Volltext Seite (XML)
«eila-e z« »r. 1S7 der „Diichfischeu V-NSzeil««^ »»« 25. Juli 1VV«. Die evangelische Kirche — eine „Künstler- Werkstatt". Wenn wir, besonders in den letzten Jahren, die ein» ander diametral entgegenstehenden Anschauungen und Lehr- Meinungen in der evangelischen Kirche nebeneinander herr schen sahen und uns verwundert fragten, wie es möglich sei, daß eine Kirche selbst auf ein und derselben Kanzel so grundverschiedene Dinge lehren könne, die selbst das Wesen des Christentums berührten bezw. umstiehen, so gibt uns jetzt kein geringerer als der Herr Kirchenrat 14. Meyer- Zwickau darauf die Antwort. In einem Dortrag zu Bochum hat er nämlich jüngst unter anderem folgendes über die „Triebkräfte im Protestantismus" gesagt: „Unsere evangelische Kirche darf kein Museum sein, in dem wir andächtig und freudig betrachten, was vergangene Geschlechter geschaffen haben.. Ja, wenn die Menschheit immer dieselbe wäre; aber ihr Geist arbeitet rastlos fort und bringt neue Gedanken aus den Plan, ermalt jetzt ein anderes Bild von der Welt als früher. Damit hat sich der Glaube auseinanderzusetzen. Er muß sich daraus das rich tige aneignen. Darum darf unsere Kirche kein Antiqm- tätenkabinett sein, sondern sie soll eine Künstlerwerkstatt sein, in der die neuen Gedanken verarbeitet werden. Zu solcher Arbeit treiben den Protestantismus die Mächte an, aus denen' er hervorgegangen ist." Nach solchen Begriffen von „Kirche" ist es allerdings begreiflich!, daß die evangelische Kirche beständig in der „Wandlung" begriffen ist, und heute schon eine ganz andere darstellt als zur Zeit Luthers. Offenbar ist mit dem „Museum" und den: „Antiqui tätenkabinett" die katholische Kirche gemeint. Der Aus druck mag ja nicht gerade geschmackvoll sein, aber wenn man Anspruch darauf macht, die Kirche Christi und der Apostel zu sein, muß selbstverständlich auch die Lehre in ihr auf ein Alter von bald zwei Jahrtausenden zurückschauen. Wer diese „Antiquitäten" nicht anerkennen will, gibt von vorn herein den Anspruch) auf, die Kirche Christi zu sein. Wir danken für jene „Künstler", die die „neuen Gedanken ver arbeiten", dein) die Kirche und ihre Lehre ist, das dürfen wir nicht vergessen, Gottes Werk und deshalb immer dieselbe. Herr Kirchenrat l>. Meyer hat darin recht, die pro testantische Kirche ehrt nicht das überkommene Gut, sie zählt eine ganze Anzahl solcher „Künstler" in ihren Reihen, die ihre Künstlerhand an die alten geoffenbarten Grundwahr heiten gelegt und sich daraus ihren eigenen Glauben so um gemodelt haben, daß er mit dem Glauben der Apostel und der ersten Christen gar nichts inehr gemein hat. Herr Superintendent 14. Meyer-Zwickau gehört selbst zu diesen „Künstlern", die sogar die Gottheit Christi umgebildet haben, denn in einer Predigt in der Marienkirche zu Zwickau am 13. März 1904 erklärte er wörtlich: ' „Es gibt keine Zeit in der Kirche, in der man Jesu Leben und Wesen so eifrig durchforscht hätte, wie die unsrige; und wenn auch von den Anschauungen, mit denen die Vergangenheit ihn schmückte, manche hinsinkt, er wird dadurch nur um so größer und herrlicher und bleibt die per- sönliche Offenbarung der göttlichen Gnade in unserer Ge schichte." Aehnlich erklärte er ungefähr ein Jahr vorher auf einer Bezirkslohrerkonferenz in Zwickau II am 18. Februar 1903: „Aus den Werken Jesu greift man Taten heraus, die beweisen sollen, er wäre allmächtig, allwissend, was er iveder war noch sein wollte, und läßt aus diesen göttlichen Eigenschaften schließen, daß er Gott war" . . . (vergleiche Sachs. Schulzeitg. 1903, Nr. 16, 17). IN der „Kirche" des Herrn 14. Meyer werden also tat sächlich wenig „Antiquitäten" zu finden sein. Nun aber eine bescheidene Frage an den Evangelischen Bund. Wie reimt sich dieser Standpunkt 14. Meyers mit dem noch in Nr. 5 der Monatskorrespondenz für die Mit- gliePer des Evangelischen Bundes (Mai 1906) von 14. Witte ausgesprochenen Programm des „Bundes": „Er sammelt alles, was sich unter seiner Fahne, dem Bekenntnisse zu Jesu Christo, dein eingeborenen Sohn Gottes als den ein zigen Mittler des Heils sammeln lassen will"? Danach dürfte der „Evangelische Bund" mit Superintendent 14. Meyer-Zwickau überhaupt keine Gemeinschaft l)aben, statt dessen ist er sein Hauptwortführer. AuS Stadr und Land. —* Dritte deutsche Kunstgewerbe-Aus- stellung Dresden. Auf der dritten deutschen Kunst- gen>erbe-Ausstellung befindet sich eine vollständige, in vollein Betriebe befindliche Tischlerei, die fiir den Fachmann durch die außerordentlich interessanten und ausgezeichnet ausgeführten Werkzeugmaschinen von größtem Interesse ist. Leider aber konnten die Ingenieure der Ausstellung, trotz dem ihnen die ausgezeichneten Motoren der Elektromotoren- werke Heidenau zu Gebote standen, ihre Wünsche hinsichtlich dos Antriebes der Holzbearbeitungsmaschinen nicht voll er füllt sehen, weil die Konstruktion der Werkzeugmaschinen, die zur Ausstellung gebrackst wurden, in diesem Punkte nicht ganz auf der Höhe der Zeit stehen. Wäre der Anregung der Herren der Ausstellung besser gefolgt worden, so hätte wohl die Hälfte oder inehr der vettvandten Riemen gespart und der elektromotorische Antrieb, der hier allein in Frage ko mimen kann, einwandfrei durchgeführt werden können. Der Eindruck der Werkstatt wäre dann noch eleganter, die Betriebssicherheit noch viel größer geworden. Uebrigens ist die Disposition trotz allem so getroffen worden, daß in dem Betrieb Untersuchungen wissenschaftlicher Art gemacht Vier den können, deren Ergebnisse von wesentlicher Bedeutung für die Fachwelt sein und mit dazu beitragen werden, der modernen Ausbildung der Verbindung von Elektromotor und Maschine schnelleren Eingang auch bei unseren Werk zeugmaschinen zu verschaffen. —* Der Zentralverein deutscher Zahn ärzte hält vom 4. bis 6. August seine 45. Jahresversanmi- lung in Dresden ab. Für die wissenschaftlichen Sitzuugen sind 30 Vorträge und Denionstrattonen angemeldet. Der geschäftlichen Sitzung wird unter anderem ein Antrag, der Zentralverein möge mis dem Vereinsbund deutscher Zahn ärzte austreten, vorlicgen. Weißer Hirsch. Heute Mttwoch nachmittag findet das große Waldfest im Waldpark von Weißer Hirsch znm Besten der Kinderbewahranstalt in Weißer Hirsch statt. Konzert und Gesang iverden den Waldpark beleben, ans einem Tanz plan genießt man die Freuden eines ländlicl>en Balles, reiche Büfette laden zu frohem Genießen ein und Zigeuner und humoristisch Verkleidete werden ebenso wie die Wahl der Festkönigin nicht tvenig zur lluterl-altung beitragen. Bei ungünstigem Wetter wird das Fest auf Freitag, den 27. Juli, verlegt. Der Zugang zum Festplatz (Konzertplatz im Waldpark) ist nur von der Dr. Lahinann-Straße aus (neben dem Parkl>otel) zu nehmen. Festkarten für Envackstene 1 Mark, für Kinder bis zu 12 Jahren 50 Pfennig. Jni Vorverkauf bis 25. Juli, vormittags 11 Uhr: 75 Pfennig für Erwachsene, 30 Pfennig für Kinder. Neustadt i. S., 22. Juli. Am Mittwoch wurde der Fabrikarbeiter Herzog aus Lauterback) wegen Verübuug vieler Diebstähle hier in Haft genommen und an das Kö nigliche Amtsgericht abgeliefert. Als er dort Freitag von einem Verhör wieder nach dein Gefangenl-ans gebracht wer- den sollte, entwich er dein Begleiter. Bei der Verfolgung sprang Herzog in den Stadtparkteich und ertrank. Vermischtes. VDie Eisenbahne n. Nach einer Ende 1904 auf gestellten Statistik batte in der Neil>enfolge der »vichtigeren Staaten nach den Vereinigten Staaten mit 344 l72 Kilo metern das Deutsche Reich mit 55 564 Kilometern die be trächtlichste Eisenbahnlänge. Hierauf folgt das europäische Rußland einschließlich Finnland mit 54 708 Kilonietern. Frankreich mit 45 773 Kilometern, Britisch-Ostindieu mit 44 352 Kilometern, Oesterreich-Ungarn mit 39 168 Kilo metern, Großbritannien und Irland mit 36 297 Kilometern und Canada mit 31 554 Kilometern. Tie übrigen Staaten bleiben alle unter 20 000 Kilometern. Auffallend gering ist der Fortschritt des Eisenbahnbaues in Großbritannien. Tort sind im Jahre 1904 nur 149 Kilometer Eisenbahnen liinzugekoiunien, während in derselben Zeit im Königreich Preußen, das an Flächenausdehnung dein britischen Insel- reick>e nahezu gleichkömmt, 656 Kilometer Bahnen neu ge baut worden sind. Offenbar ist Großbritannien mit Voll bahnen bereits so reichlich ausgestattet, daß nur noch die offenen Maschen des Bahnnetzes mit Kleinbahnen auszu füllen sind, die für die vorliegenden Zusammenstellungen nicht in Betracht kommen. Nach dem Verhältnis des Eisen bahnnetzes zum Flächeninhalt der Länder nimmt das König reich Belgien mit 23,9 Kilometer Eisenbahnlänge auf 100 Quadratkilometer Fläckie die erste Stelle eiu. Sodann folgt Sachsen mit 19,8, Baden mit 13,9, Elsaß-Lothringen mit 13,6, Großbritannien mit 11,7, Württemberg mit 10,2, Bayern mit 9,8 und Preußen mit 9,6 Kilometer auf 100 Ouadratkilonreter. In den Vereinigten Staaten stellt sich das Verhältnis auf nur 4,4 Kilometer zu 100 Quadrat kilometer: unter den außereuropäischen Ländern stehen sie indes noch am günstigsten da. Die geringste Dichtigkeit des 96 93 — schon im Walde verirrt geglaubt, über die Grenze gegangen, von Räubern überfallen — ja getötet. Nun, da sie das Blut sah, glaubte sie nicht anders, als daß ihre Be fürchtungen zum Teil in Erfüllung gegangen und ihr Liebster, nachdem er von Wegelagerern überfallen, nur mit Mühe von ihrem starken Bruder befreit worden sei. „Mägdlein, was schreist du," rief da aber der Bruder, „aufjubeln sollst du, was du für einen tapferen Herzliebsten hast — ein Saujägle — ein Weidmann, wie er sein muß. Schau her, seine Beute! Mein Herr Vater kann auch stolz sein auf sein Patenkind." Der Hohenlindener trat in diesen) Augenblick aus dem Hauptportal und blieb bei dem Anblick, der sich ihm bot, verwundert stehen. Der Frischling wurde ihm gezeigt, er lobte deu Speerwurf, mit dem das Wild getroffen war, und sagte dann: „Es freut mich, daß mein Patenkind und künftiger Eidam doch nicht ganz unkriegerischer Art ist, daß er nickst auch einmal zu Wurf und Hieb aus- holen könnte, wenn es gilt." Dabei klopfte er ihm auf die Schulter, daß es schier schmerzte. Während die Knechte die Rosse abschirrten, kamen auch Herr Friedrich, Frau Mechthild und Waltraud herunter und freuten sich der Tapferkeit des Sohnes und Bruders. Da er erklärte, daß er Hunger habe, so wurde für ihn rasch ein gutes Frühstück hergerichtet, an dem alle teilnahmen außer Adelheid, die sich nicht sehen ließ. Man gedachte des abwesenden Freundes, trank zu feinen) Gedächt nis und wünschte des Himmels Segen auf ihn herab. Nach dem Frühstück hatte der Burgherr und sein Sohn eine Konferenz mit den) Gutsverwalter und dem Schloßkaplan, der zugleich das Antt deS Sekretärs bekleidete. Die Mädchen gingen den häuslichen Geschäften nach, wobei Waltraud Hildegard zur Hand ging, tveil Adelheid sich heute um nichts kllnnnerte. Herr Anibacher beschäftigte sich damit, Briefe zu lesen, die ihm heute morgen ein Bote aus Nürnberg gebracht hatte, Frau Mechthild aber pflegte ein wenig der Ruhe. Gottfried lief treppauf, treppab — er wollte Adelheid sprechen, bevor er wieder davon ritt, seinen Knecht zu suchen. Er fand sie nirgends. Auf dem Hofe war sie nicht, auch nicht im Garten. Als er den Garten wieder verließ, fand er sie vor dem Pferdestall, den Hut mit den wallenden Federn auf dem Haupte, die langen ledernen Stulpenhondschuhe an den Händen, ungeduldig mit der Reitgerte spielend. „Peter!" rief sie. mit dem Fuße aufstampfend, „wird es bald?" „Gleich, gestrenge Herrin, gleich!" scholl es aus dem Stalle zurück. Da trat Gottfried zu Adelheid. „Du willst ausreiten, Adelheid?" „Du siehst es." „Und wohin?" ' „Ich lasse Wala laufen, wohin sie mag." „Darf ich dich begleiten?" „Ich kann's nicht hindern." So ritten sie nach wenigen Minuten zum äußeren Tore hinaus über die äußere Zugbrücke. ^ . ... - .. „Was der tausend, einen Frischling? Ich dachte, von der Sauhatz hattest du genug! Was hast denn deinen Knecht dafür gegeben, daß er das Ding ge- spießet hat?" „Oho!" lachte Gottfried, dann warf er das Haupt stolz in den Nacken und den beiden anderen des Speeres Spitze hinreick>end, sagte er: „Erkennst du den? Oben fehlt der Nagel, und das Blut daran ist noch nicht trocken." „Bei Gott!" rief Lothar. „Ein Wunder, ein Wunder — ein ähnliches, als, wie da der Herr aus Wasser Wein geinacht — und wahrhaftig — )venn du das auch könntest —" „Auf deinen Beifall kann man nie reckmen!" rief Gottfried komisch schmollend, „du mußt immer spotten." „Nun sag mal aufrichtig, hast du dich an das Ding da heran gepiirscht oder ist es dir zufällig als ein Versprengter in den Weg gelaufen?" „Es ist mir in den Weg gelaufen, ich werde mich hüten, allein auf Schtvarzwild zu pürschen." „Ja, das glaub ich, gelt — man hat seine Erfahrungen —?" „Die l>at man: aber ich wollte meinen, trotzdem —" „Gereicht es dir zum Ruhme, das Wild gestreckt zu haben," lächelte Egbert, „Beute ist Beute". „Aber nun sag einmal, welch ein Einfall, mitten in der Nacht auf die Pürsch zu reiten?" rief Lothar lachend, und er konnte nickst begreifen, daß Gottfried so außerordentlich lustig war, da doch der Freund Abschied zu nehmen gedachte. „Der Einfall einer schlaflosen Nacht!" entgegnete Gottfried. „Wie man das so in; Frühjahr lxtt. Ich wollte eine Beute heimbringen und mich davon machen, bevor inan wieder seinen Scherz mit mir treiben konnte — und ich l)ab's erreicht." „Wo hast du das Ding denn gestreckt?" „Dort an der Grenze, wo zwei Wege in die Straße einmünden." „Uber. Da hättest du noch einige hundert Schritte weiter reiten sollen, dann hättest du die Stätte sehen können, wo ich meine Heldentat gegen den Eberstein ausführte. Das Häusel, das ich mit dein Feldstein traf und fiir das ich zehn Pfund Heller habe zahlen sollen, wird wohl in Trümmern liegen, weil ich nicht gar erpicht darauf war, für meinen Freund Eberstein in den Säckel zu greifen." Egbert wandte sich nun an Gottfried und fragte: „Hast du nichts von der Kriegsfurie gehört, so gegen den Waldstetten tobt, vor der Ihr mich so gewarnt habt?" „Nichts habe ich gesehen. Aber das ist nickst verwunderlich, denn Burg Waldstetten liegt nicht diesseits, sondern jenseits der Rödersteins — und von hier aus ist doch keine Verstärkung zu erwarten." „Jnnnerhin, ein versprengtes Häuflein hätte sich doch wohl sehen lassen können." „Nichts von alledem. Ueberdies, weiter als bis hierher bin ich ja nicht gekommen." Sie waren an jenem Kreuzungspunkt angekomnien und Gottfried fuhr fort: . ., . - < .... ... . ... .. .Liegende Mime." ^