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Sächsische Volkszeitung : 16.06.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-06-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192706164
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19270616
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19270616
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-06
- Tag 1927-06-16
-
Monat
1927-06
-
Jahr
1927
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 16.06.1927
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Boot kentert». Der Begleiter WM da das Boot schnell ausgerichlcr und die Rettung der Frau versucht haben, die aber schon unter gegangen war. Mit durchnäßten Kleidern meldete sich der Mann auf der Polizei. Nach späterer Mitteilung scheint cs scstzustehen, daß die Frau freiwillig in den Tod gegangen ist, i» der Annahme, daß der Geliebte folgen werde. Der Mann ist inzwischen ans der Hast entlassen worden. ^Kemnili, Ivicksu, k>Isurn tz. EltcrnratSwahl i» K'rchberai. Sa. Bei der Elternratsivahl am Sonntag haben von 1011 Wahlberechtigten nur 476 von ihrem Wahlrechte Gebrauch gemacht, das sind 47 Prozent. Für den Wahl vorschlag 1 schriftlicher Eltcrnverein) wurde» 203 und siir Wahl- Vorschlag 2 (weltliche Schule) 246 Stimmen abgegeben. Die Ver treter des christlichen Elternvereins erhalten 4, die der Gegenpartei 5 Sitze. Dies ist das umgekehrte Verhältnis zum Vorjahre. tz. Zwei Knaben unter einer rinstürzcnde» Decke begraben. Am Montagnachmittag löste sich in Zwickau im städtischen Johanncs- bad ein Teil der Decke im Dnschraum und begrub zwei 12jährige Knaben unter sich. Die Knaben wurden durch die hcrabstürzcndcn Steine schwer verletzt und mußten nach dem Kreiskrankenstist gebracht werden. Der Anfall dürfte auf Erdbewegungen, die mit dem Bergbau in Zusammenhang stehen, zurückzuführen sein. tz. Von der Straßenbahn überfahren. Auf der Oststraße in Chemnitz geriet Montag abend ein 17 Jahre alter Handarbeiter mit dem Fahrrad in eine Straßenbahnschiene, stürzte aus die Straße und kam unter die vordere Plattform eines in gleicher Richtung fah rende» Straßenbahnwagens zu liegen. Er wurde mit schweren Ver letzungen in das Krankenhaus gebracht. tz. Plötzlicher Tod. Der frühere Bürgermeister von Bad Oberschlema, jetziger Regierungsrat bei der Landespolizei, Bogelgesang ivurde nach Beerdigung feines Vaters in Hirsci>- ^eld von einem Schlagansoll betroffen, der seinen Tod zur Folge tz. Mit der Deichsel durch die Hauswand. Ein unbespann- ter leerer Ianchewagen geriet auf einer abschüssigen Straße in Gcyersdorf bei Annaberg so heftig ins Rollen, daß er den Deichselführer beiseite schleuderte und mit voller Wucht gegen ein Haus rannte. Die Deichsel riß ein Loch von etwa 12 Qua- sdvotmeter und zertrümmerte das Geschirr einer Haushaltung. 5kiL «kr Sra-lveror-nekensitzung in Schirgiswal-e Schirgiswalde, 1b. Juni. Zu Beginn der letzten Stadtverordnetenfitzung beantragte Stadtv. Re Horst die Anbringung einer städtischen Anschlag tafel für die Anlieger der Kieferbergstraße und Sohlander Str. »nd die Wicderanbringung der Kilometergeschwindigkeitstosei »m äußeren Ende der Sohlander Straße. Nach Besichtigung durch den Bauausschutz soll dem stvttgegeben werden. Stadtv. Keeder inantragte die Räumung der Straßenadfchläge auf dem Fuchsberg. Gleichzeitig beantragte Stadtv. Thomas. Verhandlungen mit dem Bezirksstrahenbauamt wegen Abschaf- tzmg der Mängel, die durch den Straßenbau an der Bautzencr Straße hervorgetreten sind. Das Ortsgesetz über den Wasserbezug in der Stadtgemeinde wurde dahin einstim mig ab geändert, daß anstatt 10 Prozent nur 5 Prozent Unkostenbeitrag von solchen Grundstücken, die erst an die Was serleitung ongeschlossen sind, für den erhöhten Feuerschutz er hoben werden sollen. Es sind 32 Grundstück«, meistens Land wirte noch nicht angeschlossen. Ein Ortsgesetz über Erhebung von Anlieger- lleistungen bei Straßen ne ubauten wurde paragraphen weise beraten und fand einstimmig« Annahme. Das Ortsgesetz erschien besonders nötig, da noch viel uncrschlossenes Bau gelände im Orte vorhanden ist, demnach trügt die Stadt bei Strahenbauunkostjui die Hälfte. Die andere Hälfte soll nach der Länge der Anliegergrundstiicke aus die neubauenden An lieger umgelegt werden. Eventuell soll auch die Anliegerfläche oder die Nutzleistung des Grundstücks für die Berechnung der Umlage zugrunde gelegt werden. (An der neuen Kuhnestraße würde bei 20 Meter Anliegerlänge etwa ein Betrag von 400 bis bvv Mark zu zahlen sein. Die Summe würde sich an weniger gut ausgebauten Skrahen verringern. Die Leistung ist am Be ginn des Baues zur Hälfte und zur anderen Hälfte bei dessen Beendigung zu zahlen. Das Flurstück mit der Scheune an der Kapplermiihle ivurde vom Domstift der Stadt zum Kaufe nngeboten. Ein stimmig stimmt man einem Ankauf zu. Eventuell soll in der Scheune eine Spritze und ein Schlauchwagen untergebracht werden. Lei einer Stimmenthaltung des Stadtv. Rchork beschließt man, daß der Teich bei Rehorks Grundstück im Oberdorf zu- geschiiltet werden soll. Die Wasserleitung bietet genügenden Feuerschutz. An der Stelle des Teiches soll eine Schleuse er halten bleiben. — Der Radfahrerverkehr am Waldrand an der Spree soll für Sonntags verboten werden. — Hierauf geheime Sitzung. Gr. Sie W« LMeMIWslWU Arber die Landeswohlfahrtstagung in Zwickau, über -eren Verlaus wir schon berichtet haben, werden uns von einem Teilnehincr folgende beachtlichen Ausführungen zur Ver fügung gestellt: Angesichts der Tatsache, daß unter dem Druck der Reparationen selbst den wohlmeinendsten Behörden durch die Jinanznot die Hände allzusehr gebunden sind, als daß sie die Wohlfahrtspflege quanti tativ so weit ausdehncn könnten, wie cs vielleicht wünschenswert wäre, sollte die Tagung wenigstens einer qualitativen Hebung der Wohlsahrtsarbeit dienen. Die Organe der behördlichen und freien Wohlfahrtspflege sollten Gelegenheit haben, sich zur Vertiefung ihrer Arbeit einmal cinzuarbeitcn in ein bestimmtes Teilgebiet, die sogenannte „Fürsorgeerziehung" im weitesten Sinn, und den theo retischen Darbietungen in der Aussprache ihre praktischen Erfahrun gen cntgegenhalten. Montag abend war eine öffentliche Versammlung, eingeleitet durch einige mehrstimmige frisch gesungene Volkslieder des Zwickauer Volkschores. Der Vortrag des Abends „Zwang und Frei heit in der Erziehung" von Frau Dr, E. Rotten (Kohlgraben), wollte aufzeigen, wie überall in der Welt sich jetzt geistige Strömun gen geltend machen, die die Menschen zur Freiheit führen wollen, ohne den Weg über rohe Gewalt und Zwang zu gehen. Durch Klarlegung dieser großen Linie wollte die Rednerin den Teilnehmern verständlich machen, wie unsere Bemühungen und Erwägungen über recht angewandten ,-jtvang und recht verstandene Freiheit in der Kleinarbeit der Wohlfahrtspflege und besonders der Fürsorgeerzie hung sich einordnen in den großen Zug des Weltgeschehens. Hof fentlich ist dieser Sinn des Vortrages allen Teilnehmern klar ge worden; die Phraseologie der Rednerin war leider etwas sehr modern. Am Montag früh waren eine ganze Reihe meist rechtlicher Streitfragen zur Diskussion gestellt, wie sie aus der praktische» Wohl fahrtspflege aufgctaucht waren.. Diese Besprechungen waren für die Praktiker sicher äußerst instruktiv, zumal sie sachkundig und gewandt geleitet wurde». Der Montagnachmittag mar der Besichtigung eini ger Wohlfahrtseinrichtungcn der Stadt Zwickau gewidmet, der Wald- erholnngsstättc mit Waldschule, des Krüppclheims, des Säuglings heims und einiger Notwohnungen. Wenn wir aus die Tagung zurückschauen, dürfen wir mit dank barer Genugtuung sagen: Was de» Teilnehmern in den Hauptvor- trägcn geboten wurde, war sehr gediegene Kost; die Vortragenden standen durchaus aus der Höhe des von ihnen bearbeiteten Sloffcs, so daß jeder Teilnehmer bereichert davongcgangcn ist. Einzelne Er gebnisse und Forderungen der Vorträge sind auch für die breitere Ocsfentlichkeit wichtig. So wurde der Wunsch ausgesprochen, doch endlich einmal den infamicrcndcn Beigeschmack des Titels „Für- sorgczögling" im eigenen Verkebr und Gespräch mit den Men schen bewußt zu Überseen und dieses häßliche Wort überhaupt mög lichst zu meiden, auch in amtlichen Papieren und Veröffentlichungen, damit cs solchen Menschen nicht ihr Leben lang nachfolgt als un überwindliches Hindernis am Ausstieg. Der Vortrag über Familicn- erzichnng stellte fest, daß alle jene Familien ungeeignet seien zur Aus- Neuer Kampf ln -er vMchslfchei, Textilindustrie? Bautzen, 15. Juni. Ein neuer Kamps in der sächsischen Textilindustrie scheint nach den letzten kritischen Tagen unvermeidlich zu sein. Von den Gewerk schaften ist den. Verbände der Arbeitgeber der Sächsischen Textil industrie das bisherige A r b e i t s z c i t ab k o m m c n gekündigt worden mit der Bedingung, die 46-Stundcn-Wochc wieder einzusüh- rcn. Angesichts der gespannten Lage ist damit zu rechnen, daß cs zu ernsten Verwicklungen, wie Streiks und Aussperrungen, kommen wird. Für Westsachsen sind bereits Einigungsvcrhndlungcn angcsctzt, die am 16. Juni in Chemnitz beginnen. l. 89 Jahre Eisenbahn Neustadt-Neukirch. Am 1. Juli d. I. sind 60 Jahre vergangen, an dem die Eisenbahnlinie Neustadt- Neukirch feierlich eröffnet wurde. Aus diesem Anlässe hat der hiesige Verkehrs Verein mit dem Eisenbahner-Verein beschlossen, an diesem Tage einen Kommers abzuhalten. l. Im 99. Lebensjahre gestorben. Nach einer Blüttermel- dung aus Spitzkunnersdors starb dort am Sonntag die älteste Einwohnerin Frau Elisabeth vcrw. Michel, nachdem sie im Fe bruar ihren 98. Geburtstag begangen hatte. Sie hinterläßt 1 Sohn, 18 Enkel, 24 Urenkel und 1 Ururenkcl. l. Renovierung im Kloster Rumburg. Der Kreuzgang des Kapuzinerklosters wurde schon im Vorjahre einer eingehenden Ausbesserung unterzogen. Nunmehr l)at man auch in eine Auf frischung der 33 schönen Deckengemälde einge-willigt. Die Arbei ten iverden bereits seit einiger Zeit von den Malern Neumann, ' Obcrhennersdors (Vater und Sohn) und Miksch, St. Georgen- nabme von Pflegekindern, welche das Pflegekind bewußt anders etr»- schätzen, halten und beschäftigen als die eigenen Kinder. Um zu der Tagung auch vom katholischen Standpunkt an- Stellung zu nehmen, wollen wir ein Doppeltes hcrvorhcben: 1. Auffallend war es, wie wenig gestaltende Kraft man der Kirche in Fragen der Erziehung doch hier in Sachsen bcizumessen scheint. Wenn von den in der Gegenwart wirksamen Trägern der Erziehungsansgabc die Rede war, dann konnte man hören voin Psychiater, Arzt, Psychologen, Pädagogen, Philosophen unk Sozio loge», aber abgesehen von den Begrüßnngswortcn z» Beginn der Ta gung niemals ein Sterbenswörtlein vom Erziehungsaint des Geist lichen oder der Kirche. Ein deutliches Symptom für die weit fort geschrittene Entkirchlichung in Sachsen. 2. Um so mehr mußte cs befriedigen, wenn das Letzte und Tiefste, was überhaupt gesag twurdc, jedesmal der Hinweis auf die im Religiösen schlummernden erzieherischen Kräfte war. Aller dings erfolgten solche Hinweise nur immer zwischen den Zeilen, denn wenn man sich deutlicher ausgesprochen hätte, wäre die ganze scheinbar so einige Versammlung in ein schreiendes Heerlager aus- einandergebrochcn im Streit darüber, wie weit man den religiösen Wahrheiten Einfluß ans die Erziehung zutrautc und einräumen wollte. Das letzte, was Herr Dr. Bondy zn sagen wußte über die richtige Art, den Willen durch geeignete Modifikation zu bilden und zu erziehe», war der Hinweis auf die vorbildlichen Werke LindworskYs. Daß Lindworsky Jesuit ist und mit diesem Hin weis die katholische Religonspädagogik als mustergültig anerkannt ist, hat der Vortragende allerdings verschwiegen. — Wenn auch Herr Dr. Hosfmann von der Universität Leipzig in völliger Verken nung der Allgemeingültigkeit Jesu Christi als sittlichen Vorbildes es tadelte, daß „gewisse Gruppen von Erziehern" ihre Zöglinge alle nach demselben Vorbildc formen wollten — er hat dabei das an sich richtige Prinzip der Erweckung des Jugendlichen zum selbsttätigen Ringen nach seinem persönlichen Ideal überspannt und seine An wendbarkeit auch in der christlichen Erziehung übersehen —; als man sich nach Hilfe umschautc für den praktischen Ausbau der Erziehungs arbeit, mußte man doch an erster Stelle nennen „die jahrhunderte alte Erfahrung" der religiöse» Anstalten. Ein warmeS Wort sür die einzig wirksame Macht der klugen religiösen Beeinflus sung hat Frl. Dr. Paullsen eingelegt in ihrem sehr wertvollen Vortrag über die Behandlung weiblicher Fürsorgczögiinge in der Reisezeit, indem sie darauf hinwics, wie die religiöse Einwirkung bei solchen gefallenen Mädchen nach verstehender Vorbereitung an knüpfen kann gerade an dem geweckten Erlösungsverlangcn. So konnte die Wohlsahrtstagung dem Sehenden zeigen, wie alle Wohlfahrt auch heute noch von Christus ausgeht; wie auch das Sachsen, das nicht mehr unter der Fahne Christi segeln möchte, doch noch zehrt von den Schätzen Christi und auch nur aus dem Reich tum Christi heraus wird aufbaucn können. — Vom Klerus der Diö zese Meißen waren zwei Vertreter in Zwickan anwesend, darunter Erzpricsier I. Rücker (Zwickau) als Vertrete»' des Karitasnerban- des Frcibnrg. thal durchgeführt. Auch die berühmte Loretto-Kapelle, ein sehens wertes Kunstiverk, wird in nächster Zeit einer gänzlichen Reno vierung unterzogen werden. l. Ncueindcckung des Pctritmmcs in Bautzen. Die bisherige Bedachung dcS 103 Meter hohen Turmes de« Pctrikirch« ist derart schadhaft geworden, daß eine Reucindeckuna nötig geworden ist. Man hat sich sür eine Kupserabdeckung entschlossen. Die Gerüstbauken haben gestern begonnen Eine tuusteriöse Geschichte. Danzig, 14. Juni. Zu einem angeblichen Einbruchsvcrsuch in da» deutsche Generalkonsulat wird von Danziger amtlicher Stelle gemeldet: Die beiden unter dem Verdacht des Diebstahls sestgenammenen, aber wieder sreigelassenen Täter haben bet ihrer Vernehmung erklärt, daß sie nicht einen Diebstahl beab sichtigten, sondern durch Schmiergelder «inen Angestellten des deutschen Generalkonsulats bestimmen wollten, ihnen amt liche Aktenstück« zu übergeben oder zur Anjertigung photographischer Ausnahmen zu überlasten. Es handelt sich um den polnischen Staatsangehörigen, den ehemaligen Ossi-irr im polnischen Heere, JanTluszkewicz, wohnhaft in Oliva, und um den Danziger Staatsangehörigen Landwirt Wilhelm Hohl, wohnhaft in Oliva. Der Pole Tluszkewicz Hai als sei nen Auftraggeber den Kapitän Birkenmcyer von der Militärabteilung der polnischen diplomatischen Vertretung in Danzig und einen polnischen Oberleutnant Podolski bezeichnet. Tluszkewicz ist inzwischen ausgewi«sen worden. Kerrnhut Ein eigener Zauber ist es um Herr »Hut. Tausende von rcmden besuchen alljährlich diese kleine Gemeinde von etwa 1600 inwohncrn. Trotz der geringen Bevölkerung ist sie doch in der gan zen Welt bekannt. Abseits von der großen Vcrkchrsstraße an der Bahn von Löbau nach Zittau gelegen, fast von allen Seiten von dickem Walde umschlossen. Kommt nian von dem freundlichen Bahnhof in den Ort, so Ist man sofort ganz in seinem Banne. Wie sauber sind doch die Straßen! Eine geheimnisvolle Ruhe lagert über den wenigen Häu sern, die sich am Abhänge des Hutberges hinziehen. Hier kennt man nichts von der Geschäftigkeit dieser Welt. In den Dörfern ringsherum sauste früher der Webschützen, und heute rattern die Ma schinen. In Herrnhut vermochte die Industrie nicht Fuß zu fassen. Am Rande des Dorfes liegt die Bleicherei und Kaitunfabrik von Abraham Dürninger, sonst nichts außer einigen notwendigen Hand werkern. Die reinlichen Straßen zeugen von liebevoller, peinlicher Pflege. Noch nie sah ich einen Papiersetzcn vom Winde gefegt, oder gar Schmutz. Wahrlich blitzsauber ist cS, mustergültig für andere Orte. Die Häuser sind meist geschlossen, kaum sieht man Einheimische durch die Straße huschen. Fromme Sprückc zieren die Haustüren. Zwar tönt der Lärm der Neuzeit durch die Bautzncr Straße, wenn ein modernes Vehikel durchsaust, dann aber herrscht wieder wohltuende Stille. Nirgends Reklame für Tanz oder Kino. Es ist wie ln einer anderen Welt. Vergeblich sucht man ein großes Hotel. Am „Platz", anders wo nennt man cs Markt, ladet der Gasthof der Brüdergemeinde zur Einkehr. Hier wie in den Kassecstubcn dieselbe Stille. Kaum ge traut man sich, ein Wort zu reden. Abseits der Hauptstraße, da haust die Stille. Die Fenstcrstöckc sink mit farbcnglühcnden Gera nien und Pelargonien geziert. Man verninimt nur den Widerhall der Schritte des Wanderers. Herrnhut ist die Stätte der B rüd e r g em e i»c. In den Junitagcn des Jahres 1722 kamen mährische Brüder hierher, schlu gen am 17. des Monais den ersten Baum zum Vau eines Hauses. Vor einigen zwanzig Jahren fraßen gierige Flammen das Block haus aus. ein Denkstein kündet beute den Ort. Graf von Zin- zendorf gewährte den Landfremden Unterkunft ans seiner Flur. Sic fanden sich mit dem frommen.Gutsherrn bald in inniger Scc- lcngcmcinschast zusammen Brüder und Schwestern wollten sich die Siedler sein. Ursprünglich lebten Knaben und ledige Burschen im Brüdcrhausc, Mädchen im Mädchenhause. Außerdem gab cs noch ein Witwer- und ein Witwcnhans. Vergeblich sucht man unter den Frauen eine» Bubikopf. Das kennt man in Herrnhnt nicht. Eine eigene Tracht unterscheidet die Frauen sofort von Fremden. 1922 brach ein schlimmes Schadenfeuer aus und schreckte die ganze Um gebung auf. Am „Platze" liegt die Kirche, nein „Saal" nennt ihn Herrn hut. Ein Kirchturm fehlt, nur ein kleiner Dachreiter ziert das Dach, mit einer bescheidenen Glocke Oesters in der Woche kommt man zu Bibelstnnden und zum Licbesmabl zusammen in dem Saale. Er mutet in seiner Schmucklosigkeit eher an wie ein Konzerisaaal. An Stelle der Kanzel steht ein Pult . Im schwarzen Anzüge, nicht im Talar, lehrt der Prediger seine Gemeine. Saubere Anlagen breiten sich vor dem Gebäude aus. Um den Platz liegen das Gemeindeamt und wichtige Anstalten der Vrüderunität. Der Geist der pictistischcn Gemeine drang hinaus in alle Welt. Klcinwelka bei Bautzen, Neudietendorf in Thüringen, Niederlassun gen- iu. Preußen, in England und Amerika fühlen sich nnt der Mutter verbunden Ungezählt sind die Scharen der Missionare, die von hier a»S das Wort Gottes in die Heidcnländcr trugen. Von der Berthclsdorscr Straße zweigt eine Lindenallee ab. Hier liegt der Gottesacker. Nirgendwo wird cs einen ähnlichen geben. Alleen teilen das Gelände ln quadratische Felder. Rechts ruhen die Männer, links die Frauen. Nirgends ein Grabhügel. Platte Steine verkünden die Rubestätte der Verstorbenen. Wie die Lebenden keine Unterschiede des Standes kannten, so erst recht nicht im Tode. Alle sind gleich arm und reich, vornehm und gering. Ucbcr 5000 Tote fanden hier ihre Ruhestätte. Eine Ausnahme allein machen die Gräber der Familie Zinzendorf, die durch die Höhe und Größe die übrigen überragen. Ein würdiges Denkmal sür die Toten aus dem großen Kriege schließt die Nordscite ab. Hier erhöht sich das Gelände, das an der höchsten Stelle einen hölzernen Nussichtsturm trägt, der eine entzückende Rundsicht gestattet. Der fromme Sink der Einwohner hat den Ort zu einer Oase gemacht, die weit und breit nickt wieder zu finden ist. Die Brüder, acmeinc schuf die Eiaenari Fritz Günther. Der Festzug in Leitmeritz Leitmeritz, 15. Juni. Am Sonntag fand der anläßlich der 700-Iahrseier der Stadt Leitmeritz geplante Festzug statt, der zu Pfingsten der ungünstigen Witterung wegen verschoben wer-den muhte. Es wirkten 2700 Personen. 60 Festwagen und 200 Reiter mit. die in farbenprächtige» Bildern die Geschichte der allen Elbstadt von der Urzeit dis in unsere Zeit darstellten. Der Zug bestand aus der Spitze mit Herolden und Fanfarenbläsern, 8 großen geschichtlichen Abteilungen und zum Abschluß, der von 2 Wagen mit Bürgermeister Knöchel, den beiden ältesten Leuten der Stadt und dem jüngsten Kinde der Stadt gebildet wurde. Als der mehrere Kilometer große Festzug auf dem Marktplätze an» kam, wurden die Glocken geläutet. — Das Festkonzert des Deutschen Musiker-Verbandes im Rundfunk. Eines der bedeutendsten kiinstlerisä-en Ereignisse dieses Jahres ist das Festkonzert, das der Deutsche Musiker verband gelegentlich seiner großen Festtagung in Magdeburg veranstaltet und bei dem unter der Leitung des Kölner General musikdirektor Abendrolh 230 der ersten Mitglieder der bedeu tendsten deutschen Orchester Mitwirken. Dieses Festkonzert, da» am 16. Juni um 19.30 Uhr beginnt, wird durch folgende Sen der verbreitet: Leipzig, Dresden, Königswusterhausen. Frankfurt, Kassel, Homburg. Bremen, Hannover, Kiel, Langen berg, Münster, Dortmund und Elberfeld. — Am gleichen Tage. Donnerstag, den 16. Juni 1927, findet vormittags 10 Uhr in der Magdeburger Stadthalle ein Konzert der Orchestcrschule de» deutschen Musiker-Verbandes, die der Hochschule für Musik in Berlin angegliedert ist, statt. Dieses Konzert wird übertragen von folgenden Sendern: Leipzig, Dresden, Königs- wustcrhausen, Frankfurt, Kassel, Langcnberg. Münster und Dortmund. Außerdem wird im Zusammenhang mit dieser Fest tagung »m 15.30 Uhr und um 16 Uhr über die Sender Langen berg, Münster und Dortmund von Köln aus ein Vortrag über die Deutsche Theater-Ausstellung Magdeburg 1927 gesendet. Aus den Sächsischen Staatstkeatern. Im Schauspiel- hause wird als letzte Neuheit dieser Spielzeit die Komödie „Fenster" von John Golswortlm unter der Svielleituna
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