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Onter^altur»^ und wissen äsetiZisclie VoI!<82eitun§ ^sIirIsnS 1927 Aus dem Lnhatt. I'. Ioses Doenisch c. 8. 8p.: Ein diamantenes Diamanten- jubrläum. F. Schrönghamer-Heimdal: Frühling. Henri von W 4 r in c sk e rk en : Die Dufte. Richard Hagen: Herr Altrcich. Philandcr: Alter Kirchhof. Zeitschriften. Fünf Minute» Denksport. Ein -iamailienes Diamanten- jubilüum. Von ?. Josef Boenisch C. 8. 8p., Kroonstadt, O. F. S„ i Südafrika. P. O. Box 120. Sechzig Jahre sind Heuer verflossen, seitdem der erste Diamant in Südafrika aufgefnnden wurde — ein diaman- iencs Diainantcnjubilättin. Im Oktober 1807 zog von Eolesberg in der Kapkolonie eine Jagd- und Handelscxpedition aus: die drei Gebrüder John Robert O'Reilly, William Heddy O'Reilly und Henry John O'Reilly, begleitet von 20 Weihen, 40 Buschmännern, mit 160 Pferden und 10 Wagen mit je einem Gespann von 48 bis 20 Ochsen. Am Zusammenfluß des Baal und des Oranje, in der Kapkolonie, lag die Farm De Hoek, das Familiengut der O'Reilly, das sie von der britischen Re gierung erstanden hatten. Dort lieh sich William Heddy O'Reilly nieder; die beiden anderen Brüder wählten sich Hopctown zum Mittelpunkt ihrer Geschäftsreisen. Mit einem kleinen Wägelchen dachten sie guf den Farmen um- herznziehen, um den Farmern die Ware ins Haus zu bringen. Gleich am Abend der ersten Reise kamen sie auf die Farm De Kalk des Buren Skalk van Niekcrk. Als sic aus gespannt hatten, erzählte die Farmersfrau ihnen von einem Stein, den ein Hottentottcnjunge gefunden hatte, gerade vor dem Haus in einer Sloot — so nennt der Bure die fünf bis sechs Meter liefen, meist wasscrleeren Gräben, die der Regen in jahrzehntelanger, ungestörter Arbeit aus gewaschen hat. Die Brüder wünschten den Stein zu sehen, aber er war nicht zu finden; die Kinder hatten damit ge spielt. Erst am Abend beim Kerzenschein fand man ihn unter einer altmodiskben Bank zusammen mit einem Haufen Ochsenknochcu, dem Spielzeug der Kinder. „Van Nickerk," riefen die Brüder aus, „wir sind ge machte Leute. Das ist ein Diamant. Morgen gehen wir nach Hopetown zurück, verkaufen den Stein und Ihr be kommt die Hälfte." „Ihr seid nicht recht gescheit," erwiderte van Niekcrk; „wie soll es hier in Südafrika Diamanten geben'? Gebt meinen Kindern eine Flasche Bonbons ans Eurem Kram laden, dann könnt Ihr den Stein behalten." Die Brüder machten Ernst und zogen am anderen Tag nach Hopctown. Am Stammtisch beim Wirt Power liehen sie den Stein herundgchen; ein Stammgast, der Sach verständiger sein wollte, warf ihn zum Fenster hinaus. John Robert O'Reillr» ging hinaus, hob ihn auf, und voll Aerger schnitt er damit in die Fensterscheiben die Anfangs buchstaben seines Namens: I. R. O.'N., die noch heute zu sehe» sind. Die Gebrüder zogen weiter — überall denselben Emp fang: „Wie, Diamanten in Südafrika? Unmöglich!" In Grahamstown trafen Sie Dr. Atherston, er erkannte den Wert des Steines. Die O'Reilly verkauften ihn dann für 000 Pfund an den damaligen Gouverneur der Kapkolonie, Sir Philipp Wodehouse. Bald wurde ein zweiter Diamant ausgefunden von einem Buren Jan Davanaar, nahe bei der Farm De Hoek. O'Reilly tauschten den Stein gegen Schafe ein, sie gaben 80 Schafe zuviel. Damit war der Anfang der Riverdiggings am Baal gemacht. Das reichste Diamantenlager der Welt war entdeckt. Von den Gebrüdern O'Reilly lebt noch Henry John einige Meilen von Bulawayo in Südafrika . . . unter armen Verhältnissen. Der ganze Diamantenhandel ist fast ausschlichlich in Händen der Syndikate. Des arme» Mannes Diamantenfeld. Das Diamantenfeld in der Gegend von Lichtenburg in Transvaal bildet zur Zeit das Tagesgespräch in Südafrika. Ohne Zweifel ist es das bedeutendste und größte alluviale Diamantenlager in der Geschichte des Landes. „Des armen Mannes Diamantenfeld" wird cs genannt, weil seit Jahresfrist stets neue Strecke» für jedermann zum Graben freigcgeben werden. Wo vor kurzem noch Viehherden grasten, reihen sich nun meilenweit Trichter von vierzig und mehr Fuß Tiefe aneinander. Farmer verlassen ihre Feldarbeit und gehen »ach Lichtenburg. In den beiden letzten Jahren war der Regen spärlich, die Ernte schlecht. Da hofft der Farmer auf den „Diggings" sein Glück zu finden. Entweder läßt er seine Felder ganz brach liegen, was bei dem hierzulande vielfach üblichen Raubbau kein Schaden ist, oder er zieht gegen Ende der Woche, am Freitagabend, auf dem Ochsenwagen nach Hanse, um am Samstag und Sonntag nach der Feld arbeit zu sehen und am Montag auf das Diamantenfeld zurückznkehren. Geschäftsleute verkaufen ihr Geschäft und gehen zu den „Diggings". Andere schicken wenigstens einen aus der Frühling Schon blauen Die Auen Im lauenden Land, Schon wirken Die Birken Ihr bräutlich Gewand. Schon fliehe» Durch Wiesen Die Bächlein befreit. Schon tummeln Sich Hummeln Und summen: es malt! Schon klimme» Die Stimmen Der Lerchen zur Höh', Schon säuselt Und kräuselt Sich wohlig der Ser. Auf Wegen Und Stegen Klingt heimlich ein Lied, ch deute, ah heute Mir Lieb' noch geschieht. I''. 8eI>r>)N«I>»mci-Ikeimcial. I Familie, in der Hoffnung, das Geschäft nachher auf eine I bessere finanzielle Grundlage stellen zu können. Vom > Ladentisch und vom Büro gehe» sie weg. Einen sicheren Berus geben sie auf, um hier einem äußerst fraglichen Glück nachzujagcn. Andere wählen das Diamantenfeld zum Ferienaufent halt. Während das Ferienleben in einem Hotel, an der Küste >K>er sonstwo große Summen verschlingt und nichts einbringt, erscheint das Diamantengraben als ebenso ab wechslungsreiche und dazu noch gewinnbringende Ab spannung. Die meisten Digger kommen mit ihrer Familie. So ist seit Jahresfrist dort eine Stadt von 100 000 Weißen und 80 000 Negern entstanden, so schnell, daß man den Aus bruch von Epidemien fürchtet, weil die Regierung nicht schnell genug mit sanitären Einrichtungen folgen konnte. In Hütten aus Säcken oder Zweigen wohnen sie. Eine Wellblechbaracke gilt als Zeichen von Wohlstand. In einem besonderen Viertel liegen die Geschäfte und Kaffees und Kabaretts und Tanzsäle und Kinos zusammen, wo mancher in wenigen Stunden den Lohn saurer Wochen ver geudet. Mit etwas Geld und unbegrenzten Hoffnungen hat er das Diamantenfeld betreten, das Glück war ihm nicht hold, er verliert, statt zu gewinnen und ergibt sich schließlich dem Trünke. Daß die sittlichen Zustände über haupt in einer solchen Stadt mit bisher nur 14 Polizei beamten noch schlimmer sind als in anderen Industrie zentren, ergibt sich aus der Eigenart der Verhältnisse. Die Arbeit des Diggers ist aufreibend, voll iib.'isnann- ter Hoffnungen und gewaltiger Enttäuschungen, ein Leben ohne Luxus, wo die gemeinsame Not jeden Klassen unterschied verwischt hat. Die .KameraöschasUich'eil der Leute geht so weit, daß im März, als die Negierung an. dis Ausdehnung der Eisenbahn ans die Diamanteuseidee dachte, von den Diggern ein Bittgesuch unterbreitet wurde, di» Regierung möchte davon Abstand nehmen, du l - T mei den Autobesitzer», die bisher ganz allein den Br . m aus recht erhalten hätte», zum Dank verpflichtet ,e-i; d e Eis.n- bahn wurde den Autoverkehr lahmlegen und nirlr brotlos machen. Früh am Morgen beginnt der Digger seine Arbeit. Graben, Sieben, Waschen und wieder Graben, Sieben, Waschen, so geht es Tag für Tag. Woche für Woche. Der Neger tut, wie immer, die Schwerarbeit. Der Baas, wie der Neger seinen Herrn in der Burensprache nennt, über wacht und leitet. Mit gesteigerter Spannung wird die letzte Waschung vorgenommen. Welche Freude dann, wenn der Digaer einige Steinchen in ein leeres Aspirinfläschchen tun lann, das jeder zu diesem Zwecke bei sich tragt. Wichtige Personen in dem Betrieb sind die „Wasserholer". Lichten- bnra ist ein dürres, wasserleeres Gelände. Die nötigen Wassermengen müssen mit großen Tanks aus Lastautos herbei geschafft werden. Klipkuil ist ein wasserreiches, schattiges Plätzchen, in der Wüste von Lichtenburg eine rechte Oase, wohin der Digger mit seiner Familie gern den Sonntagsausflug inacht, wo sich Las ausgehungerte Zug vieh des Diggers »och einmal sattsrcssen und der Digger sich noch einmal ein Bad gönnen kann. Klipkuil hat ein „Wondergat", einen Wunderbrunnen. Wirst man ei» Stück Holz hinein, so kommt es vierzehn Tuge später einige Meilen nördlich in „Woiidersontein" (d. h. Wunderguelle) mit dem Öuellwasser wieder ans Tageslicht. Solcher unter irdischer Flüsse gibt es viele in Transvaal und Beickuana- Sie Buße. Bo» Henri van W e r »1 e s k e r k e n Es war eine der herrlichen Sommernächte in Madrid. Die Sterne funkelten mit zaubcrischem Glanz, der gute goldene Mond leuchtete traumhaft Über den dunklen' Zedern des Prados, eine jener Nächte, wo die Märchen zu leben scheinen, »nd die Wirk lichkeit versinkt. Nach einem Abend in einem der Eefandtschasts- paläste des Vorortes Castellano kehrten wir nach der Stadt zurück, Don Jose schwieg wie immer, eine Zigarette nach der anderen rauchend, dann »nd wann stehen bleibend. Don Jost hatte beim Bridge verloren, er wollte sein Glück noch einmal im Klub versuchen. Die Nacht war so still, daß man das Fallen eines von der Sonne gedörrten Blattes hören konnte. Li» Bettler flehte aufdringlich »m eine Gabe . . . Don Jost ging achtlos vorbei. Da ertönte von weitem eine Klage. Erst wie das Weinen eines Kindes, dann wie ein langgczogcnes Notgeschrei. Ich blieb stehen nnd lanfchte. „Das hat nichts zu bedeuten", sagte Don Jose. „Das ist Do» Pedro beim Paseo de Recoletos. Er ist immer noch so spät dort. Es ist seine Flöte, die so weint." Wir näherten uns dem Kriegsministerium. Die Flöte weinte. Don Pedro saß an einem Eckpfeiler. Don Jost bcugtc sich über ihn, legte etwas in seine Hand nnd ging »veiter. „Kennen Sie ihn denn nicht? Er sitzt doch immer dort." 2», ich erinnerte mich jetzt, er saß immer dort. Aber tagsüber ginge» die wehmütigen Klänge seiner Flöte im hastenden Leben verloren. Jetzt in der Stille der Nacht tönten sie weithin, durch dringend. Sie weinten, seufzten, klagten . . . jammerten. Don Pedro bettelt« nie, saß nur immer zusammcngcsunken da, dt« lflötc in den Händen. Diese sonderbare lange Metallflöte von trüber Färbung, schreiend im Ton. Viele legten etwas a»f seinen Blcchtcller, eine» Pcrrogrande sZehn Centimos), . . , manchmal auch eine Peseta. Lin Klub sin« das Leben jetzt erst an „Wollen Sie spielen?" fragte ich Don Jost wandte sich ab. „Nein, nun nicht mehr. Do» Pedro l)at mir die Stim mung verdorben. Wir wollen uns hier setzen." Und er ließ sich in eine» Sessel vor einem der hohen Fenster fallen, die nach dem Garicn hinausgingen. Der Mond schien mit seinem goldenen Glanze herein. „Warum gerade Don Pedro? Was hat der mit Ihn»» Kartenglück zu tun?" „Nichts. Aber habe» Sie die Flöte nie angesehen? Es ist ein Gewehrlanf! Kennen Sir die Geschichte nicht? Dann will ich Sie 2hnen erzählen. Vielleicht erscheint sic Ihnen senti mental. Ihr kalten Mensche» aus dem Norden könnt »ns Süd länder ja so wenig verstehe». Aber z» Don Pedro. Ja, der Bettler war einst rin sehr reicher Mann und ein noch reicherer Baier. In seinem großen Landhaus war er König. Seine Frau war jung gestorben, aber er hatte «inen Cohn. So wie er rvar keiner. Der erste bei den Sticrgefechten auf dem Dorfplatze, niemand setzte wie er die Banderillas. Die schönsten Mädchen zeigten sich für ihn am Fenster. Er ritt, sang, tanzt«. Er ging jauchzend durchs Leben. Ich habe ihn als Jüngling noch gekannt. Aber er kam nach Madrid. Hier spielte er. Erst nur flüchtig, dann leidenschaftlich. Er lieh sich Geld bei Wucherern. Immer mehr. Wenn sein Baier bezahlt hätte, wäre er zn Grunde gerichtet gewesen. Da verschwand er nach Cuba." „Sein Vater bezahlte. Er war kein König mehr, lebt still und einsam in einem kleinen Haust auf der Cicrra Nevada. Sein Sohn schrieb ihm, aber die Briefe gingen unerösfnrt zurück." Viele Jahre gingen jo dahin. Da hört« Do» Pedro eines Nachts Geräusch an seiner Tür. Er stand auf nnd horchte, näherte sich der Tür. Der Drücker bewegte sich, als versuche je mand zu öffnen. ,Di«be", dachte Don Pedro und lachte verächtlich. Er be saß ja nichts mehr. Aber er holte sein Gewehr. Durch das Fenster sah er einen Schatte». Er schoß. Aus den Schuß folgt« «ine groß« Stille. Der alte Mann legte sich wieder schlafen. Am anderen Morgen kam man, um ihm zu sagen, daß fein Sohn draußen läge. Haupt und Brust von Schrotkörnern durch bohrt — tot. In seiner Hand hielt er noch «in« Brieftasche mit Papieren »nd vielem Ecldc, alle Wucher- und Lpiestchulde» genau geordnet, mit allen Zinsen und Ztnstszinist-n. Als man es dein Vater zeigte, sah er nur still den Toieu an und hob de» Kopf. „Fühlt Ihr Nicht, honherziger Mensch was Ihr geia» habt?" fragten die Bauern. Do» Pedro schwieg mit trockenen Auge». Dann lief er fort in die Cierra. Wochenlang mußten die Carbincros suche», bis sie ihn fanden. Da waren seine Auge» blutig geweint . Die Richter waren menfchlich Man brachte ihn nach dem Blindenheim, von dort verschwand er eines Tages. Die Bauer» sahen ihn durch die Cierra schiveistn, mit einem Stocke tastend Er kam zu seinem Hause. Au der Stelle, wo sein Sohn ge sunde» wurde, saß er wochenlang und schliff und feilte an einem Gcioehrlauf. „Don Pedro ist irrsinnig geworden", sagten die Bauern. „Man hätte ihn ei,«sperren müssen." Eines Abends hörte man sonderbar traurige Klänge. Die Bauer» ginge» den Töne» nach und landen Don Pedro >»> Mondschein vor feiner Haustür sitzen, wo er klagende, wirre Töne aus einer langen, eisernen Flöte hervorbrachte. Mau sagte ihm, er möchte ruhig sein und die Leute schlaseu lasst». Er klagte und weinte weiter, so jammervoll schrecklich, daß die Bauern entsetzt nach ihren Häusern zurückkchrten, die Türen seil verschlossen, «ine Kerze vor ihren Schutzheiligen anziindeten, und die Decke» über dt« Ohren zogen. Mo» beschwerte sich bei dem Alcalden, aber Don Pedro klagte weiter. Da jagte man ihn fort mit Stöcken und Steine». Und Don Pedro irrte umher, viel«, viele Monate lang, bis er hierher kam. Mit der Flöte aus dem Gewehrlaus, mit dem er seinen Sah» tötet«, sein eigen Fleisch und Blut, weint er sei» Leid aus. Es sind nur Töne, niemals eine Melodie, aber alle, die seine Geschichte kenne», und wer kennt sic nicht? können die Tön« verstehen. Er lebt von dem, was man ihm aus den Teller legt und braucht noch nicht einmal alles. Er hätte reich sein können, aber das ganz« Geld seines Sohnes gab er der Kirche, und alles, was er von feinem Teller übrig behätt, bringt «r z» den Opserftöcken der Gotteshäuser. Kein Bettle,, «ei«. Aber