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SSeystfche Dornszenung 24. «ngnfl l«7 Der Wie-eraufbau im Müglitz- und Gottleubakal — Was bisher geleistet worden ist und was es noch zu lun gibt. Sechs Wochen nach der Katastrophe i,n Müglitz - und Gott« leubatal. Di« Wasser der Unglücksnacht sind längst verlaufen. Die beiden Flüßchen wieder die harmlosen kleinen Gewässer von ehedem. Aber die Spuren der Katastrophe werden di« heimgesuchten Täler noch lange zur Schau trage». Die Verheerungen waren zu furchtbar. Wer weiß, ob Menschenhände den „Friedenszustand" Wieder Herstellen können. Doch ist in den verflossenen Wochen seit der Katastrophe unge heure Arbeit geleistet worden. Davon konnte man sich gestern nach mittag auf einer Besichtigungsfahrt unter Führung des stellvertretenden Staatskommissars Wirtschafts- mtnisters Krug von Nidda und des Finanzministers Weber «in anschauliches Bild machen. Bereits am 25,. Juli — also 1 4 Tage nach der Katastrophe — war der Fährverkehr auf der ganzen Länge der Talstraßcn wieder möglich. Um diese Leistung voll zu würdigen, muß man folgende Zah- len festhalten: In dem 360 Quadratmeter umfassenden Unwetterge- bict waren 15 Km. Straße überhaupt weggerissen. 30 Km. Straßen und Wege waren schwer beschädigt, 165 Brücken völlig zerstört und 72 beschädigt. Innerhalb 14 Tagen hatte man 132 Notbrücken baue« und 25 Km. Notstraße Herstellen müssen. ES kommt vor, daß die Straße von der frühe ren Führung gänzlich abweicht, weil die alte Straße einfach von der Strömung fortgertssen worden ist, und daß die neue Straße strecken weise den ehemaligen Weg der Eisenbahn benuhen muß, von der an diesen Stellen sowieso nichts mehr vorhanden war. Zeitweise waren 6000 Arbeitskräfte tätig. Augenblicklich ist die Zahl auf etwa 1000 herabgesetzt worden, da die Notarbeiten im wesentliche» beendet sind und für die endgültigen Ausbauarbeiten erst die fertigen Planungen vorliegen müssen. So besonders für den Wohnungsbau. Es sind insgesamt 83 Wohngebäude und 113 Nebengebäude völlig zerstört und 265 Häu ser beschädigt worden. Manches der beschädigten Häuser steht schon wieder fertig da. Man sieht ihnen die frisch vernarbten Wunden noch an. Aber sie haben ihr friedliches Aussehen wieder. 75 Prozent der zerstörten gewerblichen und industriellen Betriebe sind bereits wieder im Gange. Ein Zeichen, daß die vier Nolbauämter Weesen stein, Lanenstein, Pirna und Berggießhübel ganz« Arbeit leisten. Insgesamt wird man im Unwettergebiet etwa 11g Wohnungen ne» zu erstelle» haben. 70 davon allein in B e r g g i c ß h ü b e l, das ja am schwer sten von der Katastrophe betroffen worden ist. Nachdem man längs der Gottleuba die stehenycbliebcncn Ruinen fast restlos beseitigt hat — nur noch einige Steinhaufen zeugen von vergangener Pracht —, scheint es, als habe man dem Ort das Herz aus dem Leibe gerissen. Längs der wiederhergestellten Talstraße stehen Notbaracken, in denen einzelne der Handwerker — Bäcker, Fleischer, Lcbcnsmittelhändler usw. — ihre „Geschäfte" aufgeschlagen haben. Maschinen und Men- schcnkräste rühren sich, uni die Gottleuba wieder ordnungsgemäß in Ihr Bett zu bannen. Oben von der Höhe grüßt die Kirche mit dem Friedhof, wo so viele der Opfer der Unglücksnacht schlummern. Ge gen die Planung, die neue Wohnhaussiedlung am Sndosthang des Tales zu erbauen, hat das Bergamt Einspruch erhoben. In diesem Gelände besteht di« Gefahr von Stolleneinbrüche», sodaß inan zunächst ein neues geschütztes Baugelände ausfindig, machen muß. Trotzdem hofft man, den Wohnungslosen, die teils in Nachbargebäuden, teils in Heimen und in Nachbarorten untcrgebracht sind, bis zum No vember ihre Heimstatt wicderzugeben. Ein Zeichen des Wiederaufbaues! Gestern nachmittag kurz nach 8 Uhr ist der erste Zug von Pirna-LanghrnnerSdorf aus dem Bahnhof in Berggießhübel eingetrofsen. Bis hierhin ist die Strecke wieder hergestellt. Die Lokomotive ivar mit Birkengrün geschmückt und staunend und erfreut umstand eine zahlreiche Menge den Bahnhof, alz grüße man den ersten Zug, der überhaupt in Berg gießhübel einlief. Oberhalb des Ortes, wo sich der verhängnisvolle Bahndamm hinzieht, der di« Anstauung des Wassers verursacht und die Katastrophe für Berggießhübel so verhängnisvoll gestaltet hat, wird eS »och schwerer Arbeit bedürfen, ehe der Bahnweg wieder her- gestellt ist. In Gottleuba ist brr Aufbau schon weit fortgeschrit ten. Viel«» allerdings nur behelfsmäßig. Wasserleitung, Gas leitung liegen zu beiden Seiten üben auf -er Straße. Im Bett der Gottleuba braucht stampfen- und fauchen- ein mächtiger Raupenbagger vor, der dem Fluß das völlig mit Geröll an- gefüllte Bett wieder öffnet. An -en Leistungen dieses Bagger», der seinen Greifer tm Kletnbcchnloris entleert, kann man er messen, wa» -a» Wasser in einer Nacht ,-geleistet" hat. An der Notbrücke nach Hartmannrbach hat man elnen schauer- lichen Blick über das Geröllfeld von Felsblöcken und Mauer- stücken, das vom Wasser über einstige blühende Wiesen gelegt worden ist. Aus -er Fahrt von Gottleuba nach Lauenstein kreuzt man das umfangreiche Hochplateau, das ln der Unglücksnacht zum ungeheuren Sammelbecken für die zwei niedergehenden Wolken brüche geworden lst. Cs lst dies eine geographische Eigenart des Osterzgebirge», daß der obere Kamm ein derartig weitaus, gedehntes flaches Tafelland bildet, das nach Osten und Westen hin verhältnismäßig steil l» die beiden Flußtäler abfällt. Dies« Eigenart wird Immer eine Hochivassergefahr bilden, der man durch den Bau von Talsperren begegnen muß. Fürs erste ist «ine Talsperre oberhalb vom Haselberg geplant. Eine Vorlage soll bereit» im -September dem Landtage zugehen. Erschütternd ist es, wenn man von der fruchtbaren Höhe durch den unberührten schönen Wald am Abhang in das Granen des Müglißtales einmllndet. Immer das alte Bild. Ungeheure Massen von Steingeröll. Entwurzelte Baumrtesen. Geschlage nes Holz. Fertige Bretter. Aber bet Lauen sie in und Bären sie in stauen sich teilweise die Versatzmassen, die man jetzt an die Ufer gezogen hat, zu unheimlichen Bergen. Sle geben einen Begriff davon, welche Wucht das Wasser in dieser Mischung von Holz und Stein gehabt hüben muß. Immer dort, wo sich das Tal verengt, mehren sich die Spuren der Ver- Wüstung. An den Bäumen, die oft ln der Flutrtchtung gebeugt stehen, sieht man noch die Höh« der Flut. Auf dem Bahnhof Glashütte hat man die entführten Eisenbahnwagen wieder auf die Geleise zurückgebracht. Äu den Bahiwerkehr oberhalb Weesenstein ist in nächster Zeit noch nicht zu denken. Sämtliche Brücken der Eisenbahn, meist massive Eisenträger liegen unscheinbar zwischen dem Steingeröll. Ganz selten, daß einmal eine Brücke der Wucht der Fluten stand gehalten hat. Das Stelngerlpve einer Bogenbrück« wölbt sich noch über die Stelle, wo einst der Fluß war. Jedes Sandkörn chen ist von ihr wezigewaschen. Ein ganz sonderbare» Bild. Sie erhielt den Ehrennamen „Regenbogenbrücke". An ganz wenigen Stellen sieht man noch ein ordnungsmäßige« Bayngleis. Die Ufermauern des Bahndammes lnrben an einzelnen Stellen stand gehalten. Aber der Damm dahinter ist weggeschwommen. Die Mauer steht heut« mitten ln der Stelnwiist«. Daß das Problem Wiederaufbau der Schmalspur- oder aber Normalspurbahn unter diesen Umständen ein sehr schwierige» sein muß, kann man verstehen. Die endgültige Entscheidung in dieser Frage steht bekanntlich noch anS. Vorläufig ist tm Müglitztal der Schnialspurvrrkehr bis Weesenstein wieder im Gange. Alle die schönen Ortschaften Im Tale der Müglitz und Gottleuba leiden noch heute unter den Wunden, die ihnen der 8. Juli geschlagen hat. Es ist bisher tatkräftige und schnelle Hilft geleistet worben. Neben 4 000000 Mark, die an die Natbauämter ausgezahlt worden sind, stirb den Amtshauptmannschasten Pirna und Dippoldiswalde sowie der Stadt Pirna bisher rund 1300 000 Mark Berechnungsgelder überwiesen worden. Ferner hat die Stadt Berg- gieShübel noch 50 000 Mark unmittelbar erbalten. Die Notbauämter haben sich nicht darauf beschränkt, die für dis Oeffentlichkeit gefähr lichen Schäden zu beseitigen und dis Notstandsgebiet« dem öffentlichen Verkebr wieder zugängig zu mache», sondern auch die einzelnen Ge schädigten zuin Schutze ihres Eigentums und zur Beseitigung der ent standenen Schäden weitgehend unterstützt. Die den AmtShanPtmann- schäften Pirna und Dippoldiswalde und der Stadt Pirna überwie- senen Beträge sind für besonders bilfSbedürftige Personen und die am schwersten betroffenen gewerblichen und landwtrtschaftlichenBelrie- be verwendet worden. Diese Zuwendungen stellen nur eine vor läufige Fürsorge in den dringendsten Notfällen dar. Die end gültige Regelung der Gesamtschäden kann erst erfolgen, sobald die umfangreichen Schätzungen vollständig vorliegen und die Geldbeträge feststehen, die hierfür zur Verfügung stehen. ES ist sicher notwendig, daß auch das ösfsntliche Sam melwerk für die vom Hochwasser Betroffenen fortgesetzt und in allen Kreisen tatkräftig unterstützt wird. Man möchte wünschen, daß recht viele sich an Ort und Stelle von dem angerichteten Schabe» durch den Augenschein überzeugen könnten. Aber hinzniüqen möch ten wir: „Selig sind, die nicht sehen, und doch geben!" M D. » Besichtigungsfahrten -er Reichspoll Die Reichspost hat seit kurzem den Krastpostverkehr im Müglitz tal« auf der Strecke Dresden—Heidenau—Glashütte—Geising— lZtnmvald—Teplitz-Schönau)—Altenber« wieder ausgenommen. Darüber hinaus veranstaltet sie Rundfahrten in das Unwettergebtet der Gottleuba- und MüglttztaleS. Sie will damit beileibe nicht Schaulust und Neuglerdr wecken. E» ist aber unbestreitbar, daß sich derjenige, der nicht an Ort und Stelle Einblick in di« Verhältnisse nimmt, kein zutreffendes Bild davon machen kann, wie verheerend das Unwetter gewütet hat, was an zäher, miHseliger Arbeit bereit! geleistet ist und was es tn dieser Beziehung noch zu tun gibt. Um der Allgemeinheit die Möglichkeit zu geben, sich in einer halben Tagesfahrt dieses Urteil an Ort und Stelle zu verschaffen, hat di« Reichrpost diese Rundfahrten eingerichtet. Ganz besonder» will st< aber durch die Rundfahrten tnr Unwettrrgebtet da» Hilf» werk fördern. Da» Hilfswerk darf nicht erlahmen, dle- ser Leitsatz muß der Allgemeinheit immer wieder eingehämmert wer« den. Gelingt e» der Reichspost, diese Erkenntnis unter den Teilneh mern ihrer Rundfahrten tn» Univettergeblet ,u vertiefen, bann lK der Zweck der Fahrten erreicht. vrrrrten unei Umgebung Der Sachsenflug vresdru, 23. August. »er „Sachsenflug lp-7" spielt sich al» technischer Flugzeugwett» bewirb in einem ganz besonderen Rahmen ab, als die bekannten sonn täglichen Flugveranstaltungen. Während bei diesen die FlugkunK der Führer sowie die Werbekraft der Kunstflüg« tm Vordergrun» stehen, ist ein technischer Flugzengwettbewerb eine harte Prüfung d e s M at er ials, die von erhöhtem Interesse ist, wenn ein« große Anzahl von Neukonstruktionen erstmalig am Start erscheint. Zwei fellos ist die über die höchstzulässige Teilnehmerzahl hinauS-geheich» NennnngSltste, die gemäß Ausschreibungen auf die Zahl 25 be schränkt werden mußte, ein voller Erfolg der Ausschreibungen. Jedes der 25 gemeldeten Flugzeuge muß Nachweisen, daß es mit der vom Bewerber gewählten Zuladung einen Start von nicht mehr als 200 Meter mifweist und daß der Motor vom Führersitz au» vor mindestens drei Flügen einwandfrei in Bewegung gesetzt werden konnte, so daß das Anwerfen de» Propellers fortsällt. Eine der wich tigsten Forderungen des genannten Wettbewerbes zur künftigen Aus schaltung von Unfällen dieser Art. ES wird der Gtpfelslug ein überaus interessantes Bild für die Zuschauer abgeben. Für Deutsch land ist eS jedenfalls eine Seltenheit, 25 Maschinen in Höhen bis zu 5000 Meter und mehr gleichzeitig ln der Luft zu sehen. Eine wettere neuartige aber sehr wichtige Prüfung ist vas A u f» und Abmontteren der Flugzeuge innerhalb einer vorgeschrie benen Zeit von 1)4 Stund«, wobet außer dem Flugzeugführer nur drei Personen Hilfe leisten dürfen. Zum Nachweis gewissenhafter Ausführung ist anschließend ein Flug durchzusühren. Die Wirtschaft lichkeit der Flugzeuge wird lediglich am Brennstoffverbrauch ge messen. Der Gtreckenflugist eine Prüfung von Material und Füh rer. Im Streckenflug werden sechs Starts und sechs Landungen verlangt, außerdem ist die Umrundung von 12 Wendemarken vorgese hen. Der Zwangsaufenthalt beträgt auf den Landeplätzen nur 15 bezw. 30 Minuten. Es ist eine harte, aber beabsichtigte Bedingung der Aulschreibungen, daß Aufenhalte über die Zwangpause hinan» in dir Flugzeit eingerechnet werden. Wenn auch nach Zusammenstellung aller Leistungen die Aus wertung nur verhältnismäßig kurze Zeit erfordert, so kann doch sine Veröffentlichung der erworbenen Preise und Ehrenpreise erst 14 Tage nach Beendigung des Wettbewerbe» erfolgen, nachdem die Einspruchsfrist der Teilnehmer beim Deutschen Lustrat, der obersten deutschen Flugsportbehörde, abgelaufen ist. Wandlungen im Anslauddeutschlmn. In Genf tagt vom 23.-25. August zum dritten Mal der europäische Nationalitätenkongreß. Rund 40 Minderheitsgruppen nehmen an ihm teil, also nahezu sämtlich« Völker Europas sin- durch di« ihnen stammverwandten Minderheiten im jeweiligen Ausland an dieser starken Natio nalitätenbewegung beteiligt. Der Hanptgegrnstand der Bera tung ist di« Frage der Gefährdung des europäischen Friedens durch nationale Intoleranz und kurzsichtigen Chauvinismus. Man will endlich Wegs finden, mittels derer der Völkerbund günstigere Lösungen des Nationalitätenproblems bewirken kann, als dies bisher der Fall war. Diese Wege können sich nur auf der völkerrechtlichen Basis bewegen, nach der die einzelnen Staaten allen ihren Untertanen innerhalb ihrer Grenzen, gleich welcher Rasse, Nationalität und Konfession, gleiche bürgerliche und politische Rechte zuerkennen. Die Deutschcn sind an dieser europäischen Bewegung füh rend beteiligt. Abgesehen davon, daß der Generalsekretär der Nattonalitätenkongresse, Dr. Ammende, ein estländischer Deut scher ist, hat die Schaffung des deutschen Kulturrates in Estland, als dem ersten europäischen Parlament einer nationalen Kultür« autonomie, und die vorbildliche Durchführung seiner Aufgaben und Ziele, den Deutschen das Recht verliehe», an der Lösung des Nationalitätenproblems entscheidend mitzuwirken. Es sei wei terhin nur an die Namen dev politischen Vertreter der deutschen Nattonalttätengruppen in den einzelnen Abgeordnetenhäusern des Auslandes erinnert, wie z. V. Pastor Johannes Schmidt- Wodder im dänischen „Follething", an Werner Hasselblatt in Estland und Paul Schiemann in Lettland, an Eugen Naumann in Polen, an dl« deutschen Minister Spina und Mayr-Harting in der Tschechoslowakei, an dt« Abgeordneten Jacob Bleyer in Ungarn, Stefan Kraft in Jugoslawien, Rudolf Brandsch in Ru- und viel« ander« «ehr. Nicht rulrttt der rührig«» und klugen diplomatifchen Tatkraft dieser exponierten deutschen Pott- liker ist es zu danken, daß sich im allgemeinen hier und da «in« wohlwollende Aenderung in der Einstellung der Regierungen und öffentlichen Presse in gewisse» Ländern gegenüber dem Probleme nationaler Minderheiten vollzogen hat. Im besonderen aber brachten die Bestrebungen dieser Führer die auslanddeutschen Gruppen manchen schwererkämpften Schritt dem gemeinsamen Ziele näher: der kulturellen Selbstverwaltung, dem Recht der Pflege der deutschen Muttersprache, de» kulturellen Austausch«; mit dem deutschen Mutterlands, der eigenen Erziehung ihrer Heranwachsenden Jugend. Wenn dieser Kampf der deutschen Rattonalitätengruppen auch nicht jüngsten Datums ist — es sei nur an dt« Sprachcn- kämpfe im ehemaligen österreichisch-ungarischen Parlament er innert —, so besteht er in seiner heutigen akuten Form doch erst seit dem Ausgang des Weltkriege«, seit der neuen Festlegung der politischen Grenzen und der daraus folgenden Absprcngung von etwa 10 Millionen Grenzlanddeutschen vom Volksdeutschen Siedlungsblock. Fast 10 Jahre währt nun dies« neuangebrochene Epoche, eine Zeit, in der wir gewohnt waren, nur von Akten der Ge waltpolitik, der Schmälerung der Freiheit des einzelnen Deut schen im Ausland zu hören. Auch heute noch wißen diese Nach richten einer gerechten Empörung in der Presse nicht ab, sei es, daß wir sie aus Memel, au» Oberschlesien, au» Südtirol oder Eupen-Mnlmedy erhalten. Bet einer tieferen Einfühlung in den Lauf der Dinge aber und einer gründlicheren Beurteilung der politischen Vorgänge bet den Wirtrvölkern läßt sich doch ein« Wandlung fest fiel len, die sich in eine gewiss« Parallele setzen läßt zu der langsamen Abflachung der Gegen sätze in der cmswärtigen Politik. Gewiß nicht eine Wandlung, dl« «n» zu falschen Hoffnungen auf eine rosig« Zukunft berech tigt«. aber doch eine fühlbar« Aenderung tn dem Wollen einer verstünde«» «a t» national« a «eoenttken. erst« »»«tna« eine» Entwicklung, vr« notwendigerweise immer starrer vurcyonngen muß: der loyalen Behandlung der Volkstumsfragen unter allen Völkern. Zn der Tschechoslowakei trat diese Entwicklung am markantesten hervor. Aus einer Koalierung von den drei deut schen Parteien der Landwirt«, der Christlich-Sozialen und der Gewerbepartei mit den tschechischen bürgerlichen Parteien ent stand ein« deutsche Regierungspartei, di« im Oktober 1926 tn den Personen von Professor Mayr-Harting und Professor Spina zwei deutsch« Minister in der neuen tschechoslowakischen Regie rung stellte. Daß heute zwei deutsche Männer ausersehen find, di« Geschick« eines Staates zu lenken, tn dem ein schwer ge prüftes Volk von 814 Millionen Deutschen lebt, ist ein Erfolg, den sich di« Sudetendeutschen nicht träumen ließen. Da» 500- bis 600 000 Seelen zählende Deutschtum tn Ungarn errang bet den letzten Parlamentswahlen gleichfalls einen gewichtigen Sieg durch das Zusammengehen feiner Führer mit der Regie rungspartei des Grafen Veihlen. Der neben anderen Deutschen in die Kaimner gewählte Professor Dr. Jacob Meyer hat so z. V. von vornherein viele Rsibungspuntte ausgeschaltet, die sich in seiner rührigen Tätigkeit als Vorsitzender des llngar- läirdischen Deutschen Volksbildungsvereins für alle Belange der kulturellen Erhaltung des Ungarländtschen Deutschtums er geben hätten. Auch in Südslawien schlossen sich Lei den letzten Wahlen di« deutschen Wähler mit den serbischen Landwirten und den serbischen Radikalen zu gemeinsamen Parteien zusammen und brachten so ihre Kandidaten tn das Parlament, ohne gegen starke Oppositionen kämpfen zu müssen. Das außerordentlich lebensfähige Deutschtum in Siebenbürgen, im Banat, tn de« Bukowina, Beßarablen und in der Dobrudscha wird in der groß« rumänischen Kammer durch zehn deutsch« Abgeordnete, im groß« rumänischen Senat durch sechs deutsche Senatoren vertreten^ denen «» allenchalb«, möglich war. di« Recht« ibrer Stamm«»« ge»«G«n wirksam »» vertritrn.