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Vollcsreitunz 1927 Aus dem Inhalt. Fr. W. Pollin: Bon der Höhlenwand zum Papier. Hans Eäfgen: Stoppelfeld. Marie Amelie v. Eodin: Bruderwacht A. M. Frey: Neise in den Mond. Kunz v. Kauffungen: Der „Wursthund" Fünf Minuten Kopfzerbrechen. von der Söhlenwanv zum Papier. Von Fr. W. Pollin. Sterne, Felswände, der Erdboden, Baumrinde, Knochen und Häute waren die ältesten Beschretbstoffe, denen man schon vor Jahrtausenden das anvertraute, was das Herz bewegte oder was des Aufhebens wert schien. In Indien, wo das Buch- undEchreibwesen schon ur alt ist, war und ist noch heute für weite Gebiete das ge wöhnlichste Schreibmaterial das Palmblatt, das oft ohne jede Zurichtung mit einem Stahlgriffel oder Glassplitter geritzt wurde. In Babylonien wurde die Schrift in weiche Ton tafeln gedrückt, was der ganzen Schrift das eigenartige Gepräge des keilförmigen gab. Alles wurde in Keilschrift geschrieben, Gesetze und wissenschaftliche Abhandlungen, Verträge und Briefe. Und wenn Scheffel in seinem be kannten Liede vom „Schwarzen Walfisch zu Askalon" sagt, der Kellner Schar habe in Keilschrift aus 6 Ziegelsteinen dem Gast die Rechnung dargereicht, so ist das durchaus be rechtigt. Bei Ausgrabungen hat man grosse Bibliotheken, aus solchen Tontafeln bestehend, aufgefunoen. Das Schreiben in unserem Sinne, d. h. also mit Tinte auf glattem Beschreibstoff, begann mit dem Schrei ben auf Papyrus. Aus Mitteilungen griechischer und römischer Schriftsteller können mir annähernd erkennen, wie der Beschreibstoff aus der Pflanze gewonnen wurde. Für seine Herstellung kam nur das Mark der Papyrus- staude in Betracht. Es wurde in der Längsrichtung des Stengels in dünne, schmale, lange Streifen zerschnitten, mit Nilwasser übergossen und mit einem Klebstoff anein andergeklebt. Dann breitete man rechtwinklich darüber eine zweite Schicht, klebte beide zusammen und verband sie durch Klopfen und Pressen fest miteinander. Falten und Runzeln wurden mit einem Tierzahn oder einer Muschel geglättet, und so hatte man schöne, glatt« Schreibblätter gewonnen, deren Güte allerdings verschieden war, je nach dem der.obere oder untere Teil des Steirgels, die innere oder äussere Markschicht verwendet worden war. Diese alt« Buchform, die Papyrusrolle, ist lange Zeit ausschliessliche Trägerin des Schrifttums gewesen. Grösse, Länge. Güte und Farbe dieser Rollen waren ganz verschieden. Di« längste Rolle, die uns erhalten geblieben ist und im Bri tischen Museum aufbswahrt wird, ist 40 Meter lang. In der Leipziger Universitätsbibliothek ist eine Rolle von nur 20 Meter Länge. Aegypten blieb die einzige Herstellungs stätte des Papyrus, und dieses selbst wurde ein grosser Aus fuhrartikel. Schon in vorchristlicher Zeit schlossen sich die Hersteller zu Konzernen zusammen und bestimmten nun yach Willkür den Preis des Schreibmaterials. In Rom war neben dem Papyrus die Holztasel ein wichtiger Beschreibstoff. Diese Tafeln waren mit einer dünnen Schicht Kreide oder Wachs überzogen und wurden mit einem spitzen Griffel, dem Stilus, beschrieben. Oft wurden mehrere Tafeln durch Schnüre oder Ringe mitein ander verbunden, so dass förmliche Wachstaselbücher ent standen, die je nach der Anzahl der verbundenen Tafeln Diptycha, Triptycha, Polyptycha genannt wurden. Zu Auf zeichnungen des täglichen Bedarfes, wie Notizen, Rechnun gen, Briefen usw. erfreuten sie sich bis ins 15. Jahrhundert hinein stärkster Benutzung. Bald trat aber ein anderer Beschreibftoff, das Perga ment, mit ihm in Wettbewerb und verdrängte ihn dann völlig. In Vorderasien war die Sitte, auf Tierhäute zu schreiben, schon uralt. Die Stadt Pergamon in Kleinasien hat den Ruhm, diesen Bestbreibstoff in ausserordent licher Weise verbessert und verbreitet zu haben. Von ihr stammt auch der Name Pergament. Di« Herstellung ge staltete sich etwa folgender matzen: Schaf-, Ziegen- und Kalbsfell« wurden mit gelöschtem Kalk bestrichen, dadurch lockerten sich die Haare, die mit einem Messer leicht abge schabt werden konnten. Die abgeschabten Felle wurden einige Zeit in Kalkwasser gelegt, um die gelbe Farbe und die Fettigkeit zu beseitigen. Dann wurden sie in einen Rah men gespannt und getrocknet, mit pulverisierter Kreide ge pudert und mit Bimsstein geglättet, und endlich in Bogen zerteilt. Während das Papyrusbuch Rollenform hatte, wird das Pergament zum eigentlichen Träger der Heftform. Das Blatt wird nicht mehr gerollt, sondern in der Mitte gefalzt. Fast ein Jahrtausend hat es gedauert, ehe das Pergament den Papyrus verdrängt hatte. Aber vom 7- bis 14. Jahrhundert ist das Pergament Alleinherrscher auf dem Gebiete der Beschreibstoffe. Seine Herrschaft währte freilich nicht ewig. Bei zunehmendem Schreibwosen wird es knapper und teurer. Oft genug kommt es vor. dass die mittelalterlichen Mönche alte beschriebene Pergament« aus- radieren. um den kostbaren Beschreibftoff von neuem zu füllen. Jetzt ist es gelungen, die Urschriften solcher Perga mente wieder herziötellen. Der Wissenschaft sind dadurch Reise ln den Mond / ? Sticht genügend sckzeint bekannt zu sein, daß di« Mondrakete bereits abgeschossen ist. Die Vorbereitungen wurden in aller Stille getroffen, den Beteiligten, auch den orientierten Stern warten. war nach Möglichkeit Schweigepflicht auferlegt. Das Ereignis siel zusammen mit dem Transozeanflug Lindberghs, wodurch es leichter gelang, einem vorschnellen Interesse der Welt zu entgehen. Erstaunlich bleibt, daß sich zu dieser Reise, die immerhin an Mnhoit den Flug übers Weltmeer um einiges überragt, Dutzende bereit fanden — Menschen, deren Heroismus modernster Prägung unbedenklich alles auf eine Rakete setzt. Wenn Mut ein Mangel an Erkenntnis schrecklicher Möglichkeiten ist, so mar der Drang hier Blindheit schlechthin. Dennoch: schließlich waren drei vereidigt, die fahren — besser: schieszen durften. Besser noch: geschossen werden dursten. Seltsamerweise waren es lauter Angestellte einer großen ame rikanischen Farben- und Lackfabrik. Dies« Fabrik hatte auch di« ungeheueren Gelder zum Bau der Rakete bereitgestellt. Sie hat di« Größe einer Kirche. Außer einer sehr kleinen, raffiniert nach allen Seiten hin gefederten und gepolsterten Ka bine wird dem Laien nichts an dem Monstrum klar. Weshalb mußte es so riesig konstruiert werden? Di« Techniker sagen: wegen der zahlreichen Explosionskammern vorn und hinten. Aber da sind noch andere Kammern wie wir sehen werben. . . - Es ist bekannt, wie hier Bewegung erzeugt wird ,Die flie gende Kirche" — so nannten die Amerikaner das Ding, wohl mit der Tollheit des Unternehmens zu versöhnen — knallt aus einer fabelhasten Röhre, die dem Kanonenrohr gleich und 300 Meter tief in den Erdboden eingebaut ist, heraus, durchrast die Erd atmosphäre und hilft sich weiter und weiter durch eigene Explo sionen nach hinten, durch die sie gewissermaßen immer wieder von neuem sich selbst einen Tritt gibt und mit frischem Schmalz von dannen jagt. 400 000 Kilometer etwa beträgt die Entfernung Erde Mond. Die kühnen Schießer glaubten, sie in einer Woche zu überwinden. Bei Mondnahe sollte ein bißchen nach vorn explodiert werden, um solchermaßen zu bremsen. Auf dem Mond hoffte man nach Entleerung gewisser Kammern (siehe unten) das Eigengewicht ehr zu verringern und durch abermalige rückseitige Detonationen die ohnehin lächerlich kleine Anziehungskraft des Mondes leicht zu iibcrwiirden. So davongestunken, werde man bald wieder in die Schwer kraft der Erde geraten und mühte schon ekliges Pech haben, sollte inan nicht in einen der Ozeane fallen, die bekanntlich den größten Teil der Erdoberfläche bedecken — weich also fallen, tief unter tauchen natürlich, weil man immerhin gut im Schwung war, aber auch wieder empor, denn „die fliegende Kirche" war gleich zeitig als tüchtig schwimmende eingerichtet. — Glücklich nach Hause gekommen demnach! Was di« Reisenden aber im Innersten bewog — was di« Farbenfabrik bewog zur Expedition, war dies: Es ist so ziemlich aller Welt geläusig, daß Mondlicht re flektiertes Sonnenlicht ist. Im ganzen gelber als die Urquelle. Das wäre weiter nicht schlimm, aber höchst fatal erscheint, daß die lava ähnliche Mondoberfläche — finstere Gestein Flüche! — schreckliche Mengen der auffallenden Sonne verschluckt. Die auf unserer Erde nächtens gestrahlte Helligkeit könnte buchstäblich zehnmal größer sein, märe der Mondbogen weiß anstatt schwarz. Welch eine Veränderung dann in Mondnächten! In ihnen glühte dort oben eine riesige, dennoch mild strahlende Lampe, aber keine Funsel mehr wie heute. Welche Ersparnisse für di« gesamte Welt! In gewissem Sinne kehrten die guten alten Zeiten wieder: wie früher die Kleinstadt in mondhellen Nächten Beleuchtung sich verkniff, so wird jetzt auch jede Großstadt Elek trizität spare». Diese Dinge hatte die amerikanische Lack- und Farbenfabrik sich überlegt. Und als sie ihr« Reisenden in Schuß brachte, da waren die Flanken, der Bauch und der gewölbte Rücken der flie genden Kirche angefüllt mit einem silberhellen Lack bester, dünnster und ausbreitungssähigster Qualität. Wir wollen nicht sagen, daß die Fabrik hoffte, mit dem kleinen See an Silberlack, den sie da verladen hatte, gleich die ganze Mondscheibe zu über ziehen, aber sic rechnete doch damit, einen flitterhellen Batzen zu erzeugen, der später deutlich als gleißender Fleck den er staunten Irdischen in die Augen sprang. Fabrikreklame also? Gut, wenn man will. Und weshalb nicht? Später konnten die vereinigten Regierungen der Erde mit der Fabrik darüber verhandeln, zu welchen Bedingungen sie bereit sei, den ganzen Mond zu lackieren. Keinesfalls zu be sonders billigen. Die Tätigkeit der Reisenden auf Luna sollte sehr einfach sein: sie hatten nur dafür zu sorgen, daß Schleusen sich öffneten, durch die der Lack abfloß. Seine Beschaffenheit war so, daß er sich selbsttätig ausbreitete, wie ein Fettsleck um sich srißt Drrnn konnten sie heimkehren. Aber waren sie umgekehrt? Bis heute sind sie nicht zurück Bielleicht ging ihnen die Wirkung Mond verloren, ohne daß sie die Wirkung Erde gewonnen hätten? Dann werden sie als selbständiger Himmelskörper irgendwo kreisen, vermutlich um den Mond. Für ein Jahr Proviant führen sie mit. Man könnte was Größeres — etwa einen „fliegenden Dom" — «usscnden. um das Schäfchen einzusangen. Inzwischen suchen die Sternwarten heimlich nach einem glitzernden Batzen. oft wertvolle Texte zugänglich gemacht worden. Man nennt solche Wiederauffrischungen Palimpsvste. Aber auch das Pergament wird schliesslich durch einen anderen Beschreibftoff ersetzt, der billiger und leichter zu beschaffen ist: durch das Papier. Ein chinesischer Acker bauminister soll es um 100 n. Ehr. erfunden haben- Den Rohstoff lieferte der Papier-Maulbeerbaum. Die Rinde wurde gekocht und mit hölzernen Keulen zu einem Brei zer schlagen, dann wurden zerkleinerte Lumpen, sog. Hadern, hinzugetan und mit Wasser verdünnt. Der flüssige Papier brei wurde mit einem feinen Siebe herausgehoben und ge schüttelt, das Wasser lief ab. und die Fasern verfilzten sich zum Papier. Die so entstandenen Bogen wurden gepresst, getrocknet und rvaren dann schreibfertig. Schon bei Leb zeiten des Erfinders fand seine Leistung die gebührende Würdigung: durch ein Regierungsschreiben wurde ihm höchste Anerkennung gezollt. Lange Zeit hatten die Dhilie fen das Geheimnis der Papierherstellung — wie alle Er findungen — sehr sorgfältig gehütet. Aber die Araber kamen im 8. Jahrhundert durch gefangene Chinesen, die zu fällig Papierardeiter waren, doch hinter Lies Geheimnis. Sie erkannten sofort die Wichtigkeit, und bald entstand n Arabien eine neue blühende Industrie: die Papierfabrika tion. Da «der die Maulbeerbäume hier fehlten, so stellten sie das Papier ausschliesslich aus Hadern her. Auf ihren Kriegszügen brachten sie das Papier und die Technik seiner Stoppelfeld. Gestern noch ein goldnes Meer. Heut« steinern» wüst und leer. Gestern noch ein Aehrcnfingen, Heute blinkend Senfenschwrngen, Und ein leises Halmeneigen. Angstvoll tief die Grillen schweigen. Morgen aber werden bunte Blumen steigen aus dem Grunde, Und da» stemern-wiiste Feld Wird zur frohen Blutenwelt. Also wandelt sich der Tod Zu Blumen weih, z« Blumen rot. Und au» Aehren» di« da sinken, Steigen Blumen» bunte Blüten» Die das Licht de« Simmel« trinken. Sa»» vtllgs». Herstellung nach Seinen u,rd Italien, und von dort ging dann die Ausbreitung weiter nach dom übrigen Abend lande. Nach Deutschland kam diese neue Kunst im 14. Jahr hundert. Die erste Papiermühle von der wir nachweislich Kunde haben, stammt aus dem Jahre 1390 und befand sich bei Nürnberg. Sie schon nutzte die Wasserkraft vorteilhaft aus. Zwei Wasserräder setzten 18 Stampfwerke in Bewe gung, die den Rohstoff zu Fasern zerkleinerten. Aus der breiartigen Masse, die in Bottichen oder Bütten stand, schöpfte man dann mit feinen Drahtgeflechten den Papier brei heraus, entfernte die Rahmen und presste ihn zwischen Filzen, um die Feuchtigkeit daraus zu entfernen und hing dann die Papierbogen zum Trocknen auf. Die Erfindung des Buchdrucks-trug nicht wenig zur schnellen Einführung des Papiers bei; denn der Buchdruck benutzte ausschliess lich Papier, das damals etwa 15 mal billiger war als Pergament. Für die geistige Entwicklung der Menschheit bedeutet zwar der Buchdruck die grösste, folgenreichste Kul turtat. aber seine ganze Wirkung konnte sich erst durch das Papier entfalten. Im 16. Jahrhundert zählen die Papier mühlen schon nach Hunderten. Bis ins 19. Jahrhundert hinein ist die Technik der Papiererzeugung fast dieselbe ge blieben. Aber der immer wachsende Papierverbrauch drängte dazu, die Handarbeit durch die Maschinenarbeit zu ersetzen. 1799 gelang dem französischen Papiermacher Nvbert die Erfindung der Papiermaschine. Die Papierproduktion wurde gewaltig gesteigert. Natürlicherweise musste Roh stoffmangel eintreten; denn soviel Lumpen, um den jetzt nötigen grossen Bedarf an Druckpapier zu decken, gab es in der ganzen Welt nicht. Was Technik und Wissenschaft nicht vermochten, gelang einem schlichten sächsischen Weber, namens Gottlob Keller im Jahre 1845. Er kam auf den ltzedanken, Holz zu Pazner zu verarbeiten. Auf gewöhn lichen Schleifsteinen, unter reichlichem Wasserzuflutz, schliff er nun Holz, schöpfte mit einem Siebe aus dieser Lösung und hatte nach dem Trocknen das erste Stückchen Holz papier. Unter grossen Schwierigkeiten und noch grösseren persönlichen Entbehrungen baute er dieses Verfahren lvei- ter aus, bis ein gedrauchfähiges Papier gefunden n>ar. Jetzt ist die Herstellung des Holzschliffes zu einem mächtigen Industriezweig geworden. In Deutschland allein gibt es fast 550 Holzschleifereien, die für unsere Papierindustrie ein« grosse Bedeutung haben. Ganze Wälder von Fichten, Tannen und Kiefern werden zu Pulver gemahlen. Da aber dieser geschliffene Holzstoff wegen seiner allzu kurzen Faser dem daraus gefertigten Papiere nur geringe Haltbarkeit gibt, so hat man versucht, die Holzfaser so wie sie ist zu ver wenden. atko nicht zu zerfchleifen, sondern sie ans chemischem