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Sächsische Volkszeitung : 04.05.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-05-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192705042
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19270504
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19270504
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-05
- Tag 1927-05-04
-
Monat
1927-05
-
Jahr
1927
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 04.05.1927
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- Rr. 102: Seite » Mittwoch, den 4. Mai ISA „Kochkirchliche Bewegung- Im „KirchliclM Amtsblatt des Fürstbifchöflichen Ordi nariats" in Breslau wird folgendes Schreiben des Kardinals vom 18. April d. I. an den Klerus, das auch in katholischen Laienkreisen Beachtung verdient, veröffentlicht. Zu verschiedenen Zeiten sind Bestrebungen hervorgetreten, deren Ziel es war, die durch die Glaubensspaltung «ingetretene Zerrissenheit der Christenheit zu überbrücken durch Schaffung einer religiösen Einigung, innerhalb welcher die ein zelnen Konfessionen als gleichberechtigt hingestellt würden, sich als die wahre Kirche Christi zu betrachten. Bewegungen dieser Art haben, da sie a» innerer Unwahr heit leiden, niemand recht befriedigen können; sie haben ins besondere dem Heiligen Stuhle wiederholt Aniah gegeben, die katholische Lehre von der Einen wahren Kirche Christi mit allem Nachdruck zu betonen. So im Erlasse vom 16. September 1864 an den Episkopat Englands. Durch diesen Erlaß wurde die 1867 zu London errichtete Societas ad procuranüum Christia- nitatis unitatem zurückgewiesen, welche bekanntlich drei christ lichen Gemeinschaften (der römisch-katholischen, der griechisch schismatischen und der anglikanisä>en) das gleiche Recht, sich katholisch zu nennen, beilegte, und welche Gebete empfahl um eine Einigung in dem Sinne, datz bei solcher Union jeder bei evident nur dem Indifferentismus zugute kommen und damit seiner Glaubensanschauung bleiben könne. — Bestrebungen, die das Grab jeder Glaubensklarheit bedeuten. In gleicher Weise trat der Heilige Stuhl im Schreiben vom 8. November 1865 den Puseyisten entgegen. Das Berbot, Vereinigungen dieser Art beizutreten, wurde von Papst Benedikt XV. am 4. Juli 1918 erneuert. In jüngster Zeit versucht, «ine 1918 gegründet« „Hoch- kirchliche Vereinigung" und bzw. „Hochkirchlich- ö k u me n i s ch e r B u nd" eine Union der römisch-katholischen, evangelisch- protestantischen und orientalisch- schismatischen Kon fession anzustreben auf Grundlage der Glaubenslehren der ersten fünf Jahrhunderte unter Leugnung des Jurisdiktions-Primates und der unfehlbaren Lehrautoritat des Nachfolgers Petri, — Versuche, die wegen der Falschheit ihrer Voraussetzungen irre geh n und selbst von protestantischen Gelehrten als Utopie be zeichnet sind. Vereinzelt haben katholische Schriftsteller sich bewegen lassen, der Einladung zur Mitarbeit an der Zeit schrift dieser Vereinigung „Una sancta" zu folgen. Wenn auch diese Bestrebungen und diese Zeitschrift nicht überschätzt zu werden brauchen und in unserer Diözese keinen Anklang finden, ist doch nicht ausgeschlossen, bah sie in manchen Kreisen Verwirrung anrichte», namentlich, wenn Tageszeitun gen, ohne die Abwegigkeit jener Tendenzen beurteilen zu kön nen, Artikel aufnehmen, denen es an klarem Ausdruck der dog matischen Wahrheit fehlt. Die Teilnahme an jener Vereinigung und die Mitwirkung an der genannten Zeitschrift ist als un - erlaubt für Katholiken zu bezeichnen. Der hochwürdige Klerus wird den Gefahren des Indifferen tismus und der Verwirrung in Glaubensfragen am besten ent- gegcnwirken durch wiederholte überzeugende und warmherzige Belehrung des Volkes über die Eine, von Christus gestiftete Kirche, in der Petrus zum Felsen und obersten Hirten bestellt ist, und in der die göttliche Vorsehung in Petri Nachfolgern und dem mit dem obersten Hirten vereinten Episkopat die untrüg lichen Hüter der von Christ.us geoffenbarten Wahrheiten ge geben hat. A. Kard. Bertram. Der Fürstbischof. * Unter der Ueberschrift „Um Glaubenseinheit und konfessionellen Frieden" behandelt P. Max Pri tz illa S. I. im Maifest der „Stimmen der Zeit" (Freiburg im Breisga», Herder) die verschiedenen Stadien der christlichen W iede r v e r e i n ig u n g sbe st reb u n ge n. Dabei gibt er auch eine Charakteristik der heute nicht seltenen Protestanten, die sich für den Katholizismus „interessieren", und prüft die Frage, wie sich die Katholiken gegenüber den neuen Freunden und Interessenten des Katholizismus verhalten sollen. Zunächst könnte man äußerste Zurückhaltung empfehlen, indem man dar auf hinweist, daß bei der ganzen Sacl)e „nichts herauskomme", da ja eine Konversion praktisch nicht in Aussicht stehe. Das ist zweifellos ein entschiedener, nlarer und auch bequemer Stand punkt, der keinerlei Mißdeutung ausgesetzt ist. Es ist aber ebenso gewiß, daß mit dieser Haltung der Exklusivität die vor handene gegenseitige Entfremdung der Konfessionen nicht Über wunden wird. Wir werden fortfahren, in unfern Kreisen unsere Ueberzeugung vorzutragen, wie die andern ihre Ansä>auu»gen wiederholen iverdcn. Ein tieferer, ineinandergreisender Gedan kenaustausch, der zu einer Verständigung oder doch Annäherung führen könnte, wird kaum je stattfinden. Dies wäre im Interesse der andern zu bedauern, denen wir doch das Hinausstrahlen der katholischen Wahrheit aus unserem Bezirk schulden; es wäre Sowjekruhlan- und die Ukraine Der 10. allukrainische Soivjelkongreb (Von einem außenpolitischen Mitarbeiter.) Der allukrainisch« Sowjetkongreß, -er die ser Tage in Cl-arkow stattfand, dürfte gewissen russischen Emi- grantenkreisen eine große Enttäuschung gebracht haben und deutschen Kreisen, die sich von den russischen Emigranten in den letzten Monaten über die Ukraine vollkommen falsch haben un terrichten lassen, nicht gerade angenehm sein. Aus der Tagung des Kongresses geht nämlich einwandfrei hervor, daß alle Nach richten der von den russischen Emigranten in Paris und Berlin herausgegebenen Blätter über eine „Abtrennung" der Ukraine von der Sowjetunion ein völliger U n s i n n sind. Nach der Darstellung dieser Kreise sollte auf dem allukrai- nischen Sowjetkongreß die vollständige Abtrennung von der Sowjetunion proklamiert werden. So töricht diese Nachricht auch war. hat sie leider doch in gewissen deutschen Kreisen Glauben gesunden, und diese deutschen Kreise fühlten sich dann verpflichtet, angesichts dieses bevorstehenden welterschütternden Ereignisses eine „aktive Politik" Deutschlands in der ukrai nischen Frage zu verlangen. Nun sind alle diese Phantastereien endgültig entlarvt worden. Der Vorsitzende des ukrainischen Rätekongresses. Kago- nowitsch, hat unter lautem Beifall der Versammlung die Meldung der Emigrantenpresse widerlegt. Er sagt« u. a., datz der Sowjetkongreß es nicht nötig habe, über die Unabhängigkeit der Ukraine zu beratschlagen, da ja die Ukraine schon längst eine unabhängige und souveräne Republik sei. Die Soivjetunion, zu der die Sowjetukraine gehöre, gewähre jeder Bundesregierung Möglichkeit für wirtschaftliche und politische Selbstbetätigung. Die Emigranten aber verständen unter Selbständigkeit der Ukraine nichts weiter als Schwächung der Sowjetunion, Krieg gegen die Soivjetunion und letzten Endes Sturz der Sowjet regierung. Wenn man die russische Emigrantenpresse lese, könne man sich wirklich nicht aufregen, sondern sich nur herzlich dar über freuen, daß die Lage der Sowjetukrainer so günstig sei und es so völlig anders sei als die Emigranten schilderten. Der Redner zitierte wiederholt die Berliner Emigranten-Zeitung „Nul" und zeigte, was für Nachrichten dieses Blatt Uber die Ukraine verbreitete. Er erklärte kategorisch, daß von einem Zu sammenbruch der Sowjetunion keine Rede sein könne. Kagano- witsch ging dann zu dem Zaren Kyrill über, der bekanntlich in einer deutschen Zeitung vor einiger Zeit erklärt hat, daß die Sowjets bei einer Restauration ruhig bestehen bleiben könnten, also eine Art Sowjetmonarchie gegründet werden müsse. Kyrill wolle gern „Sowjet-Zar" werden. Unter tobendem Beifall des Kongresses erklärte Kaganowitsch, daß es möglich sei, Kyrill als Soivjet-Zar anzuerkennen, ivenn nämlich er sich in Sowjet erde dort beerdigen lasse, wo sein Verwandler Nikolai II. be reits ruhe. Kaganowitsch mußte dann aber zugeben, daß die Sowjet union nicht nur im Auslande viele Feinde Hain, sondern auch im Innern des Landes, auch in der Ukraine gäbe es solche Leute, die im Geheimen auf den Zusammenbruch der Sowsetregierung rechneten und alle Schwierigkeiten auf wirt schaftlichem und nationalem Gebiete auszunutzen suchten. Die national« Politik, di« von der Soivjetregierung durchgesühr- werde, befriedige die inneren Feinde nicht. Die bolschewistisch« Partei und die Soivjetregierung seien aber fest entschlossen, die bisherige Politik durchzuführen, und zwar zur Festigung b»r Diktatur des Proletariats und der Soivjetregierung. Im übrigen betonte Kaganowitsch die Friedensliebe Sowjetunion, erklärte aber gleichzeitig, daß die Sewjetregierung genau wisse, daß Polenzu einem Abenteuer gegen die Sowjet union aufgehetzt werde. Die Sowjetunion dagegen habe durch dt» Tat bewiesen, daß sie «inen Garantievertrag niit Polen ab- schließen wolle. In Polen aber gäbe es einzelne Militärkreise, die die polnische Regierung zum Kriege gegen die Sowjetukraine aufhetzten. Das ukrainische Volk sei friedliebend, aber jederzeit bereit, einen Ueberfall aus die Sowjetukraine abzuwehren. (Da mit wird bereits die Kriegsschuldfrage voriveggenommen! D. Red.!) Den Rechenschaftsbericht der ukrainischen Regierung slat« tete Tschubar, ab. Er erklärte, daß es der ukrainischen Sowjetregierung genau bekannt sei, daß man sich bemühe, die Ukraine von der Soivjetunion loszutrennen, da es natürlich seichter sei, die einzelnen Sowsetrepubliken zu zer stören, als die Sowjetunion als Ganzes. Genau dieselbe Propaganda iverde auch in Usbekistan und in den randkaukasischen Republiken ge trieben. Der Redner erklärte. Beweise dafür zu besitzen, daß man beabsichtige, in größerer Anzahl ukrainische Emigranten nach der Ukraine zu entsenden, um hier „Aufstände" zu organi sieren und dann der ganzen Welt zu verkünden, daß der ukrai- nische Bauer und Arbeiter nicht länger die Soivjetregierung dul den wolle, sondern eine bürgerliche Regierung herbeisehne und den Anschluß an Polen wolle. Diese alten Methoden, die längst bekannt seien, würde jedoch nicht zu dem von den Fein- den der Sowjetukraine gewünschten Ergebnisse führen. Diese Leute hofften, daß Polen die Grenzen des Jahres 1772 wieder erlangen und ihnen dann behilflich sein iverde, die Herrschaft in der Ukraine zurückzübekommen. Der Redner warnte eindring lich die ukrainischen Emigranten, aus phantastische Pläne herein, zufallen. Die ukrainischen Emigranten sollten nicht vergessen, daß eine Rückkehr ihnen das Leben kosten könne. Mit diesen Darlegungen wird die Auffassung, die an die- ser Stelle wiederholt vertreten worden ist, durä)aus bestätigt. Die Oeffentlichkeit hat die Pflicht, auf die wirkliche Lag« aufmerksam zu machen und sich von TedenMeldungen, die ge- rade von russischen Emigrantenkreisen immer wieder verbreitet werden, sernzuhalten. Man muß ausdrücklich darauf Hinweisen, daß die „ukrainische Nation" nur ein allgemeiner russischer Stamm ist. Selbstverständlich wird man das Vorgehen und die Drohungen der Soivset-Machihaber in der Ukraine auf das schärfste mißbilligen. Die deutsche Oeffentlichkeit aber hat kein Interesse daran, sich an Machenschaften zu beteiligen, die zu einem Konflikt zwischen Sowjet. Rußland und Po len und damit zu neuen Verwicklungen in Osteuropa führe» könnten, deren Folgen gar nicht abzuschen sind auch ein Schaden für die Katholiken selbst. Denn solange die schroff« Gegensatzhaltung der Konfessionen bestehen bleibt, wer ben viele Katholiken dem kalten Lustzug ausäesetzt fein, der von draußen in unsere Reihen dringt, und die Erfahrung zeigt, daß viele dieser Gefahr nicht gewachsen sind. Das andere Extrem wäre ei» würdeloses Entgegenkom men. indem wir jeden unbesehen als Freund begrüßen würden, der sich irgendwie für -den Katholizismus interessiert zeigt und einige anerkennende Worte für ihn bereit hat. Diese Versuchung liegt heute um so näher, als sich manche der Moderne» katholisch klingender Formeln bedienen, die dann von den Katholiken arglos als Annäherung an den Katholizismus genommen wer den. Ei» solches Verhalten unserseits würde uns nicht nur von Enttäuschung ,zu Enttäuschung führen, sondern auch bei den andern den A»scl>ein erwecken, als fehle es uns an Tiesblick für den währen Sinn der geistigen Problein«, und als seien wir in einem Gefühle der Minderwertigkeit nach fremdem Lobe begierig. Dieser Uetzeistand müßte sich noch verschlimmern, wenn die Unterhaltung von unserer Seite von solchen geführt würde, die selbst in den entscheidenden dogmatischen Fragen der Klar heit und Sicherheit entbehren. Aus der anderen Seite muß aber auch gesagt werden, daß auf dem schwierigen Gebiet der konfes sionellen Annäherung eine gründliche Kenntnis der katholischen Dogmatik allein nicht genügt. Es ist hier unbedingt auch eine feine psychologische Einfühlung in die fremde Gedankenwelt und besonders ein zartes Empfinden für die Schmerzstellen der an dern notwendig. Ein ungeschicktes Wort kann bei suchenden und ringenden Seelen mehr Schaden anrichten, als ganz« Bände von Apologetik wieder gut machen können. Es wäre auch un klug, ihnen mit sä>arfer Logik so zuzusetzen, daß sie den Mut verlieren und ihrerseits jede Diskussion für aussichtslos halten. So sehr man die Logik achten und beachten soll, so werden doch die ivenigsten Menschen durch sie bekehrt. Aufgabe des Apostels aber ist es, die Seelen nicht abzu- stoßen, sondern zu gewinnen und daher stets des wesentlichen Unterschiedes sich bewußt zu bleiben, der in der Behandlung von Menschen und Syllogismen obzuwalten hat. Dies wird ihm am besten gelingen, wenn er sich an die goldene Regel hält, die einst Petrus Canffius gerade im Hinblick aus die schwierigen kon fessionellen Verhältnisse Deutschlands gegeben -hat: Bestimmtheit und Gründlichkeit in der Sache mit Bescheidenheit und Lieben». Würdigkeit in der Form zu verbinden. ^autclkrek werden Dokck ctsssi (iek-fduck i/OG M überakkro kaber» Ein erbarmungsloser Fein- Frei nach dem Englischen bearbeitet von Klara Rheinau. (Nachdruck verboten.) (20. Fortsetzung.) Das Kammermädchen brachte bald die willkommene Er frischung und warf beim Eintreten einen verstohlenen Blick auf die junge Fremde. Di« Wirkung war eine überraschende. Das Mädchen erschrak so heftig, daß die Tassen durch die plötzliche Bewegung aneinaiiderklirrten und verfärbte sich ganz. Amy, durch das Geräusch aufmerksam gemacht, blickte sie evstaunt an. „Lassen Sie Miß Trouvilles Gepäck herauf bringen, fokal es ankommt." befahl sie, und Kollins entfernte sich mit sehr verstörter Rinne. „Ist dies deine Zofe?" fragte Marie, ihren Tee schlürfend. „Ja, das arme Ding! Sie 'hat schon viel durchgemacht." „Sie lMt eine» bösen Ausdruck im Gesicht," sagte Marie, „ganz abstoßend." „Ach, du hast dir immer eingebildet, die Charaktereigen schaften der Menschen in ihren Gesichtszügen läsen zu können." „Gewiß nicht, ich irre mich selten", entgegnet« Marie. ,Die ehrwürdige Mutter sagte mir, es sei eine besondere Gabe, »ie ich besäße, den Charakter aus den Zügen zu lesen." „Nun, dann lies einmal in Mr. Dacres Zügen," bot Amy, ,und da ich ihn gut kenne, kann ich dir sagen, ob dich deine Funst nicht im Stiche gelassen." „Er ist gut und ehrenl-aft," war die Entgegnung, „aber -tolz und ziemlich eigensinnig. Hat er nicht starke Vorurteile?" „Kleine Hexe! Du hast Claude genau beschrieben! Er besitzt alle dies« Eigenschaften, und ich glaube wirklich, auch die Borurteile. Nun sage mir, was du in Mrs. Munros Zügen liesest?" „O. nichts als Wohlgefallen, Güte und Edelmut!" rief Marie enthusiastisch. „Sie ist eine Fra», die ich vor allen ande ren sieben und verehren könnte!" „Es freut mich, daß es dir hier so gut gefällt; aber sage, hast du immer noch nichts Näheres über deine Herkunft er ahnen?" .Leider nein, ich weiß nur. daß mein« Freunde mich in« Kleister gebracht hatten." „Taten sie dies? Ich glaubte, mann wüßte gar nicht, wer deine Freunde seien?" sagte Amy. „Die Oberin weiß es auch nicht; aber i» dem Briefe, der mit mir im Kloster abgegeben wurde, siond, daß meine Pen- sion bezahlt werden würde, daß meine Eltern tot und meine Mittel 'beschränkt seien; es war kein Name angegeben außer „Marie", und nie wurde auch wieder Geld für mich geschickt. Die Oberin fürchtet, es sei mir großes Unrecht zugefügt wor den und ist froh, daß ich in die Welt komme, ivo ich vielleicht meine Eltern finden kann, — die sie nicht für tot hält — oder daß ich wenigstens entdecken kann, iver ich eigentlich bin. Die Freundlichkeit und Liebe der guten Schwestern kann ich nie vergelten." Und ihre schönen Augen schwammen in Tränen. „Von ivem erhielten dich die Fischer, meine Liebe?" fragte Amy. „Ich hörte nie den Anfang der Geschichte." „Pierre Merle und sein Bruder wurden an der Küste von einer Dacht angerusen. Sie folgten dem Ruf, und man hieß sie an Bord kommen, wo ihnen «in Herr den Brief und mich über gab mit dem Bemerken, es sei ein gutes Merk, mich nebst dem Brief in das Kloster, das er genau bezeichnete, zu bringen." „Soviel ich mich erinnere, hast du nur dein goldenes Kreuz als Zeichen, durch das inan dich identifizieren könnte, nicht ivahr?" sagte Amy. „Ja. das ist alles, und meine Kleidchen, die mir die chr- ivürdlge Mutter aufbewahrt: aber das Kreuz ift durchaus nichts Merkwürdiges, obfchon die 'Ränder hübsch verziert sind." Und sie zog es aus ihrem Busen, während sie sprach. „Hast du keine Erinnerungen mehr an dein früheres Leben?" fragte Miß Delvill«. „Nicht viele", ivar die traurige Antwort. „Ich erinnere mich dunkel, daß ich bei Fremden gelassen wurde und viel Schmerz und Kummer hatte, auch die Dacht ift mir noch im Ge dächtnis und der Mann, der mich den Fischern übergab. — er ivar sehr graufam gegen mich, und ich habe große Furcht vor ihm. Auch erinnere ich mich noch einer prächtigen Puppe und eines Knaben, der mit mir spielte." In diesem Augenblick erklang die Frühstücksglocke, und Amy erhob sich von ihrem Sitz. „Ich höre die Kollins in mei nem Zimmer", sagte sie, „und mutz gleich gehen, um mich anzu- Kleiden." Ais sie bald darauf in ihrem duftigen, weißen Gewände zu 'vückkam, um ihre Geführdin mit hinab zum Diner zu neh men. stieg beinahe der Wunsch in ihr auf, Marie 'möchte ihre einsckhe Tracht immer beibehalten." Sie trug ein Kleid von feinem schwarzivollenen Stoff ohne di« geringste Verzierung; den schlanken Hals umischiloß ein weißer Kragen. Ihr Herr- liches schwarzes Haar schlang sich in dichten Flechten um den wohlgeformten Kopf. Amy »ahm ein« Gloire-dc-Dison-Rofe vom Tisch und befestigte sie in den reichen Flechten. Dann ergriff sie ihre Freundin mit einem ermunternde»- „Komm, mein Herz!" bei der Hand, und sie gingen zusammen hinunter, wo sie Mrs. Munro und Claude bereits im Salon fanden. Die alte Dame ließ sich sogleich mit der Fremden in eine Unterhal tung ein und ivar sehr erfreut über ihre angenehme Stimm« und ihre fichtlictie Intelligenz. „Was denkst du ovn meiner neuen 'Akquisition?" flüsterte Amy. als sie hinter Mrs. Munro, die von 'Marie geführt wurde, an Claudes Arm sich in den Spcisesaal bcgab. „Deiner Akquisition? Ist sie deine Sklavin?" fragte er mit hörbarem Mißfallen. „'Nein, sie ist nur mein Liebling. Ift sie nicht hübsch?" „Sehr schön sogar, und ich freue mich, daß du eine neue Quelle des Vergnügens gefunden Haft. Ihr Gesicht kommt mir ganz bekannt vor. Sie scheint mir aber doch nicht von eng lischer Geburt zu sein." „Aber sie ist es doch", entgegnet« Amy. Claude war sehr liebenswürdig während des Diners; er erzählte -manches von seinen letzten Reisen, und die Aufmerk samkeit feiner Zuhörer ermutigte ihn immer mehr. Als er feine Großmutter daher nach dem Mahle i» ihre Gemacher geleitet l>rtte, fragte er: „Wer ift eigentlich A»»)s Gesellschafterin?" „Sie ist ein armes Kind — ein Findling." cntgegnelc Mrs. Munro, „die von der Oberin des Klosters, in dem Amy die Schule besuchte, adoptiert wurde." „Sie ist ungewöhnlich schön." sagte Claude ernst, „und sie sieht jung für ihren Posten aus." „'Aber mein lieber Junge, gerade eii«: junge Gefellfchaste- rin braucht Amy." „Und sie ist dir auch gut empfohlen?" fragte er weiter. „Natürlich, sonst «wäre sie nicht hier. Amy hatte sie sehr gern, als sie im Kloster war, und bat mich, sie anstatt einer Fremden zu engagieren." „Ich sehe nicht ein, nx>rum Amy eine Gesellschafterin braucht, da sie doch dich hat", sagte er, -immer noch stirnrun-zeinü. „Ja, älier eine gebrechliche Alte wie ich ift eine schlecht« Gkfellfchafterin". lachte die alt« Dame. „Amy brauchte eine Ge fährtin. die mit ihr singt -und spielt. Wärst du zu .Haus qe-blie» den, das lMte die Sache geändert." Er guckte di« Achsel. fFortjfttzung folgt.)
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