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Sächsische Volkszeitung : 20.10.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-10-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192710209
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19271020
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19271020
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-10
- Tag 1927-10-20
-
Monat
1927-10
-
Jahr
1927
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 20.10.1927
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CSeilien-Tagung und Reichs - Schulmusikwoche Bon Dr. Paul Löbmann, Leipzig. In diesen Tagen traf es sich, das, in Dresden, der herrlichen Stadt, nach der herein die Berge winken, gleichzeitig zwei beachtliche Zusammenkünfte stattfanden: einmal der allgemeine Cäcilien- tagderDiözese Meißen. Und zum andernmal die Reichs- A ch u l m u s i k w o ch e. So verschiedenartig auch die Eigenart beider Tagungen war, so haben sie doch auch manche inneren Zu- samenhänge, und zwar gehen sie vor allem von der Schulwoche aus. Dort kamen Männer zum Wort, die über das Wesen des Mu- sikalischscins ernster und tiefer nachgedacht hatten, um Mittel und Wege zu finden, wie wieder Musik ins Volk, in die Kreise des deutschen Bürgertums, in die Gemeinschaften der gebildeten Stände und nicht zuletzt auf die Chöre der Gotteshäuser zu bringen sei. Und nicht weit davon waren ernststrebcnde Freunde der kirchlichen Musik am Werke, um das Haus des Herrn mit neuen Herrlichkeiten kirchlicher Tonkunst auszuschmücken. Die Quelle beider Bestrebun gen, soweit sie Kunstfragen betreffen, ist die Wundcrkrast der Musik als der einigenden, noch nie ganz erforschten Geisteskraft, die den Menschen erhebt hinauf in Höhen, wo sich Kunst und Religion be rühren: im Ahnen, im Jnnewcrdeii eines Glückes, das für Worte unaussprechlich bleibt. „Kein Auge hat es gesehen * Nun hat die kirchliche Kunst, die gläubige kirchliche Musik, den großen Vorzug, daß sie ihre Kraft empfängt aus der stärksten See- leumacht, aus dem lebendigen Glauben. Dadurch erhält die Seele )es schaffenden Künstlers Antriebe aus der stärksten Quelle der straft, ans der Hingabe an den Einen, der alles Sein In sich trägt and ohne den noch keine Großtat gelang, sofern sie eine solche für Ale Zeiten und für die Gesamtheit der Meschen in Wahrheit ge wesen ist. Aber gerade die Fcingeistigkeit dieser Beziehung dez Künst lers zn einem ihn beseeligenden, belebenden persönlichen Höheren ist zur äußeren Darstellung der inneren Kunstanschauung mehr wi« die profane Tonkunst gebunden an höchste Formkunst. Denn daS Schöne ist nur durch ein Schönes darstellbar. In sofern berührten sich beide Tagungen: „Musik ist die Verbindung des Diesseits mit dem Jenseits." — Es gaben gerade jene Vorträge, di« aut die Erfassung des Musikgeistcs hinausgingcn, mannigfache Ge legenheit zu eigenem stillen Nachdenken. Wer über di« legten Wir kungen der Musik mit sich ins reine kommen will, wird ohne den Glauben an eine immaterielle Seele als ein Wesen-an-sich nie zu be friedigenden, erschöpfenden Aufschlüssen kommen. Darum wirkt sich alles tiefere Kunstverstehen, allez Kunstanschauen und Kunstempfan- gcu wie eine Stunde stiller, friedensvoller Andacht mis. Darum ist die Tonkunst die liebste Freundin der Religion. Aus diesem Gesichtspunkte heraus mußte es jeder wahre Kunst freund ivarm begrüßen, wenn «r vernahm, daß sich zahlreiche Freunde der heiligen Tonkunst in Dresden zusammengcfunden hatten, um dort erneut Nachschau in sich selbst zu halten, wie cs mit der Sicherung Iluer Anschauungen und Beobachtungen bezüglich des Musikschönen steht. Und wenn man las, daß anerkannte Führer hcrbeigeeilt waren, um ihre erprobten Gedanken und gesicherten Kenntnisse über )as Kirchlich-Schöne weiterzugcbcn an die, die in ernster, reiner Ab ficht zu lernen gekommen waren, dann konnte sich der Fernerstehende nur freuen, daß cs noch immer Männer gibt, die mehr ausgeben, als sie ciniichmcn, an Männer, die ihre Liebe zu einem übernommenen Dienste durch Opfer beweisen. Es wird seit den lehtvergangenen Jahren nach dem Kriege ungeheuer viel gearbeitet auf kirchenmustkalischem Mbiete, s«i es in Beziehung auf ureigenes Schassen, oder auf nachschafsendes Aus fuhren neuer Werke. Möchten die großen Werke aber auch große Chöre finden, die den neuen Aufgaben sich ge wachsen zeigen. — Und auch hier berühren sich beide Tagungen. Die tonangebenden neuen Richtlinien und Lehrpläne stehen lm Zeichen einer vertieften Musikauffassunq. Die Volks- wie die höheren Schulen wollen aus Sängern Musiker machen. Und das ist gut, das ist sehr gut, sehr zeitgemäß. Besonders die höheren Schüler werden im Unterrichte eingeführt in die Kunst der polyphonen Satz technik. Es steht zu hoffen, daß auch die Chorsänger der Zukunft b l T „ Fahrt an den Genfer öee l Von Agnes Ernst. Es ist drei Uhr morgens. Nacht bedeckt noch di« Erde. Di« Nebel ziehen durch hügelige Wiesen und duftende Tannenwälder. Triefend von Tau steht das Gras. Es blinzelt hie und da ein Licht in entlegenen Höfen und einsamen Dörfern. Alt« Schlösser heben sich auf felsigem Boden und breiten Dörfer als Schleppen aus. Noch kräht kein Hahn. Noch zieht kein Pferd. Noch kamt kein« Kuh. Schlafend liegt die Erde dem Himmel im Arm. Da beginnt es zu dämmern. Hell- und Dunkelgrün scheiden sich. Das Land steht auf. Es wird weit und tief und hoch. Die Fensterläden werden aufgestoßen. Di« Frauen öffnen di« Ställe, bi« gehen mit Kübeln durch di« Morgenkühl« unter di« warmen Dächer. Es ist vier Uhr morgens. Wir tauchen noch einmal tief in Nacht, rasen durch einen Tunnel, und dann geschieht der Erd« ein Wunder. Der Genfer See liegt zu Füßen des Himmels. Ls leuchtet blitz hell aus ihm heraus. Birgt er etwas wie den heiligen Gral? Die Molken wandern am Himmel. Da steht verborgen der Mond hinter den dunklen Wänden und läßt beim Morgenbad sein glitzerndes Kleid tief in den See fallen. Es wenden sich die großen Pappeln am Ufer als dunkle Silhouetten frommer Frauen schlank um. Und ihre Schatten wissen nicht — ob st« vom Mond oder der Sonne sind. Der See dehnt sich nach Osten und Westen. Wir sind in der Nähe von Lausanne. Ich weiß vor Herrlichkeit der Natur nicht, wo ich Hinblicken soll. Ob ich di« Lichtsäul« des Mondes im See — ob ich am Himmel dl« leis« Nöte der kommenden Sonne sehen soll. Da gleiten meine Blicke zum Ufer hinunter. Ueber kupfergrünes Tranbenlaub und blitz blanke Schlößchen und Billen, und es ist mir klar, daß die Erd« ein Geschenk Gottes an uns Menschen ist. Ich sehe rechts und schaue links. Von Lausanne an« fahren wir ans östlich« See ende. Koneaufwärt». Da teilt sich in dieser Morgenstunde di« Lust mit Schärf«: Ich sehe orientalisches Licht — rotvioleit, sonnüberströmende Felsen mit scharfen Kant«». Jede Einzelheit verschwindet ia sich au» Kreisen finden, die sich heute noch für zu gut halten, dem Chor« des Gotteshauses beizutreten. In sehr vielen Fällen aller dings fühlen sie wohl auch, daß sie den dort gestellten Aufgaben noch nicht gewachsen sind. Das alles soll und muß ander» wecken. Und es wäre unrecht, wollte man nicht zugeben, daß durch die neueren Bestimmungen eine neue Luft weht. Und davon wird die Kirchen musik ihre Vorteile haben. Seht sich doch künftig aus diesen vor gebildeten Kreisen die Besucherzahl der pädagogischen Institute zu sammen, die dem Volke die Lehrer, seine Erzieher stellen. Darum kann die Losung aller Musikfreunde und Musikbeken ner nur heißen: Vertiefung des Musikaeiste» in Schule und Leben! Weiterarbeit am Werke der Kunsttechnik zur Lösung aller Bildungs- kräsle, die in der Kunst, vor allem in der Tonkunst ruhen. Und widmen wir dem heiligen Werk« der Atiirgieimisik unsere ganz« Kraft. Zum Ehoralkursus in Dresden Von Kantor Joseph Schröter. Der in den Tagen vom 5. bi» mit 9. Oktober 1927 in Dresden von Pater Roinuald Iordan O. S. B. aus Gnissau abgehalten«, in der Mehrzahl von Chordirigenten, aber auch von einigen Mitglie dern katholischer Kirchenchöre besuchte Choralkursus sollte sich zu nächst auswirken bei den zwei dem römischen Choralbuch entnomme nen SakramentSgesängen „Pange lingua" (Tantum ergo und Geni- tori), die unter Nummer 58 und 59 in da» Diözesangesangbuch für die Diözese Meißen „Laudatr" cinverleibt sind. Sicher ist, daß beide, geiiicfscn an dem durch den Chorleiter gegebenen Tempo, bisher viel zu langsam und zu schleppend gesun gen worden sind, beeinflußt von dem Rhythmus unserer leider auch zu wenig bewegt gesungenen deutschen Kirchenlieder, die durch ihre unter Rücksichtnahme auf den vorgczeichneten Takt in gleichmäßigen Viertelnoten ausgezeichnete Melodie zu einem einförmigen Vortrag geradezu nötigen. Nur ein paar deutsche Gesänge, denen keine Taktbczeichnung beigegebcn ist, zum Beispiel 42 und 46, scheinen vom lateinischen Choralgesang her beeinflußt oder sind durch lhr ehrwür diges Alter vor dem spanischen Stiefel moderner Taktrinteilung be wahrt geblieben. Das „Pange lingua" hat schon der weitgereiste Eich-felder Orgelvirtuose Joh. Jos. Adam Hohmeh er (1786—1866) auf seinen Kimstreisen in fast allen Ländern Europas unter Anlehnung an die jetzt vorgeschriebe»« Form vorgetragen und nach seinen Auf zeichnungen dafür großen Beifall geerntet. Allerdings zivang auch er die Melodie in den Viervierteltakt und fand auch bald eine metri sche gereimte Ucbersetzung: „Mein Zung' klinge, fröhlich singe von dem zarten Leichnam frohe und vom werten, hochgeehrten Blut, so Gottes Sohn unverdrossen hat vergossen fürs Heil aller Nation'." Dle Choralmelodie Nr. 53 enthält nur die Zwifchennoten und dte Atmungspausen, entweder in Form eines kurzen senkrechten Striches, der von der g-Linie zur d-Linie reicht, oder in Gestalt eines längeren SiricheS, der von der untersten zur obersten (5.) Noten- linic durchgeführt ist. Der kleine Strich ist das Zeichen sür kurzes Atmen, der längere soll zu einer einschneidenderen, aber nicht zu langen Pause auffordern. Die letzte Not« vor beiden Arten von Atmungszeiten erhält eine geringe Dehnung, einerlei ob diese vier eckige Note auf ihrer Seite liegt oder auf ihrer Spitze steht. Die letzt« Silbe von „pretinm" hat ein« haltende Doppelnote, „clivis" genannt: die letzte Silbe von „Amen" weist gleichfalls eine, aber nach oben gehende Doppclnote, einen „Podatus" auf. Diese bei den Doppelnoten sollen beide gleistfalls mäßig gedehnt werden. Im „Pange lingua" Nr. 59 tritt auf der ersten Silbe von „corporis" eine dreiteilig« Notengruppe auf, das Quilisma. Die mittlere der drei Noten hätte besser in Form einer ganz enge ge stellten Zickzacklinie gedruckt werden sollen. „Die erste dieser drei Noten erhält ein ,L(ktus", da» heißt einen Akzent, keine Dehnung, sondern nur ein Mchr von Wärme und Empfindung." Alle Noten- gruppen sollen gebunden vorgetragen werden, „sich eng aneinander anschmiegen, ohne daß jeder Ton neu angestoßen wird". Die milde Betonung kommt in der Regel auf die erste Note einer Notengruppe, aus der die anderen ruhig hervorflicßcn: sie klingen wie die ver hallende Wetterführung der Unterstreichung des ersten Tones, bil- oiesem Ltcht. Das war dt« ein« Seit«, der wir «ntg« genfuhren. Es ging in den Morgen, in den Tag. Di« ander« Seite war das Land de» Abends, aus dem wir kamen. Man hatte die Nacht abgeschüttelt. Die Pappeln hüllten di« Thallets und Ehateaux ein. Es waren heimlich dämmrtg« Wege und Winkel mit alten Erinnerungen. Di« Berge ver schwanden im Dunst des Sees. Das Ufer glitt ins Wasser, ohne Wellen zu wagen. Das Licht war bläulichgriin, grau — unsagbar müd und heimlich am frühen Morgen. Ein Segelschiff blitzt auf — der See lebt, und di« Luft ist hier bewegt. Und di« kleinen'stelzbeinigen Möwen überlegen noch etwas. Dann fliegen sie in blaue Lust und segeln und streifen das Ufer vom Genfer See. Im Schatten des Morgens liegt Genf. Morgen und Abendland sind hier Klinik und Schicksal „Dauernde Beispiele denen, dle sich dem Heiligtum der Kunst nahmen" — diese Widmung gibt Emil Ludwig den von ihm in dem Bonde „Kunst und Schicksal" gezeichneten Bild nissen großer Künstler. (Berlin, Ernst Rowohlt-Verlag). Dieses Werk beseitigt die große Besorgnis, di« man um die feine Kunst Emil Ludwigs in den letzten Jahren hatte: Daß er, vom Beifall verlockt, sich in breiten Schilderungen verlieren würde, Saß er mehr und mehr daran Geschmack finden würde, in großen Freskogemäldcn politische Geschichte darzustellen, an statt mit seinen Strichen eindrucksvolle Porträts zu zeichnen, wie er es in seinem Werke „Genie und Eharakter" getan hatte. Ludwig setzt jetzt wieder dort an, wo er vor dem „Napoleon" aufhörte, wir sehen mit Freude, daß ihm die Kunst des feinen Zeichnens nicht verloren gegangen ist. Vier Charaktere werden uns vor Augen gestellt, die den Konflikt zwischen Kunst und Welt auf verschiedene Art immer vergebens zu lösen trachteten: Rubens und Beethoven, Weber und Balzac. Für jedes dieser Bildnisse war durch ander« For- sclzer dos Material in überreick)er Fülle bereitgestellt. Neues in dieser Hinsicht bringt also Emil Ludwig nicht, wohl aber eine größere Klarheit der Anschauung. Kein Bild, das über alle Einzelheiten orientiert, wohl aber eine Zeichnung, auf der die wesentlichen Linien in schöner Uebersicht zu erkennen sind. Bei Weber und Balzac sind die Striche etwas rascher gezogen als auf den beiden ersten Bildern, gerade deshalb erscheinen uns dies« briden Essay» d«m Wes«n ihrer Gattuna mehr »u «nt- den sein melodisches Gefolge." (vergl. Wagner: Elemente des g««> gortanischen Gesanges. S. 57/61.) Wa» nun dt« auf Seite 264 ff. des Laudate notierten Respon- sorien in der heiligen Messe bei Hochämtern angeht, so gilt für sie das betreffs der besprochenen beiden Hymnen Gesagte: leichter, flüssiger Vortrag, ohne daß auch nur eine Silbe undeutlich wird und zu kurz kommt. Das Tempo des Priesters im Altavgesang muß vor allem maßgebend bleiben. Es ist nicht angängig, daß der Chor oder die Gemeinde schneller oder langsamer antwortet, als der Liturge vorgesungen hat. Der Unterschied zioischen dem ferialen, alltäglich und im Requiem verwendeten und dem feierlichen Ton (Tonus solenmis) verdient besondere Beachtung. Alle Responsorien sollen leise verklingen. Einen groben Verstoß muß ich es nennen, wenn in einer Stadtkirche der Tschechoslowakei, die einen sehr leistungsfähi gen Chor und ein respektables Orchester besitzt, gesungen wird „Et cum spirttuo", das heißt den lieben Gott soundso vielmal um eine Silbe eines geheiligten Textes betrügen. Die Antwort l>at sieben Silben, nicht sechs. In den melodienreichen Formen de» „Jte miss« est" sind eine Reihe kunstvoller Notengruppen angewendet. Beim „Deo gratias" an Hochfesten, an Doppelfesten und an Marienfestcn stehen Noten gruppen oder „Neumen" aus ein und derselben Tcxtsilb« „o" von „Deo". Im Druck sind diese Gruppen durch einen kleinen Zwischenraum, inanchmal auch durch einen kurzen senkrechten Strich getrennt. Sie geben Weisung zu leicht schwebendem Dehnen der letzten Note einer Gruppe, die mit mehreren anderen auf der selben Silbe eines Wortes steht. Kommt dagegen eine neu« Silbe, darf keine Dehnung erfolgen, ja sie ist durch di« „goldene Regel", vor der neuen Silbe eines und desselben Wortes nicht Atem zu holen und durch Absehen die Einheit de» Wortes nicht zu zer reißen, verpönt. (Vergl. Johner: Der gregorianische Ehoral S. 155!) Solche Einschnitt« in die Mclodiengruppen auf ein und dcrsesi den Silbe nannten die Alten „Mora vocts". das Verlängern eines Tones, das sanfte Anhalten der melodischen Bewegung. Dem entsprechend erfährt also der letzte Ton vor dem Einschnitt eine nicht zu auffällige Dehnung. Im allgemeinen ist um der Einheit willen der Auffassung des Dirigenten oder begleitenden Organisten stattzugeben. Viele Köpfe und viele Auffassungen wären hier nur störend. Selbst wenn der Sänger eine richtigere Ansicht hätte als der Dirigent oder Organist, hieß« cS sich unterordnen und lieber einen Fehler mitmachen, ak» den Gesamtetndruck durch Starrköpfigkeit stören. Unserem „Laudatc" würde e» entschieden zum Vorteile gecet, chen, wenn auch „Asperges", an 44 Sonntagen des Jahres im Gr- brauch, und das auf die Zeit vom Ostersonntag bis mit Pfingstsonn tag fällige „Vidi aquam" einer Neuauflage als Anhang beigegeben würden, aber auf Fünslinlensystem mit Violinschlüssel, römischen No ten und deutlicher Angabe des Akzente«. Wie weit sind wir noch vom rechten Vortrag des römischen Choral»! „Die herabsallendcn Schneeflocken sind noch zu materiell, zu schwer, zu geräuschvoll, als daß sie als Bild für die Zartheit, ja Geistigkeit des Rhythmus gebraucht werden dürften." (Johner: a. a. O. S 69.) Der freie, grundsätzlich nicht symmetrisch« Rhyth- muS des gregorianischen Chorals wird de» direkten Gegenpol bilden gegen alle Tanz- und Marschsormen, und in seiner vornehmen Frei heit sich des christlichen Heiligtum? würdig erweisen. Johner schließt sein Werk über den römischen Choral mit den Worten: „Da- Rauschen dieser geheimnisvollen Ströme der Kunst und des Heilig tums ist wie ein Evangelium in Tönen, anspruchslos und doch voller Hoheit, schlicht und dock erhaben, oft fast nur wie ein Flüstern und doch von überirdischer Kraft. ES erzählt von der wahren Heimat der Seele in Gott und ist wie ein Echo jener Sieder, die di« Selige» immerfort singen." MMnuAlkVWk hinsichtlich Ihre« Personalbedarfs. Der Arbeits nachweis bedient Sie zuverläsfig und kostenlos. Anruf: 28881 u. 248S1. sprechen als die beiden anderen, in denen der Künstler nicht immer nur mit dem Silberstift gearbeitet hat, wie das sein« Absicht war. Dies ist ein Buch, über das wir uns ausrichtig freuen Können. Menschen von höchstem Wert, die in ihrer Kunst dauernde und charakteristische Werke geschaffen haben, werden in eleganter und sicherer Weise gezeichnet. So. daß man vom Verstehen des Menschen zum Verstehen der Kunst gelangt. Be sonders wertvoll ist es, daß dieses Buch um des Autors willen von vielen gekauft werden wird, denen die Wege zum Kultur- gut der Kunst bisher verschlossen waren, weil andere Gebiete ihr ganzes Interesse fesselten. Vielen, die schon Hunderte von Maien die Namen Rembrandt und Balzac gehört haben, wird dieses Buch zum ersten Male zu diesem Namen ein« würdig«, und deutliche Anschauung schenken. y. Ludwig Thoma Was ist von der Dichtung, die im ersten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts die Lesersckiaft begeisterte, übrig geblieben? Was vor allem von der erzählenden Dichtung? Namen, die oamal» in aller Munde waren, sind heute verschollen. Die Zeit Hot das Echte vom Unechten geschieden, Krieg und Revolution l>abcn diesen Klärungsprozeß beschleunigt. Ludwig Thoma ist einer von denen, deren Werk die Stürme der Zeit überdauert hat. Seine besten Erzählungen: „Nltaich", die „Lausbubengeschichten", die epische Dichtung. „Heilige Nacht" werden heute noch mit gleicher Freude gelesen wie bei ihrem ersten Erscheinen, seine besten Komödien „Die Lokalbahn". „Die Medaille" und „Erster Klasse" sind heute noch nicht vom Spielplan verschwunden. Vergessen ist freilich manä>es seiner Werke, das sich mit bewußter Tendenz in den Tageskampf stellte. Den Politiker Thoma, wie er als Redakteur des „Simplizissimus" wirkte, haben wir bekämpfen müssen. Aber diese Dinge sind überwunden, sie waren auch für Thoma selbst in den Jahren nach dem Kriege überwunden. Wir können uns heute über die bleibende Leistung des großen Künstlers Thoma freuen. Diesen Künstler als liel>enswerten Menschen kennen zu lernen, geben uns die Briefe') Gelegenheit, die soeben, von Thomas Freund Hofmiller geordnet, erscheint. Sie zeigt Thoma als Freund, als Berater, als Liebenden: in schlichter und klarer Sprache sind Gedanken und Erlebnisse gezeichnet. Ge- ') Ludwig Thoma, ausgeivühltr Briefe, herausgegeben von F. Hofmiller und M. Hochgelana. München. A. Lanaen.
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