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Tibelforfcher Fttryner ermoroer 80. August. „Limes" berichtet aus Peking: Einem Telegramm des briti schen Residenten in Sikhim zufolge ist eine Rescgesellschaft von drei oder vier Ausländern von Lamas in West-Szechwan er mordet worden. Dieser Bericht erinnert an die Tatsache, daß letzten Juni eine Gesellschaft von Missionaren in West-Kansu den Rat erhielt, sich zurückzuziehen, und, weil sie nicht wußte, ob sie die Küste in östlicher Richtung erreichen könne, beschloß, über Ost-Tibet nach Indien zu gehen. Soweit bekannt, bestand diese Gesellschaft aus einem Engländer, einem Amerikaner und einem deutschen Gelehrten mit Namen Filchner. Von dieser Reise gesellschaft wurde seit ihrer Abreise nichts mehr gehört, und es wird befürchtet, daß es sich bei dem oben gemeldeten Verbrechen um die Mitglieder dieser Gesellschaft handelt. „Times" meldet weiter, daß Banditen einen Zug der chine sischen Ostbahn angriffen und die Schutzsoldaten überwältigten, von denen verschiedene verwundet wurden. Der Zug wurde zum Entgleisen gebracht. Fünfzig chinesische Passagiere wurden ge fangen weggeführt und die ausländischen Passagiere beraubt. Von den letzteren wurde jedoch niemand gefangen aenomme» oder verlebt. Wieder Kavalschwimuter vulerwegs. Paris, 80. August, Wie aus Boulogne gemeldet wird, unternehmen heute zahlreiche Schwimmer vom Kap Gris Nez aus den Versuch, den Aermelkanal zu durchschwimmen. Die Engländerin Hilda Här tung und di« Dänin Jensen gingen gestern abend 0.80 Uhr, die Engländerin Max Lenan um 11.30 Uhr ins Wasser. ^Ferner be absichtigen Lte wnglandcrln vawkes, der vchwelzer Lwria unr der 65jährige Deutsche Dr. Schiff, heute früh zu starten. Bis zur Stunde liegen noch kicke Meldungen darüber vor, ob sie ihr« Absicht ausgesührt haben. Außerdem sind gestern noch vier weitere Kandidaten, nämlich Miß Elcitze, Miß Wcidman, Miß Earvin und Frank Perks von England nach Kap Eris Nez abgereist, um hleichfalls im Lause de» heutigen Tages die Kanaldurchquerung zu versuchen. kunckrcksu „helfende Zugend im Vollsslaal." Der Arbeitskreis Zugscharen für Jugendselbst- - klfe e. V. batte am gestrigen Abend zu einer Zugendkund gebung im Eckstoß Bellevue eingoladen. Der Arbeitskreis Zugscharen für Jugendselbsthilfe will die Jugend mit dem Geist der Verantwortung zum hilfsbedürftige» Altersgenossen erfüllen und hofft, durch seine ständigen Ein richtungen und Arbeitsveranstaltungen der Jugend aller Richtungen Beispiel einer gesunden Selbsthilfe zu sein. Die gestrige Kundgebung fand in anbetracht des warmen Wetters auf der Parkwiese statt und hat sich dadurch um so stimmungsvoller gestaltet. , ^ ^ Nach einer kurzen Begrüßungsansprache des Gruppenführers F. G. Lcnnhoff ergriff Staatssekretär Dr. Abegg das Wort und machte bemerkenswerte Darlegungen über das Thema: -Beziehungen zwischen Jugend und Staat." Dann sprach Dr. Karl Sonnenschein in zündenden, von hoher Be geisterung getragenen Worten über die soziale Betäti gung der Jugend. Direktor Kant vom Landcsjugcndamt Berlin richtete einen warmen Appell an die versammelte Jugend, sich zur praktischen Selbsthilfe an ihren Altersgenossen zur Verfügung zu stellen, und machte diese Selbsthilfe an praktischen Beispielen klar. Werkschullehrer Spree dankte rm Namen der Jugendlichen und mahnte die Jugend zu Helser- willen und Helfertat. . . ^ Beim Schein der Fackeln und Lampions spielte dann die Lindenhofkapelle, ein Kmderchor sang, und ein Rezitator brachte in meisterhaftem Bortrag Goethes Dichtung „Das Göttliche zu Gehör. Mit einem gemeinsamen Schlußgesang „Wenn wir schreiten Seit' an Seite" hatte dann die eindrucksvolle Kund gebung gegen S Uhr ihr Ende erreicht. Di-. ?. Naey Konslanltnvpel umerrvegs Das Flugzeug >u bester Verfassung. München, 30. August Die amerikanischen Weltflieger Brock und Schlee sind heute früh 6.30 Uhr auf dem Flugplatz Oberwiesenfeld zum Weiter flug »ach Koustantinopcl gestartet. Zum Abschied hatten sich der Direktor der Süddeutschen Lufthansa und einig« Zuschauer «ungesunden. * Das Flugzeug der Amerikaner hat, wie eine Untersuchung in Müchen ergab, die bisherigen beiden Etappen tadellos über standen. Man hat lediglich die Verspannung während der Nacht etwas nachgezogen, während der Motor selbst in ausgezeichneter Verfassung war. Von München haben die beiden Flieger Spezialkarten mitgenommen, di« ihnen die Orientierung auf dem Balkan wesentlich erleichtern werden. Ob die beiden Welt- flieger heut« noch über Bukarest hinaus fliegen werden, wird lediglich von der Wetterlage abhängen. Sie haben jedenfalls ihre Brennstoffvorräte voll ergänzt und können ohne Zwischen landung bis nach Konstantinopcl gelangen Die Landung in Belgrad In Belgrad sind die amerikanischen Deltflieger Dienstag mittags 12.06 Uhr gelandet. Der Weiterflug nach Konstan - tinopel wurde erst heute Mittwochmorgen angetreten, da diese Teilstrecke einen ganzen Tag erfordert und die Flieger nicht in die Nacht hlneingeraten wollten. Bon Konstantinopel geht dann die Reise in folgender Route weiter: Aleppo, Bagdad, Bundar (Persien). Kalkutta, Touraine (China), Tokio. Honolulu, San Franziska, Chicago, Detroit zurück nach Har- bour Grace. Noch kein günstiges Welker für Amerlkafiieger Hamburg, 29. August. Wie die Deutsche Seewarte mitteilt, bleibt die Wetterlage für Ozcanslüge von Europa nach Amerika weiterhin ungünstig. Südwestlich von Island liegt ein Cyklon, an dessen Vorderseite vom 35. bis zum 10. Grad westlicher Länge ziemlich stark« Gegenwinde aus süd-westlicher Richtung herrschen, die eine Stundengeschwindigkeit von 35 bis 40 Kilometer erreichen. Auch westlich vom 35. Grad westlicher Länge ist der Gegenwind un vermindert stark und beträgt bis zu b0 Kilometer ln der Stunde. Leim Rekordversuch abgefiürzt. Paris, 29. Auguzr. Der Flieger Calizo, der heut« in Le Bourget aufgestiegen war, um einen Höhenrekord aufzustellen, erlitt kurz vor der Lan dung einen Ohnmachtsanfall und überschlug sich mit seinem Apparat. Calizo hat keine Verletzungen davongetraaen. Sein Flugzeug ist schwer beschädigt. De» Bicnenwols. Die Imker in der Umgegend von Merseburg erleiden gegenwärtig an ihren Bienenvölkern durch den zu Tausenden hier auftretenden B-iencnwols schweren Schaden. Der Bienenwolf ist ein Insekt, ähnlich, aber größer wie di« Wespe und mit st a r k e n B e i ß w e r k z e u g e n. Er sängt die Bienen im Fluge ab, legt ein Ei in ihren Körper, aus dem sich eine Larve entwickelt, die vom Innern der Bien« lebt bis zur Verpuppung. Der Jmkerverein will versuchen, durch Auf stellung von Fangflaschen und Bestäubung der Niederlassungen mit Chlor und Arsen die Gefahr für den Bestand der Heringer Bienenvölker zu bekämpfen. » Flugzeug verunglückt. Am Montag ilwrmittaa ,lancte vom Flugplatz' Staaken der Fluglehrer Schuster der Deutschen Verkehrs-sliegerschule mit dem Flugzeug Araber 8. L. I 1021 zu einem Schulslug. Bei der gegen 11 Uhr vorgenommenen Landung übcrschlug sich das Flugzeug und wurde erheblich be schädigt. Eckiuster selbst wurde aus der Maschine geschleudert und erlitt einen Bruch des rechten Unterarms. Man brachte ihn nach dem Krankenhau.se Spandau. Die Unglücksslhaubude. Auf dem diesjährigen Friihjahrs- end in Münster i. W. lenkte eine neue Belustigungsbude die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich. Es war derhumori - tische Wasserfall. Ueber Schaukeltreppcn und Mackcl- brücken gelangte man auf eine aus Rollen hergestellte Bank die ich streckte, wenn der Besucher darauf faß. Dadurch rutschte ueiser herunter und auf einen 2,5 Meter breiten, sich sortbewo- renden Teppich. Dieser stellte durch feine holperigen Bewegun gen den Wasserfall dar. Unten sollten die Besucher vorschriits- mätzig von zwei Angestellten aufgefangen werden, doch das war häufig bei großem Andrang unmöglich. Die Besucher sielen deshalb häufig über einen Meter tief auf die Erde, was manage Beule und Verstauchung abgab. Als sich nun gar zwei Besucher auf diese Art die Beine brachen, wurde gegen den Be sitzer Wilhelm Glöß aus Herne, ein Strafverfahren anhängig gemacht. Die Verhandlung fand vor dem Schöffengericht in Münster statt. Nach den Angaben deL-Angcklagten wurde die Schaubude Ostern 1926 konzessioniert. Dis jetzt seien keine Ihnalückskälle v o r a ck o mm. e n. - Liner der in Münster Bsrunglückreii, ein älterer Herr, der sich in der Bude «inen doppelten Beinbruch 6olte, wurde trotzdem in grober Weise unter die zuschauend« Menge gestoßen. Line junge Frau brach sich am anderen Tage das Bein. Beide Verunglückten werden in einem Zivilverfahren Schadenersatz verlangen. Das Gericht verurteilte den Angeklagten nach dem Anträge de» Staatsanwalts zu einer Geldstrafe von 300 Mart Ser tolle Leviue. <Von unserem Korrespondenten.) * London, SO. August. Lewin «, bei dessen waghalsiger A mia tenurlindung in Croydon sich den Anwesenden di« Haar« gesträubt haben, und dessen Leben wahrscheinlich nur durch t«s hilfreiche Eingreifen eines englischen Flugzeugsührers gerettet wurde, kann aus Grund der allgemeinen englischen Bestimmungen sein« Ma schine fürs erste nicht weiter als drei Meilen von Croydon entfernen. Er hat erklärt :„B«i der Entfernung meines Flugzeuges aus Le Bourget habe ich nur getan, wozu ich berechtigt war. Das Flugzeug ist mein Eigentum, und ich kann damit fliegen, wohin ich will. Solang« ich in Frankreich war, wurde unserem Start jedes erdenkliche Hindernis in den Lveg gelegt. Ob der Grund darin lag, daß wir zuerst nach Deutschland geslogenivaren, oder ob das nicht miisprach, weiß ich nicht; aber was ich in Frankreich tat, wurde starker Kritik in den Zeitungen unterzogen, und mein Tun und Lassen ist häufig entstellt wicder- gegeben worden. Ich sah, daß mein Star tvon Paris aus prak tisch von den Franzosen abhängig war, und, da ich alles be zahlte, erschien mir das ungerecht." Franz von Assisi. Historische Novelle von M. D. Krüger. (28. Fortsetzung.) Und Ettore spöttelte: „Lerne erst betteln, noch fehlt dir die echte Demut." „Ihr mahnt mit Recht," sagte Franz, und vor ihnen niederkniend, bat er: „Schafft mir Steine, das Kirchlein W erneuern." Tränen traten in die Augen des Freundes, der ihn am meisten liebte. „Bist du ein Kind, das noch mit Steinen spielt?" Grob fuhr Eoerardo dazwischen: „Wir sollten uns mit Steinen schleppen?" „Was willst du mit ihnen, Einfältiger?" polierte Luigi. „Auf meinen Schultern trage ich sie zur rechten Stelle," erwiderte Franz mit frohem Lächeln, als ob er ein heiteres Spiel in Aussicht habe. „Wenn du verrückt bist." schrie ihn Luigi an, „wir sind es noch nicht." Und Eoerardo faßte die beiden Gefährten unter den Armen und zog sie mit fort: „Den kennen wir von jetzt an nicht mehr," rief er mit kalter Verachtung. 22. Gleich darauf kam ein vornehmer Kavalier, wie man auf den ersten Augenblick an seiner Kleidung und Haltung sah, die Treppe zum Dom mit höchstem Selbstbewußtsein in die Höhe geschritten. Von oben herab rief er: „Ist hier ein Benier Franz, Sohn eines reichen Kaufherrn?" Diensteifrig gab die Bettlerschar Auskunft: „Dorr, edler Herr, kniet er. Das ist der Franz." Der vornehme Mann richtete den Kopf nocy yoyer auf und sein Antlitz nahm einen noch verächtlicheren Aus druck an. Er zog einen Beutel mit Gold aus der Tasche und warf ihn dem Bezeichneten vor die Füße. -Nimm da». Dann aber packe dich für «ine «stunde von hier fort. Es wäre meinem Herrn, dem Herzog von Urbino peinlich, den unter Lumpenvolk wiederzufehen, dem er vor mrre«. dt« Lob, SLr« ««i«». Lei tbm «inLulebre«.- Dteses Mal fürchtete sich der Jüngling nicht vor einer Beschämung. Bescheiden sagte er: „Fort von hier? Nein, das kann ich nicht. Die ganze Stadt strömt heute hier vorbei. Das muß ich für mein Kirchlein nützen." Der Kavalier deutete hochmütig auf den noch am Boden liegenden Beutel: „Dem nirstlich zugemesfenen Gold kannst du wohl die kargen Bürgerpfennige opfern." Der Jüngling bückte sich, nahm den Säckel auf und gab ihn dem vornehmen Herrn zurück. „Ich will kein Gold. Ich will nur Steine. Wer einen Stein dazugetragen hat, in dessen Herz schlug der Bau eine Wurzel, die ständig wächst, die nicht ruht, bis sich das Dach über der Kirche wölbt, das Dach, das alle schirmt." Giftig fuhr ihn der Höfling an: „Verschon m ch da mit. Jeden Sonntag kannst du hier betteln. Sovie Dank für fürstliche Huld sollte der gemeinste Mensch noch llhlen, daß er dem Hochgeborenen nicht mit Schande lohnt." In die Angen und um den Mund des seltsamen Bett lers trat ein schalkhaftes Lächeln: „Ja, lieber Herr, wer wird denn hier die Leute kniend bitten? Doch nicht der Herzog? Stolz vorbeizuschreiten ist so arge Schande nicht! Doch nein, das wird er nicht tun. Einen Stein wird er mir freundlich reichen — oder reichen lasten." „Nicht einen Kiefelstein," sagte der große Herr mit eisiger Verachtung. „Luft bist du Ihm, und zwar üble. Erspare dir diese Erfahrung!" Mit tiefem Ernst sprach der Kniende: „Ich will mir nichts ersparen. Jede Demütigung will ich über mich er gehen lasten. Damit ich lerne, mich als den geringsten Menschen zu fühlen." Der Kavalier erkannte, daß er nichts ausrichten würde. Er kehrte Franz ärgerlich den Rücken, zwischen den Zähnen etwas von „verfluchtem Bettlerdünkel" murmelnd. O wie edel, wie erhaben war dagegen Fürstenstolzl Bald darauf kam er an der Seite seines Herrn wieder, fetzt ein ganz anderer. Jede Bewegung, jede Miene deutete eine grenzenlose Dienstbeflistenheit an. Schon von weitem flüsterte er ihm zu: „Links in der Ecke liegt et, — wenn du rechts gingest—" „Nein," sagte der Herzog, „durch die Mitte." Angstvoll tönte e» zu ihm: »Wenn ,» dich -ettelnd »nNele—" In stolzer Verachtung reckte sich der Fürst. Die er die edle Gestalt seines ehemaligen Freundes unter den zerlumpten Bettlern knien sab, kam ihm die Lust, ihn öffentlich zu demütigen und ihn so zu beschämen, daß er sich für immer vor ihm versteckte- Vorerst kam es nicht dazu. Das Volk von Assisi umdrängt« den Herzog und um- jubelte ihn. „Heil dem großen, tapferen Sieger!" jauchzten sie. „Dem Sieger von Perugia Heill" Der Herzog nahm die Gelegenheit wahr, eine kleine Ansprache zu halten. Auf der obersten Stufe in der Mitte der Treppe stand er. glänzend gekleidet, von Natur schön und vornehm gestaltet. Mit weithin klingender Stimme sagte er: „Ich danke euch, ihr Bürger von AM. Ja, wir siegten, weil wir als Männer gestritten haben, weil jeder sein Schwert voll Mut und Kraft dem Feinde entgegen schwang. Jeder —?" Er lächelte. „Halt, da war ein Schwärmer, der konnte kein Blut sehen." Alle wußten, wen er meinte, denn die Geschichte von der Verwundung des Kaufmannssohnes war in Assisi wohl bekannt. So kam es von selbst, daß diejenigen, die zwischen dem Herzog und seinem ehemaligen Freunde standen, den Raum sreigaben, damit der Verklagte sich vor seinem An kläger verantworten könne. Franz war aufgestanden und sagte nicht ohne Stolz: „Nur kein Bruderblut. Mein eigenes sah ich mit Entzücken fließen." Der Herzog hielt es für unter seiner Würde, sich mir dem in einen Wortwechsel einzulasten, der als Bettler unter Bettlern am Boden gekniet hatte. Mit fremdem Auge sah er über iyn hinweg: „We. ist das -?" Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er, zum Boir gewendet, fort: „Franz hieß jener Held, der sich wie ein Lämmlein abschlachten ließ. Wenn mein Heer aus lauter olchen Brüdern bestanden hätte — friedfertig oder feige st dasselbe im Augenblick der Schlacht, so stände der Feind etzt in Astist, euer Eigentum wäre seines, er prahlte und hr müßtet euch verkriechen. Noch de» lindesten Ausdruck eures gerechten Hasses würde er zu Gold münzen, das er euch mit höhnischer Freude entvrekte. Gold, alles Gold und Bluts" immi-n (gortsed—-- 1