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Nummer 144 - 26. Jahrgang «mal wöch. ««zugspreis für Juni 3,00 Mb einschl. Bestellgeld, «nzeigenpreife: Die Igesp. Petitzeile S0.Z. uche L0 Die Petitreklamezeile. 8S Milli. neter break, 1 Offertengebllhren für Selbstabholer 20 -Z, bei Uebersendung durch die Post außerdem Portozuschlag. Einzel-Nr. 10 Sonntags-Nr. SO »Z. Beschästlicher Teil: Artur Lenz i» Dresden. SWlMe Sonnabend, den 25. Juni 1927 Im Falle höherer Gewalt erlischt jede Verpflichtung auf Lieferung sowie Erfüllung v Anzeigenausträge« u. Leistung v Schadenersatz. Für undeuti u. 0. Fern, ruf übermitt. Anzeigen übernehmen wir keine Ber« antwortung. Unverlangt eingefandle u. m Niickport» nicht versehene Manuskripte werd nicht ausbewahrt. Sprechstunde der Nedalttion 2—3 Uhr nachniijttags» Hauptschristleiter: " ^ Desczqk. Dresden. vteschäft-steNe, Demtu.Berta» i Nermmiia. A.-c». titr Berta» und Druckerei, Filiale Dresden. DreSden-A. l. Polterslrahe 17. FernriifSiolL. Posischeckwnlo Dresden r7vz. Bankkonto! Stadtbauk Lresde» Nr. «171» Für christliche Politik und Kultur Nedattto» der Sächsischen Batksjeituu» DreSde»-?lllstndt I. Polieisiratze 17. Fcrnrns 207II »»d rl012. Endlich erreicht? Ist sie nun tatsächlich erreicht, die neue sächsische Regierung? Die „Ziisoniiiienschiveißimq" aller koa- l'itionsrvilligen Elemente zum sächsischen „Volksblock"? Jenes erste und einzigartige Musterbeispiel in der deut schen Koaltionspolitik, daß sozialistisch eingeschworene Männer init deutschnationalen Vertretern des alten Sy stems in einer Regierung ziisaminensitzen? Es hat so den Anschein. Die deutschnationale Landtagsfraktion hat ge stern abend nach mehrslündiger Beratung, wie es heißt. m'tt knapper Mehrheit beschlossen, das Angebot des Mi nisterpräsidenten Heidt auf Besetzung des Wirtschafts- minister'nms anzunehmen. Als Kandidat für diesen Po sten wird nach wie vor der frühere Kreishauptmann von Dresden, Dr. jur. Friedrich Krug v. Nidda genannt. Das Zustandekommen des n e u e n K a b i n e t t s H e l d t darf damit wohl endgültig als gesichert gelten. Das Provisorium, das man mit der Regierungsbildung im Ja nuar einging, und die mit dem 1. Juni heraufbeschworsne neue offene Krise, geht damit endlich zu Ende. Wenn man hört, daß das Kabinett auch weiterhin aus sieben Ministerien bestehen soll, daß ferner künf tig auf jede der beteiligten Parteien, ganz gleich, ob ihre Lanütagsfraktion vierzehn oder nur vier Mitglieder zählt, ein Ministersitz entfällt, und wenn man weiter bedenkt, daß die A l t s o z i a l i st e n mit ihrer Viermünner-Frak- tion doch ihre Forderung auf zwei Regierungssitze, den des Ministerpräsidenten und des Arbvitsministers durchgesetzt Haben, so bleibt schließlich diesmal von der linkssoziaki- stischen Verhöhnung der „Kuhhandelspolitik" nichts Greif bares übrig. Der unbeteiligte Zuschauer muß ohne wei teres zugeben, daß in diesem Falle nicht die Zahlenmächte den Ausschlag gegeben, sondern vielleicht zum ersten Male höhere Gesichtspunkte obgewaltet haben. Das ist tat sächlich das einzig erfreuliche an dem Ausgang dieser Re gierungskrise. wie inan trotz aller unliebsamen Vorgänge der letzten Wochen offen zugestehen muß. Ein weiteres muß man offen anerkennen: diese Regierung ist weniger em Werk des Ministerpräsidenten Heldt, als das der d e u t s ch n a t i o na I e n Volkspartei. Wir werden nicht leicht in den Ruf kommen, die deutschnationale Politik und Taktik der letzten Jahre auch nur im geringsten in Schutz nehmen zu wollen. Aber eben deshalb scheuen wir uns in keiner Weise, diesen grundlegenden Wandel in der deutschnationalen Auffassung, dieses innerdeutsche Lo carno, das sich zunächst in der Reichspolitik und neuer dings auch in Sachsen anzubahnen scheint, als einen be grüßenswerten Fortschritt zur Sachlichkeit und damit zur Gesundung unseres politischen Wollens in Deutschland zu werten. Niemand wird in diesem Falle hier in Sachsen den Deutschnationalen das Verdienst an dem Zustande kommen der Regierung schmälern wollen, mag man auch der Ueberzeugung sein, daß ihre Handlungsweise durch aus nur durch das Verantwortungsbewußtsein unserer besonders schwierigen politischen Lage gegenüber diktiert sein mußte. Jedenfalls haben die Deutschnationalen d i e Z u g e st ä n d n i s s e gemacht, die dem Durcheinander der letzten Tage endlich ein Ende bereiteten. Sie haben auf die Verminderung der Ministerien auf fünf unter dem Druck der Lage schließlich verzichtet, sie haben sich auch mit den zwei altsozialistischen Ministern in der neuen Re gierung abgefunden, und damit die großen Hindernisse, die der Einigung bisher entgegenstanden, aus dem Wege geräumt. Man darf fast sagen, daß diese Wendung der Dinge auch den Optimisten überrascht hat. Und man könnte ge neigt sein, alle Bedenken diesem ungewohnten neuen Koa- lttionsgebilde gegenüber für alle Zukunft zurückzustellen. Denn wenn sich dieser deutschnationale „Locarnogeist", wie er bei Beendigung dieser Krise zutage getreten ist, tatsächlich in der politischen Arbeit praktisch auswirkt, dann müßte uns aller Voraussicht nach, trotz dieses viel- eckigen Landtages, der auf keiner Seitenlage bisher zur Ruhe kommen konnte, eine neue Periode ruhiger Fort entwicklung erblühen. Aber wir haben augenblicklich gerade mit dom echten außenpolitischen Locarnogeist sehr betrübliche und ernüchternde Erfahrungen gemacht. Und so wird man auch hier in Sachsen "i der grauen Welt des Di« heutig« Nummer umfaßt 10 Seiten, fi, enthält die Beilage ^,Dle Welt der Frau" und den Kirchlichen Wochrnkalrnder fiir »ir Diözese Meißen. Einen ausführliche» Bericht über die gr»ß« außenpoli. tische ««»spräche im Reichstag« finden unsere Leser auf den Innenseite« de» Hauptblattes. . » Ae schwierige« Virtschaflsverhandlungen Paris, 23. Juni. Die Pariser Presse äußert sich pessimistisch über die deutsch- französische» Mirijchaf!->verha»dtungen. Der offiziöse „Petit Parisien" erklärt, die Besprechungen würden allerdings sortge- führt, aber es bestehe wenig Anssicht auf eine Ner st ä n d i g u n g. Das Blatt gibt zu, daß daran in hohem Maße das Fehlen eines französischen Zolltarifss schuld ist, versucht aber, die Verantwortung der maßgebenden französischen greise abzuschwächcn, indem es erklärt, daß die deutschen Vorschläge für die Verlängerung des gegenwärtigen Provisoriums unan nehmbar seien. Das „Echo de Paris" schreibt. Ministerialdirektor Posse habe in seiner gestrigen Unterredung mit dem Handelsminister Bokanowski auf die Schwierigkeiten hingcwiesen, diedasFetz- len eines französischen Zolltarifes in den gegen wärtigen Verhandlungen hervorriefen und meint, daß unter die sen Umständen der Abschluß eines Handelsvertrages kaum mög lich erscheint. Der „Matin" billigt den Standpunkt der deut schen Delegation, ohne Vorhandensein eines französischen Zoll tarife? über den Abschluß eines endgültigen Handelsvertrages nicht verhandeln zu können. Di« deutschen Bedingungen für die Verlängerung des Provlsorinins seien aber in bezug auf die französisch« Gemüse- und Weiiiausfuhr sowie ans die Industrie erzeugnisse unannehmba r. Der „Ezcelsior" veröffentlicht ein offizielles franzö- Alltags die Augen offen behalten müssen, damit wir nicht eines schönen Tages auch hier vor der Erkenntnis stehen, daß sich der heutige Derständigungswille der Deutschnatio- nalen plötzlich restlos verflüchtigt hat. Denn ein gewisser vorsichtiger Rückhalt wird der neuen Koalition gegenüber schon heute gerade von deutschnationaler Seite gemacht. So schreiben die „Dresdner Nachrichten" etwas resigniert: „Denn zu einer einheitlichen noch größeren politischen Gesichtspunkten orientierten Politik kann ein derartiges, nur unter dem Zwang betrüblicher Parteiverhältnisse zu sammengezwungenes Kabinett garnicht befähigt sein. Es ist ein G e s chä f t s in in i ste r i um, dessen Hauptauf gabe es ist, das zu erhalten und fortzuentwickeln, was nach dem Zusammenbruch der Zeigner-Aera an mühseliger Aufbauarbeit geleistet worden ist." Alan kann es ja ver stehen, daß es den Deutschnationalen heute schwer wird, aus innerstem Herzen heraus jene große politische Linie der möglichst breiten Regierungsbasis, der Großen Koalition, der Volksgemeinschaft anzuer kennen. deretwegen man gestern noch die Deutsche Zen trumspartei in sehr schnöder Weise verhöhnt und lächerlich gemacht hat. Das aber wäre unserer festen Ueberzeugung nach die einzige große politische Linie, die gerade aus sächsischen Verhältnissen heraus neu geboren und zum Er folg geführt werden könnte. Aber das ist ja leider das Zwiespältige an dem Verhalten der Deutschnationalen. daß man einerseits diese umfangreiche Regierungskoalition als einen großen Erfolg, als etwas bisher in der Koali tionspolitik Unerreichtes hinstellen möchte, daß man aber aus der anderen Seite sich scheut, aus diesem „Erfolg" die notwendigen politischen Konsequenzen zu ziehen. Die Möglichkeit ist also sehr wohl gegeben, daß aus dieser neuen sääffischen Regierung eine große einheitliche politische Idee erwachsen könnte. Gerade das Industrie land Sachsen könnte mit dieser Idee der Volksgemein schaft sehr wohl zum Lehrmeister der übrigen Länder und des Reiches werden, wenn man nur den Mut fände, vom Geiste des Geschäftsministeriums bis zum Geiste der politischen Idee vorzudringen. Man Hütte freilich dabei das kleine Risiko, sich bei konsequenter Verfolgung dieser Idee schließlich bei den letzten Richtlinien des Ze n t r u m s m a n i fe ste s zu treffen, die auch für die Reichspolitik bestimmend geworden sind. Aber da der Mut der politischen Ueberzeugung bisher meist vor dem Namen Zentrum seine unübersteigbore Grenze gefunden hat, wird man wohl lieber auch in diesem Falle aus die große idecrlpolitrsche Mission Sachsens verzichten und sich weiter mit der „Idee" des bloßen Geschäftsministeriums zufrieden geben. Und nach alledem, was vorhergegangen ist, wird dieses bescheiden gewordene Sachsen froh sein, wenn es überhaupt regiert wird. M. D. sifches Kommunique über dke Unterredung zwischen Posse und Bokanowski. Danach habe sich die Untere redung, die über zwei Stunden dauerte, in erster Linie auf dip Verlängerung des provisorischen Handelsabkommens bezogen, das am 30. Juni abläuft. Die deutschen Delegierten, so heißs es in dem Bericht, hätten den Handelsminister darauf aufmerk sam gemacht, daß sich die Verhandlungen über den endgültigen Handelsvertrag infolge des Fehlens jeder Grundlage für di« neuen französischen Zollsätze immer schwieriger gestattet. Das Blatt bemerkt, auch Belgien und die Schweiz hätten aus die gleichen Schwierigkeilen in ihren Berlmndttingen mit Frankreich hingewiesen. Ein Abbcuch der Verhandlungen würde sür die Wirtschaft, sowohl Dentjchlands als Frankreichs, eine schwere Schädigung bedeuten. Gegenüber dem veröffentlichten ofsi Posen Cominuniqu« Uber die deutsch-französischen Wirlschaftsoerhandlnngen wird von nnterrichteler deutscher Seite erklärt, daß die sranzösische Dele gation der Deutschen einen Vorschlag unterbreitet hülle, der zur Prüfung nach Berlin übersandt wurde. Ob der Borschlag der französischen Delegation zu einem Ergebnis füh ren wird, laßt sich zur Zeit nicht beurteilen. Bekanntlich läuft das provisorische Handelsabkommen am 30. Zuni ab. In dieser kurzen Zeitspanne wird es kaum möglich fein, eine definitive Einigung zu erzielen, da di« zu behandelnde Materie sehr schwierig ist. Es besteht daher die Gefahr, daß zwischen Deutschland und Frankreich am 1. 7. ein o e r t r a g s l ose r Zustand beginnt. Das vorausfichkliche neue Kabinett Dresden. Juni. Las neue sächsische Kabinett dürste nach dem gestrigen zusagenden Beschlüsse der Deutschnationalen ge. sichert sein. Es wird mit nachstehender Ministerliste gerechnet: Ministerpräsident Heldt sAltsoz.), Minister des Innern sstelloertretender Ministerpräsident» Dr. Apclt sDem.s. Volksbildungsminister Dr. Kaiser sD. B. P>. Finanzminister Weber (Wirtsch.-Parteis. Wirtschastsminister Dr. Krug v. Nidda sD.-N.s. bisher Dr. Wilhelm (Wirtsch.-Parteis. Iustizminister Dr. v. Fumetti sVolksr.-Parteis. bisher Bünger sD. v. P.). Arbeitsminister Elsner sAltsoz.s. Seine Ausländsanleihe a« Oesterreich. Wien, 23. Juli. Der Generaldirektor der Oesterreichischen Bundesbahnen hatte bei dem Gouverneur der Bank von England, Montag» Norman, vorgesprochen, zwecks Beschaffung einer neuen Anleihe für die Oesterreichischen Bundesbahnen zur Elektri fizierung der Strecke Salzburg—Wien und Wien—Miirzu- schlag. Der Eouvcrncnr der Bank von England hat sich ent schieden gegen eine neue österreichische Aus ländsanleihe ausgesprochen. Wenn das Finanzkomitee ves Völkerbundes, bei dem die Entscheidung über die Bewilli gung einer solchen österreichischen Anleihe liegt, bei der Bank von England ein Gutachten einholen werde, so werde die eng lische Notenbank entschieden davon abrate», die Bewilligung zu geben. Die Stellungnahme der Bank von England ist nicht als ein Mißtrauen gegen Oesterreich aufzufassen. Montagu Norman ist aber der Ansicht, daß Oesterreich, bevor es eine neue Ausländsanleihe ansnimmt, zuerst versuchen müsse, das Geld fiir den Ausbau seiner Bahnen im Wege einer Inlandsanleihe zu beschaffen. Keineswegs dürfe die Verschuldung der öster reichischen Republik an das Ansiand vergrößert werden. In folge dieser Stellungnahme wird der Plan einer österreichischen Ausländsanleihe voraussichtlich bis aus weiteres fallen gelassen werden. Witterungsaussichten. Nach Trübung und Regensälle». Uederganq zu wechselnd bewölktem unbeslnndigem Wetter. Temperaturen im Gebirge kühl, ini Flachland gemäßigt. Leb hafte Liislbeweguiig. Im Gebirge vorübergehend stürmisch.