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Sächsische Volkszeitung : 10.09.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-09-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192709109
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19270910
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19270910
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-09
- Tag 1927-09-10
-
Monat
1927-09
-
Jahr
1927
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 10.09.1927
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Vas ela SochW sagt Der an erhebenden Momenten wahrlich nicht arme Dortmunder Katholikentag sah einen Elanz- rmnkt in dem Festgottesdienst. Ueber 120 000 Men schen hatten sich hier versammelt. Aber nicht die Zusammen ballung dieser Massen, nicht das äußer« imponierende Bild, das vom herrlichsten Sonnenschein beleuchtet war, darf man als das Entscheidende dieser wundervollen Kundgebung be trachten. Die feierliche Stimmung, die über der riesigen Menschenmasse lag, die stille Andächtigkeit, die sich hier mit tiefster Religiosität und echt katholischer Begeisterung ver einte, gestalteten diesen Gottesdienst unter ,reiei,i Himmel zu einer solch wuchtigen Kundgebung des katholischen Ge dankens, daß sich ihm niemand welcher Auffassung er sonst auch sein mag, entziehen konnte. Das bestätigt uns ein sozialistischer Beobachter, der heute morgen seine Eindrücke im „Vorwärts" in folgender Weis« wiedergibt: „Ein Bild von diesem Katholikentag bleibt unverwisch bar in der Erinnerung. Am Sonntag zogen aus der Nähe und von weit hör 125 WO Menschen zum Festgottes- dreust. In einer disziplinierten Ordnung, di« jeder be wundern muhte, mit einer Ruhe, die sich aus Glaubens« kreisten gesichert hat, zogen sie ein. Schar um Schar, Verein um Verein, mit Musik und Tausenden von Fahnen. Diese 125 000 Menschen rührten sich ein« Stunde lang in der Sonnenhitze nicht vom Fleck, als ihr Padrrborner Oberhirt zu ihnen sprach und der päpstliche Nuntius die Heilige Messe las. Was hat sie dahin geführt? Kein Interesse politischer oder wirtschaftlicher Art, auch nicht nur Erwartung und Neu», gierd«. Eins ethische Kraft hatte sie bewegt, die sie -u Opfern und zur Begeisterung fähig machte. Wir sahen näher hin und entdeckten, dah neun Zehntel dieser mit ihrem Gottesdienst demonstrierenden Menschen Proletarier waren, Männer und Frauen härtester Arbeit aus harter westfälischer Erde. Und hier erhob sich eine grohe Frage an uns Sozialisten: wie kommt es, dah diese Massen trotz aNer Enttäuschungen in ihrer Kirchengläubigkeit in engen treuen Gemcinschafts» gedanken verharren? Gehören diese Menschen kraft sozialer Lage und kraft sozialer Gesinnung nicht zu uns? Man frage unser« Lergarbeiterführer: Seit Jahrzehnten hat sich das Zahlenvcrhältnis unseres Bergarbeiterverbandes gegenüber dem christlichen nicht mehr geändert. Diese Fragen und diese Tatsachen sind ernst für uns. Sie werden nicht beantwortet und entschieden durch das Bekenntnis des Kieler Parteitages der Sozialdemokratie, die katholischen Arbeiter durch kluge Politik für »ns gewinnen zu wollen." Daß der Verfasser seine Frage, wie es komm«, dass diese Proletarier trotz aller Entbehrungen in ihrer Kirchen gläubigkeit verharren, unbeantwortet läßt, zeigt freilich, daß er die Großartigkeit und die Schönheit des Katholi zismus nicht begreifen kann. Er glaubt den Kampf um die Arbeiterseele mit Erfolg führen zu können, wenn sich di« „sozialistische Lebensidee zur Umgestaltung der Dies seitswelt gänzlich frei von weltanschaulichen Bindungen" mache. Vor dem Kriege besonders glaubte die Sozialdemo kratie durch heftige Bekämpfung der katholischen Kirche an die Arbeitermassen heraukommen zu können. Dis Hoff nungen sind fehlgeschlagen. Die Neutralität gegenüber der Religion hat in den letzten Jahren vielfach in der sozial demokratischen Presse dem früheren Kampfgeschrei Platz ge macht. Die gewaltige Dortmunder Massenkundgebung hat dem Beobachter des „Vorwärts" jetzt zu der Ueberzeugung gebracht, daß auch diese einfache Neutralität nicht genügt und nur die gänzliche Freimachung von weltanschau lichen Bindungen den Weg des Sozialismus ebnen könne. Das ist im letzten Grunde eine Kapitulation des Sozialis mus vor der katholischen Kirche. Man sieht ein, daß auch der heftigste sozialistische Sturm den Fels der Kirche nicht umstoßen kann, und will nun „dem Sozialismus jeder rationalen, aber auch jeder irrationalen Sveltbetrachtung" öffnen unter Verzicht auf eine eigene Weltanschauung. Aber der so „gereinigte" Sozialismus wird nie imstande sein, das menschliche Gemüt zu packen und das innere Ge mütsleben zu befriedigen, wie das der Katholizismus dieser beste Kenner des menschlichen Herzens, in so hervorragender Weise tut. Der sozialistische Zuschauer konnte sich in Dort mund von dieser zauberischen Wirkung des katholischen Gedankens überzeugen, und nie und nimmer wird der nur auf das Diesseits eingestellte Sozialismus eins solche seelische Wirkung bervorbringen können. Vormünder Verlehrszatzlen Ueber Unterkunft und Verkehr anläßlich des Dortmun der Katholikentages macht die städtische Konareßstelle folgende Angaben: Der Städtischen Kongrcgstelle standen für die Tagung 1000 Hotelbetten und 4000 Betten in Privatquartieren zur Ver fügung. Außerdem waren in den Massenquartieren 4000 Lager vorgesehen. In Anspruch genommen wurde die Vermittlungs- iätigkeit der Kongreßstells i» rund 1000 Füllen; er wurden 600 Hotelbetten und 400 Betten in Privatquartieren verlangt. Diese verhältnismäßig geringe Inanspruchnahme der Quartiere erklärt sich daraus, daß wohl der größte Teil der Gäste bei Bekannten oder Verwandten ohne amtliche Vermittlungsstelle Unterkunft gesunden hatte. Di« Zahl dieser Gäste dürfte mit SOOO nicht zu hoch gegriffen sein. In den Massenquartieren waren 2000 Männer und Frauen untergebracht. Gewaltige Aufgaben hatte die Eisenbahn am Sonntag, den 1. September, zu bewältigen. Um den Besuchern des Katholikentages die Teilnahme an dem Festgottesdienst zu ermöglichen, mußten die Eonderziige so gelegt werden, dah sie spätestens 9.60 Uhr in den Dortmunder Bahnhöfen ankamcn. Daher konzentrierte sich der Verkehr in den Vormittagsstunden auf die verhältnismäßig kurze Zeit von 7 bis S.SO Uhr. Während diese» Zeitraumes liefen am Hauptbahnhof insgesamt 41 Züge und zwar 28 Son- dorzüge und 18 planmäßige Züge ein. Die Durchschnitts- belegungszisfer dieser Züge betrug 110 Prozent. In der gleichen Zeit hatte der EUdbahnhof 21 Züge ausgenommen, davon elf Sonderzüge und 10 planmäßige Züge, und der Bahnhof Hörde 2 Eonderziige. Alles i» allem brachten 64 Züge 70 000 aus wärtig Easf« nach Dortmund,' SV 000 Personen wurden am Haustbatinbo». 1600V am SlldbaVnLof und LOOK am Bahn-ok W «MW i« M W MesMens Rede von P. Cohausz S. Ä. tn der 1. öffentlichen Versammlung in Dorlmund Zeiten schwerer Not sind Uber uns herelngebrochen und woyr >.»e möchten wir mit dem Propheten Jeremias klagen: „Tief bi» ich betrübt über das große Elend der Tochter meines Volkes, ich gehe voll Trauer einher, Entsetzen hat mich ergriffen". (Jer. 8, 21). Alle möchten wir aber auch wohl mit ihm beifügen: „Ist denn kein Balsam mehr in Galaad öder ist kein Arzt mehr dort? Warum ward die Wund« der Tochter meines Volkes nicht ver bunden?" (Jer. 8, 22). Balsam für die Wunden unseres Volkes zu suchen, den Arzt für ihre Heilung zu finden, hat sich die diesjährige Kalholiken- versanimlung hierher zusammengequnden. Aber, welche sind denn die Hauplwunden unserer Zeit? Ist es unsere traurige politische Sleuung in der Welt? Ist es unsere Verarmung? Ist es die Verelendung der Massen? Ist es die drückende Lage unserer Arbeiterschaft? Ist es die Erwerbslosigkeit? Ist es die Woh nungsnot? Ist es der hoffnungslose Blick tu die Zukunst? Ist es di« soziale Zerklüftung und gegenseitige Verfeindung? Ist es der kulturelle Niedergang und die sittliche Verwilderung? Ja, sie alle sind da und sie zernagen Deutschland das Herz, wie einst die Geier den verstoßenen rcud an den Kelsen geschmiedeten Pro metheus. Aber über alle diese Nöte ragt noch eine viel größere ge» spensterhoft in unser Dasein hinein. Das ist die allgemeine Daseins, not: Nicht nur von Noten, sondern mich von Ungereimtheit aller Art sieht sich heute der Mensch umgeben. Er sieht den einen Teil der Menschheit wie Prasser schwelgen, den anderen wie d-en armen Lazarus hungern. Der eine kleidet sich in kostbare Ge wänder, der andere muß sich mit schäbigen Lumpen begnügen, der eine wird vom Glück mit Gaben überschüttet, der andere vom Unglück, wie vom Schatten verfolgt. Und wie im Einzelleben, genau so geht es auch im Bölterkeüen. Die rohe Gewalt siegt, das Recht wird vergewaltigt, di« Lüge triumphiert und die Wahr heit wird ans Kreuz geschlagen. Dazu kommen ncch all die an deren lluheilsmächle: Kriege, Pest, Hunger, Unwetter, Erdbeben, Vulkanausbrüche. Und so ist es nicht mir jetzt, so war es, soweit wir die Geschichte zuriickvcrfolaen können, stets. Wie einen Lao- koon mit seinen Kindern, so steht sich die ganze Menschheit von den Schlangen der Leiden und Schmerzen umschlungen und sich bäumen vor Qual, richtet sie ihren Blick fragend zu dein Welt geschehen hinauf. Dieses Weltgeschehen, das sie da wie ein« feindliche Macht iibcrsällt, dieses Weltgeschehen, das aus seinem Schoße Katastrophen der grausigsten Art gebiert, dieses Welt geschehen, das Völker ohne Zahl ins Dasein schleudert und sie wieder vernichtet, dieses Weltgeschehen, das Kulturen freudig auf baut und sie dann mit eigenen Händen wieder zerschlägt, dieses Weltgeschehen — was ist es? Was will es? Was soll es? — Zu groß ist die Frage für den kleinen Mensch» ngeist, Er faßt das Weltgeschehen nicht mehr. Wie sin rätselhaftes Ungeheuer er scheint es ihm. Wie ein Menelvkelphares von unbekannter Geisterhand an den Horizont geschrieben. Er weiß es nicht mehr zu deuten, und das ist seine allergrößte Not und seine schmerz lichste Wunde. Der Redner beantwortet die Frage: „Warum schuf Gott die Welt". Aus diesen überzeugenden Darlegungen wird später noch manches nachznlragen sein. Dann suhr er fort: So sieht sich der Gottgläubige inmitten des Weltgeschehens auf sicheren Boden gestellt. Wie der Besitzer einer meerumrauschten Felscuburg blickt er von sicherer Höhe ans auf alle Weltwogen hernieder. Hochaufgerichtet, wie der Kapitän im Sturm steht er da, die Hand fest am Steuer. Am Grab noch pflanzt er die Hoffnung auf. uild wo der letzte irdische Ankergrund vor ihm ver sinkt und sein Schiff zum Spiel der Wellen Mi werden droht, da saßt er den Anker mit wuchtiger Hand und schleudert ihn nach oben ins Gottcsland. Da haftet er Kit und gesickert Lält lein Nacken allen. Lebensitürmen stand. Groß sind die Drangsale, die uns uindräuen. Ader auch früher wurde die Christenheit von den erschütterndsten Katastrophen heimgesucht. Ich erinnere nur an den Untergang Noms, an den Einfall der Dairdalen ins christliche Afrika, an de» der Hunne», Türken, Mauren ins christliche Europa, an die Schrecken des drei ßigjährigen Krieges, der Pest u. a. Seuchen, — aber damals lebte in den Völkern des Abendlandes noch etwas, das ihnen Kraft verlieh, das Leben zu verstehen und cs zu meistern. Das war der Eottesglaube. Dieser Eottesglaube ist vielen von uns entrissen oder doch ermattet. Daher die Ratlosigkeit, di« Ver zweiflung und ein« erschreckeird um sich greifende Selbstmord- cpibemie auf der einen Seite; auf der anderen das grenzenlose Sichauslobcn, die sittliche Verwilderung, das Machtgelüste, die Vevoewaltigung, der Kampf aller gegen alle. Man forscht viel nach den Totengräbern Deutschlands. Biele sinds. aber, die hauptsächlich unserm Volk das Grab schaufelten, es sind die, die ihm den Gottesglaulren raubten. Euch klage ich darum an, ihr ungläubigen Hochschullehrer, euch, ihr ungläubigen Schriftsteller, euch, ihr ungläubigen Voltsführer! Andere legten Vreschen in Miseren Bau, ihr aber entzöget ihm die Fundamente. Als ich zum letztenmal die Ehre hatte, auf einem allgemeinen Katho likentag zu reden, es war in Aachen im Jahre 1912 — habe ich darauf hingowiesen, wie der Abfall von Gott und seinem Glauben naturgemäß zum Zusammenbruch führen müsse. Der Zusammen bruch kam! Wollen wir aus dem Elend heraus, es hilft nichts, als daß wir denselben Weg zurückgingen. den wir hinabgeglitten sind. Kehren wir zurück zu Gott! Nichts unriästiger als der Gedanke, der Gottgläubige könne nnd müsse alle Schicksals untätig und schweigend über sich ergehen lassen und die ganze Ausgestaltung des Weltgeschehens einzig der Forschung Gottes übergeben. Nein! Unser Gott ist ein tätiger Gott, der allettätitzste Gott, der actus inirissiniris! El ist tätig in den Sternen, tätig in den Wolken und Winden, tätig in dm Flüssen und Meeren, tätig in den Blumen und Bäumen, tätig aber auch in dest Hochöfen und Förderkörben, tätig auf den Aeckcru und in den Sciiulen. lind wie er selbst tätig ist, ver langt er auch von uns die Tat. Seine Vorsehung lenkt alles, gewiß, aber nicht so, daß sic uns ohne uns eine fertige Welt car- reiche. Sie stellte uns vielmehr Kräfte und Arbeitsmöglichkeiten bereit: Verstand, Willen und Fähigkeit, damit wir nun auch selber Hand anlegen. Wir sollen selbst Mitwirken, di« Uneben heiten des Lebens zu glätten, die Leiden und Nöte der Welt cin- judämmen und Kultur, Bildung und Wohlsein hier auf Erden zu fördern. Der Eottesglaube gebietet den Wiederaufbau der Welt. Um die Welt und das Bölkcrlcben richtig wieder aufzubauen, brauche ich nun aber doch zuerst einen sickeren und einheitlichen Blau! denn bauen die Maurer an einem Bau ohne einen sickeren. vestklirmten Plan, oder baur leder nach seinem Plan, wie rann da ein stilvoller Dom zustande kommen? Kann sich die vom Glauben losgelöste Menschheit eines solchen einheitlichen Planes riihmen? Rein! Handelt es sich z. V. um Ordnung des wirt schaftlichen Lebens, gehen nicht schon da die Ansichten und Plane weit auseinander? Hat der Bolschewismus nicht einen andere» Weltplan als der Sozialismus, der Sozialismus nicht wieder einen anderen als der Kommunismus und der Kapitalismus nicht wieder einen ganz anderen als die vorherigen alle zu sammen? Aufbanen sollen mir das Glück der Völker, aber worin besteht es? Hat der Hedonismus recht oder der Jndividualenda« Monismus oder der SozialdaMonismus oder der Evolutionismus oder der Progrcfsismus? Welchen von diesen Plänen wollen wir zu dem unsrigeu machen? Aufbauen sollen wir den Menschen selbst. Aber welches ist der Ideal mensch» den wir herausarbeiten müssen? Ist es der Genußmensch eines de la Mettrie? Ist es der Humanitätsmensch eines Herder? Ist es der Pflichtmensch eines Kant? Ist es der Mitleidsmensch eines Schopenhauer? Ist es der Uebevmensch eines Nietzsche? Ist es der Gewalt mensch eines Stirner? Wiederum sieht der Unglaube vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr. Jeder tritt mit seiner Idee an die Welt heran. Kanu bei solchem Wirrwarr ein geregelter Neu bau des Gefamklvbens stattfi»den? Zum einheitlichen Wieder aufbau der Welt brauchen wir einen großen einheitlichen Plan, wir brauchen dazu aber auch bestimmte Baugesetze, und Vaugesetze für Las Einzel-, soziale- und Völkerleben, das sind die Moral-, Rechts- und Sittengesetze. Nun macht sich auch die moderne, vom Christentum losgelöste Menschheit ihre Moral-, Rechts- und Sittenyesetze. Aber ihre Moral-, Rechts- und Sittengesetz« — sind sie nicht wieder so vielgestaltig wie di« Menschen selbst? Sind sie dazu nicht auf durchaus Adjektiv« Ansichten aufgebaut? Sind sie nicht oft willkürlich? Und dazu noch oft genug nicht von der Tugend, sondern von der Leidenschaft, der Sinnlichkeit, dem Neid, der Habgier, von dem Gesetz des Sichauslebens dik tiert? Ja, ist bei uns nicht auch wieder die Moral alter Frei geister lebendig geworden, die, nach dem Bericht der Heiligen Schrift, in der Lewenswetsheit gipfelt: „Auf nun, und lasset uns, was des Guten ist, genießen, und benutzen das Geschaffene, rasch noch in der Jugend! Lasset mit köstlichem Weine und Würzen uns sättigen, und nicht geh« vorbei an uns eine Blüte der Zeit! Kränzen wir uns mit Rosen, ehedem sie verwelken; (kein« Flur sei, welche nicht unser Lebensmut durchwandere!) Keiner unter uns sei ohne Anteil an unserem Hochgenüsse; lassen wir allent halben Denkmale unserer Lustigkeit zurück! Denn dies ist unser Geschieden Teil, und dies ist das Los, Vergewaltigen wir den Armen, den Gerechten, und schonen wir nicht der Witwe, und scheuen wir nicht des Greises jahreroiches, graues Haar! Ls sei aber unsere Gewalt das Gesetz der Gerechtigkeit! Denn was schwach ist, eriveist sich als unnütz." (Weish. 2, 6—11). Ist bei solchem Wirrwarr der ethische Wiederaufbau möglich? Wie anders ist da der Gottgläubig« gestellt! Er weiß: wie jeder Baumeister, jeder Landwirt, jeder Industrielle sich einen Plan entwirft, nach dem er sein Liiert regelt, so besitzt Gott «inen Weltenplan, das ist die Isx «cetera». Rach diesem Plan hat er die Welt erbaut; nach ihm lenkt er sie und nach ihm soll sie weiter ausgebaut iverden. Nur dann, wenn dies geschieht, wird das Werk gedeihen; denn Gott, der die ganze Welt schuf und über blickt, weiß doch besser, was ihr zum Keile dient als der kleine Mensch, der im Weltall doch nur einen Punkt bedeutet. Diesen Plan Gottes sieht der Gottgläubige ausgesprochen in der ganzen Naturanlagc der Welt und des Menschen, in der gotlgegebenen sittlichen Ordnung, in den Maralgesetzen, in den Geboten und besonders in den Weisungen dessen, der gekommen ist, als Wort Gottes die gesunkene Welt wieder zu dem Ziele zu bringen, das der Weltschöpssr ihr gesteckt hat. Wie der Gottgläubige einen von dem einen Gott gegebenen, sicheren Bauplan besitzt, so nennt er auch ein sicher führendes Ban gesetz sein eigen. Dieses Gesetz ist von Gott, der höchsten Wahr heit und Heiligkeit gegeben, darum irrtumslos und heilig. Es ist von Gott, der höchsten Majestät gegeben, darum aller mensch lichen Willkür und Leidenschaft entrückt. Es ist von Gott, der tiefsten Weisheit, gegeben, darum alle Verhältnisse umfassend und ordnend. Es regelt das Leben der Einzelnen, das der Familie, das der Bürger im Staate und Vas der Staaten Meinander. Es schützt das Leben, das Eigentum, die Ehre, die Ehe, die Gemein schaft; dabei ist es unparteiisch und gerecht. Es verpflichtet die Völker zum Gehorsam gegen ihr« Obrigkeiten, aber es gebieict auch den Obrigkeiten, me Untertanen zu achten und gerecht zu behandeln. Es sichert den Besitzenden ihren rechtmäßigen Be sitz, aber es fordert auch für die Besitzlosen die Möglichkeit zum Besitz. Es ist einverstanden mit dein Erwerb, aber wo die Er werb-sucht das Vermögen der Welt in eimgen wenigen Händen zusammcntrifft, da erhebt es laut Einsprache und ruft: Alle sind Gotteskinder, gönnt auch anderen Teilnahme am Erwerb. Und dieses Gesetz ist von dem einen Gott gegeben, also ein einheitliches und alle Klassen und Völker gleichmäßig verpflich tendes Gesetz. Würde dieses Gesetz und dieser Plan Gottes von allen befolgt, ich sage nicht: „wären da nicht alle Uebel der Welt beseitigt?", denn wir sahen, die Leidlosigkeit ist erst fürs Jen seits aufbewahrt, aber ich sag« wohl: „stände cs da um das Wohs der einzelnen und Völker nicht besser als heute?" Balsam für di« Wunden unseres Nolkes zu suchen, den Arzt ,ur Heilung zu finden, davon gingen wir aus. Hatte ich recht, wenn ich behauptete, beide seien im Gottesglauben zu finden? Als ich zuletzt die Ehre hatte, auf einem allgemeinen Katho likentag zu reden — es war 1912 in Aachen — da habe ich mich bemüht, darzulegen, daß der M-fall vom Gottesglauben not wendig zum Zusammenbruch unseres Volksganzen führen müsse Der Zusammenbruch ist da. Wie kommen wir wieder heraus? Indem wir denselben Weg wieder hinaufstcigen, auf dem wir in unser Elend hernbgestiirzt sind? So gut und notrvendig alle politische, alle soziale, alle wirtschaftliche Arbeit ist, — Dank den Männern, die sie in der schweren Zeit so treu und opferwillig geleistet haben -- wir kommen nicht zum Ziel, gelingt es nicht zuvor, das recht« Fundament zu legen: Das ist der Goilcs- glaub- in der christlichen Gemeind«, Christus sagt: „Wer dies« meine Wort« hört und befolgt, gleicht einem klugen Manne, der sein Haus auf Felsengrund gebaut hat. Da strömte ein Platz regen nieder, Fluten kamen, Stürme brausten und tobieu gegen das Haus; doch es stürzte »ich! ein, weil es auf Felsengrund gebaut war. Wer dagegen diese meine Worte hör!, aber nicht befolgt, gleicht einem cörichtcn Manne, der sein Haus auf Sand gebauc hat. Da ström!« ein Platzregen nieder,'Fluten kamen, Stürme brausten und stießen gegen das Haus, und es stürzt» mit arosiem Krachen ein." (Mi. 7, 24—27.) Hörde gezählt. Die Straßenbahnen beförderten ungefähr 700k> Gäste aus den Vororte»; mithin dürfte die Zahl der auswärtigen j Teilnehmer am Gottesdienst gegen 77 000 betrage» haben. Dazu kommen noch 45 000 Besucher aus Dorimund selbst, so daß sich eine Eesaintteilnehmerzahl am Festgottes- dicnst von 120000 Menschen ergibt. Der Abtrans port vollzog sich ebenso wie die Ankunft schnell und reibungs los. Teilweise verließen die Kongreßgüste schon mit den ersten Nachmittagsziigen wieder Dortmund, so daß eine wesentlich« Entlastung des Abrciseverkehrs in den Abcndstunden eintrat. Dank der mustergültigen Organisation und der aufopfernden Arbeit der Dahnverwaltung hat sich wohl der Ankünfte- wie der Abreiseverkehv ohne jede Störung und ohne irgend welche Unalücksliill« abaewickelt. Die Straßenbahn hatte am Sonntag 245 000 Personen (ohne Abonnenten) befördert, gegen 100 000 Personen an normalen Sonntagen, Auch am Monlag, den 5. September, war am Hauptbahnhof ein starker Personen verkehr zu beobachten, der ungefähr dem eines imltleren Sonn, tagsverkehrs glcichkam. Ein Unfall des Nuntius Pacclli. Das Auto des Bischofs von Trier wurde, als der Vischos nüi Nuntius Pacelli von dem Besuch eines Klosters zurücklehne, von einem Motor, rad an der Eisenbahirbrückc bei Psalzel angerannt, daq hinter einem beladene» Lvagen plötzlich auflauchte. Der Motorradfahrer erlitt durch den Zusammen prall mehrere Ver letzungen und wurde ins Krankenhaus nach Trier überführt. Del bischöfliche Ltzagen, in welchem der Nuntius Pacelli und de« Bischof saß»», ivurd« ebenfalls an Motor und Küüler beschädig^ Di« Jntassen blieben unverletzt.
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