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SiicklWw Sonnabend, 6. November 1926 Im Fa»« tz»h«ver Gewalt erttfcht jeSe Verpflichtun» auf Lieferung sowie Erfüllung o. Anzeigenauflrägen u. Leistung v Schadenersatz. Für unüeutl. u. d. Fern ruf üdermitt. Anzeigen übernehmen wir keine Ver- antwortung. Unverlangt eingesandte u. m, Rückporto! nicht versehene Manuskripte werd. nicht aufbewahrt-i Sprechstunde der Redaktion 2—3 Uhr nachmittags^ Hauptschristlcit.: Dr. Joseph Albert. Dresdens * Würm!üiM ttellillSre l) res cien »tlittivvli'Sl!, 7 o Ueste tzuslitLte» dlieürigste Preise Nummer 253 — 25. Jahrgang gmal wöch. Bezugspreis für Rovbr. 3,00 einschl. Lcstcllgelü «nzelgenpreise: Die Igesp, Petitzeile »oH. Stellengesuche SO Die Petitreklamezeile, 98 Milli meter breit. 1 ^t. Ossertengebllhren für Selbstabholer 20 bei Uebersendung durch die Post außerdem Portozuschlag, Einzel-Nr. 1« Sonntags-Nr. 15 Geschästl. Teil: Friedrich Nieser in Dresden. 8v>Ivr«gr«n Liiickitüen Ourtv Uürstenvsren Kebr, Ueukmger siüekvsieekdrilizlie» Urseitsn-K. ^Lknsgssse IO plemminestr 4. veg'-ISk? semml-bllr o»«ich»il»Ne»t«, ä.«u» »ud Beklag! e-aroina- Buü>dr»lk»r«> ÄmVH-, Lr»«d»n-A. I, PoiierNlak» 17. Zrruru- UNNS. PoMS-Monio D«»d«n I47S7 VmUkünlo: Dresdner Bank, Dr«ede» Für christliche Politik und Kultur Stedaktton der Sächsischen «»lkSsesUin« Dresden.Mlstadt I, Polier«,»he 17. ZvurnN üv7ll und 2lv1L Die französische Polizei -eckt ein Ankernehmen gegen die spanische Regierung auf Der Führer -er Bewegung, Obers! Maria» verhafte! — Die Beziehungen zwischen spanischen und italienischen Emigranten GewaMoses Dynamik fVoii einen, gelegentlichen Mitarbeiter) Kairo, den 20. Oktober 1026. Dies war lange vor dein Kriege, so um 1000 herum: Ein deutscher Professor, der im Aufträge eines großen deutschen Blattes ei le Weltreise inachte und sich mehrere Wochen in Aegypten aufhielt, war von hier nach Port Suio gefahren, um dort einen im Dampfer von Indien nach Europa heimsahrenden Freund zu begrüßen. Man sah sich am Landungssteg, und als der Dampfer seine Reise fortsetzte, schwenkte der deutsclie Professor sein Taschentuch und achtete im Eifer des Abschiedsgrußes nicht darauf, daß er sich so dicht an den Rand des Piers gewagt hatte, daß er Gefahr lief, ins Wasser zu fallen. Da umschlang ihn von hinten ein kräftiger Arm und zog ihn zurück. Der Professor begriff, welcher Gefahr er ent ronnen war und dankte von Herzen dem Manne, der ihn gerettet hatte. Der Lebensretter ivar ein schwarzer ägyptischer Polizist, einer von den athletischen Suda nesen, die in ihren sauberen adretten Uniformen iin wüsten Hafentreiben von Port Said die heilige Ordnung repräsentieren. Als der Deutsche am Abend in den euro päischen Klub in Kairo kam, wo er ein willkommener Gast war, fiel ihm eine gewisse Kühlheit auf. die von der Wärme des sonstigen Empfanges abstach. Dann nahm ihn ein seit langen Jahren in Kairo lebender Freund auf die Seite und sagte mit ernster Miene: „Lieber Pro fessor, Sie müssen den Kerl anzeigen." — „Welchen Kerl", fragte verdutzt der Weltreisende, aber er wurde noch viel verdutzter, als der Freund ihm auseinander setzte, es handle sich um den schwarzen ägyptischen Poli zisten. „Warum soll ich meinen Lebensretter anzeigen? Ich möchte ihm im Gegenteil eine Belohnung zukommen lassen". — „Das bleibt ihrem guten Herzen überlassen. Zunächst Muß er aber bestraft werden, weil er es gewagt hat, einen Weißen zu b e r ii h r e n. Unsere Stellung in diesem Lande ist zum Teufel, sobald wir dulden, daß ein Farbiger einen Weißen auch nur anrührt. Sie müssen den Mann zur Bestrafung anzeigen, und wenn Sie es' nicht tun, mein lieber Professor, ... so leid es mir tut, aber wir müßten Sie bitten, unseren Klub nicht mehr mit Ihrer Anwesenheit zu beehren." Der Deutsche unterwarf sich dem sozialen Zwang. Er erstattete die Anzeige, der Polizist wurde mit Arrest bestraft. Der Professor beruhigte sein schlechtes Gewis sen einigermaßen durch das Opfer eines reichen Geld geschenkes. Wenn er die Geschichte erzählte, pflegte er hinzuzufügen, er habe sich bei der Erstattung der An zeige furchtbar geschämt — ein Europäer zu sein Das Vierteljahrhundert, das seit diesem Vorfall ver gangen ist, hat gewaltige Aenderungen in dem Verhält nis von Weiß zu Farbig in Aegypten gebracht. Der Weiße, der sich heute so überheblich benähme, würde nus- gelacht und zurechtgewiesen — nicht nur von den Ein geborenen, sondern von den Europäern selbst, ja, diese würden ihm sogar bemerklich machen, daß er durch über mütiges Verhalten die Stellung der weißen Nasse in Aegypten immer vor der Gefahr des Warcnboy- kotts, der den Engländern schon in Ehina so große Schmerzen bereitet und gegen den, wenn ihn die farbigen Nassen einmal anzuwenden entschlossen sind, kein Kraut gewachsen ist. Schon beginneil japanische und in dische Waren, wenn auch vorerst schüchtern, in Aegyp ten einzudringen. Käme es aber einmal zum Boykott englischer und europäischer Waren, worunter man hier natürlich auch die nordamerikanischen versteht, so kämen indische und japanische Güter natürlich in Massen und würden sich dauernd hier festsetzen. Die ägyptischen Na tionalisten lassen es an Boykottdrohungen nicht fehlen, und es unterliegt keinem Zweifel, daß sie ein gut Teil ihrer Erfolge diesem Drohmitlel verdanken. Der Boy kott scheint überhaupt das große Kampfmittel der „Ko- lonialvölker" in der Zukunft zu werden und es läßt sich etwas Schrecklicheres als dieses „gewaltlose Dynamit" auch kaum ausdenken. Natürlich beeinflußt diese neue Methode sehr stark die ganze englische und französische Kolonialpolitik in Afrika. Man muß den Franzosen zu- gestehen, daß sie einen gewissen Vorteil genießeil durch die Nichtanwendung der „Farbcnschranke", der „colour bar", die der englischen Kolonialpolitik, namentlich in Südafrika, so große und auf die Länge wohl nicht lös bare Schwierigkeiten bereitet. In Aegypten haben sie diese Schranke fallen lassen müssen. Von hier aus schlägt aber die Propaganda gegen die colour bar immer wei tere Wellen. Es ist natürlich Unsinn, diese Propaganda „Bolschewismus" zu nennen; sie wäre im Laufe der Zeit wahrsclzeinlich auch ohne Weltkrieg und ohne russische Re volution gekommen. Sie kommt als eine Folge der sich immer weiter ausbreitenden Technik und Zivilisation, die auch das kolonisierende Volk nötigen, immer mehr qualifizierte Arbeitskräfte au» dem »kolonisierten" Volk Paris, 5. November. (Drahtbericht.) Der sranzösischen Polizei scheint es gelungen zu sein. eine Verscipvorung aufzudecken und un,scl«idlich zu machen, die auf den Umsturz der bestehenden Verhältnisse in Spanien gerich tet ivar. Es l-andelt sich um eine Verschwörung von Kata tonien. Katalonien mit seiner .Hauptstadt Barcelona ivar ja von jeher der Ausgangspunkt aller politischen Unruhen in Ssxmien. Vor einiger Zeit hatte sich in einem Ort bei Perpignan sSüdsrankreich) in der Nähe der stxnnschen Grenze ein Spanier eine Billa gebaut, in der sich spanische Emigranten zusammen- sanden. Ihr Führer mar der frühere Abgeordnete Oberist Ma ria, der einen regelrechten Generalstab gebildet hatte. Di« französische Polizei, die allmählich aus das verdächtige Treiben aufmerksam wurde, umzingelte gestern die Villa und verl-aftete Macia, sowie fünf andere Personen. Die Sicherl-eitspolizei ivar benachrichtigt morden, daß am gleichen Abend mehrere Spanier in einem Bauernhöfe in der Nachbarschaft des Ortes angekom men wären. Hier fand man 11 Spanier versteckt, -unter ihnen Macia. Die ausgehobenen Verschwörer bildeten den „General- siaü" der Aufständischen. Sie wurden nach Perpignan gebracht. Es wurde hier gleichfalls ein Wassenlager sowie Maschinen gewehre und Munitiousbesiäude vorgefundeu. — Ein drittes Wassenlager wurde in St. Laurent entdeckt; dort wurden 14 Personen verhaftet. — Auf der Eiseubahustrecke zwischen Cette und "'gd o wurde» 10 Handkoffer mit Explosivstoffe» und meh reren Dokumenten aufgefuudeu, die von spanischen Verschwö rern zurück-gelassen morden ivaren. Die Verl>ast«ten werden sich wegen unerlaubten Tragens von Waffen vor den französischen Gerichten zu verantworten haben. Zu einer Ausweisung der Verhafteten dürste es nicht kommen. — Die Untersuchung hat auch Zusammenhänge zwi schen der kalaionischchen Aufstondsüewegung und italieni schen Abenteurer n ergeben. Die verl-asteten Italiener er- klärien, daß sie Garilmldianer seien und sich M-.ieia zur Ver fügung gestellt hätte». Ihr Anführer sei ein ehemaliger italieni scher Offizier namens R i s a l i. der verlostet wurde. Auch der italienische Oberst Garibaldi wurde heute morgen vernommen. Nach Nachrichten, die der Sicherhcitspoli'ei zngekoinin-e» sind, sollen italienische Anarchisten sich in der Nähe der itaiieni- hercmzuziehen. Diese qualifizierten eingeborenen Ar beitskräfte bekommen mit der Zeit notwendig die Ueber- hand, und zwar die moralische lieber!, and, längst bevor sie die numerische und physische bekommen, die ihnen ja eines Tages automatisch zumächst. Und da sie wissen, daß es eine Sinnlosigkeit wäre, mit Waffen gewalt gegen die Kolonisatoren lasznputschen, bedienen sie sich der weit wirksameren Waffen des Boykotts und der permanenten Boykottdrohung. W>e stark dieses ge waltlose Dynamit wirkt, d"s haben wir in den letzten 25 Jahren in Aegypten erlebt. Der NachlragseM sür 1926 Di gesteigerte Erivcrbslosensürsorge. — 4 Millionen Mack täglich für Reparationen. Berlin, 5. Oktober. - In der gestrigen Sitzung des Reichsrates, die unter dem Vorsitz des Ncichssinanzministers Dr. Reinholo slatt- sand. machie Ministerialdirektor Sachs als Berichterstatter der Ausschüsse Ausführungen über den zweiten Nachtragsetat für 1026. Ihne» ist zu entnehme», das, der Rachlragsstal Mehr ausgaben in, Gesamtbelrage von 8 0 1,8 Millionen bringt, darnnler 2293 Millionen für den ordentlichen Haushalt und 072.0 Millionen für den außerordentlichen Haus halt. Die Mehrausgaben sind überwiegend durch die wirtschaft liche Notlage bedingt und zwar unmittelbar durch weitere Auf wendungen ans dem Gebiete der Crwerbslosensürsorge, durch Kredite an die »ot'eidendcn Wlnzer und durch Ausgaben für das Wohnungs- und Siedlungswese». Auch mittelbar werden die Mehrausgaben m der Hauptsache der Milderung der wirtschaft liche» Notlage dienen. Eine weitere Steigerung der Ausgaben ergibt sich ans dem Verfall er Vertrag, so durch Mehraufwendungen für schen Grenze konzentriert Huben, um zu gleicher Zeit mit dem geplanten katalanischen Aufstand auch in Italien Umruljen he» vorznrnfen. Das Eingreifen der französischen Polizei ist offenbar im letzten Augenblick erfolgt. Ein Teil der spanischen Enn- grauten war schon im Begriff, bewassnet die spanische Grenze zu überschreiten. Auch diese Tr in,ms sino gcfangengenommen worden. Es -wird aber gemeldet, daß immerhin etiva 700 Se paratisten haben Uber die Grenze gelangen können. Bon spanischer Seite wird nunmehr di« Grenze scl-arf überwacht. Telegraph und Telephon unterliegen genauester Kontrolle, ebenso die Paßbüros. Zwei Regimenter sind durch die Madrider Negierung an die Grenze beordert worden, um die Munitionsdepots der Verschwörer zu suchen. — Wie aus Madrid gemeldet wird, herrscht in Katalonien selbst völlige Ruhe. Die spanische Regierung hat über die Vorgänge an der französiscl-en Grenze folgende Darstellung ansgegeben: „Die spanische Sicherheitspolizei hotte seit etwa 14 Tagen Kenntnis von einer angezetteiten Verschwörung, deren einziges Ziel die Störung der öffentlichen Ordnung war. Die Verschwörer standen ini Einvernehmen mit einigen wenigen in Spanien wohnenden Eiemcnien. Das wesentliche dabei ist, das, die schwachen Min derheiten, die sich gegen das Regime auslehuen, durch Mangel an Kraft und einer angemessenen Stimmung in ihrem Versuche die Ordnung zu gefährden, noch einmal erfolglos blieben und das; das Land ruhig weiter leben kann, indem es nicht allein seiner Sicherheitspolizei vertrant, sondern der französischen Re gierung, welche die Gastfreundscl-ast. mit der sie die politischen Flüchtlinge ausninimt, nicht mißbrauchen lassen will." — Außer dieser Erklärung bringen die Blatter über die Vorgänge kein Wort. Dian wird diese ossizieile Mitteilung nicht eben als sonder lich aufklnrcud und befriedigend empfinden. Daß die katala nische Bewegung ungenügend vorbereitet war. darüber scheint kein Zweifel zu bestehen. Ebensowenig kann freilich bezweifelt werden, daß eine schwere Unzufriedenheit mit dem Regiments Primo de Rweras in weitesten Kreisen des spanischen Volkes herrscht. Dis Verschwörung des Obersten Macia ist, wie die ossizieile Mitteilung sagt, „noch einmal" mißlungen. Oö diese Anschläge, die unter einer beim Volke unbeliebten Diktatur sich mit Notwendigkeit "wiederholen müssen, immer mißlingen werden? die Liguidationsgeschädigtcu. für das Saargrr»,gebiet^ für kul- lurellc Fürsorge im besetzten Gebiet usw. Auch zur Fo s.'ning des Luft- und Krastsahrlweseus sind zusätzliche Mittel bereit gestellt worden. Tie Mehrausgaben des ordentliche» Hanshalies solle» ge deckt werden durch M e hrei u » a h in e n aus dem Gebiete der Zöste von 00 Alill. Mark, an Miiuzgewiuii von 03.2 Mist Mark, durch einen Rest der Ueberschüsse aus 1024 und 1020 von 32,2 Mist. Mark, durch ei» Mehr au Ziuseueinunhme» von !0 Mil lionen Mark und durch zu erzielende Ersparnisse i» Höhe von 80 Millionen Mark an den ordentliche» Ausgabe» der allge meinen Reichsverivaltung. Die Ausgaben des außerordentlichen Haushalts sollen ganz aus A »leihe geuominc» werden. Für 1920 ergibt sich ein An- leistcbetrag von 806.3 Millionen Mark. Dazu treten weitere l(10 Millionen, die i»> Rachiragsbamchal! für 1020 a!s Auleihc- betrag jiir ei» Darlehen an die Reichsbank erstbest!-» und »och »ich! begeben sind. Hiernach ergibt sich für 1020 ein GZaint- anieih.belrag von !R0 3 Millionen Alork, ein gewaltiger Be trag. der das Auskommen der äußcreu sogenanitteu Daives- Anleihe überschreitet. Es >n übr-aeus fest-»stesteu. daß die Re-chsiinaii'.vcrivalluiig von der bisher schon bestehen s-n An leihe-Ermächtigung noch nickt hat Gebrauch machen müssen. Sechs an de» R eparatio n s a g e n i e n zu zahlende Monatsraten von je 18 Millionen, aljo 108 Millionen Mark, belasten ans Grund der Ltene:rrhähnim » von 1020, das Rechnungsjahr 1020. Narb den nimnirhrigen Abmachungen sind iin dritten Reparatiansjabre zu leisten ans d m Haushalt 410 Million-m plus m>,3 Millionen für den Reservefonds, also zusammen 400 3 Millionen. Hinzutrelen ans der Belörderongs» stener 200 Millionen, als Leistung der Reichsbahn 000 Millionen und als Leistung der Industrie 200 Mistwnen. Dos eraibi eine Gesamtleistung von 1580,3 Millionen, also von über 4 Millionen Mark täglich, für Ziveckc der Revarationcn. Der Gesamthaushaltplan für 1926 hält nunmehr In Ein nahmen und Ausgaben einschließlich des Anleihebetrages von 860.3 Millionen Mark mit insgesamt 8.4 Milliarden statt bisher 7,6 Milliarden das Gleichgewicht.