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Aus dem Lnhali. Paul Buchartz: Klafter i>r der Wüste. A. M. Frey: Auktion. Aloys Christoph Wilsmann: Glossen. F. S ch r ö n g h a in e r - H e r mda l: Brunnenzauber. Fünf Minuten Denksport. K!osler in -er wüste. Von Paul Buchartz. < In der Stein wüste Juda. Etwa drei Stunden von Jerusalem entfernt liegt in mitten der steinigen judäischen Eebirgswüste, in unheim licher, grausiger Einsamkeit, das griechisch-russische Kloster Mar Saba. Der unwirtliche Weg dorthin fuhrt über Steingeröll, steile Bergesabhänge, durch enge Täler und wilde, tiefe Schluchten. Er wird wegen der dort umher- skreichenden räuberischen Beduinenhorden und wegen des halsbrecherischen Geländes als unsicher und lebensgefähr lich bezeichnet. Meine Begleiter waren drei Deutsche und zwei Dänen. Wir bewaffneten uns mit Revolvern und traten von Jerusalem aus den Fußmarsch durch die wilde Judawüste zum Kloster Mar Saba an. Bald verlor sich der Pfad in eine wegelose, wildroman tische, sonnenüberflutete Gegend. Beschwerliche, schmale Saumpfade ziehen sich in schwindelnder Höhe am Rand der Berge hin und bieten einen grandiosen, schaurig-schönen Rundblick auf das wie von der Sonne verbrannte Wüsten gebirge, auf gähnende Schluchten und steil abfallende, tiefe Abgründe. In der Ferne wird das Tote Meer, das im heißen Talgrund träumende Jericho und das gewaltige Gebirge Moab sichtbar. An einigen Beduinenlagern vorbei, erreichten wir nach schwieriger, halsbrecherischer Wanderung endlich das Kloster Mar Saba. Vor dem Klosterhofe saßen einige griechische Mönche auf Steinblöcken, während ein mit Ge wehr und Dolch bewaffneter, in Klosterdiensten stehender Beduine in Respekt einflößender, kriegerischer Haltung als Wachtposten auf und ab patrouillierte. Ein Mönch mit zerzaustem Bart und mit frauenhaftem Haarknoten im Nacken ließ uns ein. Wir krochen in gebück ter Haltung durchs niedrige Klosterpförtchen und befanden uns dann im geräumigen, gepflasterten Binnenhofe des Klosters. Rinsum mächtige Felsenbauten. Hier wars, wie in einem mittelalterlichen Burghofs. Mar Saba. Das Griechenkloster Mar Saba ist uralt. Im 5. Jahr hundert wurde es gegründet vom hl. Euthymius, jedoch nach dessen Schüler, den hl. Saba, dem Abt des Sabaiten- ordens, benannt. Dies wunderliche, imposante Bauwerk, mehr Festung und Burg, als Kloster, wurde durch Kriege oft zerstört und zuletzt 1840 von den Russen instand gesetzt. Es klebt, größtenteils in Felsen eingehauen, wie an der Felsenwano und zieht sich teils terrassenförmig, teils steil von der Höhe des schroffen Felsenberges hinab in die tiefe, Auktion. Von A. M. Frey. „Eie wissen Bescheid," sagte Herr Brameshuber zu seinem Beauftragten, dem Herrn Zipf. „Ich muß den Waldmüller un ter allen Umständen in meine Hand bekommen. Wenn ich sage: unter allen Umständen, so ist das nicht so hingesprochen, son dern wörtlich gemeint. Ls ist möglich, daß Sie auf hartnäckige Widerstände stoßen. Ich glaube orientiert zu sein. Tut nichts. Sie gehen durch dick und dünn!" Zipf mit der vierschrötigen Gestalt des ehemaligen Bilder- kistenmachers, verbeugte sich so gut es ging. „Und wohin soll ich am Tage der Auktion die Entscheidung melden?" „Hierher natürlich, ins Hotel. Ich bleibe schon in der Stadt. Ich will nur selbst nicht hervortreten. Ich habe meine Gründe, Sie wissen es ja. Wenn ich in Person erscheine und diet«, wird mich das Bild das Doppelte tosten, was es so schon kostet. Meine Gegner, die Lunte gerochen haben, wüßten so fort: ein Stück, an dem der Brahmeshubex klebt, ist unbezahl bar — und sie würden nicht locker lassen." „Die Auktionssumme —?" " kann auf Scheck von mir. den ich ausstelle, sobald Sie «it dem Ergebnis zu mir kommen, bei der Dresdner Bank in Pmpsang genommen werden. Hier haben Sie selbst einstweilen tausend Mark für Ihre Bemühungen." < Zipf neigte sich erschüttert aus seine großen Stiefel. . ^Hals- und Beinbruch!" lachte Brameshuber und klopft« anderen väterlich auf die Schulter. „Es soll uns glücken. Von der Summe, zu der ich den Waldmüller dem versessenen -linerttaner in Thikago Weiterverkäufe, und die beinahe sozu sagen in meine Belieben gestellt ist, sollen Sie zwei Prozent Erhalten. Ich kann Ihnen versichern: es wird für Sie ein net tes Sümmchen herauskommen. Deyn s^hen St«: auch ich bin nicht» anotres als ein Beauftragter, der hübsch'verdienen will.* Der Auktionsraum der Firma Silverling bot an dem Tag«, »n dem der Waldmüller an dt« Reih« kam. da» grwöbnlick« gähnende Höllenschlucht. Gegenüber erheben sich mächtige plattfürmige. kahle, steilwandige VergungehSuer. In dem steinigen Boden wächst weit und breit kein Grashalm. Die Versorgung des Klosters mit Lebensmitteln erfolgt von Jerusalem aus durch Tragtiere. Der festungsartige Ausbau Mar Sabas wurde nötig wegen der vielen früheren Ausplünderungen und infolge der heute noch möglichen Beduinenüberfälle. Diese wahre Felsenburg beherbergt etwa 50 griechische Mönche, die in zellenartigen, halbdunklen Räumen ihr abgeschlossenes, weltvergessenes Dasein wie Gefangene fristen. Das Wüstenkloster ist eine Art Strafanstalt für griechische Priester. Ein Palästinaforscher charakterisiert das Leben dieser strafgesangenen Mönche treffend: „Es ist nicht die Einsamkeit einer friedlichen Einsiedelei, sondern eine Ein öde, in der man wahnsinnig werden könnte". Die sehr streng und ständig fastend lebenden Mönche verbringen ihre Zeit großenteils mit Gebeten. Die Küchen abfälle werfen sie über die Klostermauer in die tiefe Todes schlucht, damit die dort und in den umliegenden Felsen höhlen hausenden wilden Tiere, wie Hyänen und Schakale, sich nachts daran sättigen. Das beste von den Speiseresten suchen sich tagsüber die in der Schlucht umherstreichenden Beduinen heraus. Den Frauen ist das Betreten dieses sonderbaren Klosters verboten, wie das in noch strengerer Form auch auf dem Klosterberge Athos in Griechenland der Fall ist. Gegebenenfalls müssen sie bei Besuchen, die sich auf äußere Besichtigung des Baues beschränken, draußen in der Schlucht des Todes in Zelten übernachten, was jedoch aus mancher lei Gründen nicht ratsam ist. Ausnahmsweise auch dürfen sie in dem von den übrigen Gebäuden getrennten Glocken turm nächtigen. Mar Saba enthält aus dem Hof das mit einer Kuppel kapelle überbaute Grab des hl. Saba. In einer Höhlen grotte unter dem Grab soll der Heilige mit einem Löwen friedlich zusammengelebt haben. Die Nikolauskapelle be herbergt die Gebeine der bei der Plünderung des Klosters durch die Perser im Jahre 614 umgekommenen Mönche. Die überladen bunt bemalte Klosterkirche birgt das Grab Atttkagsmarchen. Der Schloßhof träumt in Sonneneinsamkeit, Schwer atmend im Flisderdust — Kasranienkerzen, von Hummeln durchsummt, Glüh'n rot in regloser Lust. 1 Unter zierlich gegiebeltem Erker Versonnen ein Brunnen singt — Hinter Fensterrauten geheimnisvoll Ein güldenes Krönlein blinkt. Aus verwunschener Brunnentiefe kriecht Verschlafen ein Frosch hervor — Starrt mit grllngoldnen Auge» unverwandt Zum Erkerfenster empor. Okarlotto 0»dm8. Aussehen. Niemand hätte geahnt, daß sich bald außerordent liche Vorgänge in ihm abspielen sollten. Die Kauflust war mäßig, die Angebote zurückhaltend. Ein gedämpfter, fast verschlafener Streit um die einzelnen Stücke plätscherte so hin, und weder die Stimme des Auktionsleiters noch die der Anwärter hoben sich, als der „Ländliche Sonntag" aus der Staffelei stand und nun daran war. Ein halbes Dutzend Männer aus de» zweihundert Anwesen den begann zu bieten. Es war gegen zwölf Uhr — etwa eine Stunde zu dem Zeitpunkt, zu dem die Mittagspause gewöhn lich eingeschaltet wurde. Zipf brauchte vorerst nicht mitzumachen. Er saß In der drit ten Reihe und lächelte vor sich hin. Die da rauften sich träge um ein paar hundert Mark — der amtliche Auktion«! neben dem geschäftlichen Leiter schaute gleichgültig ins Publikum durch einen schiefen Zwicker und räusperte sich — aber nun schie nen die kurz und lahm hingeworsenen Zahlen versiegen zu wol len — es kam nichts mehr — „Achtzehnhundert zum ersten, achtzehnhundert zum zweiten" kelterte der Beamte. „Achtzehnhundertfünfzig", sagte Zipf. Beinahe gleichzeitig rief es ein anderer, der bisher nicht weniger stumm geblieben war. „Doppeltes Angebot, bitte?" stellte der Leiter fest. „— sechzig", sagte Zips. „— siebzig", der andere. „—achtzig — neunzig — eintausendneunhundert find da", ries der Leiter etwas belebt. «Zum ersten — zum zweiten — und —", siel der Be amte ein. „Neunzehnhundertdretßig", bot Zips und sein Widersacher zwanzig mehr. So ging es weiter in einem zähen, einem verdeckten An sturm. Di« Gemeinde begann zu wispern und mit den Katalo ge» zu rascheln. Was war das? Ferdinand Georg Waldmüller geboren 1794 zu Wien und gestorben 186s. der Vorläufer der Freilichtmalerei, stieß mit diesem doch ak» mäßig gewertete» des griechischen Kirchenlehrers Johannes Damascenus. Von schwindelnder Turmhöhe aus erfreut man sich an einem fesselnden Blick auf die gewaltigen, wildzerklüfteten Berge der judäischen Steinwüste und in die tiefe, grausige Felsenschlucht. Ein alter, sonderbarerweise Deutsch sprechender Mönch führte uns aus unsere Zimmer und bewirtete uns mit arabischem Mokka, Schnaps, Brot und Wasser. Nach altem Brauch genießt jeder männliche Besucher die Gastfreund schaft des Klosters. Unsere Räume waren sogenannte ara bische Diwans. An den Wänden entlang befanden sich breite, mit dicken Araberteppichen belegte Steinerhöhunge» als Nachtlager. Dazu erhielten wir dicke Decken. Euro päische Betten und besondere Möbel waren nicht vor handen. Eine seltsame Nacht. Wir legten uns zum Schlafen nieder. Bald ging der Mond auf und und beleuchtete silberhell unsere Zimmer. Wir sprangen auf, die Mondscheinnacht zu genießen, gingen leise hinunter und bestiegen dis Burgmauer nach dem Ab grund zu. Welch' unvergleichliche Pracht beim Mondenscheinl Fast taghell beleuchtete Vater Mond gespensterhaft dis liefen Schluchten und grauen Berge, als sei alles mit frischem Schnee bedeckt. Solch' märchenhafter Mondschein zauber ist nur in Palästina, nur in der wilden Juda- gebirgswüste, nur bei Mar Saba möglich. Schleicht dort unten in der hellerleuchteten Schlucht nicht etwas Graues heran? „Hyänen! Schakale!" riefen wir wie aus einem Mund. Da schlichen sie heran, die Nachtschwärmer, zuerst zwei Tiere, dann noch eines, kamen aus die Mauer zu, wühlten in den täglich herabgeworfenen Speiseresten und hielte» nächtliche Mahlzeit. In unserer Nähe stand in einem Blechtopf Wasser. Einer der Dänen goß das Naß hinab in die Tiefe, auf die schmausenden Hyänen und Schakals. „Chchchchchchüäüäh! Chchchchchchääääh!" fauchte es unten wütend, und die Tiere sprangen zurück, um jedoch gleich wieder weiter zu fressen. In der Ferne krachte» Gewehrschüsse unheimlich in dis stille Wüstennacht hinein und hallten laut wider in den Bergen und Schluchten. Gleichzeitig ertönten schauder, hafte Laute von wilden Tieren aus der Wüste. Offenbar waren die Beduinen auf der nächtlichen Hyänenjagd. Wir warfen noch einen Blick in die Tiefe. Hyänen und Schakale waren verschwunden. Dann legten wir uns erneut zur Ruhe nieder. Aus bestem Schlaf erwachten wir plötzlich gegen zwei Uhr nachts durch schaurig klingendes, dumpf dröhnendes Klosterglockengelüute. Schwermütig und ernst zittert der tiefe Elockenton in die stille Nacht hinein. Jetzt erschalle» feinere Glocken mit höherem, silberhellen Klang und läuten glockenspielartig ohne Unterlaß die ganze lange Nacht hin durch. Schallte da nicht dumpfes Eebetsgemurmel, tönte es da nicht wie schauriger Grabgesang durch das Glockengeläut aus der Klosterkirche zu uns hinauf? Die Mönche von Mar Saba waren beim allnächtlichen Gebet und Gesang versammelt, stundenlang, bis in den Morgen hinein. So will es strenge Klosterregel. Und solange die Mönche beten Exemplar „Ländlicher Sonntag" auf ein besonders schwer er klärliches Interesse. Der Auktionsleiter besah sich di« beiden langsamen und nur zu kleinen Etappen entschlossenen Herren. Zu den üblichen Händlern gehörten sie nicht. „Darf ich bitten, etwas flotter voran zu machen," sagte er nervös. „Wir verlieren viel Zeit. Heute nachmittag müssen wir mit allem fertig werden." Aber Zipf ließ sich nicht aus der großen Ruhe bringen. Der andere übrigens ebenso wenig. Als man bei zweitausendachthundert Mark angelangt war, mußte wohl oder übel die bereits angebrochene Mittagsstunde als Pause eingeschaltet werden. Herr Kommerzienrat Siloer ling persönlich verkündete sie, teils gespannt und aufgekratzt und neugierig, wie hoch dieser Waldmüller noch gehen werde — teils verdrossen, weil das Ganze schleppte und weil es unerhört und noch nie dagewese» war, mitten in einem ausgebotenen Stück abbrechen zu müssen. Der Nachmittag brachte in erstaunlicher Weis« als Fort setzung den gleichen Gang, wie in der letzten Stunde des Vor mittages. Die Zahl für den Waldmüller kletterte unerschütter lich höher, bedächtig in kleinen Rucken aufwärts geschoben, ein mal von Zipf und das andere Mal von seinem Konkurrenten. Dieser andere — als zur schrecklich schönen Verzweiflung des Aukttonsleiters nach einer Stunde der Preis auf zehntau send emporgekrochen war, gab die Kommerzienratshand ein Stoppzeichen. „Moment, bitte." jagte Silverling. „Darf ich mir die Na- n«n der beiden Herren notieren?" „Zips". sagte Zipf. „Köhler", jagte der andere. „Herr Zips und Herr Köhler, hören Sie, — so können wie doch eigentlich nicht weitermachen, wir —" „Warum nicht?" unterbrach Zipf, „ist alles in Ordnung." „Mein' ich auch!" sagte Köhler. „Aber wann endlich sollen wir denn fertig werden?" jam merte Silverling. „Entschließen Sie sich doch wenigstens in je weils größeren Beträgen höher zu gehen." „Kein Grund." sagte Zips. „Ich will so billig kaufen, wie möglich." „Selbstverständlich", sagte Kohl«,