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Sächsische Volkszeitung : 25.08.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-08-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192708259
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19270825
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19270825
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-08
- Tag 1927-08-25
-
Monat
1927-08
-
Jahr
1927
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 25.08.1927
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i« Süchfische Volkszettung «. i«. «eimalfesle Gedenkkage -er Valerskaök — Wie man sie nicht feiern sott Von O. Seyffert, Dresden. Jetzt nierden im Sachsenlande zahlreiche Heimatfeste peseiert. Ueberall ist man eifrig bestrebt, das Ortsgründungs- sahr zn entdecken. Alte Folianten und verstaubte Chroniken werden durchstöbert, um es würdig und fröhlich als Jubiläum begehen zu können. Die Städte, die eine geschichtlich bemer- kenswerte Vergangenheit haben, sollen sich deren stolz erinnern, diejenigen aber, denen dieser Vorteil nicht zur Verfügung steht, brauchen nicht hintenan zu treten: für ihre Heimatkinder tauchen dieselben alten, lieben Erinnerungen aus der Jugend auf, und wenn die Vaterstadt zum festlichen Geburtstage ruft, da beginnt eine Wallfahrt zu der Stätte, wo wlr die ersten Jahre verlebten und wo die für immer ruhen, die uns teuer sind. Wir wollen lzeute vom Mittelpunkt der Heimatfeste, vom Fe st zu ge, reden. Aus den Kirchen, Rathäusern und Sälen, wo die Feiern stattsinden, zieht es hinaus auf die geschmückten Stratzen. Viele Häuser haben bunten Anstrich erhalten. Und ivenn cs gerade klappt, stimmen die Farben auch zusammen. Me Menschen aber stimmen zueinander, sie fühlen sich heute alle verwandt, fast wie Kinder einer glücklichen Familie. Dicht gedrängt säumen sie Sonntags, dem Tage des Festzuges, dis Bürgersteige ein. Die Fenster sind voll besetzt — alles wartet und wartet. Böllerschüsse und Musik verkünden endlich das Nahen des Festzuges — da, um die Ecke biegt er schon! Er zerfällt fast immer in zwei Hauptgruppen, di» historische und die neuzeitliche. Es ist nicht leicht, einen Zug zu veranstalten. Historisch geschulte und künstlerisch begabte Männer müssen ihn leiten. Und nun wollen mir einige Er fahrungen zu Nutz und Frommen der Veranstalter mitteilen. Bedenklich ist es immer, allbekannte, der Geschichte an- gehörende Gestalten, auftreten zu lassen. Was auf dem Theater schon sehr schwierig ist, wird auf der Strafte noch schwerer. Das Rampenlicht und die Bühne machen vieles mög lich — die Sonne aber bringt es an den Tag! In einem Festzuge habe ich einmal Luther durch die Straften ivandeln sehen. Wie hatte er sich doch im Laufe der Jahrhundert« verändert! Ein anderes Mal entdeckte ich nach Auslösung des Zuges, wie Fried rich der Grafte auf der Festwiese sich allzuleutselig umhertum- melte. Figuren der Geschichte werden uns nicht näher gebracht durch unzulängliche Aufmachung, zumal man in ihnen doch schliehlich nur die allzubekannten Darsteller erkennt. Daher sei in diesem Punkte zur größten Vorsicht geraten. Ein sehr großer Uebelstand ist immer auch das Betonen des Schlechttheatralischen. Im allzueifrigen Schaffen walten z, B. die Friseure oft ihres Amtes, Sie stülpen dem harmlosen Menschen verschossene Perücken auf: sie bemalen ihre Gesichter in heftigem Eifer. Es ist selbstverständlich, datz gewisse Zeiten ahne Perücke und Schminke nicht auskommen: ich erinnere an die Rokokozeit, Auch muß möglichst vermieten werden, aus jungen Leuten Greise und Greisinnen zaubern zu wollen. Man erspare sich das greuliche Anmalen von „oltmachenden" Strickten und das Ansehen falscher Bärte, Sicher können als Träger solcher Rollen ältere Männer und Frauen leicht gewonnen werden. Am beste» ist es, dem Zug« eine Kostümprobe vorher gehen zu lassen. Am Abend vorher. Da kann es nicht paftierech daß in der Hitze des Gefechtes ein Barockedelmann Beinkleider aus dem 16. Jahrhundert sich anzieht. Es kann alles in Ruhet geschehen, es kann noch dies und jene» ergänzt oder geändert werden. So ist z. B. der glänzend verlaufene Festzug in Tha randt entstanden. Menschen, die auf keinen Fall sich für ein vorgesehenes Kostüm eignen, wirken oft vorzüglich als Ver treter eines anderen Jahrhunderts, Auch muh allzuoft di« Neigung vieler Zugteilnehmerinnen mit List bekämpft werden, di« „hübsch, zum Anbeißen" aussehen wollen. Größte Ehr« liclskeit soll höchster Schmuck sein. Kleine, lustig« Szenen erhöhen di« Wirksamkeit. Di» Strafte will nicht nur staunen, sie will sich auch sreuen. Unis das von Rechts wegen! Im Staatsbad Elster ,var vor kurzem «in Volks trachtenfest. Unsere Volkstrachten sind doch ausgestovbenk, Wollt ihr sie wieder lebendig machen? Nein. Nicht verschwom mene romantische Regungen waren die Veranlassung zu diesem Feste. Di« Volkstrachten sollten sicher nicht wieder «ingelebt werden — sie sind gestorben, und jede Zeit hat andere Au»-i drucksmittel. Aber die Veranstaltung war ein Dokument de« Vogtlandes geworden. Keiner konnte sich ihrer starken Wir» kung entziehen. Die Alten trugen noch einmal die Kleidung von dazumal. Es ivar ein Stück unverfälschter Ver» gangenheit. Und die Burschen und Mädel waren keine Stadt- Herren uich Fräuleins, di« heut« einmal Bauern spielten. Sie hatten die Gewandstiicke ihrer Eltern an, sie ivaren au» ent fernten Dörfern gekommen, sie sprachen ihren Dialekt unk» freuten sich über sich selber. Und wir freuten uns über sie, denn sie spielten keine fremde Rolle: es war da» Bogt« land! Erwähnt sei hier noch mit Stolz dar lange Zug de» Egerländer, der nach Elster gekommen war. Freilich werdest wir solche günstigen Verhältnisse — die Wen des ausgenom, men — in unserem Vaterland« nicht wo ander» antrefsen. Nun kommen wir zur neuzeitlichen Gruppe der Heimatfestzllgr. Da treten die Industriellen, die Gewerbe, dt» Innungen, die einzelnen Stände auf. Jedwede Reklame mutt peinlich vermieden iverden; die verstimmt. Dl« Fleischer, dl« Schmiede, die Landwirte sind dabei: sie zeigen sich im Arbeit»», gewande, von den Festwagen hämmert und klingt «». Die ver, logenen Allegorien vergangener Tage sind — Gott sei Dank — verschwunden! Sprühendes Leben ist dafür eingezogen. Wan dervögel singen und ländliche Musik ertönt. Hier kann ds< Humor zur vollen Geltung Kaminen! Hier kann di» GAtak» tungskraft unseres Volkes sich frei entfalten« Und deshalb schätze ich auch die Festzüge als Beitrag zur Volkskunst hoch ein. Und alle politischen Parteien können und müssen sich ast einem Heimatfeste beteiligen, weil doch aste ihre Heimat lieben. Und nun noch ein Wort an die Zuschauer, die stundenlang auf den Festzug warten. Zuschauer, nein, da» ist nicht di» richtige Bezeichnung, denn nicht solche soll es geben, alle sollen Mitwirkende sein: Sie sind die Begrüßenden, die den Heimat« festziig jubelnd empfangen, denn es gilt in Ihm dl« Heimat selbst zu begrüßen. Und In diesem Punkte wird viel versäumt. Die Gegenwartsfragen aus dem Dortmunder Katholikentag DI« Kirche Im Staat«. Die Zeitungen als Organik der öffentlichen Meinungen be schäftigen sich in den letzten Monaten vielfach mit der Stellung der Kirche im heutigen Staate. Anlaß zu diesen Erörterungen bilden die Ankündigungen, daß ein Reichskonkordat die staat lich-kirchlichen Verhältnisse regeln und ein Reichsschulgesetz die Lage auf dem Schulgebiete klären soll. Da müssen die deutschen Katholiken aufmerksam gemacht werden, wie die Dinge heute tatsächlich und rechtlich liegen. Sie müssen sich klar darüber iverden, welches die Stellung der katholischen Kirche im neuen Deutschland ist und iveiche Rechte sich aus der geltenden Ver fassung für die freie Betätigung der Kirche im heutigen Deutsch land herleiten lassen. Nur ivenn jeder deutsche Katholik sich über diese entscheidenden Grundfragen klar geworden ist, kann er bei etwaigen Kämpfen seinen Platz einnehmen. Diesen ganzen Fragenkomplex wird der hervorragende Kenner der kirchlich-staatlichen Rechtsverhältnisse Prälat Dr. Kaas, Nt. d, R., in seiner Rede über „Die Kirche im heutigen Deutschland, ihre Lage und ihre Aufgabe" in der öffentlichen Versammlung am Sonntag behandeln. Soziale Spannungen und Lösungen. Der Dortmunder Katholikentag, so kündet das Fcstplakat mit dem herrlichen Kopfe Kettelers, soll einen sozialen Charak ter tragen. Die großen Probleme, die mit den Worten Kapital macht und Aufstieg der Arbeiterschaft angedeutet werden, sollen in der Stadt des mühevollen Industrieschassens vom katholrschen Standpunkte aus betrachtet werden. Wir sind fa seit Jahrzehn ten Zeugen der großen SckMierigkeiteii, die sich aus der Zu sammenballung der besitzlosen Masse auf der einen und der Zu sammenfassung der wirtschaftlichen Macht in wenigen Händen mit Notwendigkeit ergeben müssen. Diese Dinge einmal los- gelöst van der zeitgeschichtlichen Erscheinungsform in ihrer grundsätzlichen Bedeutung und gesehen vom Cwigkeitsstand- punkte des Evangeliums aus. das den Frieden verkündet allen, die guten Willens sind, darzulegen, ist die hohe und ernste Auf gabe des angesehenen katholischen Staatsmannes Bundes kanzlers D r. Seipel, der am Montag, den 5, September, in der öffentlichen Dersammlung sprechen wird über „Arbeit »n.d Kapital in christlicher Auffassung." Das Festblatt zur 66. Generalversammlung der deutschen Katholiken kann bei allen Postanstalten oder beim Briefträger zum Preise von 2.30 Mk. bestellt iverden. Alle 6 Ausgaben werden etwa 150 Seilen im großen Tagcszeitungsfarmat ent halten, Bei Aufgabe der Bestellung mache man beim Postamt besonders daraus aufmerksam, daß das Festblatt In der Post zeitungsliste 11, Nachtrag unter dem Buchstaben F. eingetragen ist. Nachdem Katholikentag wird es dem Verlag nicht mehr möglich sein, das Festblatt nachzuliefern. Darum liegt es im Interesse unserer Leser, die Bestellungen sofort aufzugeben. Sachsen aus der„Gugali" Dresden, 26, August, Die Licgniher Deutsche Gartenbau- und Schlesische Gcwerbc- auSstcllnng 1027 — kurz mit dein Reklamcwort „Gugali" ge nannt — hat schon damit den Beweis ihrer großen Bedeutung für den gesamten denlschen Osten erbracht, daß sie schon jetzt van weit mehr als 1 Million Fremden besucht worden ist, Schlesien und Sachsen — namentlich im Gartenbau miteinander eng verbunden — reichen sich auf der „Gugali" auf» brüderlichste die Hand, Sächsische Gartenbaubetriebe und sächsische Bildhauer, die für den Gar tenbau schaffen, sind daher auf der „Gugali" mit wohlbekannten und klingenden Namen in reichlicher Anzahl verirrten, Da sei zunächst der Staatslchranstalt Pillnitz auf der Gugali gedacht. Zeichnungen und Entwürfe von Hansgärten, Vor gärten, Profilzeichnungen über Garteniechnik und die ansgestellien Modelle von Hausgärtcn geben ein anschauliches Bild von den Ar beiten des Lehrganges für Gartengestaltung, Farbtafeln und Dia positive verschaffen manchem Aufklärung über Wurzelbildnng, Wur- zelstockbeschasfenheit und Bestockung bei den einzelnen Pflanzen- arten, Sträuchen, und Bäumen. Die Abteilung Erwerbsgartenbau bringt Erläutcrungsskizzcu über den erwerbstätigen Oiartcnba», Bilder und Skizze» über da? Einwintern von Kohl in Kohlschcnnen nach holländischem Muster, über das Anlegen von Frelgrundkästcn, Freigrnndkalthänsern und Gewächshäusern: Statistiken u, a, m. machen diese Ausstellung ungemein lehrreich und sehenswert. An der Ausstellung ist ferner di« um die Forderung der Schulgartenbewe- gung hochverdiente Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schnlgärtner (Dresden) beteiligt, Schon ein Blick ans die ausgezeichneten Schulgartenbilder läßt erkennen, wie wertvoll die Arbeit im Schulgarten in biologischer und erzieherischer Hinsicht für unsere Jugend sein kan», Neben zahlreichen Bildern aus dem Dresdner Ausstellungsschulgarten und aus Leipziger ArbeitS-Schul» gärten sind viele andere sächsische Schulen vertreten. Sehr groß ist — meist an Sonntagen — die Zahl der sächsi schen Kraftfahrzeuge, die der Ausstellung neue Gugali-Besucher zusüh- rcn. Sie sind von verschiedenstem Umfang und bezeugen eigentlich jedes Mal am besten, das; Sachsen offenbar das größte Interesse an der Gugali besitzt. Aus Kamenz traf kürzlich ein Autobus mit zirka 48 Personen ein Er Ivar ausfallend elegant eingerichtet und trug am Kühler als Blumengirlande die Inschrift: „Jetzt kumm'se": am Hinterfcnster aber stand zu lesen: „Das ivarn'se". Wie man all gemein zu hören bekommen kann, befinden sich die gemütlichen Sachsengesellschäften in Liegiiitz stets recht wohl und zollen der Gugali und ihrem künstlerischen Leiter, Gartenarchiiekt Allingcr (Berlin), die allerhöchste Anerkennung. Vr«5«I«n unä Umgebung Zu -em Raubmvrdvorsrich tu Frettal D«»d««, »4. August. Z» dem Raubmordversuch in Freital erfahren wir noch, In der Nacht zum Dienstag wurde wenige Minuten nach 1? Uhr aus der Straße Frettal—Burgk einige Meter hinter der sogenannten Pergola der in den WeltcuWrrken tn Frettal beschäftigte und in Gtt- tersee wohnhafte 22 Jahre alt« Mechaniker Han» Zinke durch ein« zurzeit noch unbekannte Person au» dem Hinterhalt« angeschos« srn und schwer verletzt, Zinke hatte noch die Kraft, unter Hilferufen bi» zum Eingang de» Elektrizitätswerke» :pi laufen, Dort brach er zusammen und wurde vom Pförtner tn dessen Dlenstzimmer getragen. Nach Nnlsguna eine» Notverbande» durch einen schnell herbeigerufenen Arzt wurde Zink« tn das Krankenhaus in Freital übergesührt und dort sofort operiert. Dt« Verletzungen sind lebens gefährlich. Vor der Operation konnte Zinke noch folgende Angaben ma chen: Er sei am Montagabend mlt seiner Braut, der 21 Jahre alten Keyserlings Religion Die Religion, das heißt hier da? kirchlich erfaßte Christen tum, ist zweifellos die gewaltigste und tiefste Geistesmacht gewesen, die die Geschichte kennt. Sie hat den Menschen unmittelbar auf die siimhafte Wirklichkeilstiefe bezogen und ihn van da aus geformt, Ihre großen thplschei, Prägungen hat die Menschheit durch die Re ligion empfange». Heute hat die Religion als GeisteZiiiacht ihre bildnerische Wirksamkeit verloren. Denn einmal ist die Welt de? Glaubens, des kindlichen Fiirwahrhaltens heute überholt, für den modernen Menschen hat nur das Bedeutung, Autorität, was er mit dem Verstand erfasse» kann. Zweitens aber ist selbst der Gläubige in sich zwiespältig, nur mit eine,» Teil seines Wesens an den Inhalt seines Glaubens — Gott, Kirche, Dogma — gebunden. Zwischen Glauben und Wissen ist eine unüberbrückbare Kluft. Drittens ist die konkrete Religion darin rückständig, das; sic eine geschichtlich be stimmt festgelcgte Scelcnfonii zum allgemeinen LebenSideal erhebt lind sich so an der Mannigfaltigkeit des Lebens versündigt. Das ist etwa, kurz umschrieben, die Stellungnahme, dis Her - man» Keyserling Religion und Kirche gegenüber ciiiiiimmt, Keyserling setzt in unserem Zeitalter und unbedingter Erkcnntnis- frcudigkeit an die Stelle der Religion die Philosophie. Sie ist nach ilm, die einzige Lebensmacht, die heute für die Gestaltung der Men schen in Betracht kommt. Die Weisheit allein verbürge eine neue einheitliche Geistekknltur, Dahin ist seine berühmte „Schule der Weisheit" in Darmstadt zu verstehen, durch die sich Keyserling vor allem seinen Nomen gemacht hat. Es kann in diesem Zusammenhänge auf das Gesamtgebilde der Keyserlingschen Sinnphilosophie in all ihren Feinheiten und Auswirkungen nicht näher Angegangen werden, Einen^klarcn und leicht verständlichen Ileberblick darüber gibt ein im Verlage von Strecker u, Schröder, Stuttgart, 1927 erschienenes Buch des Gieße- ncr Prlvatdozenten Lic. Dr. Heinrich Adolph: „ DicPhi - losophie des Grafen Keyserling." Dieses Buch enthält veben einer Einführung in die Schule der Weisheit, der der Ver fasser selbst nahe gestanden hat, auch ein« bescheidene Kritik des Gra sen Keyserling. Daß sich dies« Kritik ganz in der Richtung unserer katholischen Melianschouuiig bewegt, wenn sie auch bei weitem nicht bis zu deren letzten Konsequenzen vordringt, ist »m so bemerkenS- wcrier, als das Buch von protestantischer Seite stammt. Da« „Ich", dar Keyserling in ausgesprochenster Klarheit in den Mittelpunkt seiner Weltanschauung stellt, entlockt selbst dem Protestanten Adolph das kritische Geständnis, ob denn in dieier Begründung des Ideals nicht der Keim zu einem uferlosen Subjektivismus liege, ob dann nicht allez tn persönliche Willkür aufgelöst weide, Wo denn daS Objektiv-Bedingte bleibe? ,Menn Keyserling fordert, fick tm Welt- mittelpnnkte zu zentrieren, das Ich zur Achse des geistigen Univer sum» zu machen oder als Koordiualeiipunkt des kosmischen Raum- shstcms aufzufasssn, so gehen wir nicht mit ... Es geziemt dem Menschen nicht, die Schranke der Bedingtheit durchbrechen zu wöl ken. In der Tendenz zur Sclbstvergottung sehen wir keine Weis heit — jeder „Turmbau zu Babel" bat noch mit einer Sprachver wirrung geendet — sondern Hvbris (Hoffart!), die sich mit der Stellung des Menschen als eines Geschöpfes nicht verträgt". (155 f). „Das Ich eines Menschen, und sei es der grösste Geist, ist zu eng, um die Bedeutung des Ganzen und damit auch der Teile zu erfassen, Dies vermag nur Gott," (160). Es ist an der Zeit, das; man das jenseits aller ihm zu engen Religionen Stellen des Grafen Keyserling beim reckten Namen nennt. Adolpy sieht darin ein Hinanfschraubcn des Weisen ans den „Standpunkt Gottes", Er weist auch darauf hin, wie problematisch cS ist, ivenn Kepserling aus seiner überlegenen Perspektive heraus das Wesen aller Religionen der Erde ergründen zu können glaubt (neuerdings sollen das ja bereits die Schulkinder lernen!). Denn cs sei doch ein Unterschied, ob jemand mir zum Spas; buddhistischer Mönch werde oder sich wirklich lebenslang tn eins Höhle setze und auf die Welt verzichte, ,LLer sich in jeden Nebel des Absoluten zu erheben sucht, seht sich der Gefahr aus zu zerstießen. Wer jenseits aller Formen stehen will, ist von der Formlosigkeit bedroht" (l63). Für uns ist die Welt des Glaubens, des kindlichen Fürwahr- haltens »och nicht überholt. Allerdings muß es eine gewaltige Wahrheit sein, die mit dem Anspruch vor uns hiistritt, geglaubt zu werden. Wenn in den letzten Jahrhunderten der Geist „unbeding ter Erkenntnisfreudigkett' im Gefolge der Resvriiiatlon und ihrer Auswirkungen so weit über da» Ziel htnauSgeschossen ist und so viel Glaubensgeist und damit EinwirkungsmögUchkeit auf da» Welt geschehen vernichtet hat, so sst das nur ein Beweis dafür, das, wir zur mittelalterlichen GetsteShaltung zurück müssen, wen» wir un» für die Zukunft wieder ein« kulturelle Gestaltung der Geschichte und deS tzlbendlandeS versprechen wollen. Wenn man die Dinge so sieht, dann erkennt man aber auch, welche Bedeutung die katholische Kirche mit ihren ungeschmälerten Schatze von unveränderlichen, unbedingt gültigen Glaubenswahrheiten darstellt. Oder wo ist heute noch ein» andere Religionsgemeinschaft die dem modernen Menscken ein gleich erhabenes GlaubenSgut anbieten kann, wie di« katholische Kirche. Führende Katholiken haben gerad« in letzter Zeit nickt geruht, immer wieder darauf hinzuweisen, daß auch innerhalb der katholischen Kirche eine größere GlaubenSfreudigkeit, größeres selbstloses Sichhtngcben notwendig sei gegenüber dem erkenntnismäßigen Katholizismus, wie er heute vielfach gang und gäbe sei. In dieser stärkeren Betonung der vertrauensvollen GlanbenSseligkelt liegt ohne Zweifel eine d«p Hauptkräfte für die kulturelle Auswirkung des Katholizismus auf di» moderne Menschheit. Adolph Ist in seinem abschließenden Urteil über die Keyserling- sche Sckule der Weisheit sehr zurückhaltend: bet einer Geistesrichtiing, di« noch in der Entwicklung begriffen ist, sehr verständlickerweise. Doch gewinnt sein Urteil über Keyserlings Haltung zur Religion an einzelnen Stellen bereits erfreuliche Klarheit und macht sein Buch doppelt lesenswert. So wenn er ganz am Schlüsse sagt: „Kcyser- ling meint, daß aus der christlichen Tradiiionsreihe nur das lebens fähig bleiben werde, was von ilnn auf seinen tiescren Sinn geprüft und seinem Gehalt nach als wesentlich befunden worden sei, Aller Voraussicht nach aber wird, gerade umgekehrt, von seiner WeiSlicitS- lehre nur das für die Zukunft ausbewahrt werden, was Anschluß an die abendländische christliche Strömung findet. Was mit dieser un vereinbar ist, scheidet sich vom »ährenden Mntterboden und sinkt in» Nichts." M, D, Deutsche Buchgemeinschast. Berlin SW 61. Telioivez Straße 2ü. bietet ihren Hunderttausenden van Mitgliedern im Rahmen einer großen „Sommer- und Fcrienwerbnng" ein« reizende Sommergabe — „Mozarts Reise nach Prag" von Mörike, geschmackvoll tn Seide gebunden — als Prämie. Freunden des wirklich guten Buches kann empfohlen, werden! «ich Prospekt und Bedinaunaen kommen zu lassen.
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