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Aus der Wahibewegung Zentrurnsver innmlunfl in Meiszen Aus Anlaß der bevorstehenden Landtagswahl hielt die hie sige Ortsgruppe der Sächsischen Zentrumsporlei unter der Lei tung ihres Vorsitzenden, Kaufmann Dan Hardt, zwei Wahl versammlungen ab. In der ersten Versammlung, die am 6. die ses Monats im Katholischen Gesellenhaus abgehalten wurde, sprach Generalsekretär Grobbel (Berlin). In überaus wert vollen und interessanten Ausführungen verbreitete er sich über die gegenwärtig bedeutungsvollsten Fragen der deutschen Autzen- und Innenpolitik und über die Stellungnahme der Zentrumspar- lei zu ihnen. Tabei berührte er auch in Kürze die speziell säch sischen Belange. Eine kurze Aussprache unterstrich und ergänzte noch in einzelnen Fragen die Ausjührungen des Referenten. Auch beantwortete er mehrere an ihn gerichtete Anfragen. Die zweite Versammlung am vergangenen Sonntag war eine oifentliche und wurde im großen Vereinsztmmer des Wo lö sch l ö tzch c n s abgehaltcn. Leider litt der Besuch einigermaßen durch die durch unabänderliche Verhältnisse notwendig gewor bene Verlegung, denn die Versammlung ivar überaus anregend. Redner des Abends war der Neichstagsabgeordncte Schön- b o r n (Berlin). In einer etiva einstündigen Rede verbreitete er sich in sehr eingehender Weise und in vortrefflichen Ausführun gen über die verschiedenen Gebiete der deutschn Politik nach innen und nutzen, wobei er auf die Frage» näher einging, die ganz besonders den Freistaat Sachsen betreffen. Sehr aufschluss reiche Anzaben 'machte er namentlich über die wichtigsten wirt schaftlichen Aufgaben, die im Reiche und auch in Sachsen in den kommenden parlamentarischen Verhandlungen zu lösen sein wer den. Bei der Besprechung der kulturellen Belange, die in »ach ter Zeit voraussichtlich bei den verschiedenen nun einmal de ichenden Weltanschauungen und Aussassungcn zu harten Kämp en führen werden, ging er auch aus die sächsischen Verhältnisse näher ein. Dabei betonte er ganz besonders, das; in den S'ch u l - fragen das Zentrum mit üutzerster Zähigkeit die Eltern rechte wahren werde. Sehr sympathisch berührte es, wie er hervorhob, das; das Zentrum alle diese Fragen nach de» unab änderlichen christlichen Grundsätzen entscheiden müsse, und welche Schwierigkeiten sich daraus oftmals für die Beziehungen des Zentrums zu den übrige» Parteien ergeben, die so wie so schon durch seine Stellung als Mittelpartei vorhanden sind. Mit gespanntester Aufmerksamkeit waren die Teilnehmer an der Versammlung den prächtigen Ausführungen gefolgt. Sie ernteten reichen Beifall. Die Aussprache ivar sehr lebhaft. In längeren Ausführungen sprachen die Herren Schuldirektor Schönselber und Psarrer Kneschk. Ersterer verbreitete sich besonders eingehend über die kulturellen Fragen, die vor aussichtlich sehr bald den Landtag beschäftigen werden, und über die in Aussicht stehenden Gcmcindewahlen, während letzterer auf einige wirtschaftliche Belange noch näher einging. Dabei zeigten beide Diskussionsredner, wie wichtig es sei, das; auch das Zentrum im Landtag eine Vertretung findet. Weiter beteiligten sich an der Aussprache noch die Herren Fischer, Spillmann und Gründel. Im Schlußworte gab der Referent noch seiner Freude über den Verlauf der Versammlung Ausdruck und beantwortete mehrere Fragen. Die anregende Versammlung endete mit einem Appell an die Zentrumsanhängsr, mit aller Kraftanstrengung dafür einzutrcten, das; der Zentrumsgedanke auch im Sächsischen Landtag zur Geltung kommen könne. —er. Am 22. Oktober veranstaltete die Ortsgruppe Leu tersdorf der Zentr'uinspartei eine öffentliche Wühler- verfammlung, zu der Abgeordneter Rhein länder, M. d. R., als Referent erschienen war. In großzügiger Weise besprach er das Zentrumsprogramm und die Arbeit der Partei in der Nachkriegszeit. Ausführlich ging er dabei auf die Probleme Erzbcrger und Wirth ein, was namentlich bon den Parteifreunden dankbar aufgenommen wurde. Ihnen war der großzügige Vortrag ein Erlebnis. Besondere Würdigung ließ Schulrat Rheinländer der auswärtigen Politik, der Finanz- und Sozialpolitik angedeihen. Er fand ungeteilten Beifall. Trotz mehrmaliger Aufforderung entwickelte sich keine Anssprache. Der Vorsitzende beleuch- W MN Die Forderungen des Sächsischen Lehrervereins Dresden, 27. Oktober. In einer öffentliche» Versammlung des DresdnerLeh- rervereins im Vereinshause sprach Montag abend dessen Vorsitzender Lehrer Trinks über das Thema: „Was erwartet die Schule vom neuen Landtage?" Er verbreitete sich zunächst über die Einstellung des sächsischen Lehrervcreins und forderte dann, zu seinem Thema übergehend, ein einheitliches Schulwesen der deutschen Länder, das die Freizügigkeit gewährleistet. Nach seiner Meinung drohe die Zerschlagung des einheitlichen säch sischen Schulwesens von zwei Seiten: von dem Macht- anspruchder Konfessionen (!) an die Schule und der Foroerung der Weltanschauungsgruppen aus Einrichtung von Sonderschulen. Die Kirche habe nach seiner Meinung eher ein historisckws Recht auf die Höhere Schule, nicht aber auf die Volks schule. da letztere eine Gründung des industriellen Bürgertums und anfangs rein weltlich gewesen sei. (?) Eine unterschiedliche gualitativc Behandlung in bezug auf den Religionsunterricht sei nicht gerechtfertigt. Es dürfe nicht heißen, die Volksschule leide darunter, das; sie konfessionslos ist. — Der Konsessionalisierung der Volksschule mutz unbedingt entgegengetreten werden. Die Schulzerschlagung sei auch aus dem Grunde abzulehnen, weil sie eine Vervielfachung der Sch ul laste» und dabei eine Ver schlechterung der Leistungen nach sich ziehe. Trotz der minstericllcn Denkschrift über das höhere Schulwesen werde von der Nolks- schullehrerschaft (soll wohl heißen vom Sächsischen Lehrerverei») der Gedanke der allgemeinen Einheitsschule hochgehalten. Der Sächsische Lehrerverein erwarte vom künftigen Landtag, das; er die Hochschulbildung der Volks- und Berufsschullehrer weiter fördere und die Stellung einnehme, die im Landtag folgender maßen gekennzeichnet wurde: Wir sehen in dem Kapital, das wir für Volksbildung und Lehrerbildung aumenden, das beste An lagekapital für de» Wiederaufbau Deutschlands. * Das obige Thema hätte richtiger lauten sollen: Was erwartet der Sächsische Lehrerberein vom neuen Landtag. Denn wir müssen es als eine Irreführung znriick- weiwitz wenn der Sächsische Lehrerverei» sich anmaßt, iur Namen der Schule und der Lehrerschaft schlechthin zn fordern. Die Argumente gegen die „Machtansprüche dev Konfessionen an die Schule" sind in letzter Zeit merkt ch zu summe »geschrumpft. Man redet nur noch von Zerschla gung des einheitlichen sächsischen Schulwesens, unerträglichen Schullasten nsf. Wir möchten bemerken, obwohl wir im Prinzip nicht gegen-die akademische Lehrerbildung find, daß es ein recht zweischneidiges Schwert ist, die erhöhten Tchul- lasten gegen die konfessionelle Schule ins Feld zn führen. Diese sprechen dann viel grausamer gegen die aka demische Lehrerbildung! Das wolle man doch nicht über sehen. Wenn diese Mchrtastr» „das beste Anlagekapital für den Wiedcrausban des deutschen Volkes" sind, daun für «ns erst recht die eveutnellen Mehrlastcn sür die kon fessionelle Schule, die i» merklicher Höhe übrigens über haupt nicht zu erwarten sind. Von einer „Vervielfachung der Schullasten" durch eine tolerante Lösung der Schnt- frage kann also ebensowenig die Rede sei», wie von einer Verschlechterung der Leistungen. Man hat längst den Nach weis erbracht, das; bei den jetzigen Verhältnissen in Preußen zn B. gegen 60 Prozent aller Schulen cinklassig sind, und das; die Leistungen trotzdem den mehrklassigen Schulen in keiner Weite nachstandcn. Etwas sehr gesucht ist die Gegenüberstellung von Volks- uud höherer Schule. Für uns gehen beide auf eine Wurzel zurück; che cs eine Volksschule gab, gab es eben auch noch keine „höhere" Schule. Und darin stimmen wir mit dem Vortrag völlig überein, die unterschiedliche Behandlung der Religionsfrage in der Volksschule einerseits und deq höheren Schule andererseits lehnen auch wir ab. Wir sind prinzipiell für Konfessionalität, wenn man in der Art de« religiösen Belehrung „qualitativ" Unterschiede zwischen bei den Schularten auch machen muß. Mit solchen Gründen kann man den Grundsatz kon- i'e'iioiieller Jugenderziehung wirklich nicht erschüttern. Hier handelt es sich um letzte grundsätzliche Probleme, die wir an höheren Maßstäben messen. Wir erwarten vom neuen Landtag Gerechtigkeit auch für »ns. Darum treten wir geschlossen ein für Sic Liste der Deutschen Zentrumspartei! Zum Kriege gehört Gel- Wer die ..Deutsche Zenirumspartei (Christliche Dolksparlei)" in ihren, Kampfe um eine Vertretung im Sächsischen Landtage unterstützen will, spende für den Wahifonds Postscheckkonto Dresden 112561 (H. Tränkner, Güterbahnhofstrasie 20). tete kurz das Verhältnis zu den Nachbarparteien rechts und links und schloß mit der Mahnung, für Liste 9 zu werben und sich für sie zn entscheiden. Dresden Der Wahltag in Dresden Dresden, den 27. Oktober. Für die Landtagswahl am Sonntag ist die Stadt Dresden in 305 Wahlbezirke eingeteilt. Die Wahl zeit dauert von 9 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags. Die Einteilung der Wahlbezirke und die Wahlräume für die einzelnen Wahlbezirke sind aus den Bekanntmachungen zu ersehen, die in den einzelnen Wahlbezirken an den öffentlichen Anschlagtafeln ange bracht sind. Die Wahl geschieht ausschließlich mit amtlichen Stimmzetteln, die im Wahlraume ausgegeben wer beil. Jeder Stimmzettel enthält alle für den Wahlkreis zugelassenen Wahlvorschlüge unter Angabe der Namen je der ersten vier Bewerber und Hinzufügnng des Kenn wortes, und die Bezeichnung „Landtagswahl". Die Wahl varschlüge sind in derselben fortlaufenden Nnmmernfolge aufgeführt, in der sie öffentlich bekannt gemacht worden sind. Neben jeden Wahlvorschlag ist ein Kreis gedruckt. Der Wahlberechtigte hat sich mit diesem Stimmzettel und dem ihm gleichzeitig ansgehündigten amtlichen Umschläge in den im Wahlraume vorhandenen Nebenranm oder an den dort durch ein -s- innerhalb des vorgedruckten Krei ses oder durch Unterstreichen oder in sonst erkennbarer Weise anzngeben, welchem Kreiswahlvorschlage er seine Stimme geben will. Stimmzettel, die dieser Bestimmung nicht entsprechen, sind ungültig. Anträge auf Ausstellung von Wahlscheinen iver- dcn bis Freitag 2 Uhr beim Wahl- und Listenamte, Neues Rathaus, Ringstraße 19, Lichthos, entgegengenommen. Die Deutsche Zentrumspartei sieht kn Dresden und Ostsachsen anS. Stelle des amtlichen Stimmzettels. Also Feld» ankreuzen! Der schienenlose Zug in Dresden Dresden, den 27. Oktober. Der bekannte schienenlose Zug der Metro-Goldwtzw Mayer-Film-Gesellschaft trifft auf seiner Reise mn die Welt am Donnerstag, den 28. Oktober, nachmittags 3 Uhr. auch in Dres den ein. Der Zug hat bereits gegen 85 OVO Kilometer zurück, gelegt, ha! ganz Nordamerika durchstreift und ist über England, Holland, Belgien nach Deutschland gekommen. Er ist natürlich' eine echt amerikanische Bombenreklame für den Parufamet- Fiim-Grotzkonzern, aber in seiner Art durchaus amerikanisch originell. Der Zug entwickelt eine Stundengeschmindigkeit von 60 Kilometer und hat seine Reise in Neuyork am 31. Mürz 1925 begonnen. Er besteht aus einer Lokomotive und einem Puilmann- wagen, der Wohnräume für 5 Personen, eine geräumige Küche und einen Speiseraum enthält. Die Lokomotive ist auf ein Chassis gebaut und mit einem 90pferdigen Schiffsmoior aus gerüstet. Dieser st mit einem deutschen Iuhacz-Bergaser ausgerüstet, der besonders sparsam arbeiten soll. Der Zug trifft am Donnerstag nachmittags 3 Uhr von Baut zen kommend am Weißen Hirsch ein, berührt kurz nach 4 Uhr den Neustädter Bahnhof, fährt über die Marien- brücke, Wettinerstratze, Am See nach dem WienerPiatz, macht dann «inen Abstecher nach Löbtau bis zum Drei-Kaiser-Hof. kehrt durch Freiberger Straße, Annen strotze in die innere Stadt zurück und wird nach 6 Uhr am Georgplatz e>n- treffen. Weitere Verbesserungen im Giintzbade Sämtliche Abteilungen (auch das Hundebad) sind bereits van früh 9 Uhr an, Sonnabends bereits von 8 Uhr an bis abends 1-8 Uhr durchgehend geöffnet. Sonntags ist das Bad von vormittags 8 bis mittags 1 Uhr geöffnet. Die irisch-römisch-russische Schwitz- babeabieiluug ist Montags und Mitttvochs den Damen Vorbe halten. Donnerstags nachmittags von 2 Uhr an und Sonntags von vormittags 8 bis mittags 1 Uhr ist in beiden Schwimmhallen Familienbad eingerichtet. Die Schwimml>ailen sind gut tempe riert, das Schwimmbeckenwasser ist 2:1—24 Grad Celsius warm und unterliegt in seiner bakteriologischen und chemischen Beschaf« 2. Philharmonisches Konzert in Leipzig Der Abend entwickelte sich nach und nach zu einem Scherchen-Abend. Hermann Scherchen hat sich seit unserer letzten Bekanntschaft vor dem Kriege ohne Frage vertieft. Er geht mehr als damals auf die große Linie aus. Er dirigiert bei Steigerung des Ausdrucks viel mehr mit den Händen als mit den Armen. Und was er insbesondere mit der linken Hand zu sagen weiß, macht ihm so leicht keiner nach. Andere gewinnen durch überlegene Ruhe. Die ist bei ihm auch da. Aber seine ans den Augenblick des jeweiligen Ausdrucks eingestellte, haarscharf einsehende Bewegung wirkt nicht mehr bevormundend auf den geistig eingestellten Hörer, sondern ohne Zweifel wohltätig anregend. Das hält die Hörerschaft in Atem und geistiger Bewegung. Und darauf kommt es bei einem beriiseneii Dirigenten a». Hermann Scherchen hatte diesem fesselnden Abend das Zeichen seines Geistes aufgedrückt. Ob ihm ein Adagio eines RrnckncrS, Brahms, Vachs restlos gelingt — man glaubt es. Aber, daß ihm die moderne Musik liegt, wie selten einem wieder, davon konnte die Zuhörerschaft des gestrigen Abends sich selbst mühelos überzeugen. Man mutz es ihm danken, daß er einen Max Reger mit seiner „Sinfonietta" zu Worte komme» läßt. Uebrigens be deutet dieser Verkleinerungsausdruck eine Irreführung der musikalischen öffentlichen Meinung. Die Bezeichnung „Sym- phonia magna" wäre für dieses bedeutsame Werk, zumal mit der Tiefenwirkung des letzten Satzes, schließlich nicht ganz abznweisen. Wenn ein Werk derart ergreift nach der Seite des Schicksalsmäßigen wie diese „Sttifvnietta", dann ist der nebenabsichtslvs vergleichende Hörer auch berechtigt, einen Reger neben einen Brahms, noch mehr neben einen Bruckner zu stellen. Der tiefer Denkende wurde an die Begleitworte zn diesem Abend, von dem feinsinnigen Liebcrmann-Roß- wicse geschrieben, erinnert, wonach Nikisch bei der Erstaus führung dieses Wertes in Berlin — etwa 1906 — dem zum Teil ablehnenden Standpunkt der dortigen Zuhörerschaft offensichtlich gegrollt haben soll mit einer sonst bei Hm selrenen Eindeutigkeit des sprachlichen Ausdrucks. Da fällt einem die Frage eines Hugo Riemann in einer seiner akademischen Vorlesung e:n:„Ueberhanpt—was istKritik?"— Eine» gewagten Schritt in eine musikalische Neu- Pslanzung hatte Scherchen getan: in das Pflanzgebiet — in die neumusikalische „Schonung", angelegt von Arthur Honegger. Ein Deutsch-Schivoizer. Geboren 1892 in Le Havre. Seit 1913 in Paris. Mit Absicht soll hier fest- gestellt werden, daß der Träger dieses Namens wohl nicht als Deutscher anzusprechen ist. Es tut unserem deutschen Musikanschen in der Welt sicher keinen, Wohl nicht den ge ringsten Abbruch, wenn wir solche Musik („Konzert sür Klavier und Orchester zum ersten Male) dem Auslände überlassen und — znweisen. Solche Musik wäre schließlich imstande, dem Faß den Boden auszii'chlage». Manchmal geht Explosiv-Wirkung nach oben. Deshalb — wahrscheinlich — hatte inan vorbeugcnderweüe — den Deckel des edlen Nlüther vor dem ersten Tastengriff beseitigt. — Einer Wald-„Schvnung" schien uns diese Art Miisikanlage zn gleichen: kleine Setzlinge, viel Wuchergras — viel, viel Dornengestrüpp. Den Mann lassen wir gern den Parisern. Es wird erzählt — warum sollte es nicht wahr sein — daß eine gegenwärtig als Humorist!» bekannte, anerkannte Schriftstellerin ihr prächtiges und seltenes Talent, andere zum Lachen zn bringen, entdeckt habe, als sie eines ihrer Trauerspiele vor einer erlesenen Gesellschaft ernsthaft vor- gelcsen habe. Die Hörer hätten sich gerade bei den „er greifendsten" Stellen an -ihrem Lachmnstel gepackt gefühlt und sich vor seligstem Vergnügen geradezu gewunden. — Wenn A. .Honegger einmal einen musikalischen Karnevals- Abend veranstalte» wollte, so würde dieses„Konzert"ganz sicher den Vogel bbschiesten. Gewiß, jede ernstgemeinte Arbeit nötigt Achtung ab. Diese soll diejcm Pariser Klang-Erdenker nicht al'gesprochen werden. Freiheit allem Strebe». Es bleibt aber doch auch Pflicht, eine ernste Pflicht, das Wesen der Kunst als eine Sache, die auch die Seele angeht, zu schützen vor Eingriffen die an Stelle von Knnstanschaunnq, von Kunst,eele setzen wollen, reine Kunst-Technik. Letzten Endes droht hier der Kunst in ihrem Ewigkeitssinne die Krebstrankheit des K l a n g m a t e r i a l i s m u s in seiner »»verhüllteste» schädlichsten Form. In der Kniist i st entscheidend die Weltan schauung über Kunst. Dem einen ist sie ein großer reichhaltiger Farbenkasten. Gut — ma» lasse ihm sein Ver gnügen. — Dem andern ist sie Ausdruck tiefinnepshen Lebens, dem anders jede Ausdrucks-Möglichkeit versagt bleibt. Man lasse uns dieses künstlerische Glaubensbekenntnis nir- angerastet. — — — Uebrigens tauchte hie und da diesen: Abend die Ansicht auf, als habe .Honegger die bisher gel tende Art von Konzertmnsik musikalisch geißeln, sie verspotte» wollen. — Die Vortragende (Andrer Vaurabourg) entwickelte eine an Meister Gieseking gemahnende Sicherheit und An- passungssähigteit, die restlos anerkannt werden muß. Ein Glück, daß Hvnegger an seiner blemahlin eine solch feinfühlige und sichere Auslegerin seiner Gedanken und Pläne hat. Auf ähnlicher Bahn bewegt sich der 1882 in Petersburg geborene Igor Strawinski) (ebenfalls tu Paris lebend). Seine 1923 entstandene Erste kleine — vicrsätzige Suite er zeugt den Eindruck von Studien-Arbeiten. Es kommt einem vor, als wäre ein glücklich Verheirateter damit beschäftigt, seine Wohnung sich stilvoll einzurichten. Er fängt bei den (tzardinen an und beginnt mit der Nadel ein ganz appartes Muster zn entwerfen. Nach Fertigstellung einiger Zeich nungen wirft er die Stadel hin »nd ist der Meinung, er habe nun alles getan, um seiner Frau eine schöne Wohnung an bieten zu können. Jedes die>er Stücke war dann zn Ende, als man sah, daß Scherchen zu dirigieren anfgehört hatte. Man war einverstanden, daß die Sache nicht weiterging. Einen geistreichen „Scherz" leistete sich dieser anpas- Zaubcrhe . , , . daß es dem größten deutschen Ltedermeister, dem Schöpfer der „Unvollendeten", versagt blieb, mit dem Orchester ein Drama anzudeuten, zn „begleiten". Eine unsägliche Gleich gewichtslage spricht aus dieser Rosainnnde-Onvertüre. Aller dings, die Art, wie Scherchen auch hier Gegensätzliches zu unterstreichen wußte, steigerte noch die Hochachtung vor die sem Expressionisten an dem Dirigeittenpulte. Aber um unser» Schubert hat es uns — leid getan. Jedenfalls ein sehr fesselnder, anregender Abend, der uns vice Neues, viel Vergleichsstoff bot, der uns nicht zum wenigsten dann viel zu sagen hatte, wann die be treffende Musik dieses Abends das unausgesprochen ließ, was unsere deutschen Meister so unausgesprochen schön zn singen lind zu sagen wissen. — Der Beifall an den Dirigenten war ebenso begeistert und ansrichtig als verdient. Dr. Hugo Löbmann.