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Sächsische Volkszeitung : 11.08.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192708116
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19270811
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19270811
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-08
- Tag 1927-08-11
-
Monat
1927-08
-
Jahr
1927
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 11.08.1927
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Papst Pius XI. über die soziale Dedeulung der Frau Die Kundgebungen der Päpste anläßlich der alljährlichen So zialen Woche Frankreichs sind nachgerade zn Aeußerungen von allge meiner Bedeutung geworden, denen nicht bloß die Katholiken Frank reichs, sonder» die gesanite gesittete Welt Gehör schenkt. So auch dieses Jahr. Bekanntlich behandelt die diesjährige soziale Studien woche in Nancy die bedeutsame Rolle der Frau im sozialen Leben. Wie üblich, hat M. Eugen Duthoit, der Präsident der General kommission der Sozialen Woche Frankreichs, das ausgearbeitete Programm dem Heiligen Vater unterbreiten lassen. Daraufhin nun läßt Papst PiuS XI. durch den Kardinals-Staatssekretär folgen dermaßen antworten: Aus dem Vatikan, am 11. Juli 1S27. Herr Präsident! L'er Heilige Vater verfolgt mit Aufmerksamkeit und mit einen! 'Herzen voll großer Zuneigung die religiösen und sozialen Anstren gungen seiner Söhne in Frankreich, alz daß er das Programm der Nächsten Abhaltung der Sozialen Woche, von dem Sie mir eine ge treue Darstellung übersandt litten, nicht zum Gegenstand seiner be sonderen Aufmerksamkeit gemacht hätte. Wenn man nützlich an der christlichen Regeneration der Nationen arbeiten will, ist es tatsächlich Von einer kapitalen Bedeutung, klar zubestimmen, wie man das in den Vorlesungen van Nancy zu tun vor hat, nämlich „was schuldet ue Gesellschaft der Frau und was schuldet die Frau der Gesellschaft". Diese Frage ist wirklich eine derjenigen, denen das Christentum sin unauslöschliches Gepräge verliehen hat. Durch die Kirche als verwirklichen«! des Evangeliums wurde die Lage der Frau von vrund aus umgestaltct. Sie hat im Verlauf all der Jahrhunderte, >ei allen Nassen, im Angesicht aller Mächte die Unauflöslichkett der khe, wie sie von ihrem göttlichen Gcniahl wtederhergestellt worden war, verteidigt, indem sie die Heiligkeit der Ehe, di« durch Ihn zur slssürde eines Sakramentes erhoben worden >var, verkündete, und noch »ehr hat sie den Stand der Jungfräulichkeit erhoben, durch den vienschlichc Geschöpfe in Wettbewerb mit den Engeln treten und auf »i« Freuden der Familie verzichten, um sich dein Wohl der Mensch heit zu widmen; die Kirche hört nicht auf, den Völkern die geheilig ten Rechte der Frau, die Größe ihrer Aufgabe im häuslichen Heim, sie Unverletzlichkeit ihres moralischen Lebens ins Gewissen einzuprä- e». So haben denn — wie Sie, Herr Präsident, mit Recht darauf ringen — di« Professoren der Sozialen Woche von Nancy in den Unterweisungen der Kirche die Prinzipien gesucht, die ihnen zu be stimmen ermöglichen, was die heutige Gesellschaft auch unter den Neuen Bedingungen der Frau allzeit schuldet; sodann ist e» Sache der Frau persönlich, durch die heilige Energie ihrer eigenen Tugen- »rn die moralische Schönheit, die der göttliche Erlöser, der Sohn der allcrseligsten Jungfrau Maria, ihr wiedergegebcn hat, zu ver teidigen und vor allem heute ain unerläßlichen Kccuzzuge ihren Pollen Anteil zu nehmen, wie er so oft und so nachdrülMch vom Papste gegen di« unziemliche Mode und gegen so viele anvere ver dorbene Gebräuche, die die moderne Gesellschaft unheilbar bedrohen, gepredigt wurde. Und wo außerhalb des HelmS, das zusammenfallen würde, wcnn die Frau aufhörcn würde, seine Königin zu sein, die Sitten «nd Gesetze der Frau mehr und mehr in unser» Tagen weiter Sphä ren intellektueller Kultur, sozialer Tätigkeit und sogar des bürger- tchen Lebens eröffnen, da wird cs in besonderer Weise ihre Aufgabe, diese neuen Mittel des Einflusses zu benutzen, um überall die Ach tung des Familienlebens, die Sorge für die christliche Erziehung der Kindern, de» energischen Schutz der öffentlichen Sittlichkeit zu för dern. Das sind, Herr Präsident, die Gedanken, die der Heilige Vater mir aufgetragen hat, Ihnen bekannt zu geben. Diese sind »urchauS in Ueberelnsiimmung mit denjenigen Ihres Schreibens, das so reich an edlen kindlichen Gefühlen mich ersucht hat, sie dem Heiligen Vater zn unterbreiten. In dieser guten Stadt Nancv, wo ein bewunderungswürdig eifriger Bischof bereit ist, sie init einem oollanf berechtigten Zutrauen zu empfangen, In, Zentrum einer französischen Provinz, die so solid christlich geblieben ist, da kann der väterlich wohlwollendste Segen des Statthalter» Christi nicht ermangeln, auf diese Tage des Gebetes und der hohen christlichen Unterweisung die Gnaden hcrabzuziehen, die ihnen helfen werden, diese Soziale Woche zu einer Etappe des sozialen Reiches Jesu Christi in Eurem innig geliebten Lande zu machen. Mit meinen Glückwünsche» zu Ihrer so einsichtsvollen Tätig test, mit der Sie sich dein Werk der Sozialen Woche widmen. Litte ich Sic, Herr Präsident, die neue Versicherung meiner ausgezetch- »etsten Gefühle cntgegenzunehmen. (gez.) P. Card. Gasparri. Dev Wiederaufbau der Eisenbahnen im Unwettergebier lieber die Wiederherstellung der durch das Hochwasser teilweise zerstörte» Bahnlinien cm Gottleuba- und Müglitztal« schreibt uns die Reickzsbahndirektion Dresden folgendes: Der Wiederaufbau der zerstörten Bahnstrecken muß zu nächst ohne Rücksicht auf spätere Aenderungen, die etwa durch die jetzigen Erfahrungen der Hochivasserßatastrophe bedingt sind und noch eingehender Prüfung mit den zuständigen Regierungs stellen bedürfen, mit Hilfe von Notbauten erfolgen, um den schwer betroffenen Bewohnern der beiden Täler baldigst wieder Lebensmittel, Kohlen und Rohstoffe mit der Eisenbahn zuzu führen und die zum Wiederaufbau nötigen Baustoffe heranzu schaffen. Der Stan dder Bauarbeiten ist z. Zt. der, daß die Linie Pirna—Gottleuba voraussichtlich Mitte dieser Woche bis Langenhennersdorf, Ende dieses Monats bis Bahnhof Berggieß hübel und spätestens Mitte Oktober bis Bahnhof Gottleuba tn Betrieb genommen werden kann. Der Notausschuß der weitaus schwerer beschädigten und zum Teil verschwundenen Linie Heidenau —Lau enstein wird sich auf eine längere Zeit erstrecken, doch wird danach ge strebt, unter Einsatz aller Kräfte auch diese Linie bis Ende dieses Jahres in voller Ausdehnung als Notbau fertig zu stellen. Entsprechend dem Bausortschritt sollen Teilstrecken der Linie schon vorher in Betrieb genommen werden. Genaue Zeitpunkte für die Wiederaufnahme des Betriebes auf den einzelnen Teil strecken lassen sich indessen nicht angeben« » Die Sammlung der „Kölnischen Zeitung" für die Umvet tergeschädigten hat 12 WO Mark bereits überschritten. Straßensperrungen Die Schkeuditz er Staatsstraße wird zwischen Leipzig und Stahneln von Kilometer 4,4 bis Kilometer 5.03 in der Flur Leipzig-Wahren wegen Ausführung von Bauarbeiten tn der Zeit vom 8. August bis zum 15. September 1927 für allen Fahr- unv Neitverkehr gesperrt. Der Verkehr wird durch die Bahnhofstraße, Hauptstraße und Mühlcnstraße verwiesen. — Die Staatsstraße Grimma —Wald hei m, Abteilung 1, wird von der Wege kreuzung GroßbardauSchaddel in den Fluren Schaddel und Groß- boihen von Kilometer 4,5 bis 5,0 wegen Ausführung von Ban- arbeiten in der Zeit vom 9. August 1927 bis 16. August 1927 für allen Fahr- und Reitverkehr gesperrt. Der Verkehr wird über Schaddel verwiesen. — Wegen Walzasphaltarbeiten wird die Staatsstraße Chemnitz —Hainichen zwischen Franken- berg und Gersdorf vom 15. August 1927 ab auf dte Dauer der Arbeiten für allen Fahr- und Neitverkehr gesperrt. Der Verkehr von Frankenberg nach Hainichen und umgekehrt wird über Ditters bach und Berthclsdorf auf den Kommunikationsweg und über Gers dorf—Ulbersdorf auf die Staatsstraße Flöha—-Mittweida verwiesen. — Wegen Beschotterung wird die Erdmannsdorf — August usburger Halbchaussee zwischen den Gast wirtschaften „Adelsberg" (Schere) und „Jägersruh" voin 8. bis 28. August dieses Jahres für allen Durchgangssahrverkehr gesperrt. Der Verkehr wird über Raba bzw. Kleinolbersdorf verwiesen. — Wegen Einbaues von Packlager in die Straße Oberlungwitz — Mitt weida zwischen Kilometer 0,0—l,0 in den Fluren Obcr- lungwitz und Wüstenvränd wirb die Straßenstrecke zwischen Ober- lungwih und Wüstenbrand vom 10. August dieses Jahres ab auf die Dauer der Arbeite» für allen Fahr- und Neitverkehr gesperrt. Der Verkehr von Oberlungwitz nach Wüstcnbrand-MIttwcida und umge kehrt wird während dieser Arbeiten auf die H o f e r S t r a ß e, die Straße Chemnitz—Hohenstein-Ernstthal und die Nutzunger Straße zwischen Oberlungwitz und Wüstenbrand verwiesen. — Die mit Bekanntmachung vom 29. Juni 1927 auf die Zelt vom 4. Juli bis 6. August verfügte Sperrung der Bahnhofstraße in Schwarzenberg (Staatsstraße Schivarzenberg—Zwönitz) von Kilo meter 0,0 bis 0,525 wird bis zum 81. dieses Monats verlängert. — Weiter wird die Straße WilzschbauS —Rantenkranz in folge Vornahme von Walzarbcitcn auf di« Zeit vom 15. August bis 17- September 1927 für allen Fährverkehr gesperrt. Die Umleitung erfolgt über da? Wiesenhaus. — Wegen Straßenverlegung in Wolfs grün wird die Staatsstraße Schneeberg —Karls bad in Wolfsgrün zwischen Kilometer 10,3 »nd 10,8 auf die Zelt vom 11. August bis 22. Oktober 1927 ebenfalls für allen Fährver kehr gesperrt. Di« Umleitung erfolgt für den Verkehr Eibenstock-Neu- städtel über Hundshttbel, im übrigen über die Küchenleithe und die Bahnhofstraße in Wolfsgrün. Auf Grund von S 23 der Verordnung über den Kraftfahrzeug- Verkehr vom 5. Dezember 1925 werden der vom Koiiiniunikatlons- iveg Obercrinitz—Stangcngrün an den Steffenhäuscrn abzwetgende Gemcindetveg (sogenannter Kirchsteig) nach Lauterholz und der vom KommunikationSwcg Obercrinitz—Bärenwalde abzweigende Ge- meindeweg nach Giegcngrün für allen Verkehr mit Kraftwage» und Lastkraftwagen gesperrt. — Die Sperrung der Chemnitz—Annavergec Staatsstraße in den Fluren Thum und Ehreuirtedersdars >,» o >, gehoben. Vrr5ck«n und Umgebung Grundsreinlegung -es Deutschen Äygiene-Museums Dresden, 10. August. Die Errichtung des Deutschen Hy gienemuseums in Dresden ist nunmehr von allen in Frage kommenden Instanzen genehmigt ivorden, Reich, Staat und Stadt haben ansehnliche Beträge bewilligt und den Bauplatz bereitgestellt. Der Bau selbst wird nach Entwürfen des kürz lich von Düsseldorf nach Dresden berufenen bekannten Archi tekten Professor Kreis ausgesiihrt werden. Die Grundstein legung wird etiva Ende September oder Anfang Oktober d. I. stattfinden. Es ist nicht ausgeschlossen, daß Reiclispräsident v. Hindenburg der Grundsteinlegung beiwohnen und die ersten Hammerschläge für dieses bedeutungsvolle Werk tun '^>rd. Schwerer Verkehrsuufall Dresden, 10. August. .Heute früh in der 7. Stunde fuhren zwei Personenkraftwagen auf der Kreuzung Bernhard- und Bayreuther Straße so heftig zusammen, daß beide Wägen zev trümmert wurden und abgeschleppt werden mußten. Eine« der Insassen, ein hiesiger Juwelier, wurde durch die Scheiben geschleudert und sehr schwer verletzt. Er wurde nach dem Kran kenhaus gebracht. Beide Kraftivagen sind zu schnell gefahren. Nene Brvlpreise Dresden, 10. August. Der Arbeitgebewerband der säcl>- fischen Mühlenindustrie. die Backerinnung zu Dresden und die Schlüterbrotfabrik, G. m. b. H., Dresden, geben bekannt, daß von heute an, ein 4-Pfunü-Bröt 1. Sorte 82 Pfa. ->1» 4-Psund- Brot 2. Sorte 7« Pfg. kostet. i Aus Anlaß des Berfassungsrages Md die BUroraume aller Reichsversorgungsdieiiststellen am 11. August d. I. geschlos sen. : Die Sammlungen für Kunst und Wissenschaft sind am Verfossnngstage (11. August) wie a» Sonn- und Festtagen ge öffnet. : Konzert vom „Sprechenden Turm" der Iahresschau. Donnerstag nachmittags 0.15 Uhr bis 7 Uhr wird vom „Spre chenden Turm" herab ein Konzert mit Werken slawischer Kom ponisten veranstaltet. Ansführende sind die Konzertsüngerin Maria Pick und Dr. Leonhard Prinz am Flügel. : Konsularwesen. Das Kgl. Spanische Konsulat wird am Freitag nach Lessingstraße 5, verlegt. ; Ausgehobene Straßensperrungen. Der seit dem 81. Januar 1927 gesperrte Teil der Karlsruher Straße zwischen Coschiitzcr Straße »nd Flur Bitterste und der seit dem 18. 7. 1927 gesperrte Teil der Permoserstraße zwischen Pöppelinann- straße und Devrlentstraße sind für den Verkehr wieder frei, gegeben. : Verlängerung der Sommerserien »n der 6. Mädchen berufsschule, Blochmannstraße 2. Bis zum Schluß der Som merferien können in der 0. Müdchenberufsschule, Blochmann straße 2, eingeleitete, notwendige Vorrichtungsarbeiten nicht beendet iverden. Deshalb werden siir die 6. Mädchcnberufs» schule die Ferien um eine Woche, also bis mit 2 0. A ugust 1927, verlängert. : Di« deutsche Relchsbahngesellschast hat mit Wirkung ab 1. August 1927 die Anschlußgebühren für die Beförderung von Wagen nach und von den vollspurigen Prwatgleisanschlüssen neu geregelt. Es treten eine Reih« von Ermäßig ungcv in Kraft. : Der Verband deutscher Photographenvereine und Innun gen, der mit dem Sitz in Berlin das Deutsche Reich einschließ lich Soargebiet und Danzig umfaßt, hält seine diesjährige Aus -er Geschichte -er spanischen Stierkümpse Die spanischen Stierkümpse sind schon im Gesetzbuch der Title PartidaS (13. Jahrhundert) urkundlich belegt, und ein alter italie- »tscher Geschichtsschreiber inelnt ihren Beginn genau auf das Jahr 1100 festege» zu können. Während sie aber im mittelalterlichen Spa nien ausschließlich eine jener Hebungen der Gewandtheit, Kraft und Unerschrockenheit bilden, denen sich der ritterliche Adel mit Vorliebe hingtbt, vollzieht sich im 16. und 17. Jahrhundert der Uebergang vom freiwilligen Sport der Vornehmen zur geschäftsmäßig betrie benen Volksbelustigung, mit deren Erträgnissen zuweilen kommunale »nd kirchliche Einrichtungen gefördert und unterstützt werden. Neben den adeligen Stierfechter, der das Tier nur außer Kampf setzt unv die Tötung gedungenen Kräften überläßt, tritt mit der Zeit der »e- rnfsmäßige und bezahlte Matador meist niederen Standes. Papst Pius V. untersagt 1507 die Sticrgefechte bei Strafe der Erkommu- nikation; Gregor XIII. mildert bereits 1575 dieses Verbot dahin, daß den Geistlichen der Besuch der Spiele jederzeit und das AbhaNen derselben an kirchlichen Festtagen überhaupt verwehrt bleibt; Kle mens VIII. endlich muß 1596 auf Drangen PbilippS II. auch diese Klauseln fallen lassen. I» Madrid pflegen während des 17- Jahr hunderts die fiestas de toros dreimal im Jahre auf der Plaza mnyor irbgchalren zu werden. Ein Kavalier zu Pferd kämpft gegen de» Stier mit einer Lanze, getötet wird das Tier von zwölf mit Säbeln bewaffneten Dienern. Unter de» spanische Städten jener Zeit ist das am Arlanzaslnß gelegene Lerma ini ganzen Lande be rühmt wegen seines für die toros besonders geeigneten Marktplatzes. Dieser gestattete nämlich infolge der Höhenlage des Ortes einen ganz besonderen Trick. War der Stier zu gefährlich, um in ent brechender Zeit erlegt zu werden, so öffnete sich plötzlich eine Schub tür« i» derUmzäunung des Platzes. Stürzte daS wütende Tier durch sie hindurch in die vermeintliche Freiheit, so geriet cs ans eine ab schüssige Holzbahn und kollerte über den steilen Hang in den Fluß hinab. Am 23. April 1660 wurde dieses besondere Schauspiel vem König Philipp IV. vorgeführt, und der Chronist berichtet, es sei »In spannender Anblick gewesen, wie die Tiere teils erschreckt und lögernd die Todcsbahn betreten, teils sich blindlings in die Tiefe gestürzt hätten, tote sie alle jämmerlich in der Lust um sich geschla gen, mid endlich wie einige durch den Aufprall des Sturzes sogleich ertötet worden seien, ander» t>on«aen in milder Ner»wetsi»na mit dem Tode gerungen hätten. Aehnlich wie in Lerma ivar die Arena in Valladolid eingerichtet. Nur rutschten hier die Tiere ans einer geschmierten Holzbahn in den Fluß. Im Wasser wurde von Kähnen auS und zum Teil von mutigen Schwimmern der Kampf gegen sie fortgesetzt, und der besondere Reiz des Schauspiel- bestand darin, wie sich die Stiere bald aus dem Wasser an» Land, bald wieder vom Land ins Wasser zu retten versuchten. Diese merkwürdige Verbindung zwischen Kamps und Hetzjagd wurde übrigens bei den Belustigungen des Hofes mit Vorliebe ausgcübt. Hinter Aranjucz lag der große Teich von Hontigola. Auf einer mit kunstvollen Eisengcländern geschützten Insel stand ein kleines LnsthauS, zu dem die Hofgesellschaft in prächtig gezierten Gondeln fuhr. Eine mit Talg gewichste Rutschbahn führte von den erhöht gelegene» Tierkäfigen mitten in das tiefe Wasser. Auf ihr wurden Stiere. Eber oder Kn- inele in den Teich gejagt, wo sie dann von Kähnen aus in dt« Nähe der Jnselgetriehen und vom König mit Büchsenschüssen erlegt wur den. Neben den Sttergefechten gab es (namentlich bet Hofe, beson ders also in Madrid, Aranjuez und Bnen Rctiro) auch Kämpfe zwi schen wilden Tieren unteinander, z. B- Löwen. Tigern, Stieren, Ebern, die in umzännten Plätzen auseinander losgclassen wurden und bei denen »ach Quevedo die ganze Arche Noah samt den Fa beln des Aesop vertreten war. (AnS: Dr. Ludwig Pfandl, Spanische Kultur und Sitte des 16. und 17. Jahrhunderts. Verlag Josef Kösel L Friedrich Pustet, K.-G-. München. Preis drosch. 9 Mark.) »»Die schöne« Tage in Aranchuez sin- nun zu En-e" lieber daS gegenwärtige Aussehen der ehemaligen spanischen Residenz, die der Schauplatz des Dramas Don Carlos war, erzählt Hans Roselieb tn seinen „Spanische Wanderungen", Deutsche Buch-Gemeinschaft, Berlin SW. 61: In der Nähe von Madrid, in dem fruchtbaren Tale des Tacho und de schm zusließcnden Eharama liegt Aranchucz. ES bestand schon im Mittelalter als bedeutende Besitzung des Santiagoordcns. Jsabella, die Katholische, verbracht« hier gern den Sommer. Karl V. ließ hier ein Jagdschloß erbauen, das Philipp II, der Schöpfer deS Eskorial. erweiterte. Es verbrannte zum größten Teil. Der Bonr- bone Philipp V. ließ eS neu aufbanen. Es verbrannte wieder, und da ließ cs Ferdinand VI. erncuer», und Karl III. fügte die zwei großen Flügel hinzu. Vor einer riesigen, sich schlangig windenden Flußkurv« km Norden, dt« rin U beschreibt, lieat das Schick D--„cs>„, iMn--» südlich das Städtchen auS. Alle drei: Park. Schloß und Städtchen sind ebenmäßig, daj heißt nach der geometrisch-gearteten französischen Baukunst geschaffen. Da» Städtchen ist bürgerlich holländisch ange legt, mit gleichmäßigen Häusern, rvas etwas an Potsdam erlnncrr; nur erinnert,.ivohverstanden. Es liegt rechts und südöstlich. West lich davor befinden sich die Schloß- und Militärbauten und darum im sehr wetten Bogen Park- und Waldanlagen, die,- wie gesagt, mit der Flußkurve ein U beschreiben. Das ist eine Lage, die man beim Durchwandern als sehr glücklich, heiter und schön empfindet. Auch die Stadtbautcn selbst, dl auf runden nur (nicht spanisch empfundenen) Bogen ruhen unv durch ebensolche Bogengänge in großen Linirnecken mit dem Schloß verbunden sind, atmen, möchte man sagen, in derselben rulsia schö nen. etwas behaglich bescheidenen Maßen. Das Schloß zeigt durch etwa- mehr Größe und etwas mehr Fürstlichkeit denselben bcyag- ltchen Zusammenhang. Die von Duchsbaumhecken umbordeten. uc» Kastanien. Platanen, Ulmen, Hainbuchen, Zeder» und von allc-lci anderen südlicheren Bäumen bestandenen Quadrate, in deren M 1e blumengeschmückie Rundplätze sind, passen seltsam wobltnend zu den Quadraten der regelmäßig gebauten Stadt. Me Bildsäulen über sieht man gern und leicht. Liebe und Wärme spürt man hier, oder besser gesagt, könnr« man spüren, wcnn von der großen Liebe der Künstler, die dies« Schönheiten schufen, nur ei» ganz klein wenig ans jene Men chcn sich vererbt Hütte, die die Schönheiten zu erhalten habe». Aber ach, nie sah ich ein verwahrlosteres Gut als diese könig liche Residenz. Den Bahnhof muß man wegen seines Schnnitzei und seiner Av- bröckelei als ein Wesenbezeichnen, das man ohne Sorge verenden läßt. Freilich baut man einen neuen, einen weniger schönen, doch saubere» Bahnhof. Leider läßt man auch in der Stadt alles ver stauben und verkommen. Entsetzlich arm »niict die Bevölkerung einen an. Sie ist dabei noch voller glücklicher Gleichgültigkeit; sie zigeunert. Doch hier, inmitten gänzlich unspanischcr Bauwerke, wirkt das spanische Elend aus de» Beobachter herzbedrückend. DaS Volk der Masse ist arm. der Staat ist deshalb aus da» Allernötch-ste eingestellt. Saum kann er sein« Gegenwart erbalten; zur Pflege der Vergangenheit reicht sein Vermögen nicht mehr, Reich und sauber sind deshalb die Gärten und Waldanlagen auch nicht, trotzdem die Majestät des Herbsten» tn za,iberischer Prackt sich dort ntcdcrlassen möchte. Wokl blühen alle Herbstblu men, sogar noch späte Rosen, Aber wie kommt es, daß sie öde stim men? Hier, wo Schillers Drama Don Carlos seinen Siüarwla- Hot, muß man in bedeutsamerem Sinne wiederholen: ..Die schönen Tage In Aranchucz sink nu» »u End«.*
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