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-es Urteils von Rennes und Verweisung Dreyfus' vor ei l drittes Kriegsgerickst. Unter diesen Bedingungen ist jetzt die „Affäre" einer Plenarsitzung des Kassatioushofes vorgelegt, die in zwei Wochen entscheiden wird, ob das Urteil von Rennes zu kassieren ist oder nicht, ob es kassiert wird unter Verweisung vor ein drittes Kriegsgericht oder ob der Kassationshof die ganze Anklage vernichtet und — um einen nichtjuristischen Ausdruck zu gebrauchen — die Unschuld Dreyfus' verkündet. Man braucht kein großer Prophet zu sein, um vorher zu sagen, daß das Urteil von Neunes kassiert wird. Die Frage isr nur die, ob Dreyfus nochmals einem Kriegsgericht über wiesen wird. Einige Mitglieder des Kassatioushofes, darunter der erste Präsident, Ballot-Beauprck, sind dafür, andere dagegen für die Kassierung des Urteils ohne Rück- verweisnng. Welche Partei siegt, vermag niemand zu sagen, es spielen allerlei Intrigen mit herein. Gegenüber den vielfach übertriebenen Mttcilungen ist zu bemerken, daß für die abermalige Ingangsetzung der richterlichen Maschine nur zwei „Entdeckungen" des Gene rals Andrck in Betracht kommen: 1. Ein Brief des deutschen Militärattachees v. Schwartzkoppen an den italienischen Altachee Panizzardi vom März 1894 mit dem Satze: „Denn D. hat mir viele interessante Sachen gebracht." Dieses I»., das sich auf einer Pause befindet, soll aber ein U. sein und auf der Pause gefälscht worden sein. 2. Ein Brief Panizzardis an Schtvartzkoppen, der folgendermaßen schloß: „Ich teile Ihnen mit, daß ich die Organisation der Bahnen bekommen werde." Dieses Stück trug mit roter Tinte von der Hand des Obersten Henry den Vermerk „April 1894", nxrs erlauben würde, Dreyfus die Auslieferung der Doku mente zuzuschicben. Nun soll das Datum eine Fälschung sein. — Das richtige Datum soll der 28. März 1895 sein, die Bemerkung „April 1894" wäre das Werk des Obersten Henry, um die Schuld Dreyfus' darzutun. Dreyfus selbst könnte ja nicht mehr in Betracht kommen, da er sich im März 1895 aus der Teufelsinsel befand. Wie nun der Bericht erstatter Moras behauptet, hat General Mercier vor dem Gerichtshof in Neunes ausgesagt, den Richtern des erst-n Kriegsgerichtes im Jahre 1894 habe der Brief bereits Vor gelegen. Tie Richter seien also durch die falsck)e Aussagt Merciers und den Anblick des Dokumentes zu einem irrigen Spruch verleitet worden. Die beiden Thesen 1 und 2 kommen bei der Ent scheidung neben 4 geringfügigeren, die schon ertvähnt wur den, in Betracht, und ztvar an erster Stelle. Die anderen Revisionsgründe, die breitspurig mitgeteilt werden, sind nämlich schon vorher bekannt gewesen. Politische Rundschau. Dresden, den 2^. Juni 1906. — In Gegenwart deS Kaiser- findet am 21. d. M. in Kiel auf dem Linienschiff Preußen die feierliche lieber- gäbe einer von den Provinzen Ost- und Westpreußen ge stifteten neuen Toppflagge an den Kommandanten des Schiffes statt. Tie württembcrgische Verfassungsrevision erfährt auch in der „Kreuzzeitg." eine höchst abfällige Kritik. Das konservative Blatt erwartet von der Kammer der Standes- herren, daß sie dieser Reform nicht zustimmt und schreibt daun: „Schließlich soll nicht unerwähnt bleiben, daß die württembergische Zentrumspresse jetzt sckwu auf gewisse Fol gen der Verfassungsresorm hinweist. Kommt sie nach d n Beschlüssen der Zweiten Kammer zu stände, dann sind auch die Tage der Konfessionsschule in Württemberg gezählt, und andere konservative Einrichtungen werden bald Nachfolgen. Die Erste Kammer möge sich nicht durch das Geschrei der Reformpresse verwirreil lassen, es steckt wenig Wolle da hinter. Und die Negierung kann und wird nickst ertvarten, daß sie mit ihrem Ansehen jetzt noch Erhebliches bei der Ersten oder Zweiten Kammer auszurichten vermöchte. Fällt katholisck-e Kirckx; zu schleudern vermag. Der Pamphletist Hoensbroech, der die Gerichtsverhandlung zu einem längst als Bedürfnis empfundenen Disputatorium über seine ge nügend bekannten und von der wissenschaftlickum Kritik all seits abgelehnten Schmähschriften gestalten wollte, brachte noch eine Summe von Jnvektiven und angeblichen „Tat- sack>en", die von den beiden theologischen Gutachtern unbe antwortet blieben. Das Gericht wollte sie nicht beant wortet haben. Auch auf die Ausführungen des Pfarrers Schwarz, die von Unwissenheit geradezu strotzten und schließ lich vom Verteidiger selbst unterbrochen wurden, haben die theologischen Sachverständigen nickst ein Wort erwidert. Das war die allein richtige Antwort. Sie hielten prin zipiell daran fest, daß sie lediglich als Sachverständige vom Gericht berufen nxiren, und zwar nicht zu einem Tisputa- torium, sondern einer Gerichtsverhandlung. Wissenschast- lickx: Fragen tonnen vor Gericht nickst allsgetragen werden. Sie beschränkten sich also darauf, den Geschworenen in einer allgemeineren Beleuchtung, die ja vielfach auf die vor gebrachten Tetailbeschuldigungen Rücksicht nehmen mußte und auch nahm, die in Frage stehenden Tinge zu erklären. Abgesehen von dieser Erwägung mußte es schon das Ehr gefühl des Priesters und des Gelehrten den theologischen Sachverständigen verbieten, sich mit einem abgefallcnen Priester (Hoensbroech) und einem notorischen Bcschimpfer der katholischen Kärche (Schwarz) in eine weitere Diskussion cinzulassen. Die Geschvorenen wußten ja dock) selbst, wen sie in diesen Leuten vor sich hatten, und wie hoch die All klagen von solcher Seite zu bewerten sind. Hoensbroech ist doch all jenen, welche nicht bloß liberale Blätter lesen, in seiner Arbeitsmethode geilügend bekannt. Wenn die Geschworenen gegen alle Erwartung ein „nichtschuldig" sprachen, so braucht der Grund dafür durch aus nicht in den von Hoensbroech vorgcbrachtcn Jnvektiven und dem Eindruck, den sie gemacht hätten, gesucht zu wer- den. Diese Jnvektiven lvaren den Geschworenen genügend qualifiziert. Man müßte ihnen die Urteilsfähigkeit ab sprechen, wollte man jenes annchmen. Der Grund lag sicherlich darin, daß man dem Angeklagten das danekieiuin ignorant ine — Unwissenheit —, von der er in der Ver handlung Proben gab, zubilligte. Dieses Urteil der Ge schworenen ist aber durchaus begreiflich. diese Reform, so ist es kein Unglück, so sehr man auch den zeitgemäßen Ausbau der Ersten Kammer wünschen möchte. Das aber wird die Ausgabe einer Regierung sein, die ihre Pflichten konstitutionell monarchischem Regime gegenüber besser kennt." Ob Württemberg in absehbarer Zeit eine solche Negierung kennt, möchten wir bezweifeln; die Regie rung hat sich bekanntlich damit begnügt, den „ehrlichen Makler" zu spielen. Man denke sich einmal, daß das preu ßische StaatSministerium in der Wahlrechtssrage ebenso handeln wollte, in 24 Stunden lväre es in alle Winde zer- streut und das mit Recht! —Etwas Kolonialpascha! Viele Kolonialbeamte läßt es, sobald sic einmal, wenn auch nur vorübergehend, an lei- tender Stelle stehen, nicht ruhen, durch eine geniale Tat dem Schutzgebiet für immer das Gepräge ihrer Individualität aufzudrücken. Tie glänzenden Kameruner Vorbilder eines Jesko von Puttkamer, Dr. Seitz, Wehlau, Leist, von Baur, von Brauchitsch und anderen scheinen den Geheimen Regie- rungsrat Ebermaier angeeifert zu haben, auch seines- seits eine Probe hervorragenden Venvaltungstalentes abzu legen. Vom Machtkitzel befallen, erließ er nämlich folgen den Nunderlaß: „Kaiserlicher Gouverneur von Kamerun. I. N. Nr. 7727. Brieu, den 5. August 1905. Runderlaß Nr. 17. Als gesetzliche Feiertage neben den Sonntagen haben im Schutzgebiete zu gelten der erste Weihnachtstag, Karfreitag, der Himmelfahrtstag, der Neujahrstag und Kaisers Geburtstag. Der Gouverneur: In Vertretung (gez.) Ebermaier. Nunderlaß an sämtliche Dienststellen." Tatsächlich ist dieser Runderlaß auch in Wirkung getreten! Herrn Ebermaier war es danach Vorbehalten, die im Mltter- lande seit Jahrhunderten in Geltung befindlichen ziveiten Weihnachts-, Oster- und Pfingstfeiertage, welche sogar gesetz lich vorgesckwieben sind, ohne Rücksichtnahme auf das reli giöse Empfinden der im Schutzgebiete Kamerun weilenden Europäer abzuschaffen. Der so selbstherrlich veranlagte Herr Ebermaier soll für seine Taten dem Vernehmen nach jetzt die verdiente Belohnung finden, indem seine Er nennung zum Vortragenden Rat in der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes bevorsteht. Wir gratulieren zur Aquisition dieses Herrn, welcher seinerzeit wegen einer Tuellaffäre in Teutsch-Ostafrika gezwungen wurde, den Ko lonialdienst zu quittieren, der jedoch durch die Inaussicht stellung von Veröffentlichungen seine Wiedereinstellung als „Kolonisator" durchzusetzen wußte. Herr Ebermaier wird sich den vertragenden Räten in der Kolonialabteilung von König, Rose und Dr. Seitz durchaus würdig anreihen. — Tie Verleihung des päpstlichen Gregoriusordens an den Metzer Arzt Tr. Ernst wird in der kirchenfeindlichen Presse mit der Heilung einer Lupuskranken in Lourdes in Zusammenhang gebracht, als hätte Dr. Ernst den Orden er halten, weil er die in Lourdes erfolgte plötzliche Heilung der Kranken feststellte: derselbe sei ihm durch die bischöfliche Kanzlei überreicht worden. Die Frau sei übrigens nicht ge heilt, sondern laufe noch immer mit verbundenem Kopf' herum. Wir stellen fest, daß die Ordensverleihung mit der Heilung nichts zu tun hat. Dr. Ernst erhielt den Orden „als Anerkennung für seine Verdienste um die Kranken pflege in Metz". Der bischöflichen Kanzlei in Metz ist bis heute von der ganzen Ordensangelegenheit offiziell nichts bekannt. Was die Heilung betrifft, so stellte Dr. Ernst, der die kranke Frau behandelt hatte, nnr fest, daß nach der Lourdesreise alle lupusartigen Erscheinungen bei der Frau verschwunden waren, so die Oeffnung in der Wange, die Wunden im Munde, alle Eiterungen. Diese Tatsachen sind auch von den übrigen Metzer Aerzten nicht geleugnet wor den. Bemerkt sei noch, daß die Frau seit dem Tage ihrer plötzlichen Heilung, dem 5. September 1904, keinen Ver band mehr trägt. — Preußische Schulzustände. Wieder einmal kommen durch die „Preußische Lehrerzeitung" Zollen über die Fre quenz preußischer Volksschulen und den Mangel an Lehrern an die Oeffentlichkeit, die einfach unglaublich wären, wenn man nicht im „Lande der Schulen" eben an diese Unge heuerlichkeiten gewöhnt wäre. Aus dem Landkreise Oppin z. B. werden folgende Angaben gemacht: In Krascheow haben 2 Lehrer 288 Kinder, in Bogutschütz 2 Lehrer 246, in Scepanowitz 2 Lehrer 230, in Schodnia 2 Lehrer 235, in Straduna 2 Lehrer 230. in Kossorowitz 1 Lehrer 148, in Hirschfelde 1 Lehrer 139, in Georgenwert 1 Lehrer 130 Kinder zu unterrichten. Auch in manchen Teilen Branden- burgs leiden die Klassen an Ueberfüllung. Besonders schlimm steht es stellenweise in der Neumark, wo in manchen Schulen weit über 100 Kinder auf eine L hr- kraft entfallen. In Pyrahne z. B. war seit Herbst 1905 die 2. Stelle unbesetzt und es mußten 160 Kinder von einem Lehrer unterrichtet werden. Unter-Gennin hat seit 1. Januar für ebenfalls 160 Kinder nur eine Lehrkraft. In Staffelde werden 263 Kinder in 4 Klaffen seit I.Juli von 2 Lehrern unterrichtet u. s. w. Im Regierungsbezirk Merseburg sind zur Zeit 61 Lehrerstellcn zu besetzen. Noch schlimmer ist es in anderen Regierungsbezirken. Oesterreich-Ungarn. — Der Kaiser lxst mit großem Gefolge und in Beglei tung des Erzherzogs Ferdinand Karl Donnerstag früh die Reise nach Böhmen angetreten. Der Monarch fährt zunächst nach Reichenberg zum Besuche der deutsch-böhmischen Aus- stellung, dann zum Besuche der Städte Kuttenberg und Gablonz. Doch sind auch in den Stationen Deutsch-Brod, Sedletz-Kuttonetz, Kolin, Podebrad, Nimburg, Jung-Bunz- lau, Turnau, Liebenau und Reichenau kurze Aufenthalte vorgesehen. Neichenberg prangte in reichstem Festschmucke. Die Straßen, durch welche der kaiserliche Zug den Weg nahm, waren durch hohe, rcisigumwundene Flaggenmasten, die durch Guirlanden miteinander verbunden sind, flankiert. Aus allen Teilen Nordböhmens waren Tausende und Aber tausende herboigeeilt, um dem Kaiser, der seit dem Jahre 1891 nicht mehr in Nordböhmcn geweilt, zujubeln zu kön nen. In Deutsch-Brod an der Landesgrenze hatten sich der Statthalter von Böhmen, Graf Coudenhove, der Bezirks- Hauptmann, Bürgermeister Dr. Subrt an der Spitze des Stadtrates, die Geistlichkeit, die Spitzen der Staats- und Lokalbchörden, Vereine und Korporationen zum Empfange eingefunden. Nachmittag 5 Uhr traf der Kaiser in Reichen berg ein, wo er bis Sonntag früh verweilt, um dann über Gablonz nach Wien zurückzukehrcn. — In einer Plenarsitzung der österreichischen Delega- tion erklärte der Minister des Aeußeren Graf Goluchowski, was die Frage der Einführung des autonomen ungarischen Zolltarifs betrifft, absolut nicht in der Lage zu sein, in die ser Frage einzugreifen. Der Minister des Aeußern habe nur darüber zu lvachen, daß die mit dem Auslände abge schlossenen Handelsverträge in dem Sinne und Geiste aus- gcführt werden, wie sie konzipiert wurden. Italien. — Ter italienische Klerus und der Vesuvausbruch. Beim letzten Ausbruch des Vesuvs erzählten kirchenfeindliche Blätter, so auch die „Deutsche Wacht", die „Leipz. N: N." und andere mehr von der „Feigheit" der katholischen Geist lichen, die aus ihren Pfarreien geflüchtet sein sollen, ihre unglücklichen Psarrangehörigen angeblich im Stich ließen und stellenweise sich sogar den schärfsten Tadel des italieni schen Königs zuzogen. Nach dem „Oberschlesischen Tagebl." rief der König „im heiligen Zorn über die volksver dummende Priesterschaft, als er die Stätten der Zertrümme rung besuchte und immer wieder neue Prozessionen an sich vorllberziehen sah, laut aus: Warum weisen die Priester diese Leute nicht lieber an, ihre Häuser wieder aufzurichten, anstatt sie hier herumlungern zu lassen!" Wie das Wiener Zentral-Nachrichtenbureau unlängst berichtete, protestiert das zuständige erzbischöfliche Ordinariat Neapel gegen solche Beschuldigungen des Klerus. Eine hochgestellte Persönlich keit aus der nächsten Umgebung des Königs, die ivährend des Aufenthaltes des Königs am Vesuv stets in dessen Be gleitung war, erklärt nun dem römischen Gewährsmann der „Zentralauskunftsstelle", die Anschuldigungen kirckgenfeind- licher Blätter gegen die Geistlichkeit seien total erfunden, der König habe sich mit mehreren Geistlichen im Vesuvgebiet in leutseliger Weise unterhalten, beim Anblick von Prozes sionen habe er den Wagen lgalten lassen und das Haupt ent blößt, während die Königin sich verneigte. Werden die libe ralen Blätter jetzt widerrufen? Großbritannien. — Die Vertreter der deutschen Presse besichtigten die Westminsterabtei, besuchten sodann die Häuser des Parla ments und andere Sehenswürdigkeiten, darunter die West minsterhalle, und nahmen in Gesellsckgaft des Präsidenten des Handelsamtes Lloyd George, des Unterstaatssekretärs Winston Churchill und mehrerer Mitglieder des Unter- l-auses das Frühstück ein. Die Redakteure lvaren sodann beim Kriegsminister Haldane zum Tee. Nachmittags w-u» den sie vom deutschen Botschafter empfangen nnd nahmen aii einem Diner teil, lvoran sich auch hervorragende englische Staatsmänner, Schriftsteller und Journalisten beteiligten. — Im Unterhaus stellte Thorne (Arbeiterpartei) an den Staatssekretär die Anfrage, ob seine Aufmerksamkeit auf die Judenmetzeleien in Bjelostok, welche die russische Ne gierung nicht verhindert habe, und auf die systematisch^ Ver folgung unschuldiger Leute in Moskau und anderen Städten hingelenkt sei und ob er die Zeit für gekommen erachte, daß Großbritannien einen energischen Protest gegen die Fort setzung eines solchen Gebahrens seitens der russischen Re gierung erhebe und die diplomatischen Beziehungen zu Ruß land abbrechen soll, bis mit solchen Gepflogenheiten ge brochen werde. Sir Ed. Grey antwortete nur kurz und die Antwort lautet: „Nein". — Sir John Frcnch wird Lord Kitcheners Nachfolger- als Oberbefehlshaber in Indien tverden. Nsrtvegen. — Nach dem Eintreffen des deutschen Panzers Prinz Adalbert in Drontheim stattete König Haalon dcm Prin zen Heinrich von Preußen an Bord des Kriegsschiffes ei- nen einviertelstündigen Besuch ab, worauf Prinz Hrinrich mit Gefolge an Land ging, wo er an der Landungsbrücke von dem König empfangen wurde. Nachdem Prinz Hein rich und König Haakon die Ehrenkon pcignie obgelchrittcn hatten, fuhren sie beide nach dem Schieß, wo sich der Prinz eine Viertelstunde aufhielt. StuHtand. — In der Reichsduma wurde am 21. d. M. über die Anträge auf bürgerliche Gleichheit beraten. Verschiedene Redner traten für die Gleickchcreckstigung der Frauen und der Juden ein. Aladjin führte aus, man müsse der Frau die Freiheit geben, bevor sie sich selbst ihr Recht mit Gewalt nehme. Redner verlangte die Abschaffung aller, aus einer hohen gesellschaftlichen Stellung sich ergebenden Vorrechte und aller Privilegien des Adels. Die russische Nation achte nur zwei Klassen, die Bauern und die Arbeiter. Gras Hey den erklärte, er sei bereit, für die Verkündigung der bürger lichen Freiheit einzutreten, es sei aber unmöglich, die Ge setzgebung Rußlands im Handumdrehen zu reformieren. — Das Kriegsgericht in Warschau verurteilte drei Israeliten wegen Ermordung von Polizisten zum Tode. — Eine neue Meuterei in Sewastopol, „dkowoje Wremja" meldet aus Sewastopol, daß in dem 1. Festungs artilleriebataillon eine Gährung ausgebrochen sei. Einige Untermilitärs hätten den Gehorsam verweigert; infolge- dessen sei das ganze Bataillon entwaffnet und eine Unter suchung eingeleitet worden. Hierauf erklärte sich das zweite Bataillon mit dem ersten solidarisch und besetzte die nörd lichen Küstcnbatterien, kehrte aber, als es von Infanterie rings eingeschlossen wurde, wieder in die Kaserne zurück. Hierzu wird dem Berliner „Lokalanz." noch gemeldet: Be hufs Zerstreuung einer Menschenansammlung auf dem See- Boulevard wurde von den Behörden eine Kompagnie des ersten Bataillons der Festungsartillerie beordert, jedock) ver hinderten die übrigen Kompagnien gewaltsam die Entsen- düng ihrer Kameraden. Nachts, als die Artilleristen in ihren Lagerzelten schliefen, wurden sie vom Brester In fanterieregiment mit Maschinengewehren umzingelt und entwaffnet, worauf das ganze erste Bataillon verhaftet und nach der Michailowbatterie abgeführt wurde. Hier schlossen sich den meuternden Truppen mehrere Kompagnien des zweiten Bataillons an, erbrachen die Pulverkammern, be- mächtigten sich der Geschütze, luden drei Kanonen und rich teten sie auf die Stadt. Die Aufständischen versuchten, sich durch Signale mit der Flotte in Verbindung zu setzen, er hielten aber von dort keine Antwort. Die Meuterer wurden schließlich abermals vom Brester Regiment umzingelt und zur Ergebung gezwungen. Sämtliche Feuerwerker wurden zu Gemeinen degradiert.