Volltext Seite (XML)
allseitige objektive Untersuchung sehr gering: das deutsche Volk würde ain ehesten befriedigt sein, wenn entsprechend unserem Vorschlag die Sache einfach an das ordentliche Ge richt gegeben würde, fühlt sich der Kameruner Gouverneur seiner Sache absolut sicher, so kann ihm dieser Vorschlag auch nur angenehm sein. Was geschah nun aber gegen den Ver fasser des höchst eigenartigen Berichtes an den Reichskanzler? Bis jetzt lxrt man nicht das mindeste gehört, daß ihm dis Leitung der sehr wichtigen Personalfrage abgenommen wor den ist. Tagegen sucht man diejenigen, welche den Bericht an die Presse gegeben haben. Der erste Staatsanwalt bei dem Berliner Landgericht l l)at ein Strafverfahren „wider Götz und Schneider" wegen Vergehens gegen 8 153a des Strafgesetzbuches eingeleitet. Tiefer Paragraph lautet in seinem ersten Absatz: „Ein Beamter im Dienste des Aus wärtigen Amtes des deutschem Reiches, welcher die Amts verschwiegenheit dadurch verletzt, daß er ihm amtlich anver traute oder zugängliche Schriftstücke oder eine ihm voir seinem Vorgesetzten erteilte Anweisung oder deren Inhalt anderen widerrechtlich mitteilt, wird, sofern nicht nach anderen Bestimungen eine scliwerere Strafe verwirkt ist, mit Gefängnis oder mit Geldstrafe bis zu 5000 Mark be straft." Ter sogenannte Arnimparagraph soll also gegen zwei untergeordnete Beamte der Kolonialabteilung ange wendet werden. Bei der „Germania" und der „Freis. Ztg." hat man bereits .Haussuchung gehalten, aber ohne Erfolg: beide Blätter versichern, daß ihnen diese beiden Beamten ganz unbekannt sind und ihre Informationen nicht von dieser Seite stammen. Taß gegen Beamte, die tatsächlich vertrau- liche Schriftstücke entwendet haben, mit der Schärfe des Ge setzes vorgegangen wird, kann niemand der Kolonial abteilung vorwerfcn: nur muß man fordern, daß gegen jene Beamte, die solche Unbegreiflichkeiten begehen, ebenso eingeichritten wird. Geschieht dies nicht, so stehen wir vor einem neuen Vertuschungsshstem! Erbprinz Hohenlohe hat selbst im Reichstage erklärt, daß er nichts vertuschen wolle-, gut. er wird dann im Herbste um so eher auf den Wunsch des Reichstages eingehen, diesem alle Akten vorzulegen. Tw entscheidenden Behörden können jetzt vom Glück sagen, daß das Neichskolonialamt gefallen ist, wäre es angenommen worden, so tonnten sie nicht mehr den Arnimparagraphen auf die Kolonialabteilung anivenden, weil diese dann nicht mehr zum Auswärtigen Amte gehören. Es steht ferner fest, daß die Mehrheit des Reichstages bei Schaffung dieses Paragraphen im Jahre 1874 nie und nimmer daran gedacht, daß er auch auf Kolonialbeamte angewendet werde: solche gab es damals gar nicht. Tann wollte auch die Mehrheit nur gegen die Publikation diplomatischer Schriftstücke sich schützen und hierzu gehört wahrlich der Rosesche Bericht nicht: denn von Tiplomatie enthält derselbe keine Spur. Auf die Weiterentwickelung dieser Geschichte kann man nun erst recht gespannt sein. — Zum C. P. der katholischen deutschen Studentenver bindungen (sarbentragend) zählten am 1. Dezember 1005 51 Korporationen mit insgesamt 2229 Mitgliedern. 1963 derselben standen noch im Studium, und zwar 164 Theo logen. 667 Juristen, 263 Mediziner, 441 Philologen und Historiker, 128 Mathematiker und Naturwissenschaftler, 183 Techniker nsw. — lieber den Generalstreik in Deutschland haben die Vorstände der sozialdemokratischen Zentralverbände kürz lich im Berliner Gewerkschastshause geheime Abmachungen getroffen; eilt sozialdemokratisches Gewerkschaftsblatt Plau dert ans der Schule und teilt Vorschläge von Bebel mit. Verwundert muß man sich schon fragen, was hat denn Bebel in einer Sitzung der Gewerkschaften zu tun? Er ist doch nicht Vorsitzender eines Gewerkschaftsverbandes; wir wissen allerdings nicht, ob die sozialdemokratischen Millionäre auch eine Gewerkschaft gebildet haben, da wäre dann der Abg. Bebel als Vorsitzender der gegebene Mann. Nus der Anwesenheit Bebels und der Tatsache, daß er Anträge stellen kann, ift klar ersichtlich, wie enge die sozial demokratischen G'werkschaftcn mit der Sozialdemokratie verbunden sind, von letzterer erhalten sie die Marschroute. Was hat Bebel nun vorgeschlagen? Seine Leitsätze lauten: 1. Der Parteivorstand hat nicht die Absicht, den politischen Massenstreik zu propagieren, sondern wird, soweit es ihm möglich ift, einen solchen zu verhindern suchen 2. Wenn dennoch ein solcher Streik ansbrechen sollte, so müßte der- selbe von der Partei geführt werden und die Gewerk- ichaften hätten sich offiziell nicht daran zu beteiligen. 3. ich den Zoll eines solchen Streiks sollten die Gewerk schaften dieser Bewegung nicht in den Rücken fallen. 4. Ebenso dürfte die GewcrkfchaftSPresse in diesem Falle nicht gegen die Bewegung wirken. 5. Die Unterstützung der Streikenden und die Kosten für die Folaen eines solchen Streiks zu tragen, müsse Ausgabe der Partei sein. Die Mittel müßten unter Mitwirkung aller Genossen, eventl. durch allgemeine Sammlungen aufgebracht werden. 6. Wenn Aussperrungen und Streiks als folgen dieses Streiks Zurückbleiben sollten, so wäre zu empfehlen, daß die Ge werkschaften für die Unterstützung ekntreteu. Die Ver treter der Freien Vereinigung deutscher Gewerkschaften erklären nun: ..Entweder ist dann die deutsche Arbeiter schaft auf dem Jenaer Parteitage schon getäuscht worden oder die Macht der Generalkommission, fußend auf dem Kölner Gewerkschaftskongreßbeschluß betreffend den Massen streik, ist so groß, daß nachträglich Parteibeschlüsse illu sorisch gemacht und die deutschen Arbeiter düpiert werden können. Unterzeichnete Or ganisationsleiter erklären dem- gegenüber aus das nachdrücklichste, unbekümmert jener ge heimen Abmachungen, die Propaganda des General- bzw. Massenstreiks, wie dies im Programm der Freien Ber- einigung deutscher Gewerkschaften niedergelegt ist. weiter eifrig zu betreiben und halten es für ihre Pflicht, wie bisher, so auch ferner, das Proletariat bei jeder Gelegen heit auf die Bedeutung jene« wirtschaftlichen Kampfmittels hinznweisen." Der „Vorwärts" ist sebr verärgert über diese Enthüllung und nennt sie eine „Jehomie". Man erfährt aber auf diese Weise, daß der sozialdemokratische Parteivorstand die 1. Geige in den sozialdemokratischen Gewerkschaften spielt. Oesterreich-Ungarn. — Kaiser Franz Joseph unternahm abends eine Fahrt in den Reichenberger Landbezirk. Zu beiden Seiten der Landstraße auf einer Strecke von 8 Kilometern hatte die Bevöklerung Aufstellung genommen und begrüßte den Kaiser mit jubelnder Begeisterung. Aus mehrere an ihn gerichtete Ansprachen erwiderte der Kaiser in huldvollen Worten. — Kaiser Franz Joseph besuchte in Reichenberg am 23. Juni das Erziehungsinstitut des Ursulinerinnenklosters, besichtigte den landwirtschaftlichen Teil der Ausstellung und inspizierte später die Truppen der Garnison. Beim Ver lassen der Ausstellung drückte der Kaiser dem Bürgermeister seine Freude aus, feststellen zu können, daß die aus deut schem Arbeitsfluß hervorgegangene Ausstellung für die Deutschen in allen Teilen ein gleichmäßig glänzendes Zeug nis ablege. — Die österreichische Quotendepntatio« hat die Quote nach der Bevölkcrungszahl und zwar nach dem Schlüssel 57.6 : 42.4 festgesetzt. Für die gesetzlich nicht bestimmte Quote für das vergangene Jahr ist die Quotendcputation bereit, den bisherigen Schlüssel nachträglich zu akzeptieren. W.is die gemeinsamen Zolleinnahmen betrifft, so steht die österreichische Ouotendeputaticn auf dem Standpunkte, daß das alte Verhältnis in Vieser Frage nur so lange aufrecht erhalten werden kann, als die wirtschaftliche Gemeinsam keit in allen Belangen besieht. Das Nuntium wurde so fort der ungarischen Quotendcputation bekanntgegebcu. — Die österreichische Quote betrug bisher 65 6 Prozent, die ungarische 34 4. Prozente der Gesomtbevölkerung sind in der österreichischen Neichshälfte 57 6, in Ungarn 42 4; das Rekrutenkontingent beträgt in Oesterreich 57 3, in Ungarn 42 7 Prozent. Das guotenmäßig zu berechnende gemeinsame Erfordernis beträgt pro 1906 (noch Abzug der gem infamen Zolleinnahmen 230 27 Millionen, davon hätte Oesterreich nach der bisherigen Quote 150 85, nach der neuen 132 43 Millionen zu zahlen. Vom außerordent lichen Rüstungskredit i75 3 Millionen) und Okkiipations- kredit (7 6 Millionen) hätte Oesterreich noch der alten Quote zusammen 54 38. nach der neuen 47.75 Millionen zu tragen. Die neue Quote würde also eine Gesamteut- lastung Oesterreichs um 25'05 Millionen bedeuten. — Dreibund und ungarische Frage beschäftigten am Donnerstag die österreichsche Delegation. Biankini (Dal matiner) sagte, daß der Dreibund den Völkern Oesterreichs die schwersten Opfer auferlege. Deutschland mache durch die Treibundpolitik die Völker der österreichischen Monarchie zu Pionieren seiner imperialistischen Pläne. Italien stehe überdies dein französisch-englischen Bündnisse näher als dem Dreibnnde. Tollinger (Zentrum) sagte, daß D-eutschland beim Abschlüsse der Zoll- und Handelsverträge mit Oester reich und mit den Balkanstaaten sich Oesterreich gegenüber nicht als Freund bewährt liabe. Auch die Agitation Italiens in Albanien, sowie die Unterstützung Montenegros durch Italien zeuge nicht von besonderer Vnndnistrenc. Steiner (Alldeutscher) wies ans die stete Be nachteiligung Oesterreichs gegenüber Ungarn hin und bean tragt eine Resolution, wonach vom Jahre 1907 ab die Ge meinsamkeit der Zolleinnahmen aufgehoben werden solle. Dr. Schlegel (Christl. Soz.) behandelt ebenfalls eingehend die ungarische Frage. Klofatsch (radikaler Tscheche) sprach von einer Expansionspolitik Deutschlands, die Oesterreich- Ungnrn wirtschaftlich ans der Balkanhalbinsel verdrängen wolle und tritt für ein Uebereinkommcn mit Rußland ein. Romaneznk (Nnthene) betont, er habe als Nuthene vom nationalen Standpunkt gegen den Dreibund nichts ein- znwenden. Straucher (liberal) kritisiert die Einrichtung der Delegationen und betont bei Erörterung der unga rischen Frage, daß die Gemeinsamkeit bereits in den wich tigsten Fragen aufgehoben sei. Er geht sodann aus die Judenfrage in Rumänien ein und wendet sich gegen die letzten Judenmetzeleien in Bialystok. — Auch am Sonn abend war der Dreibund Gegenstand einer Debatte in der österreichischen Delegation. Der Jungtscheche Kramarcz kritisierte das Bündnis mit Deutschland und sagte, für die Politik Oesterreich-Ungarns genüge ein gutes Einvernehmen mit Rußland und Italien. Bärnreiter erklärte, die Ge währ des Bündnisses mit Deutschland liege in einem 30- jährigen Frieden. Der Dreibund sei aber auch den Deutschen Oesterreichs eine Herzenssache. Die Friedcns- tendenz des Bündnisses sei auch bei der Marokkofrage zum Ausdruck gekommen. Graf Schönborn dankte dem Mnister für die Erhaltung des Friedens und würdigte in warmen Worten den diplomatischen Erfolg auf der Konferenz von Algeciras. Delegierter Schusterschitsch meinte, das Bünd nisverhältnis mit Deutschland bestehe hauptsächlich deshalb fort, weil Deutschland Oesterreich-Ungarn notwendig brauche. Alle anderen Mächte Europas hätten das Be streben, Deutschland zu isolieren. Nötig sei eine starke Flotte, dann werde Italien niemals wagen, Oesterreich an- zngreifen. v. Abrahamovicz war der Meinung, daß es trotz der in Oesterreich gegen Ungarn herrschenden Mißstimmung zu keiner Trennung kommen werde. Redner erinnerte an die bekannte Stellung der Polen zum Dreibünde, setzte aber hinzu, er bedauere, daß diese vom Polenklnb mit Selbst verleugnung eingenommene Stellung zum Dreibunde stets durch das Verhalten der preußischen Negierung gegenüber den Polen in Preußen und durch ihr Vorgehen gegenüber den österreichen Polen, das den Handelsverträgen und der gelvährleisteten Freizügigkeit widerspreche, erschwert werde. — Auf dem deutschen Konsulate in Triest erschien der stellenlose Agent Franz Rupnik und verlangte von dein Kanzler des Konsulates, daß er ihm eine Anstellung in Deutschland verschaffe. Als der jbanzler ihn abwies, zog Rupnik einen Revolver, bevor er jedoch losdrückte, enftvaff- nete ihn der erstere. Rupnik flüchtete, wurde aber später verhaftet. (Siehe Telegramm.) N»m. — Der Leibarzt des Papstes Lappom hat noch einen anderen Arzt zugezogen, um eine genaue Diagnose über den Zustand des Papstes zu stellen. Wie verlautet, hat sich bei dem Papst ein Nierenleiden herausgestellt. Italien. — Die Teilnehmer an de« Nast-Skandalev in Tra- Pani sind noch glimpflich davon gekommen. 12 Ruhe störer standen vor Gericht und alle anderen Trapaner saßen aus der Verteidigerbank, verzichteten aber ostentativ ^ uf jede Verteidigung. Der Staatsanwalt -og darauf die Anklage gegen fast alle Angeschuldigten zurück. Das auffallend milde Urteil hat sehr zur Beruhigung der Gei ster beigetragen. Großbritannien. — Major O'Connor hat mit 350 Kamelreitern 3000 Sudanesen nach einem beschwerlichen durch ein von Regen- güssen und Gießbächen unwegsam gemachtes Gebiet die Stadt Tolodei entsetzt, die am 6. d. M. von einem Araber- stamm angegriffen worden war. Major O'Connor machte darauf einen allgemeinen Angriff auf die Araber In dem Gefecht, das bis Sonnenuntergang dauerte, wurden 350 Aufständige gelötet und 100 gefangen genommen. Die Engländer hatten keine Verluste. — Tie deutschen Pressevertreter besuchten Sonnabend Stratford-on-Avon. Nach dem Besucl>e von Shakespeares Geburtshause legten sie in der Kirche am Grabe des Dich ters einen Lorbeerkranz mit einer Schleife in den deutschen Farben nieder. Friedrich Dernbnrg-Berlin feierte dabei in einer Ansprache das Gedächtnis Shakespeares. Bei dem Frühstück im Hause des Mayors am 23. d. M. wurden be- geistert aufgenommene Trinksprüche auf König Eduard und Kaiser Wilhelm ausgebracht. Sidney Lee, Vorstand des Kuratoriums für die Shakespearestätten, weihte sein Glas dein unsterblichen Gedächtnis Shakespeares und pries in be redten Worten die Hingabe und Verehrung, die Deutschland immer dem König der Dichter bewies. Mehrere deutfche Gäste dankten mit Wärme für den ihnen in England überall bereiteten herzlichen Empfang. Bei der Besichtigung der bemerkenswerten Stätten in Stratford diente der Shake spearedarsteller Benson den Gästen als Führer. — Heute lief auf dem Clyde das neue Schlachtschiff „Agamemnon" vom Stapel. Es hat eine Geschwindigkeit von 18 Knoten, vier zwölfzöllige und zehn neunzöllige Ge schütze. Die Kosten des Schiffes betragen 1^ Mllionen Pfund Sterling. Spanien. — Ter Minister des Aeußern Herzog von Almodovar, ist am 24. Juni gestorben. Er leitete schon unter dem Ministe rium Sagasta als gewandter, taktvoller Diplomat die aus wärtigen Angelegenheiten. Beim Abschluß des Karolinen vertrages erwarb er sich dm Ruf eines Freundes Deutsch lands. Die Leitung der Konferenz in Algeciras sichert ihm einen Platz in der Geschichte unserer Zeit. Die Frau des Herzogs starb während der Hochzeitsfeste des Königspaares, am 3. Juni. Man nimmt allgemein an, daß Moret, der seit einigen Jahrzehnten schon häufig als Minister des Aeußern fungierte und Almodovar während der Krankheit vertrat, diesen Posten zunächst behalten wird. — Die Leichen- seier für den Herzog von Almodovar fand Sonntag nach mittag statt. — Tie Regierung will am Montag den von ihr wenig geänderten Zolltarif veröffentlichen. Die Madrider Han delskammer protestiert gegen zahlreiche Positionm des selben. Moret bezeichnete den Abschluß von Handelsver- trägen als gegenwärtig unmöglich, die Regierung will aber einen Modus vivendi finden. Leider seien ihr durch den Minimaltarif die Hände gebunden. Rußland. — Tie parlamentarische Kommiffion der Duma zur Ausarbeitung eines Gesetzentwurfes betreffend die Unver letzlichkeit der Person hat bezüglich des Schutzes der Rechte von in Rußland weilenden Ausländern beschlossen, daß kein Ausländer aus dein Reich ohne richterliches Erkenntnis ansgewiesm werden darf, ausgenommen in Kriegszeiten, sowie in einer begrenzten Anzahl von besondereil Fällen. — In Kertsch (Tanrien) wurde der Gendarmerieofsizier Scheremetow, der beschuldigt wird, die Judenhctze im Ok tober 1905 geleitet zu haben, vor seiner Haustür erschossen. — In Petrikau wurden der Polizcimeister, ferner ein höherer Polizeibeamter und ein berittener Polizist auf der Straße durch Revolverschüsse getötet. — Etwa 80 Arrestan- ren des Gefängnisses von L'gow im Gouvernement Kursk verließen einfach das Gefängnis. .Der Land polizei wurde befohlen, auf sie zu schießen, die Polizisteil weigerten sich aber, diesem Befehl nachzukommen. Die Arrestanten hielten vor dem Gefängnis ein Meeting ab und beschlossen, nur die strafgerichtlich Angeklagten sollten wie der in die Gefängniszellen zurückkehren, alle anderen, 35 an der Zahl, begaben sich nach Hanse, indem sie der Polizei- Verwaltung ihre Adressen hinterkleben. Eine große Menschen menge geleitete sie mit roten Fahnen und unter Absingung der Marseillaise heim. — Durch Feuer wurden die Werk stätten der Petersburg—Warschauer Eisenbahn zerstört. Das ganze Inventar wurde vernichtet. Das Feuer ist auf Brandstiftung zurückzuftihren. — Der Ausstand der Bäcker in Petersburg dauert fort. Einige Bäckermeister, die selbst ihren nötigsten Bedarf für ihre Kundschaft decken wollten, wurden von den Ausständigen gezwungen, den Betrieb ein zustellen. Das vorhandene Brot wurde vou deu Aus ständigen mit Petroleum übergossen. Die Militärbehörden haben der Stadtverwaltung die Militärbäckereien zur Ver fügung gestellt. Auch der Mangel an Fleisch nimmt täglich zu. Die Preise sind in raschem Steigen begriffen. Die Blätter halten die Nachricht von dem Vorhandensein der sibirischen Pest im Petersburger Bezirk aufrecht. Von allen Seiten werden wieder partielle Ausstände, Agrarunruhen und Gärungen unter den verschiedensten Truppenteilen im Reiche und in Petersburger Regimentern gemeldet. — Interessante Dinge erzählt ein Petersburger Blatt von den kaiserlichen Garderegimcntern, die als Elitetruppen und verläßlichste Schützer der Familie des Kaiserhauses galten. Dies wird auch in Hinkunft so sein, meint jenes Blatt, so lange der Zar damit einverstanden ist. daß die Garderegimenter gegen den Konstitutionalismus sich wen den, zu dessen Bekämpfung die Offiziere eine „weiße Liga" gebildet haben. Die Ereignisse von Bialystok und di>. „Judenhetzen" haben die Berliner Zionisten zu einem Pro test veranlaßt, in dem sie u. a. die Verweigerung jeder finanziellen Hilfe an Rußland fordern; die Rothschild, Köuigswarter, Popper usw. werden trotzdem, wie bisher, die guten russischen Papiere kaufen. — Das Programm für den Empfang des englischen Geschwaders wurde folgender-