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Sächsische Volkszeitung : 03.07.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-07-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192707033
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19270703
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19270703
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-07
- Tag 1927-07-03
-
Monat
1927-07
-
Jahr
1927
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 03.07.1927
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Kirrem ^Cl.! Züoksisoko Vollcsrsitung , ^«krgang lS27 Ferdinand Andermann. Pin vergessener Priester, Schulmann und Menschenfreund. ' ^ Friedrich Muckcrmann 8. 1. Immer hat die Kirche auf ihrem Weg durch die Jahr hunderte gezeigt, wie sehr ihre religiösen Interessen mit denen der Bildung innerlich verknüpft sind. Es konnte nicht ausbleiben, dass die Wahrheiten der Offenbarung, die ihr zur Usberlieferung anvertraut waren, den Sinn für jede Wahrheit und für jeden Fortschritt in der Erkenntnis för derten. Da die Religion ferner mit der Sittenlehre aufs innigste verbunden ist, so musste sie naturgemäß im Kampfe für das Reine, das Edle, das Hohe und das Erhabene die stärksten Antriebe bieten. Erkenntnis also und Sittlichkeit gleichermaßen entwickelnd, ist die Religion der herrlichste Bundesgenosse, ja sogar die innerste Seele aller wahren Bildung und aller echten Humanität. Es ist nur folgerichtig, rvenn demgemäss die Kirche will, dass die Weisheit auf den Lippen ihrer Priester sei, und wenn sie ferner verlangt, dass di« von ihr gesetzten Hüter dex Gemeinde das Beispiel heroischer Entsagung geben. Mögen trübe Zeidverhältniss« und menschliche Schwächen das Ideal auch hier nicht selten getrübt haben, es ist doch bis auf den heutigen Tag bestehen geblieben. Schon allein die Studien, die die katholische Kirche dem sich auf sein späteres Amt vorbereitenden Geistlichen vovschreidt, wie auch weiterhin die strenge Erziehung, die sie ihm zu teil werden läßt, verraten ihre klaren Absichten. Wie es denn auch nicht ausbleiben konnte, dass an den Anfängen europäischer Zivilisation in allen Ländern katholische Geist liche stehen, und daß auch in den Zeilen, als die Bildung allgemeiner geworden war und breiter« Schichten erfasst hatte, zahlreiche priesterliche Vertreter als wahrhaft er lesene Führergestalten im Gebiete der menschlichen Kultur hervorgetreten sind. Sind auch heute die Zeiten vorüber, rvo man ohne Einschränkuirg die Kirche als bildungsfeindlich hinstellt, so haben sich doch in grossen Teilen der gebildeten Welt die unhaltbarsten Vorurteil« erhalten, als sei doch ein Fort- schritt im modernen Sinne in der katholische» Kirche nicht möglich und als fehle ihr das Verständnis für die Forde rungen der Kultur, die der neuen Zeit gemäss seien. Be sonders auf dem Schlachtfeld der Schulkämpfe hört man dergleichen oft, und es saugen die Bemühungen, den Geist lichen und die Kirche überhaupt aus der Schul« auszu schalten, gerade aus derartigen Vorurteilen ihre Kraft. Da ist es denn ein großes Verdienst, wenn oben jetzt der durch seine Schrift über „Das Deutschtum in der Slowakei und in Karpa thoruss land" (Samm lung Schreiber» Aschendorff) noch jüngst rühmlichst bekannt gewordene Dr. Eduard Winter, Privatdozent an der deutschen Universität in Prag, uns das Lebensbild eines Mannes schenkt, der nicht nur selbst die Verbindung von Religion und Humanität in vortrefflicher Weise verkör perte, sondern der auch maßgebend, nicht nur in Böhmen, seiner Heimat, sondern in ganz Europa das Schul- und Bildungswesen beeinflusst hat. Mit unermüdlichem Fleiß hat der Verfasser Zug um Zug des Lebensbildes dieses ausgezeichneten Mannes, einer stark verdunkelten Ueberlieferung getreu, der es in zahlreichen Archiven nachzuspüren aalt, gezeichnet. Kinder mann gehörte zu jenen Gestalten, die, ähnlich wie Sailer, nicht auf eine einzige Richtung festgelegt werden können I und darum von den verschiedenen Parteien und von ihrem parteiischen Gesichtspunkt aus nicht recht verstanden werden. Den überzeugten Katholiken war er einer der vielen, die dem Geist der Aufklärung verfallen waren, und darum wei teren Gedenkens nicht wert. Den Aufklärern wieder war er zu sehr der Mann der Kirche und der Autorität, rveshalb sie auch an ihm kein echtes Interesse finden konnten. Tat sächlich hat sich Kindermann den Idealen des Zeitalters der Humanität mit ganzer Seele zugewandt, hat es aber zugleich verstanden, das Fruchtbare dieser Tendenzen mit treuestem kirchlichen Empfinden zu vereinigen. Kindermann wurde im Jahre 1740 als Sohn armer Eltern in Königswalde bei Schluckenau geboren, zeigte sich aber von früh an als aufgeweckter Knabe. Alan erzählt von ihm unter anderm, dass er einst, als er die Arbeit der Hände über dem Stroben des jungen Geistes zu vergessen schien, vom Vater gefragt wurde: „Was sott wohl aus dir werden, wenn du fortfährst, mehr Lust zum Lernen als zum Spinnen zu zeigen?" Mit Zuversicht erwiderte das Kind: „Ich will Bischof werden!" Tatsächlich gelang es, das vielversprechende Talent für einige Jahre in das Augu stinerchorherrenstift von Sagan zu bringen, von wo er dann nach Prag ging, um seine philosophischen und theologischen Studien zu machen. Den Unterhalt erwarb sich der tüch tige Musiker, der ein glänzender Hoboist war. durch seine mannigfachen Dienste in den Kirchenchören der Stadt. Es folgen dann aufeinander Priesterweihe und Doktorat, und bald ist Kindermann wohlbestallter Pfarrer von Kaplitz. Ihn kennzeichnet der Ausspruch: „Da ich die Reihe der Pflichten überdachte, die mir oblägen, so siel mir unter den Grundlinien, di« ich zu dem Plane meiner Seelsorge zog, jene von der Erziehung der Jugend und von der Verbesse rung der Schule vorzüglich in die Augen." Schon bald war die „hohe Schule" von Kaplitz durch ganz Böhmen hin be kannt, ja bis nach Wien drang ihr Ruf, wo die Kaiserin Maria Theresia mit der ihr eigenen Energie die Schulreform in ihren Erblanden betrieb. Schon 1774 erhält Kinder- mann die Schuloberaufsicht in ganz Böhmen, das er sehr bald zum Musterland der Schulreform machte. Rasch steigt der Pfarrer von Kaplitz zum Dechanten von Allerheiligen auf, was eine Erhebung in den Ritterstand zur Voraus setzung hatte. Bezeichnenderweise nannte er sich Ritter von Schulstom mit der Devise im Wappen: Rsrurn maxist ra »ecunctum norman. Auch nach dem Tode der Kaiserin blieb ihm die Gunst des Hofes treu, und so erhält der neue Ritter di« Propstei von Wischehrad und wird, um endlich das Wort seiner Kindheit ganz wahr zu machen und Bischof zu werden, Bischof von Leitmeritz. Sein ganzes Leben hat Kindermann unablässig gear beitet, um das Schulwesen seines Landes immer mehr zu heben. Dabei hatte er nicht nur die Volksschule im Auge, sondern auch neue Formen, wie sie der fortschreitenden Ent wicklung angepasst waren. Er bemüht sich schon uni die Industrieschule, um Mädchenfortbildungsschulen und um landwirtschaftliche Fortbildungsschulen. Immer wieder staunt man über die frische fortschrittliche Art, die diesem Manne im Blute lag, ohne ihn jedoch zu einem wilden Stürmer werden zu lassen. Alle möglichen Gedanken aus dem Gebiete der modernen Dodenresormbestrebungen, der Armenfürsorge und ähnliche finden sich verstreut in seinen Aufzeichnungen, die freilich zum grössten Teil nicht aus- reifen und noch weniger verwirklicht werden konnten, als mit dem Tode Josephs II. der kaiserliche Witte in der Schulreformifrage erlosch, als di« Geldmittel inehr und mehr versagten und als Europa in di« Wirren der napoleo- nischen Kriege stürzte. Alles in allem ist es wohl weniger die Originalität der Gedanken, die Kindermanns Arbeit für das Schulwesen auszeichnet, als vielmehr di« Praxis, oie vom neuzeitlichen Geiste beseelte Tätigkeit und für ein« Zeitlang auch der ganz außergewöhnliche Erfolg, der schwersten Hemmungen gegenüber errungen wurde. Daß solche Leistungen nur von einer grossen Persön lichkeit ausgehen und von ihr die Durchschlagskraft erhalten konnten, versteht sich. Wir beobachten in Kindermann eine selten« Mischung von Frohsinn und Ernst, Eifer und Milde, von Stoßkraft und Geduld, von Wissenschaft und prak tischem Sinn. Nicht zuletzt zeigt sich das in der Art, wie er die damals hochwichtige Frage der Bekehrung der Irrenden betrachtete. Die Liebenswürdigkeit der Religion und ihrer Diener soll vor allem auf die Andersdenkenden Eindruck machen, die nur auf dem Wege über die Seele, nicht aber durch äußeren Zwang gewonnen werden können. Mass gebend ist ihm das Beispiel des Herrn selber und des Weltapostels Paulus. Das hindert aber nicht, dass ihn di« Liebe Christi verzehrte und daß er an den Schluss seines Hauptwerkes: „Uober die beste Bekehrungsart", die Auf forderung setzte: „Bedenkt, Brüder, die Bekehrungspflicht, diese wichtigste und vornehmste Pflicht eures Standes, und vergesst nie die grosse Wahrheit, daß auch der sonst un schuldige Seelsorger nur dann, wenn er nach allen Kräften für das Seelenheil anderer wirft, sein eigenes erlangen könne." Auch in der nationalen Haltung Kindermanns, den man in einem ganz irreführenden Sinne einen „Germant- sator" genannt hat, offenbaren sich Charakter und Seelen« grüße zugleich. So waren damals die nationalen Gegen sätze nicht so schroff als später. Das Gefühl der gemein samen Heimat hatte für beide Teile eine stärkere, verbin dende Kraft. Aus dieser Grundauffassung heraus erklärt «s sich, daß die Kenntnis beider Sprachen für Tschechen sowohl wie für Deutsche gefordert werden musste, und zwar be zweckte diese Forderung nicht die Unterdrückung des «inen durch den andern, sondern oas gegenseitige Verstehen bei der. die durch die Vorsehung zu einer SchicksalsgemeiNschaft verbunden sind. Welch goldene Wahrheit für di« Gegen wart enthält gerade dieses letzte Kapitel des wundervoll einfach und doch gründlich geschriebenen Buches. Möchte es in den kommenden Schulkämpsen bei uns sein« hohe Auf gabe erfüllen. Erschienen ist dieses Lebensbild bei Johannes Stauda. Augsburg, und gewidmet dem greisen Weihbrschof Dr. Frind, der ähnlich wie Kindermann ein wahrer Vater der deutschen Katholiken Böhmens ist. in beiden Lagern ob seiner Sachlichkeit, seiner milden und doch festen Art, seiner unermüdlichen Tätigkeit und seiner in Frömmigkeit und Bildung wahrhaft überragenden Persönlichkett geschätzt, der übrigens auch selber vor Jahren eine Skizze des Lebensbildes seines großen Landsmannes verfasst hat. Die Bedeutung geistlicher Ersiehe». Das, di« Atmosphäre 'der katholischen Erst Hu ugsi nstitute der Heranwachsenden Ju gend Werte gibt, die leine staatliche Anstalt zu bieten vermag, ist durch reiche Erfahrungen schon oft bestätigt worden. Pater William I. Lonergan, 8.1.. aus Santa Clara, fügt dom ein neues Zeugnis zu. Er berichtet, wie Studenten auf diesbesiig. liche Fragen bekannt haben: „Die Dozenten helfen uns in un serer geistigen Entwicklung. Das Leben der Jesuitenlehrer aber regt an, sie in etwa nachzuahmei». — Die Exerzitien machen einen ganz andern Menschen aus uns. Sie lassen uns des Sin nes des Lebens bewusst werden. Sie regen uns zum Nachdenken an und bringen uns Gott näher. Sie erwecken den Wunsch in uns. ein besseres Leben zu führen." Lei de« vauern der „podliarchle". Von - ? j ^ Charles Bourgeois. - Schon in den ersten Jahren der Kirche zeigt« der heilige Pau lus de» Weg des christlichen Apostolates durch die Welt in der bereitwilligen und aufrichtigen Anerkennung der Sitten und Ge bräuche aller Völker, die zum Licht des Evangeliums berufen waren? „Grieche mit den Griechen, Römer mit den Römern, Jude mit den Juden". Nach Gott ist es dem grossen Apostel zu ver sanken, dass die junge Kirche sich so erstaunlich schnell unter allen Völkern ausbreitete, die einander ganz fremd waren und so wenig in den jüdischen Partikularismus hineinpaßten. — Sehen wir uns heute, in der so wichtigen und so verwickelten Frage der Einigung, nicht der Frage gegenüber, die dasselbe Verjähren oerlangt — weit und katholische im wahren Sinne des Wortes? November 1923 kam Mgr. Preezdziecki nach Rom, um katholische Priester zu holen für «ine gewisse Anzahl Orthodoxer in seiner Diözese, die um eine Vereinigung mit der römisch-katholischen Kirche, unter Beibehaltung des Ritus, baten. Es sollte nicht ge rade das Werk der Brest-Litowsker Union 1596 fortgesetzt wer- »en. man sollte sogar den Namen Untaten vermeiden, dem hier itets ein gewisser politichcr Zug cmhaftet. Man wollte sich im Degenteil bemühen, nicht nur den ganzen Ritus, sondern soviel crls möglich auch den ganzen orthodoxe» religiösen Geist beizu- bHalten: es sollte nicht eine „Mission" sein, sondern ein Ver so lange getrennten Kirchen. Konvertiten uitd ich — kamen Gebiet zwischen Wilna. Grod- no und Minsk. Die Bevölkerung ist sehr gemischt. Die gebildeten Klassen sind, abgesehen von den Juden, grösstenteils Polen und Litauer, also Katholiken. Die Masse der weissrussischen Bauern ist orthodox, so dass der lateinische Katholizismus hier kurz die Religion der „Pans" (Herren) und die griechische Kirche die Re ligion der .Muschiks" (Bauern) genannt wird. Seit 1696 gab es hier auch Untaten, d. h. zum Katholizismus übergetretene Orthodoxe mit slavischem Ritus. Doch wurden sie früher auf den damals russischen Boden verfolgt. Aus diesem Gebiet also waren Bitten um Bereinigung mit der römisch-katholischen Kirche an den Bischof P. eingegangen. Aber man darf nicht viel erwarten : sie waren nicht zahlreich. In Wladimir-Wolynsk angekommen, Loaab ich mich in die alte katholiche Kirche, die Ende des 16. Jahrhunderts von den Jesuiten gebaut worden war, kurz vor der Aufhebung des Or dens. — Nun zelebrierte ich die heilige Messe nach orientalischem Ritus. Es war nicht leicht und ich hatte keine genauen Anwei- snugen erhalten. Ich wollte die slawischen Gebrauche vollständig einhalten ohne jegliche Veränderung, ausser der notwendigen, das Gebet für den Papst. Wer ich wagt« noch nicht, öffentlich zu zelebrieren, denn ich war meiner Sache nicht sicher. —- .. . Ich speiste bei dem polnischen Geistliche». Er lachte über meine schlechte Aussprache. „Mau wirb Sie für einen Juden halten, wenn Sie so rede». Kehren Sie lieber um!" Endlich fand in einer vom Kriege stark beschädigten Kirche eines ortl>odox«n Dorfes das erste Hochamt statt. Zwei Tage vorher wurde der Ikonostas*) wieder errichtet und die Kirche ge fegt. Um 9 Uhr war das ganze Dorf versammelt. „Dies Volk liebt zu beten", hatte mir der Propst gesagt. Ich konnte mich selbst davon überzeugen. Der Gottesdienst dauerte lange, 2>- Stunde». Es ist eine bekannte Tatsache, dass die orientalische Frömmigkeit eine andere ist als die unsere. Sie ist mehr für alle als für den einzelnen (man scheint hier mehr in der Ge meinschaft der Heiligen zu leben), die Seclcnhaltung dieses Volkes ist mystisch, natürlicher, seine geschichtlichen, religiösen Erinnerungen sind tief in seinem Herzen verankert. — Alles ging gut ab. Nach der Zeremonie redete mich ein polnischer katho lischer Offizier an, der dem Gottesdienst beigewohnt hatte. „Ein schöner Erfolg", meinte er mit- feinem Lächeln. Er glaubte, ich hätte Mt Komödie gespielt. Und doch nicht um eine Roll« zu stiielen. war ich so weit her gekommen. Im Nachbardorf war em« gemischte Bevölkerung. Einige Katholiken, mehr Orthodoxe. Ich las die Messe in einem Zim mer, das wir allmählich in eine Kapelle verwandelten. Da wir noch keinen Ikonostas hatten, konnte ich noch nicht öffentlich zelebrieren. Ich wartete und benügte die Zeit, um zu lernen. Ein russischer Priester-Konvertit, früher Mönch in Potschaew (einem grösseren orthodoxen Kloster in Wolhynien, einst zur Be kämpfung der Union gegründet), gab mir einige Belehrungen über slawische Liturgie. Ich folgte aufmerksam seinen langen Erklärungen, obgleich ich eine kurze, klare Zusammenfassung vor gezogen hätte. Einige Einzelheiten befremdeten mich. Ich wünschte mehr Achtung der Eucharistie, mehr als vor den Hei ligenbildern. Doch ich wollte abwarten, ehe ich urteile. Ich fühlte wohl, dass dieser Ritus ein Ganzes bildet. Es ist ein Geist darin, und diesen orientalischen Geist wollte ich verstehen lernen! Die Not unserer Bauern war gross. Und doch ist es nicht die europäische Zivilisation, die ihren Neid erregt: sie wolEn imr mehr Land haben und Möglichkeit, es zu bebauen. Ich habe oft ihre Geduld. Demut und Genügsamkeit bewundert, ihre Nächstenliebe und ihr Mitleid mit dem Unglücklichen, der noch mehr leidet. Ich kam allmählich mit meinen Leuten in Fühlung, trotz manchem Missverständnis und Misstrauen. Da ich noch nicht für alle Kirchen m meinen Dörfern paffende Ikone» gefunden hatte, so verbreiteten einig« alte Weiber das Gerücht, wir seien Stun- dlsten («ine Sekte). Protestanten oder noch schlimmer, — Mein Nachbar, der orthodoxe Priester, war auch hereingckommen, um di« Bauern in einer langen Rode vor mir zu warnen. Ich sei ein Wolf im Schafskleide, nähme äußerlich den Schein der *) Eine mit Ikonen bedeckte Scheidewand, die in de» orte«» tauschen Kirchen den Altar von dom Kirchenschiff kennt. Rechlgläubigkeit an, um die Seelen zuerst in di« Union und dann in die römisch« Kirche zu locken. .Hütet euch vor dem Heuchler, der den russischen Glauben zerstören will!" — Der ein« Ikonostas war fertig. Ich hatte den Text aus dem heiligen Matthäus im Kirchenslawischen «ingravieren lassen: Tu es Petrus. Ich aber behandelte in meinen Predigten öfters die Fragen über die Hoheit des Papstes und die „eine Herde und den einen Hirten'. Ich bemerkte aber, dass diese Frage ihnen als etwas ganz Außergewöhnliches, Unwichtiges und Oberflächliches erschien, als ob sie mit dom Christentum nichts zu tun hätte. Die einen intenssierten sich nicht dafür, weil sie nichts verstanden, die anderen sahen darin „Politik", um sie dom Papste zu 'unterwerfen. — Ich schrieb mein« Predigten französisch, dann übersetzte ich sie ins Russische, ließ sie verbes sern und las sie «ist einem Rüssen vor. Er verstand mich kaum: „Das ist nicht so, wie wir denken und fühlen", meinte er. Ja, sie haben andere Denkart, anderen Sinn und ander« Bedeu tung für die Wort«. Unsere Denkart erscheint ihnen kindlich, gefühlsselig oder oberflächlich, unwürdig des heiligen Textes. Dann wieder kommt unsere Denkart ihnen trocken vor. — Ich kam während eines Deqehganas in ein Gespräch mit einem orthodoxen Printer, das solgenvermassen endigte: „Ksiadz" (pol- nischer lateinischer Priester), sagte er zu mir. „weder Ihre Bücher und Predigten, noch Ihr vernünftelnder Katechismus lehren Sie, das Geheimnis des auferstandensn Mristus — unse re« russischen Christus — zu verstehen. Man kann eben den Geist nicht wechseln wie ein Hsnid. Wenn man den latei nischen Geist hat, behält man ihn auch. Ihr Leute des Westens werdet uns nre verstehen," Anfangs glaubte ich, die Orgel oder das Harmonium in den Kirchen zu vermissen. Wer aber einmal diese wunderbaren Bassstimmen des slawischen Ostenv gehört hat — in den Kathe dralen der grossen Städte wie auch im armen Dorfkirchlein — der versteht, dass ein Instrument hier nnr alles verderben würde. Ernst stieg ich in der Stadt bei dem Dekan ab, der mich ungemein liebenswürdig und gastfrei aufnahm. „Darf ich mor gen zelebrieren?" „Ja gewiss. Um 9 Uhr ,wsnn Sie wünschen." „Aber Sie wissen, mein Ritus —." „Wie? Diesen Ritus in meiner Kirche? Nie!" — Das ist leider das gewöhnliche Verhalten der polnischen katholischen Geistlichkeit gegenüber den Orthodoxen und Untaten. Und doch darf man sie nicht zu sehr verurteilen. Sie haben früher viel von Russland zu leiden ge habt, und es ist schwer, die Vergangenheit zu vergessen. — Mein Aufenthalt geht dom Ende zu. Ich lasse das angcsangene Werl in den Händen meiner zwei Amtsbrüder, der russischen Priester- Konvertiten, die dieser schwierigen Lag« natürlich mehr, ge wachsen sind, — Ein ganz kleine« Semmar ist hier gegründet Morden. Möchten unsere Zöglinge allmählich die Grösse und den Ernst der Ausgabe erkennen leinen, di« ihrer harrt: einen wahren, einheimischen Klerus zu bilden, dem Oberhirten de, Christchiheit ,n Rom ebenso treu ergeben, wie den» «rohen Werk de, lKereiniauno, der beiden Sckwäcterftrche«. .
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