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Sächsische Volkszeitung : 24.08.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-08-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192708246
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19270824
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19270824
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-08
- Tag 1927-08-24
-
Monat
1927-08
-
Jahr
1927
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 24.08.1927
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(tirmnilr, Lvicltsu, PIsurn tz. Großseuer. Am SonnabeiKnnorgen in der 4. Stunde «rach in der Meeraner Kammgarnspinnerei A.-G. ein Groß- Teuer aus, das sich schnell ausdreitete und dos Hauptgebäude syst gänzlich zerstörte. Die angebauten Spinnereisäle konnten Dank dem energischen Vorgehen der Feuerwehren gerettet werden, da- gegen sind die Vorbereitungssäle vernichtet worden. Etwa 600 Arbeiter dürften vorübergehend beschäftigungslos werden, tz. Schweres Autounglück bei Meßbach, In der sechsten Stunde «eignete sich in der Nabe von Meßbach ein schweres Kraftwagen- Unglück. wobei leider einer der Insassen den Tod fand, Tischler meister Künzel jr. aus Plauen i. V., an der Pfaffenfeldstraße 'wohnhaft, der den Kraftwagen steuerte, sowie seine Frau und eine Kontoristin, wurden so schwer verletzt, daß sie nach den, Kranken hause gebracht werden mußten. Der Unfall hat sich dadurch ereignet, daß der Wagen mit voller Wucht an einen Baum ansuhr, und zwar »inwett der Stelle auf der Staatsstraße Hof—Plauen zwischen dem Laltitzer und Kürbitz« Weg, wo im Frühjahr ein ebenso schweres Unglück sich zugetragen hatte. Durch den heftigen Anprall des Wagens wurde ein Baum umgerisscn und der Wagen selbst links ln den Straßengraben geschleudert. Die Insassen stürzten heraus. Die Personalien des Toten waren zunächst unbekannt, konnten aber noch im Lause de» Vormittags sestgestellt werden. In dem Toten Wurde der 40 Jahre alte SchützenhauSwirt Nicolaus Seuß aus Lelmbrechts ermittelt. Tischlermeister Künzel befand sich aus der Leimkehr von einer Geschäftsreise, die ihn nach Helmbrechts ge führt hatte. tz. Ein ungetreuer Beamter. Der bei der Gemeind« Ober- bhlema angcstellte Girobeamt« MotheS aus Harthenstein wurde we gen Unterschlagungen, die bis in das Jahr 1924 zurückreichen, ver kästet und ins Amtsgericht Schneeberg eingeltefert. MotheS war bereits einmal am Bodensee, wo er sich wegen großer Geldausgaben ierdächtig gemacht hatte, verhaftet worden, wurde aber wieder außer Haft gesetzt, da er damals erklärt hatte, er habe beim Spekulieren »«dient. tz Mvtorrabunfäüe. Vor und nach dem Schleizer Drei» icks-Nennen haben sich mehrere Unfälle zugetragen. Ein Mo torrad wurde von einem Auto angefahren und in den Straßengra ben geschleudert. Der Kaufmann Karl Poller und der 35 Jahr« «lte Schuhmacher Fritz Eiscngräber aus Treuen wurden schwer ver letzt ins Krankenhaus nach Plauen gebracht. — Der Kraftwagen eines Plauen« Zahnarztes wurde von hinten angefahren und in den Straßengraben geschleudert. Die Insasse» kamen mit dem Schrecken davon. Weiter sind zwei Motorräder in Brand geraten. tz. Ein Vjiihriges Rädchen tödlich überfahren. In Nieder- zwönitz ist ein 7 Jahre altes Schulmädchen, das dort mit einem anderen Kinde auf einem freien Platz gespielt hat, in die Fahr bahn eines Personenkraftwagens gelaufen und dabei von diesem -u Boden geworfen und verletzt worden. Der Führer des Kraft wagens, ein aus Meinersdorf gebürtiger Fabrikant, hat sofort Has Mädchen in ein nahegelegenes Haus getragen, wo es kurz -arnach seinen Verletzungen erlegen ist. Soweit es sich bis fetzt Wersehen läßt, trifft den Führer des Kraftwagens keine Schuld. tz. Schadenfeuer. Im „Fuchschen Gasthof" in Plauen- Lhriechwitz brach ein Schadenfeuer aus, das eine mit Erntevorräten und landwirtschaftlichen Maschinen reichgefüllte Scheune und den Dachstuhl des Gebäudes in Asche legt«. Durch aeivaltige Wassermassen wurde die Saaldecke so belastet, daß sie mnunterstürzte und das gesamte Inventar vernichtete. Die Entstebungsuriache des Brandes ist unbekannt. üus rirr l,su5itr ssestgenounnen« Aahrraddieb. Festgenommen und der SiaaiSainvaltschast zugcführt wurde von der Kriminalabteilung Baut zen der 26jährige Bauarbeiter Richard Neck von hier wegen Ein bruchs und Fahrraddicbstahls. Er hatte hier in Bautzen mehrere Fahrräder von der Straße gestohlen. Durch einen neuen Anstrich oder durch Vertauschen von Teilen hatte er sie unkenntlich gemacht lind an Bekannte verkauft. Auch fallen ihm mehrere Banbudenein- ikrüche zur Last, bei denen er in der Hauptsache .Handwerkszeug von Äimmerleuten erlangt hatte. Einige Fahrräder und ein großer Teil des gestohlenen Handwerkszeuges konnten wieder herbeigeschafst und bei, Bestohlenen ausgehändigt werden. l. Gemeindeverordnetensitzung in Geitendorf. In der letzten Sitzung wurde begrüßcnswcrtcrweise schnell und sachlich gearbeitet. Verschiedene Wohnungstausche bzw. Neubesetzungen und einige Meldungen für die Wolniungsliste wurden bekannt gegeben. Bei der Straßenschotterung soll ein Mitglied des Bauausschusses die Aussicht führ«», dam«« di« ltylytn zutag« geirrten«» MManoe nutzt wiederkehren. Die Anfertigung des Zaunes am neuen Gemeinde bau wurde Baumeister Hinke zugesproche», während an der katho lischen Schule die Ausbesserung des Zaunes durch den Zimmermei- stcr Hiltscher «folge» soll. Am Silberberg sollen einig« Birken ge- schlagen werden. Die Obstverpachtung wurde auf den 4. Septem ber festgesetzt. Die Wahl zum Bezirksschulausschuß. der zur gleichen Stunde in Hirschfelde bereits tagte, ging diesmal den Wünschen der Sozialdemokraten entsprechend, da sie vollzählig waren. Es wurden gewählt der Gemrindeverordnete Burkhardt und als Ellernvertre ter H. Weinhold. Deren Stellvertreter lEbermann und Posselt) überließ man den Bürgerlichen. Anschließend wurde eine lange Liste von Eingängen bekannt gegeben, so ist zum Beispiel die Be schäftigung beim Wasserleitungsbail als Notstandsarbeit 26 Wochen möglich. In gemeinsamer Sitzung in Dornhcnnersdors soll der Vertrag über Wasserentnahme fertig gestellt werde». Herr Guts besitzer Queiß« meldete den Abbruch des Hauses 321. Am Kret scham soll ein Benzintank ausgestellt werden, wozu die nötige Er laubnis erteilt wurde. Dt« Jugendherberge in Hirschselde wurde mit SO Mark unterstützt. DaS Bezirksschulamt fragte a», was mit dem Religionsunterricht werden solle, nachdem die Bezahlung ab gelehnt wurde. Daraufhin wurde von den Sozialisten eine Erklä rung abgegeben, daß der Staat die Bezahlung übernehmen müsse. Gegen das Pfeifen der ASW. um 3 Uhr soll durch ein Schreiben Protest erhoben werden. An die Beratungen schloß sich eine nicht öffentliche Sitzung an. l. Zwei Bauernhöse niedergebrannt. Ein verhängnisvolles Schadenfeuer suchte de» Ort Schmerlttz bei Kanienz i. Sa. erneut heim. In der Scheune des Gutsbesitzers Kutschank brach Feuer aus, das vom Wind« auf das Grundstück des Nackbars Schulze getragen wurde. Beide Anwesen sind mit Wohn häusern und Wirtschaftsgebäuden eingeäschert worden. Ma» ver mutet Brandstiftung. Erst vor wenigen Wochen wurde dort ein Anwese» eingeäschert. l. Wegen eines Ferkels ertrunken. Am 14. August siel In Nimtschitz auf dem Hofe des Anwesens, gehörig dem Kleinlandwirte Anton Samson, ein Ferkel in den Brunne». Samson wollte das kleine Borstenvieh retten und ließ in den sieben Meter tiefen Brun nen eine Leiter hinab. Er stieg herunter, wurde aber plötzlich von Brunnengasen betäubt und stürzte in den Brunnen. Auf die Hilfe rufe seiner Frau eilten einige Nachbarn herbei. Der Kanzleigehilfe Albin Scheda kletterte die Leiter hinunter, um Samson herausznzie- hen. Auch er wurde von den Brunncngassen betäubt. Einem Ar beiter gelang es, Scheda emporzuziehcn, während Samson ertrank. Seine Leiche konnte durch die Feuerwehr geborgen werden, die den Brunnen vollständig auspumpen mußte. l. Bei dem Riesengebirgsrennen am Sonntag, das auf der Straße nach Iakwbsthal ausgetragen wurde, ereignete» sich zivei Unglückssälle, bei den, der Fahrer Fabian aus Ebersdach in Sachsen einen Beinbruch erlitt, währen- der in den, Seiten wagen des Fahrers Ehrh-ard Volkmar aus Obernigk sitzende Frisch aus Zwickau in Sachsen eine Stauchung der Wirbelsäule erlitt. Beide Verletzten wurden »ach dem Schreiber-Hauer Kran kenhaus gebracht, doch besteht eine Lebensgefahr nicht. l. Wütende Bienen. In Preske bei G öda hatte sich ein Bienenschwarm in einer Kornpuppe niedergelassen. Beim Aus laden der Kornpuppe stürzten sich die Bienen voller Wut auf die dort beschäftigten Arbeiter und Pferde, so daß die letzteren im rasenden Tempo durcl)gingen. Arg zerstochen kamen Pferde und Menschen zu Hause an. l. Wieder Grössten«. Auf demselben Rittcrguishos Malschwitz bei Bautzen, der erst am 17. August von einem Schuppenbrand heim- gesucht wurde, wurde am Sonnabend der 70 Meter lange und 14 Meter breite Rittergutsstall ein Raub der Flammen. Es sind 400 bis 500 Zentner Getreide verbrannt. Die Klirer, die Brösa« und die Bautzn« Feuerwehren waren alarmiert. Das benachbarte Pfarr haus konnte vor der Gefahr des Uebergreifens des Brandes bewahrt werde». Es liegt Brandstiftung vor. l. Sturz vom Baugerüst. Am Sonnabend ist tu Bautzen der Wstihrigc Maler Hermann Mauhsch beim.Ausüben seines Berufes in der Seminarstraße von, Baugerüst gestürzt. Er wurde mit schweren inneren Verletzungen dem hiesigen Krankenhause zugeführt» Wetterbericht der Dresdner Wetterwarte Witterungsnussichtc»: Wechselnd bewölkt, nur vereinzelte ört liche Regenschauer. Flachland gemüsügle Temperaturen, oberes Erz gebirge kühl. Noch ziemlich lebhafte Winde aus westlichen Rich tungen. Le.mrinele- unet Vereinsvrr«, Gin Riesaer Sommer-Programm Der Katholische Männerverein Riesa oe- schloß am vergangenen Sonntag mit einer Dampferpartie nach Diesbar sein diesjähriges reichhaltiges So mmerp ro ll ramm. Der erste Ausflug galt am 15. Mai unserer Missions station Zeithatn. Unter flotter Marschmusik wanderte mau auf Wald- und Wiesenwegen zunächst nach dem Heldenfriedhof bei Iaköbstol, wo mitten im Walde Freund und Aind aus dem Weltkrieg schlummert. Nachdem man in kurzem Gebet ihrer Seelen gedacht und die Cäcilia, Riesa, zwei stimmungsvolle Lie der gesungen hatte, versammelte man sich zu einer Maiandach't tm Betsaal des Truppenübungsplatzes, der Katholiken und Pro testanten zu gemeinsainer Benutzung zur Verfügung steht. Unter vielen Opfern ist es uns heute allerdings gelungen, einen eige nen Gottesraum zu erhalten, der nächsten Sonntag durch unsere» Präses, Herrn Pfarrer Dr. Rentschka, feierlich geweiht werden soll. Im Gasthof des Lagers fand man sich dann noch zu ein paar frohen Stunden bei Gesang und Tanz zusammen und gegen 9 Uhr fuhren städtische Autos die Teilnehmer nach Riesa zurück. An, 12. Juni, dem Trinitatisfest, wurde ein Ganztagsaus, flug nach Hubertusburg unternommen, wozu die Bruder vereine der Umgegend eingeladen waren. Leider hielt das schlechte Wetter viele, besonders von den auswärtigen Bereinen, von der Teilnahme ab. In Oschatz schloß sich der dortige katho lische Verein in beträchtlicher Stärke mit einer eigenen Haus kapelle an, und von Station Reckwitz zog man in stattlichem Zuge mit zwei ivehenden Fahnen nach dem herrlicl-en Gottes- Haus, der einstigen Hofkirche Hubertusburg. Die Festpredigt hielt Herr Lzpriester Rudolph. Bei dem sich anschließenden Levitenamt sang der Kircl-enchor Läcilia, Riesa, unter Herrn Reine,-ts Leitung in selten schöner Weise die Messe „Salve Regina" von Stehle, meisterhaft begleitet an der Orgel von Herrn Kantor Pischel aus Leipzig, der sich uns auf unsere Bitte sofort zur Verfügung stellt«. Zum ersten Male sah Hubertus burg und Wermsdorf eine» Festzug von katholischen Vereinen. Im Gasthof zum „goldenen Fasan" fand nachmittags eine ivelt- ltche Feier statt, bei der Ansprachen der geistliclzen Herren. Ge sänge, Mustkvorträge der Hausl,«pelle und ein Theaterstück die Zeit nur allzu schnell vergehen ließen. Wie schon im Borjahre, Io wurde auch dieses Jahr wreüer ein Kinderfest veranstalten Punkt 2 Uhr zog am 3. Juli ein imposanter Zug von 150 Kindern, die kleinsten auf einem festlich geschmückten Auto, und zahlreichen Teilnehmern aus Verein und Gemeinde mit Musik von der Dt. Barbara-Kapelle nach dem Gasthof Pausitz, wo die Kinder mit Kaffee und Kuchen. Würstchen mit Semmeln und allerlei Geschenken sowie abends mit Lampions bedacht wurden. Glück und Freude strahlten den Kindern ob dieser Uebcrraschungen aus den Augen, die Dank der Opfersreudigkeit unserer katholischen Geschäftswelt und dem unermüdlichen Eifer unseres Vorsitzenden, Herrn Ricken, der allein für das Fest 630 Mark gesammelt hatte, in so reichem Maße ihnen geboten werden konnten. Zur Unterhaltung der Erivachsenen diente ei» Preiskcgeln für Damen und Herren ge trennt. ein Preisschießen, eine Wiirfelbude usw. Ueberaus be friedigt von dem schönen Verlauf des Festes zog man in der 9. Stunde heimwärts. Die letzte Veranstaltung führte am 14. August die Vereins- Mitglieder in beachtlicher Stärke trotz des anfangs trüben Wet ters — es ivaren über 130 Personen — nach Diesbar, wo bereits die Meißner und Großenhainer Gemeinde sich eingefun de» Imtte. Im Gasthof zu Seußlitz fand gemeinsames Kaffee trinken statt, wobei unser Vorsitzender alle herzlichst willkom men hieß. Herr Pfarrer Dr. Rentschka sprach über de» neuen Schttlgesetzentwurf. dem alle Anwesenden in einer ein stimmig angenommenen Resolution beistimmten. Herre Pfarrer Freiherr von Oer. sprach herrliche Worte zur Hockhaltung unseres heiligen Glaubens und zum immer engeren Anschluß an unsere hl. Kirche, ivährcnd Herr Pfarrer Kneschk in seiner gewohnte» humorvollen Art den Dank an Riesa ausdrückte. Zwischendurch sang ein Doppelguartctt aus Mitgliedern des Männervereins Riesa einige ivnnderschöne Lieder, und unser Mitglied. Herr Dornseiffer, erfreute mit seinem herr lichen Bariton alle durch zwei Solovorträge, ivährend die Jugend eifrig dem Tanzsport huldigte, schlug auch hier die Älbschiedsstnnde 8 Dresden. Dienstag, den 30. August, nachm. 3 lllir. Plärr« konserenz in Dresden-Z ich a ch w i tz, Menßlitzer Iste 50 Franz von Assist Historische Novelle. - von M. D. Krüger, l21. Fortsetzung.) Gr umklammerte ihre Knie und beschwor sie immer von Ik«uem: „Mutter, laß mich fliehen. O, laß mich fliehen, Hamit tch endlich dein Gelübde löse.'* Da mich die letzte Angst aus ihrem Herzen. Sie gab ihm die Schlüssel. Sie umarmte, küßte und segnete ihn. „Gehe denn hin. Vollbringe dein Leben. Lebe wohl." So schieden sie Als nichts mehr von ihm zu hören war, kniete sie vor seinem Lager und betete: „Gott, mein Gott, zu dir trage ich meines Herzens heißes Schlagen. Er will viel. Er will Grenzenloses. Wird ihm nur ein weniges gelingen? Aus Schutt und Trümmer will er Kirchen erbauen, di« herr licher als Kaiserschlösser ragen. Wird nur ein« einzige durch ihn erstehen? Da hörte sie durch die tiefe Stille der Kerkernacht eine Glocke klingen — ferner, höher, reiner, als ihr je eine irdische Glocke getönt hatte. Und wie sie mit Entzücken lanschte, war es ibr. als smocke eine Engelsstimme: „Lösche alles gegenwärtiae Leben in dir aus. lausche mit jeder Faser zur Zukunft." Ihre Augen schlossen sich, Ihr Puls setzte fast aus, ihr Herz stand beinahe still. Und nun kamen wunderbar von allen Seiten aus ihrer nahen und fernen Heimat die Glockenstimmen, mit verschie denem Klang, bell, freundlich milde, tröstend, brausend, ge waltig, aber vom gleichen Geist beseelt. Sie ahnte, alle diese Rufe zu Gott ertönten aus Kirchen, die die Liebe ihres Sohnes ins Leben rief, damit auch die Armen, die Elenden, die Enterbten ein herrliches Vaterhaus besäßen. Und wie ihr das zur wundervollen Gewißheit ward, say sie es auf allen Straßen zu den Kirchen wallen, graue, endlose Scharen, das unermeßliche Heer der Mühjel'gen and Beladenen und all« Lippen stammelten -in Wart, einen Namrnr 8kan- — Fron, «an »NM — 17. Jäh erwachte sie aus ihrer seligen Versunkenheit — Petrus stand in der Tür. Trotz der fast völligen Dunkelheit erkannte sie ihn. „Du?" hauchte sie In eisigem Schrecken. Er lachte gutmütig: „Ich hörte, wie du dich leise davon stahlst und erriet wohin." „Zum ersten Mal —" stammelte sie. Er wehrte lächelnd: „Laß nur, ich schelte nicht. Es ist natürlich. Zu streng —" Hier unterbrach er sich. Er hatte der Stelle, auf der er das Stroh schimmern sah, fast den Rücken zuaekehrt und stellte sich nun, um seinen Widerruf weniger beschämend für sich zu gestalten, als ob er den Sohn schlafend glaube. „Er schläft noch? Gut, es ist mir lieb, daß er nicht hört, was ich dir sage. Mein Gebot, ihm nur trockenes Brot zu reichen, wcv zu streng. Du brachtest ihm Krankenkost. Sehr ver- nüftig, ich lobe es. Hast du auch den Malvasier nicht ver gessen, den er so gern trinkt? Und vor allem nichts, was die Eßlust reizt? Wir müssen ihn sehr gut pflegen. Solche Grillen, wie er sie hat, entstammen nur der Entkräftung. Wir müssen ihn tüchtig herausfllttern. Die Luft hier ist schlecht. Führe ihn nach oben. Weil er noch krank ist, erlasse ich dem Dickkopf das Versprechen der Besserung, auf dem ich erst bestand. Er mag es später geben." Er lauschte. Er mochte wohl auf ein Wort heißen Dankes von seinem Sohn warten für die Nachgiebigkeit, die er seinem Starrsinn nur schwer abgerungen hatte. Da es totenstill blieb, machte er eine äußerste An strengung: „Noch eins. Wenn sein Herz daran hängt, mal dann und wann den Bettlerwlrt zu machen, so mag er sie an der Hinteren Pforte auf seine Art speisen. Nur einen nehme ich aus. Der Galgenvogel Bomani darf nimmer einen Bissen haben. Er ist es. der mich so hart gemacht hat. Sonst aber will ich mir Mühe geben, all das Pack mit gutgelaunten Augen anzusehen." Er wandte sich langsam zur Tik». „Ich gehe. Bringe ihn, wenn er erwacht Ist. nach oben. «Speise und pflege Ihn. Alles wird gut enden/ Noch zögerte er. Da kam es tanlva von Pica« Livoen: ..Franz ist s,rt- klanen." Petrus erstarrte einen Augenblick Dann stürzte er zum Lager. Jetzt >ah er. es war leer. Ein heißer Schmerz quoll in ihm auf, wie ec ihn noch nie gefühlt hatte. Entflohen! Hinter seinem Rücken! Dos konnte sein Sohn ihm antun! Er nahm oas Lämplein »no leuchtete noch einmal überall hin. Ja, er hatte es getan. Indes er sich selbst Tag und Nacht Schritt für Schritt dieses Nachgeben abgernngcn hatte, das für ihn die Abkehr vcn der Bernnnft, die Verleugnung seines Sirebens und der Arbeit der Väter bedeutete und deshalb einem Wege durch Spieße und Nuten glich — war Franz entflohen. Nickt einen einzigen, kleinen Schritt hatte er aus Sohneslietze zu ihm tun können. Nicht das geringste Verständnis hatte er für das Lebenswerk des Vaters, für die Gefahren, dir seinen Weg umlauerten. Alles dies stieß Petrus in kurzen, leidenschaftlichen Worten hervor. Ein Zurück war nicht mehr möglich, in eines Vaters Arm nicht mehr? „Er hat es getan," sagte Pica traurig, „in der Angst, daß du ihn seine Liebeswerke an den Geringsten nicht voll bringen ließest." Ein kalter, scharfer Blick ihres Gatten traf sie, zum erstenmal war Haß darin. „O wohl, ich weiß, wem ich diese Frucht zu danken Habs. Mein Sohn? Nicht doch. Der Sohn irgendeines Lumpen, mit dem du gebuhlt hast!" „Petrus!" schrie sie entsetzt. „Nicht mit dem Leibe," sagte er in schneidendem Hohn," aber mit der Seele. Dis schlich zu jedem, der bettelnd klopfte und hündisch winselte. Mit süßer Hand koste sie ihn, schlang sich um seinen Nacken und führte ihn an meinem Tisch. Warum nicht auch an mein Bett! Teufel! Einer Fieberstunde Fehltritt könnte ich verschmerzen, doch diese kalte, ewige Buhlschaft mit allen, die verkrüppelt und verlumpt sind, die würgt mich bis zuni äußersten Ekel." „Willst du, so schicke mich fort," sagte sie leise. In ihrer gebeugten Haltung lag eine tiefe Demut, zugleich aber auch die edelste Hoheit. „Nein," sagte er mit der Stimme, die gewohnt war zu gebieten, „nicht dich und nicht ihn. Was Ich habe, das hatte tch. Nicht nur das Gold und die Schätze, die die Speicher füllen, auch euch mit hartem, unlösbarem Griff. Nichts werfe ich den Vettlerhunden hin, nicht» lasse ich ihnen, als die kleinste Münze, sich Brot dafür zu kaufen. Ha» tftZhr einziges Recht an mich, nur das." kFortsetzuna folgt.)
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