war weit mehr Arbeitsorganisation statt Arbeitsgemeinschaft. Daher konnte die geschaffene Organisation auch nur solange Be stand haben, als auf beiden Seiten gleichgeartete ma terielle Interessen stark erkennbar waren." „Diese fast rein rationalistische Wertung der Ar beitsgemeinschaft bei den Nur-Wirtschastlern und den unter der Klassenkampf-Ideologie stehenden Beteiligten wird dem Gemeinschaftsgedanken in keiner Weise ge recht. Solange die Arbeitgeber sich allein für die Wirt schaft halten, müssen sie mit der Tatsache rechnen, daß ihr Handeln als egoistisches betrachtet wird, dessen Ge fahren nur bei dem Gegengift des egoistischen Handelns auf Arbeitnehmerseite gebannt werden können/Die ge meinsamen wirtschaftlichen und materiellen Interessen können dort keine gemeinsame Wahrnehmung finden, wo Herrengeist oben und Klassengeist unten herrschen." „Eine Arbeitsgemeinschaft darf nicht nur auf Wahr nehmung rein materieller Aufgaben beruhen. Selbst der befriedigendste Stand der Wirtschaft wird keine Befrie digung der in ihr tätigen Menschen bringen, wenn diese ausschließlich oder nur vornehmlich materielle Nützlich keitserwägungen kennen. Es kommt hier ganz auf die geistige Haltung der beiden Produktionsträger an. Herrscht Vertrauen zueinander, bleibt das Bemühen er kennbar, die Last der Wirtschaftsnot nicht einseitig auf den Arbeitnehmer abzuladen, gilt im Arbeitnehmer der beseelte Mensch, dessen Aufgabe und Ziel ebenso wie das jedes anderen Menschen nur in der Gemeinschaft zu lösen ist, dann erst herrscht der G e i st, der Voraussetzung der Gemeinschaftsarbeit ist." „Es kommt alles darauf an, den neuen Geist der Gemeinschaft unter den Trägern des Wirt schaftslebens zu wecken. Mit der Schaffung von neuen Arbeitsgemeinschaftsorganisationen ist es wirklich nicht getan. Formen ohne Inhalt sind Ballast und Aergernis zugleich. Erst wenn der Geist vorhanden ist, können aus diesem Geiste heraus Formen entwickelt werden." „Voranbringen kann uns nur die Tat der Einsich tigen, die wenig über die Arbeitsgemeinschaft reden, aber im Geiste wahrer Arbeitsgemeinschaft praktisch am gegen seitigen Verstehen wirken und ihre Kraft dafür einseken, daß die Wirtschaft nicht zum bösen Schicksal unseres Vol kes wird." Von -er Bewährung -es Betriebsrälegesetzes Das „Zentralblatt" des Gesamtverbandes der christ lichen Gewerkschaften brachte in seiner Beilage „Betrieb und Wirtschaft" Auszüge aus den Berichten der Ge werbeaufsichtsbeamten für das Jahr 1924 über ihre Be obachtungen auf dem Gebiete des Betriebsrätewesens. Vielfach wird in den Berichten die Bewährung die ser Einrichtung in der Praxis und namentlich in Zeiten schlechten Betriebsganges betont. Die Betriebsräte hät ten z. B. bei Stillegungsverhandlungen gezeigt, daß sie nicht nur einseitig die Arbeitnehmerinteressen wahrzu nehmen verstünden, sondern volles Verständnis für die wirtschaftlichen Erfordernisse des Betriebes bekundeten. Aber fast in allen Berichten wird ein geringer werdendes Interesse der Arbeitnehmerschaft hinsichtlich der Dutch- führung der Betriebsrätewahlen festgestellt. Diese Fest stellung stützt sich auf die Tatsache, daß in einer Reihe von Betrieben keine Wahlen stattgefunden haben und daß in einigen Fällen auch trotz Eingreifens des Ge werbeaufsichtsbeamten kein Arbeitnehmer zur Ueber- Zweckangaben durch amtliche Zahlen richtiggestellt werden. Im Dezember vergangenen Jahres bezifferte der Reichs verband der deutschen Industrie das jährliche Volksein kommen auf 43—48 Milliarden Mark, um daraus eine Uebcrbelastung der Wirtschaft mit Steuern und Sozial lasten herzuleiten. Nunmehr ergibt sich nach sorgfälti gen und eingehenden Berechnungen des Statistischen Reichs amtes eine Jahresschätzung des Volkseinkommens von 50 bis 55 Milliarden Mark. Bei dem augenblicklichen Kampf um die Neugestaltung des Reichsknappschaftsgesetzes könnte das Spiel mit Zahlen beinahe belustigend wirken, wenn es nicht einen gar zu ernsten Hintergrund hätte. Der Vorsitzende des Zechenverbandes, Generaldirektor Wiskott, glaubte nach den Ergebnissen der ersten Lesung eine Mehr belastung von 80—100 Millionen Mark im Lohn seststellen zu können. Eine Reihe KnaPPschaktsstatistiker errechnet«» nach der zweiten Lesung eine Mehrbelastung von 66 Mil lionen Mark, während die Unternehmer der Fachgruppe Bergbau von 40 Millionen Mark sprechen. Das Arbeits ministerium nimmt in der Krankenkasse eine Mehrbelastung von 18 Millionen Mark an, dem eine Ersparnis der Pensionskasse von 8 Millionen Mark gegenübersteht. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß durch die von den bisher genannten Stellen nicht in Rechnung gestellte Ein führung von Lohnklassen eine ivesentliche Ersparnis ein- tritt, die bei voller Auswirkung etwa 25 Millionen Mark beträgt, kommt der Gewerkverein christlicher Bergarbeiter zu einer Minderbelastung von 20 bis 22 Millionen Mark. Diese weit auseinanderklaffenden Ergebnisse werden für den Laien nur dann einigermaßen verständlich, wenn man be denkt, daß die künftige Lage des Bergbaues noch völlig undurchsichtig ist und daß als Grundlage aller Berechnun» gen die Ergebnisse der schlimmsten Krisenjahre verwandt wurden. Da man nun annehmen kann, daß die Krise des Bergbaues zum mindesten ihren Höhepunkt über schritten hat, dürfte Jmbusch recht behalten, der auf einer ln Essen stattgefundenen Konferenz des Gewerkvereins christlicher Bergarbeiter sagte, die Praxis würde alle Be rechnungen über den Haufen werfen. I nähme des Amtes als Betriebsrat bereit war. In vielen Berichten wird diese Erscheinung damit erklärt, daß nach Wiedereinführung der Goldmarkrechnung auch bei Fest setzung der Löhne die Zahl der Lohnverhandlungen ge ringer geworden und dannt auch eine Hauptaufgabe der Betriebsräte an Bedeutung eingebüßt Habe. Daß diese Deutung aber auf schwachen Füßen steht, wird demjeni gen ohne weiteres klar sein, der mit den Dingen näher vertraut ist. Weder auf Grund des Betriebsrätegesetzes noch aus der Entwicklung in der Praxis heraus ist die Lohnverhandlung eine Hauptaufgabe der Betriebsräte.' Wohl haben Betriebsräte bei Lohnverhandlungcn und vor allen Dingen bei der Durchführung der Lohnverein- barungen mitgewirkt, doch war diese Arbeit nur ein Teil gebiet der Aufgaben. Dort aber, wo anormalerweise diese Teilaufgabe zur Hauptaufgabe der Betriebsräte wurde, konnte beobachtet werden, daß die Ursache dieser ungesunden Entwicklung nur zum geringen Teil auf un vernünftige Betriebsräte, als vielmehr auf das Verhalten der Arbeitgeber zurückzuführen ist. Durch eine kurz sichtige Lohn- und Sozialpolitik auf dieser Seite wurden die Betriebsräte direkt gezwungen, sich nur mit Lohn fragen zu beschäftigen, besonders dann, wenn die Beleg schaft ganz oder zum größten Teil unorganisiert und in- soigedessen keine andere Möglichkeit zur Regelung der Lohn- und Arbeitsbedingungen gegeben war. Dazu kam und kommt auch noch heute vielfach eine ähnliche Entwicklung aus anderen Gründen. Selbst von den Gewerbeaussichtsbeamten wird, was schließlich kein Geheimnis mehr ist. bestätigt, daß zahlreiche Arbeitgeber sich offen oder geheim gegen das Betriebsrätegesetz wen den und mit allen Mitteln versuchen, den Arbeitnehmern die Bereitwilligkeit zur Uebernahme eines Amtes als Be triebsrat zu verleiden. Es sind nicht nur Schwierigkei ten bereitet und die Arbeitnehmer gegeneinander aus gespielt worden, sondern man hat auch vielfach zu Be triebsstillegungen gegriffen, nur um unbequeme Betriebs ratsmitglieder los zu werden. Nicht immer war es mög lich, durch einen Kampf der Arbeitnehmer erfolgreich gegen solche Willkürakte und Gesetzesverachtung vorzu gehen. Der Widerstand der Arbeitnehmer mußte mit dem Fortschreiten der wirtschaftlichen Krise schwächer werden. Die angeblich allgemeine Interessenlosigkeit der Arbeitnehmerschaft hinsichtlich der Durchführung des Be triebsrätegesetzes bekommt, unter diesem Gesichtswinkel betrachtet, ein ganz anderes Aussehen. Die Richtigkeit dieser Auffassung kann leicht durch folgende Berechnung nachgeprüft werden. Man zähle in jedem Bezirk die Stärke der Belegschaften in den Betrieben mit mehr als zehn Arbeitnehmern zusammen und stelle dann fest, wie hoch der Prozentsatz der Arbeitnehmerschaft ist. die durch eine Betriebsvertretung vertreten wird. Soweit das schon jetzt geschehen ist. konnte man feststellen, daß die ser Hundertsatz ein sehr hoher ist. Diese Erscheinung ist nur so zu erklären, daß im großen und ganzen die angebliche Betriebsratsmüdigkeit in mittleren und klei nen Betrieben zutage tritt. Dort ist der Widerstand gegenüber betriebsratsfeindlichen Arbeitgebern in der Regel ein weit geringerer. Die Nutzanwendung aus diesen Betrachtungen kann nur die sein, daß von allen dazu berufenen Stellen eine planmäßige Schulungsarbeit geleistet werden muß. Die irrigen Auffassungen über das Betriebsräte gesetz müssen gleichermaßen bei Arbeitgebern und Ar beitnehmern beseitigt und der Wille zu xhrlicher Zu sammenarbeit geweckt werden. Die bisher von den Gewerkschaften namentlich auch von den im Deut schen Gewerkschaftsbund (christlich-national) zusammen geschlossenen Verbänden geleistete Schulungsarbeit hat die Nichtigkit dieser Forderung bestätigt. Die verfüg baren Mittel haben es bisher leider nur ermöglicht, einen beschränkten Kreis der in Frage kommenden Arbeitneh mer zu erfassen. Ueberall dort, wo geschulte und ver antwortungsbewußte Betriebsräte ihr Amt ausgeübt haben, mußte von ehrlich denkenden Arbeitgebern die Nützlichkeit und Notwendigkeit dieser Einrichtung für unser heutiges Wirtsckaftsleben anerkannt werden. Auch hierfür bringen die Berichte der Gewerbeaufsichtsbeam- ten Beweise. Im Interesse eines gedeihlichen Zusam menarbeiten? zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern liegt es deshalb, weniger von einer Betriebsrätemüdig keit zu sprechen, als vielmehr den vorstehend kurz an gedeuteten Mißständen nachzugehen und für ihre Abstel lung zu sorgen. Die Achtung vor der Zahl, an der man sich bei ehrlicher und sorgsamer Handhabung immer noch einiger maßen zu orientieren vermag, wird dann völlig erschüttert, wenn man sie zur Dienerin eines Zweckinieresses degra diert. Man bilde sich nicht ein, mit falschen oder irre führenden Zahlen die Sozialpolitik abwürgen zu können. Die hat immer noch einen moralischen Vorrang vor den sogenannten „Gesetzen" der Wirtschaft, die oft nichts ande res sind als brutaler Niederschlag naturhaftcr Machttriebe. Weil eben die Erträgnisse der Wirtschaft nicht in aller erster Linie der Wirtschaft zugute kommen sollen, sondern den Menschen, deren Existenz sie in gesunden und kranken Tagen sicherznstellen hat, müssen wir Sozialpolitik trei ben zur Wiederherstellung der Gesundheit, Arbeits fähigkeit, zur Vorbeugung und zum Ausgleich wirt schaftlicher Schäden. ES bedarf gar keiner Frage, daß durch die Auswirkungen des Krieges, durch die da durch verursachte Schwächung der Gesundheit, durch die Ver sorgung der Kriegsopfer, die Verarmung weitester Volks« kreise und den Einbau der Erwerüsloscnunterstützung die Sozialversicherung höhere Aufwendungen machen mutz als vor dem Kriege, aber nicht in dem behaupteten Maße, daß sie unerträglich werden für die Wertschaft, die zudem nur zu einem Teil zu den Kosten herangezogen wird. Es soll zugegeben werden, daß in Krisenzeiten jede Belastung stärker empfunden wird als in guten Zeiten. Um so mehr ist es nicht nur eine moralische, sondern im höchsten Sinne staatserhaltende Pflicht der Allgemeinheit, für di« Opfer der Krise zu sorgen. Wenn man nun schon zahlen mäßige Vergleiche anstellt, dann darf man nicht vergessen, daß die frühere umfangreiche private Wohlfahrtstätigkeit, auch die mancher Unternehmungen, zum großen Teil auf die staatliche Sozialpflege übergegangen ist, und daß wir früher ein Heer von 600 000 Mann hatten, das eine starke Belastung für die Wirtschaft verstellte und dessen Ausgaben heute in Westfall gekommen sind. Veraleichszahlen sind gut und nützlich nur dann, wenn sie aufgestellt werden unter Berücksichtigung aller in Frag« kommenden Faktoren.