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nutzige Taktik, durch Verschweigen ausschlaggebender Gründe und Unterstellung gar nicht vorhandener Leitmotive die Ta- tigkeit des Zentrunis als arbeiterfeindlich oder gar „un sittlich" und „unchristlich" zu verdächtigen! Die von Elm- schen Ausführungen offenbaren die ganze Verlegenheit, in welche die auf neuen Ägitationsstosf spekulierende Sozial- deinokratie Lurch dessen Ausbleiben geraten ist. Durch die Aufdeckung dieser Situation, die die Arbeiter, so weit sie noch nicht vor sozialdenwkratischem Parteifanatismus blind geivvrden sind, in die inneren Geheimnisse sozialdemokrati scher Agitationspolitik einen Einblick tun läßt, haben der Herr von Elm mit seiner schon so oft als unglücklich „be währten" Feder und die sozialdemokratisch Presse der Par tei selbst den schlechtesten Dienst erwiesen I Berei«-r»acheichre». 8 Aresde«. Katho lischer Gesellen verein. Nach dem der vom hiesigen katholischen Gesellenvereine für Sonntag den 10. Juni d. I. geplant gewesene Ausflug unter der Ungunst der Witterung nur teilweise ausgeführt werden konnte, soll derselbe nunmehr Sonntag den 29. Juli d. I. unternommen werden, und zwar durch den Schoonergrund (Schoonermühle Einkehrstation), über Ocker- Witz, Omsewitz, Gompitz nach Obergorbitz, woselbst im Großen Saale des GasthofeS „Zum Reichsschmied* von nachmittags fizsi Uhr ab geselliges Beisammensein mit Tanz stattfindet. Sammelpunkt: SchusterhauS Cotta (Enstation der elektrischen Straßenbahn Laubegast—Ham burger Straße). Abmarsch: Punkt 2 Uhr daselbst. Bei ungünstiger Witterung direkt bis Obergorbitz, unter Be nutzung der elektrischen Straßenbahn (gelbe Linie: Post- Platz—Wölfnitz). Teilnehmerkarten sind im voraus zu entnehmen und sowohl beim Herrn Hausmeister des Ge sellenhauses, Käufferstraße 4. als auch bei den Vereins ordnern erhältlich. Zu zahlreichem Besuche wird ergebenst eingeladen. 8 Dresden. Kath. Geiellenverein. In der Ver sammlung am 16. d. M. hielt Herr Präfekt Müller den Vortrag über die „Steuern". Ausgehend in humoristischer Weise von der neuen Biersteuer legte der Vortragende zu nächst die Notwendigkeit der Steuern dar, verweilte dann bei den einzelnen Zweigen der Steuern, entwickelte den Unterschied zwischen direkten und indirekten, den Reichs- und Landessteuern. Der Vortrag, welcher mit reichem Beifall ausgenommen wurde, wird sehr zum Verständnisse der Angemessenheit auch der neuen Steuern beigetragen haben. — Ja der Versammlung am 2!i. d. M. sprach der Präses über „das moderne Warenhaus". Die Geschichte desselben in Frankreich und Deutschland, hier insbesondere der Firmen Tietz und Wertheim, wurde geboten. Darauf wurden die Gründe für ihre Erfolge auseinandergesetzt, (weniger Unkosten als bei den Spezialgeschäften, rascher Umsatz billiger und gängiger Massenartikel, faszinierende Ausstellung der Waren), endlich wurden die wirtschaftlichen Folgen entwickelt und die sozialpolitischen Forderungen aufgestellt (Verlangsamung der Warenhausentwickelung, Einführung des Barzahlungsprinzips bei den Spezial- geschäften, haushälterische Erziehung der Käufer insbe sondere der Käuferinnen). Dem verstsrbenen Herrn Lehrer Jursch, der lauge Jahre für Gotteslohn im Gesellenverein Unterricht erteilt hat, widmete Herr VizepräseS Schulleiter Dünnebier einen warmen Nachruf. 8 Chemnitz. Kath. Arbeiter-Verein. Die für Freitag den 27. Juli anberaumte Versammlung der beruflichen Fachabteilungen derM.tall-, Textil- und Bekleidungsindustrie fällt Umstände halber aus. Nächste VereinSvcrslmmIung Sonntag den 12. August. 8 Leipzig. Freitag, den 27. Juli. abrndS Ubr findet im kath. Gesellenhause Versammlung der kath. F»ch- abteilungen statt, wozu die Mitglieder dringend ringe- laden werden. 8 LeipzigGohlis. Gestern abend hielt der katholische Arbeiterverein Gruppe Ost im Saale der „grünen Schenke" in Leipzig-Reudnitz seine Monatsversammlung ab. Dieselbe gewann an Bedeutung durch einen zweistündigen, höchst interessanten V-rtrag des Herrn Assessors a. D. stud. Phil. Franz Hausmann über die Arbeiterfrage. Freunde -er Arbcitersache können sich glücklich schätzen, wenn solche Her ren derselben ein so inniges und großes Verständnis ent gegenbringen. Schreiber dieses bedauert es sehr, daß der Vortrag vor einem viel, viel zu kleinen Zuhörerkreise gehal- ten wurde, und wäre es dessen Wunsch, wenn bei einer spä ter stattfindenden allgemeinen Arbeitervereinsversanmllung Herr .Hausmann wiederum das Referat übernähme und ztvar über die gleiche Frage. Es wäre unbedingt von größ tem Vorteil, wenn dessen Ausführungen einer größeren Zu- hörersck-aft zugängig gemacht würden. In dieser Voraus setzung will sich Schreiber dieses es auch versagen, des Nähe ren auf den Vortrag einzugehen, nur möchte er wünschen, daß der Arbeitersache noch eine ganze Anzahl solcher Herren erstehen möchten, die mit gleicher Begeisterung deren Sache vertreten. kl. Vermischte-. V Tierquälereien durch Kinder in den Schulferien. Jetzt, da alle Schulen geschlossen sind, hat die liebe Jugend wieder goldene Zeit. Es ist nur Schade, daß manche Kinder ihre größere Freiheit dazu benutzen, die in ihre Getvalt kommenden Tiere desto mehr zu necken und zu drangsalieren. Vielfach werden Kinder von den Führern der Wagen, besonders Milchwagen, mitgenommen, teils um ihnen eine Zerstreuung zu verschaffen, teils um eine Aufsicht über die Zugtiere zu haben, während die Wagenführer ihre Kunden bedienen. Oft ist es nun wahrzunehmen, daß die Kinder, statt die ihnen anvertrauten Tiere zu beaufsichtigen, sie auf alle mögliche Art, namentlich durch Schlagen, zu quälen suchen. Diese armen Tiere, besonders die Esel, haben schon von den Ertvachsenen genug auszustehen. Gedanken los gehen die Führer neben dem Wagen her, und wenn auch das Tier ruhig weiter zieht, es regnet Schläge. Wenn nun die Kinder solche Behandlung sehen, tvas wunder, daß sie dann dem Beispiel der Erwachsenen folgen, sobald sich ihnen Gelegenheit dazu bietet! In ähnlicher Weise hat das Schlachtvieh zu leiden, wenn es von den Bahnhöfen zum Markte oder von diesem zu seinem Bestimmungsort ge trieben wird. Auch hier beteiligen sich vielfach die Kinder, es stellt sich sogar die betrübende Tatsache heraus, daß die l-albwüchsige Jugend die Erwachsenen gar bald an Roheit zu nbertreffen sucht. Alle Eltern seien auf diese Quelle der Verwilderung ihrer Kinder aufmerksam gemacht! Tchlachtviehpreise nach Lebendgewicht auf Grund amtlicher Marktberichte zusammengestellt und bearbeitet von der Zentralstelle für Biehverwertnn, brr Preaßischen Landwirt» schastSkamwern. « ä- L k- DreS» de» am 23. 7. Leipzig am 23. 7. Che«. Nitz am 28. 7. Zwickau »m 21. 7. PI»«»» i.». am 23. 7. Rinder . . 652 422 447 288 79 8 «uftned: W : : 284 982 202 605 I0S 600 73 228 72 162 ? Schweine 1072 11S3 1411 716 422 5 Rinder . . mittel mittel mittel lan-s. d v ?? Tendenz: ^ ^ längs. flott » gut längs. G F Schweine . . mittel . M Ochsen. Mk. Mk. Mk. Mk. Mk. 61 n) vollflrisck. (mindestens 12 Ztr. Lebendgewicht) 42 -45 62 43-60 46-43 46-47 54 b) junge fleischige, u. au»- 40—42 gem. u. ölt. ausgem. . 44 40-42 89 98 -40 60 o) mäßig genährte junge u. gut genährte ältere . 36-38 86 34-36 88 33-34 46 ä) gering aen. jed. Alters Bullen. 30-84 30 30-31 — — .0 a) vollfl.höchst. Schlachtw. 66 (w. 15 Zlr. Lebend-.) . b) oollfleischige. jünger« . o) mäßig genährte jüngere u. gut genährte ältere . 43 45 40—4J 33-44 37-43 40-46 48 40-42 36 34 92 84 -SS 4» ä) gering genährte . . . 36 -89 28 29-30 — 28—29 Färsen und Kühe 66 n) vollsi., auSgem. Färsen höchst.Schlachtiv.(wenig stens 1 i Ztr. Lrbenvg.) I«) 42 46 42-44 41—42 42 62 b) vollfl., auSgem. Kühe höchst. Schlachtw., bis zu 7 Jahren, von mtnd. 60 12 Ztr. Lebendgewicht o) ältere auSgem. Kühe u. 38-40 40 34 40 37-3 S 39—40 wenig gut entwickelte jüngere Kühe u. Färsen 34-37 88 34-35 85 .34—36 44 ä) mätz.gen.Kühe ».Färsen 82—83 27 23-29 23 27—29 42 v) ger. gen. Kühe u. Färsen 22 24-20 24 22 Kälber. — a) Doppellender.... — 65 b) feinste Mast- (Vollmilch mast) u. beste Saugkälber (mind. 220 Pfd. Lbdg.) 40-48 63 40-43 43 51 52-64 60 o) mittlereMastkälberund gute Saugkälber . . 14—45 60 42—46 45 49-51 64 6) geringere Saugkälber. 38—42 40 35-41 42 45 44 o) älteres gering genährtes Jungvieh (Fresser) . . — — — — — Schafe. 60 a) Mastlämmer u.j.Masth. von mind. 95 Pfd. Lbdg. 45-40 42 43-45 41 42-4« 48 b) ältere Masthammel . 14—45 40 39-42 38 40—41 42 o) mäßig gen. Hammel u. Schafe (Märzschafe) . 42-43 — 35-33 83 — — 6) Holsteiner Niederung?- schüfe und Lämmer . ^ — — — Schweine. — a) vollfl. der fein. Raffen und deren Kreuzungen bis zu V« Jahren . . 70-77 70 72-74 70-71 72 — b) Käser 70-77 — — — — — o) fleischige 74—76 68 70-7, 68 68-70 — <1) gering entwickelte . . 07-71 65 05—09 66 66 — s) Sauen 67—71 63 65-ky 66 65 Vorstehende Preise verstehen sich für 100 Pfd. Lebendgewicht. Die Preise in Chemnitz gelten für Schlachtgewicht unter Ausschluß des SchmeercS. — 102 — Nicht lange, so ragte inmitten eines solchen tvaldigen Berges wieder eine Burg hervor, und gleich darauf sprengte ein Häuflein von fünf Gewappneten den Bnrgweg hinab und stellte sich dem Reiterzng entgegen. „Im Namen meines Herrn, des Ritters Heinz von Röder, haltet an und steht!" Egbert hielt sein Roß an und hob sich stolz und hock) im Sattel. „Mein Herr, ans dessen Grund und Boden Ihr Euch befindet, läßt fragen, wer Ihr seid, woher Ihr kommt, und wohin Ihr reitet." „Sage deinem Herrn," antwortete Egbert, „daß ans der gemeinen Heer straße jeder ziehen kann, so viel er Lust hat und ihm deshalb keine Rechen schaft schuldig ist." „Doch nickst," sagte der Führer der Getvappneten. „Ihr scheint von reckst tveit her zu kommen, da Ihr nickst wißt, daß hier Zoll erhoben wird von mei nem Herrn." „Ich bin kein Kaufmann, der hier vornberzieht mit seinen Waren, und so du jetzt den Weg nicht freigibst, werde ich dir deinen Zoll zahlen, daß du zeitlebens daran denken sollst," rief Egbert in Hellem Zorv. Statt aller Antwort fällte der Führer den Spieß und — lag im näckssten Augenblicke, stöhnend unter seinem Pferde im Staub der Straße. Als Egbert Miene machte, ans die anderen einznstürmen, da stoben sie wie eine Schar aufgeschreckter Sperlinge auseinander, und er und seine Kn eckst e setzten un gehindert ihren Weg fort. Von der Burg herab kamen noch einzelne Reiter, aber sie fühlten sich wohl zu sckstvach, dcmi Zuge »ackNneilen, und begnügten sich damit, den Gefalle nen, der einen gebrocksenen An» und einen verstauchten Fuß davongetragen hatte, auszuheben und nach der Burg hinanfzntragen. Man l-atte sich eben geirrt, als man Egberts Mannen angriff, und tvar zu sckswach, sich nun zu rächen, denn der größte Teil der Nöderschen Leute tvar ja zur Belagerung von Waldstetten mit hinausgezogen. Frei und ungehindert zogen die Wynneckeschen Reiter durch den Nest des Nöderschen Gebietes, und bald zeigte sich nicht allzuweit wieder eine Burg. Einem Bettelweibe, das des Weges kam, warf Egbert eine kleine Münze zu und fragte, wie die Burg da oben heiße. „Das ist der Eberstein, gestrenger .Herr." Egbert wollte weiter reiten, aber das Weib erfaßte den Saum seines Mantels und rief einmal über das andere: „Gesegne's Euch Gott, gestrenger Herr!" Er mußte erst energisch Befehl geben, daß sie weiter gehen solle, ehe er seinen Weg fortsetzen konnte. Bald nahm die Reiter wieder tiefer Watdesscksatten auf. Vielfach rasckselte es im Gebüsch, öfter kam ein einzelner Reiter angesprengt, um beim Anblick der Gelvaffneten im Walde zu versckswinden. Endlich bemerkte Egbert im Gebüsch neben dein Wege eine Gestalt, die sich, vorsichtig nach allen Seiten umherspähend, ungefähr neben seinem Zuge hielt. Er tat, als bemerke er den Mann nicht, winkle aber den Knappen an seine Seite, und flüsterte ihm etwas zu, worauf der Knappe sich unter die. .(kneck-tc »lischt«: und ebenfalls leise mit ihnen sprach. Dabei lstelten sie ständig den Kvpf nach -er rechten Seite, während der Späher — denn nur ein solcher konnte es doch sein — aus der linken Seite schlich. Also war er überzeugt, daß daö Gespräch sich auf — 103 — irgend etlvas bezog, was auf der rechten Seite des Weges im Walde vor sich ging. Plötzlich aber drückten zwei Knechte ihren Gäulen die Sporen in die Seiten und legten, ungefähr fünfzig Schritte in gestrecktem Galopp zurück, zwei blieben halten, während Egbert, der Knappe und der Bube noch fünf undzwanzig Schritte im mäßigen Trabe weiter ritten. Ein scharfer Pfiff, und all bis auf Egbert und den Buben saßen ab, ließen ihre Pferde, die sie mit den Zäumen rasch aneinander banden, auf der Straße stehen, und im Nu tvaren sie in den Wald hinein. Während nun der Ritter und sein Bube zu den stehongebliebenen Rossen ritten und sie am Zügel nahmen, veranstalte- ten die fünf Reiter auf den Späher, der zu seinen Schrecken jetzt erkannte, was das alles zu bedeuten hatte, ein regelrechtes Kesseltreiben durch das Unter holz. Die Sckiwerter in der Hand, bahnten sie sich den Weg, der Knappe hin- ter ihm, zwei ihm die Flucht vorwärts und zwei rückwärts abschneidend. Trotz ihrer Schuppenhemden sprangen sie behende wie Katzen durch das Dickicht und zeigten sich darin dem Späher, der nur leicht bekleidet war, vollkommen ebenbürtig, ja sogar überlegen. Wenige Minuten nur dauerte die Jagd, dann packte ihn der Knappe, der sich liart an seine Fersen heftete, im Genick. Vergebens suchte sich der Manu mit gleiteudcn Bewegungen wie ein Aal ihm zu entwinden, ein Messerstoß glitt an dem Schuppenhemd wirkungslos ab, und nun kamen auch die Knechte, die ihn banden und zu Egbert trugen. Lange examinierte ihn Egbert hin und her, ohne daß er ein Wort ans ihm heransbrachte. Es war ein Mann in den vierziger Jahren von unter setzter. sehniger Statur, mit listigen, verschlagen blickenden, klein»» grauen Angen „So du nicht reden willst, lasse ich dich an jenem Baum alufhängen," sagte' Egbert endlich ungeduldig. „Das niöget Ihr immerhin tun, gestrenger Herr, aber es wird Euch nichts helfen." „Wenn du das meinst, so will ich dich lieber mitnehmen gen Waldstetten nud dich dem Herrn Gerl-ard zur Aburteilung überantworten." „Dem Herrn Gerhard von Waldstetten?" frug der Mann zweifelnd. „So seid Ihr ein Freund des Herrn —" „Gib dir keine Ddühe, Schelm, mich auf diese Art auszuspähen, sondern sag uns, weshalb du uns belauert und dich der Gefahr des Todes ansge setzt hast?" „So Ihr ein Freund des Geächteten seid, so könnet Ihr mir getrost vertrauen, denn seht," und er streifte den Aermel seines groben blauen Zwillichkittels aus und zeigte auf dem Unterarm ein eingebranntes Zeichen, mit blauer Farbe nack-gemalt, darstellend eine Mauerzinne und darüber ein Eichcublatt — „das Wappen derer von Waldstetten." Egbert stutzte. „Wenn du wirklich im Dieustc des Waldstetteuers bist, was schaffst du denn hier unten? Ich meine, dort oben sollte es ans zwei rüstige Arme, wie die deinen, wohl ankommen. „Ich bin der Kleinste unter allen seinen Knechten, aber der Verschla- gendste, darum tue ich Späherdieuste." „Und doch hast du dich von meinen Knechten sogleich fangen lassen," lächelte Egbert. „Ich muß bekennen, Ihr habt mich überlistet, gestrenger Herr, und Euer Knechte waren's vier, viele Hunde sind des Hasen Tod."