Volltext Seite (XML)
Nummer 123 - 26. Jahrgang »l wöch. V»iu-«pr«i» für Mai 3,0V Mb. eknfchl. Osfertengebühren. Lü bei Uebersenbung durch die Post außerdem Portozuschlag. Linzel-Nr, t« L. Sonntags-Nr. 1» L . jöeschciitlicker Teil: Artur Lenz in Dresden. SticklWe Sonntag, den 29. Mai 1927 Im Faste höherer Gewalt erlischt lebe Verpflichtung auf Lieferung sowie Erfüllung v. «nzelaenaufträgen u. Leistung v Schadenersatz. Für undeutl. u. d. Fern, ruf übermitt. Anzeigen übernehmen wir keine Ber- antwortung. Unverlangt elngesandte u. m. Riickport« nicht versehene Manuskripte werd. nicht aufbewahrt. Sprechstunde der Redaktion 2—3 Uhr nachmGtag» Haupischriftleiter: Dr. G. Desczyk, Dresden. VolrsreLmna welchiiftSfteNe, Druck und Verlag: Germania. Mtieii-Gesellschaft für Verlag und Druckerei, Filiale Dresden, DreSden-A. 1, Poliersirntze 17. 13. Femrnf 3wl Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsische» Volk-zeitung DrcSden-Miiadi 1, Policlstratzo 17. Fernrus A IMd 21012. Mit . . ^ » - - " > - » . < ^ z F.' ' Kiel Diesmal ließ die „Kieler Woche" keine weißen Te gel schwellen sondern rote Fahnen. Die deutsche S o - z ia ld e m o k r a t i e hielt dort ihren Reichspartei- tag ab. Was dort verhandelt worden ist, interessiert uns in zweierlei Hinsicht: Erstens soweit es die grundsätzliche Linie der deutschen Sozialdemokratie in nächster Zukunft betraf. Und zweitens, soweit es ihre Kulturpolitische Hal tung im besonderen betraf. Daß sich in der politischen Haltung der deutschen So zialdemokratie Wandlungen anbahnen, hat ja bereits die letzte Regierungsbildung im Reiche mit aller Deutlichkeit angekündigt. An den Sozialdemokraten scheiterte die Große Koalition. Die Gründe dafür beginnen sich allmäh lich zu klären. Vor einigen Monaten hat der Reichstags präsident Löbe. dessen sachliche und gemäßigte Einstel lung anerkannt ist. die Opposition als Zukunftsauf gabe der Sozialdemokratie bezeichnet. Er hat seine Stel lungnahme zu begründen versucht mit dem Hinweis dar auf, daß die großen politischen Fragen unseres Volkes, insbesondere die Sicherung der Republik und der Demo kratie, im wesentlichen gelöst seien! und daß in der Zu kunft in erster Linie wirtschaftliche Fragen das Feld be haupten würden, eine Meinung, die wir nicht restlos tei len. Daher müsse heute der Klassenkampfcharakter seiner Partei wieder in den Vordergrund treten. Man kann es dahingestellt sein lassen, wie weit Lobe hier als Führer, als Inspirator seiner Partei gesprochen hat, oder aber in wieweit der neue Kurs, der von unten in der Partei her ausquillt und bereits Oberwasser gewonnen l>at, auf den Führer eingewirkt und diesem zum Herumwerfen des Ruders veranlaßt hat. Der Weg nach Kiel hat hier weiter Klarheit geschaffen. Der Parteivorsitzende Wels hat in seinem Tätigkeitsbericht mit scheinbarer Befriedigung er klärt: „Der Kieler Parteitag ist der erste, der sich nicht mit dem Sa ch s e n k o n f l i k t zu beschäftigen hat. Der Fall ist für uns erledigt." Wenn sich politische Dinge init resoluten Erklärungen gestalten ließen, dann möchte die ser Satz vielleicht stimmen. In Wahrheit aber sind politi sche Bewegungen Kräfte ganz eigener Natur. Und Wels, Erklärung ist entiveder eine Selbsttäuschung oder ein ^Trugschluß. Der Fall Sachsen ist „erledigt" insofern, als das Tischtuch zwischen Reichspartei und Altsozialisten zer- WO HM W WWW Der wirtschaftliche Hintergrund -es Konfliktes mit England — Arleile des Direktors Thomas im Internationalen Arbeitsamt hnitten, die politischen Aus rn geworden sind. Damit ichten für letztere sehr beschei- ind aber die g e m ä ß i g t e n Elemente in der sächsischen Sozialdemokratie so gut wie restlos mundtot gemacht. Das radikale Sachsen 'chat damit aber in der Gesamtpartei seine Stoßkraft wie der gewonnen, und niemand wird darüber im Zweifel fein, daß es diese Waffe bei jeder grundsätzlichen Entscbei- dung mit allen verfügbaren Kräften einsetzen wird. Und diese Stoßkraft heißt Radikalismus, Klassenkampf statt Volksgemeinschaft, Rot statt Schwarz-Rot-Oold, wie die '.roten Fahnen in der sächsischen Sozialdemokratie nie ganz eingerollt worden, die neuen Reichsfarben stets nur Senker - Die Welt (Illustrierte Wochenbeilage) Die deutschen Sender (Funkbeilage) Unterhaltung und Wissen Aus Kirche und Welt Recht für alle Turnen, Sport und Spiel Gens. 28. Mai. Der Direktor des Internationalen Arbeits amtes. Albert Thomas, behandelt in seinem Jahresbericht auch außerordentlich eingehend die s o iv je t r u s s i s ch e Frage. Seine Ausführungen, die vor der Verständigung zwischen Sowjetrußland und der Schweiz iiiedergeschrieben sind und angesichts des bevorstehenden Abbrnclies der englisch-rus sischen Beziehungen besonders interessieren, gipfeln in der Schluhsolgerung. daß „Sowjetrußland unter der Einwirkung dringender und unwiderstehlicher Bedürfnisse zweifellos in naher Zukunst sich allen den Bestrebungen wird anschlletzen müssen, die darauf gerichtet sind, die Gemeinschaft der Völker aus neuer Grundlage zu organisieren". Gestützt auf den sich immer mehr ausdehnenden Russischen Dienst des Internationalen Arbeitsamtes er'''»ert Thomas auf die bereits bestehende wissenfcha gliche Zusammenarbeit zwiscl>en dem Internationalen Arbeitsamt und verschiedenen russischen Einrichtungen und Organisationen. Zur Begründung seiner Auffassung sührt er dann u. a, aus: „Die langsame aber sichere und anhaltende Umwandlung der inneren wirtschaftlichen Ver hältnisse wird Sowjetrußland vielleicht schneller als es selbst denkt, dazu zwingen, immer mehr tätigen Anteil am internationalen Leben zu nehmen. Der Aufschwung der russischM Volkswirtschaft hat auch dieses Jahr «ugchalie», aber mit einer gewissen Verlangsamung", das mit statistischen Angaben aus allen Gebieten des Wirtschaftslebens belegt. Trotz gewisser unbestreitbarer Berbesserungeii, so wird in dem Bericht weiter ausgeführt, stähl die russisch)« Volkswirt schaft in ihrer Gesamtheit auf Schwierigkeiten und leidet unter ziemlich beträchtlichen Beschwerde». Bon der Lösung der Kapi. talsrage hängt nach Meinung maßgeblicher Sowjetkreife und der gesamten russischen Wirtschastsliteratur die Lösung aller wirt schaftlichen, sozialen und politisch)«» Probleme ab. die sich in den nächsten Jahren in Sowjetrußland geltend machen werden. Naben der stärkeren Senkung des Tscherwonetz und seiner Kauf kraft auf dem russischen Markt und einer sehr großen Anspan nung des Iüins!iicl>e» Zahlungsmittelumlaufes und der gesam te» Finanzlage, hat die Notwendigkeit der Einfuhr oor allem von Maschinen und Rohstassen, keine Milderung der Krise gestattet, dieanf dem Markt der Ve r b ra » ch sg ü te r herrscht, was »och mehr zur Teuerung und zur Verminderung der Reallöhne beigetragen iMt. Die .Krise, In welche die gesamte russische Volkswirtschaft im letzten Jahre von neuen» geraten ist. und deren Nachwirkung noch jetzt fühlbar sind, ist tatsächlich enge init dem Problem der Beziehungen zwischen Rutz.'and und der Weltwirtschaft verfloch ten. Die teilweise wirtschaftliche Isolierung, in der sich Rußland durch etwa l« Jahre befunden Hai, wird für die russische Bolkswirtsclmst und besonders für die russische Indu strie immer unerträglicher werden. Rußland wird also durch wirtschaftliche Gründe zuallererst in seinem eigenen Interesse genötigt sein, wieder mehr und mehr Anteil an der Weltwirt schaft zu nehme». Aus de» leidensel;aftlicl)en Erörterungen der russischen kommunistischen Partei ergibt sich die Taiasache, daß keine Frage sie so bewegt, wie diejenige der iniernaiionalen Beziehungen. Wir glauben zu erkennen, daß unter der Ober fläche revolutionärer Phraseologie die Erkennt nis von der praktischen Notwendigkeit einer realistischen und opportunistischen Politik in Sowjetrnßland fortschreitet. Diese Darlegungen beleuchten scharf den Hintergrund, vor de,» sich der Konflikt zwischen Sowjetrußland und England ab spielt. Dieser Konflikt Kommt Moskau keineswegs erwünscht. Die russische Wirtschaft braucht de» europäisch»:» Kapitalmarkt ebenso stark wie Europa den russischen Warenkonsum. Zwei fellos wird Rußland gegenüber England Anlehnung an aiidere europäische Staaten suchen. Die verarmten Länder Europas ver mögen aber Rußland nur in sehr beschränktem Umsange zu geben, was es in erster Linie braucht: Kredite. So ergibt sich die Wahrscheinlichkeit, daß der englisch-russische Konflikt Amerika neue Möglichkeiten zur Anlage seines Kapitals geben wird. Meldungen aus Neuyork iw sättige», daß mau dort lwroiks mit dieser Entwicklung rechnet. Davon wird freilich weder Rußland noch Eurozm einen Vorteil haben. mit halbem Herzen gehißt worden sind. Und die Gefahr wird auch im sozialistischen Lager nach dem Kieler Partei tag niemand von der Hand weisen, baß nun nach der Scheidung der Geister- der Sachsenkonflikt erst recht zum Reichskonflikt zu werden droht. Der Geist von Kiel verträgt sich nicht mit dem Geist von Weimar! Und mag es dem Parteivarsitzenden Wels auch diesmal wieder gelungen sein, mit kluger Taktik die Angriffe der radi kalen Opposition zurückzuschlagen, ja die sächsischen Ge nossen zum Teil sehr gehörig auf die Nase zu Klopfen, mag er sich dabei auch unter anderem des gut christlichen Satzes bedient haben: „In notwendigen Dingen die Einheit, in strittigen Dingen die Freiheit, vor allem aber die Liebe", darüber wird Kiel nicht hinwegtäuschen, daß die zwei Seelen in der Brust der deutschen Sozialdemokratie l>eute wieder heftiger miteinander ringen denn je. Sicher ist das in erster Linie eine interne Angelegenheit der Sozialdemokratischen Partei. Aber für die innerpolitische Entwicklung unseres Volkes ist diese innere Haltung der Sozialdemokratie von nicht zu unterschätzender Bedeu tung. Der Verlauf des Kieler Parteitages hat dem Ncichs- tagspräsibenten Lobe darin recht gegeben, daß für die Sozialdemokratie anscheinend die wirtschaftspolitischen Gesichtspunkte neben den prinzipiellen Auseinanderset zungen stark im Vordergründe stehen. Von Kultur politik hat man allerdings in Kiel sehr wenig geredet. Erst am letzten Verhandlungstag kam man zur Kultur. Und gerade hier zeigte sich mit erneuter Deutlichkeit, wie sich die Geister scheiden. Es lagen mehrere Anträge vor. die jedes Konkordat radikal und grundsätzlich ab- g e i e h n t wissen wollen. Dagegen aber erhob eins Er klärung der preußischen Laudtagssraktion, die ja von der Konkordatssrage wohl mit am nächsten berührt wird, sehr energischen Widerspruch. Man solle nicht jede Konkor datsverhandlung grundsätzlich ablehuen, weil sonst die Er ledigung dieser Fragen ganz in die Hände des Reiches falle. Preußen aber immerhin noch eine bessere Gewähr dafür biete, das zu retten, was zu retten ist. §o die Be gründung, und es ist immerhin bemerkenswert, daß der preußische Standpunkt durchdrang und die gegen jede Konkordatsverhandlung gerichtete Resolution ab ge- L.Anbckük'iEl-moleum vrssäsn, Sttmsnlr« IS, MstrHorliillim m IM« nur erstklassige Eabrikatc in groüer neureltlieber ^nsivatil Llatidnsun, ^ 3.75, 4.15, 4 85- 5 95,6,60 p,>Mr. 6ne>nft,.«5.25' 5.75.7.15p. ft/ckr, >n?2l6..«7.I". 8/5. 8.45, 9150. 9.90 per sftkür. oruekwsne. ^ 3 95 per HMlr. Iftnoieum-Häuten 67, 9vf 100. 1 IO, 130 cm br., von 2 80 p. lWr an. Iftnoieum-Deppicke in 5 0röll. von ^ 14,85 per KZeter an, WV in 2.wuki.^« 5 70. 6,00, 6.25, 7.50 per ^Meter.