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aufgehetzt werde. Die Duma trat hierauf in die Be» ratung der Interpellation wegen des Verhaltens der OrtS- behörden bei Hungersnot ein. wobei diese der privaten Wohltätigkeit Hindernisse bereiten. Mehrere Redner er hoben scharfen Einspruch gegen den Beschluß der Regie rung. an Bauern, die'an den Agrarunruhen beteiligt waren, keine Unterstützung zu gewähren. Der sozialistische Arbeiter Michailischenko führte aus. die Regierung sei allein schuld an den Agrarunruhen. Man müsse sie vor Gericht stellen. Trotz Glockenzeichen des Präsidenten fuhr Redner unter dem Beifall der Linken fort, die Duma sei ohnmächtig: man müsse das dem Lande Mitteilen. (Anhaltende Schluß rufe und Ordnungsrufe des Präsidenten.) Die Sitzung wird um 2 Uhr auf eine Stunde unterbrochen. — Polizei- kommissar Kowalski ist am 29. ds. MtS. mittags in War- schau auf offener Straße erschossen worden. — In Seba- stopol haben nach einer Lasfan-Meldung die Behörden einen weitverzweigten Anschlag entdeckt, alle Offiziere zu ermorden und das Arsenal zu besetzen. Nu- Gmdt und Vaud. Dresden, den 3). Mai 1906. Tageskalender für den 31. Mai. 1905. -f Dr. E. Araoldt, bekannter Kantforscher. — 1905. Attentat auf König Alfonso in Paris. — 1897. Vermählung der Prinzessin Maria von Bayern mit dem Prinzen von Bourbon in München. —1867. * Erz. Herzogin Otto von Oesterreich, geb.Prtnzeß Maria Josefa von Sachsen. 1817. — s-Georg Herwvgh zu Stuttgart. Politischer Lyriker. — 1809. 1 Joseph Haydn zu Wien, berühmter Komponist, schrieb viele Symphonien und die Oratorien: »Schöpfung" und »Jahreszeiten". — 1809. Einnahme von Stralsund durch Hollünder und Dänen. Ferdinand v- Schill findet den Heldentod. — 1740. s- Friedrich Wilhelm l. König von Preußen zu Potsdam. Thronbesteigung Friedrich des Großen. — 1689. Zerstörung von Oppenheima. Rh. durch die Raubscharen Ludwigs XIV. —* Wetterprognose des König!. Sächs. meteoro logischen Instituts zu Dresden für den 31. Mai: Witterung: regnerisch. Temperatur: unternormal. Windursprung: Westwind. Luftdruck: tief. —* Se. Majestät der König wohnte heute ttormittag den Schießübungen der Regimenter der 4. Artillerie-Brigade Nc. 40 in Zeithain bei und nahm danach das Frühstück bei seinem 3. Feld-Artillerie-Regiment Nr. 32 ein. Mit tags 12.27 Uhr kehrte der König nach Dresden zurück, nahm im Residenzschlosse Vorträge entgegen und begab sich dann mit den Prinzensöhnen nach Villa Wachwitz, wo um 2 Uhr König!. Tafel stattfand. —* Ihre Majestät die Königin - W itwe empfing gestern nachm, den neuernannten Kgl. Kammerherrn von Schoisberg-Oberreinsberg in Audienz. Zur heutigen Tafel bei Ihrer Majestät der Königin-Witwe ist Se. Exz. der Staatsminister und Minister des König!. Hauses von Metzsch-Reichenbach mit Gemahlin mit Einladung aus- zeichnet worden. —* Sächsische Ku n sta u s st c l I u n g Dresden 1 9 0 6. Die Sächsische Kunstausstellung Dresden 1906 auf der Brühlschon Terrasse wurde heute durch den Besuch Ihrer Majestät der Königin-Witwe in Begleitung der Frau Obec- hofmeisterin v. Pflugk sowie der Hofdame Gräfin Neuttner v. Wcyl ausgezeichnet und hat die Allerhöchste Anerkennung gefunden. (:) Bei der Verwaltung der Sächsischen Staats- eisenbahnen werden bereits jetzt mit großer Beschleuni gung die Vorbereitungen getroffen, die für eine'Einsühung der Fahrkartensteuer auch im Königreich Sacysen not wendig sind. Es ist jedoch bei den vielen Millionen der neu Herzusiellenden Fahrkarten heute noch nicht mit Sicher- heit zu sagen, ob tatsächlich alle mit der neuen Steuer belasteten Fahrtausweise bis zum 1. August d. I. fertig- gestellt werden können. Die Steuer wird naturgemäß auch in Sachsen nach den bekannten vom Reichstag beschlossenen und vom Bundesrat genehmigten Sätzen erhoben und soll gleich in Preußen mit in den tarifmäßigen Fahrpreis ein- gerechnet werden. —* Mit welcher Unverfrorenheit der Evangelische Bund arbeitet, zeigt die Tatsache, daß derselbe auch an katholische Lehrer den „Evangelischen Bundesboten für das Königreich Sachsen" versendet. Ein hektographiertes Be gleitschreiben ist aufgeklebt, in dem es heißt: „Da Sie weder über den Evangelischen Bund genügend unterrichtet sind, noch auch über den Geist, welcher in ihm herrscht, so werden Sie hierdurch gebeten, den angestrichenen Artikel der in unsere Hand gelangten Zeitschrift zu lösen. Wir glauben, er ist wohl geeignet, Ihnen ein zutreffendes Bild von der evangelischen Kirche zu verschaffen." Welches Geschrei würde wohl der Evangelische Bund erheben, wenn ein katholischer Verein protestantische Lehrer mit der Zu sendung von katholischen Schriften behelligen wollte! —* Ausstellung für Schulgesundheitspflege. Vielfach ist die Meinung verbreitet, daß die schulhygienische Ausstellung, die von Dienstag (5. Juni), 11 Uhr. bis Donnerstag, 4 Uhr, in Verbindung mit dem schulhygie nischen Kongreß stattfindet, nur den Teilnehmern an den Verhandlungen des allgemeinen deutschen Vereins für Schulgesundheitspflege zugänglich sei; dies ist nicht der Mll. Die Ausstellung ist während ihrer ganzen Dauer öffentlich und kann unentgeltlich besichtigt werden. Ist die Besichtigung der Ausstellung an sich sehr interessant, inso- fern sie zeigt, w.lche außerordentliche Anstrengungen von Pädagogen. Aerzten und Baumeistern gemacht werden, um unfern Kindern den Aufenthalt in den Schulzimmern an- genehm und in gesundheitlicher Hinsicht möglichst vorteil- Haft zu gestalten, es wird der Gewinn für den Besucher noch größer sein, wenn er die Ausstellung zur Zeit einer Führung besucht. Eine dieser Führungen, die zu den meist noch unbekannten Apparaten, den für Laien schwer verständlichen Zeichnungen und sonstigen Ausstellungsobjekten das erklärende Wort fügen sollen, findet Donnerstag, den 7. n. M., nachm. 3—4 Uhr, statt. —* Im Zoologischen Garten finden z. Z. täglich Vorstellungen der aus ca. 70 Exemplaren bestehenden Eis- bärengruppe von Wilhelm Hagenbeck statt. Ein großes Amüsement bieten die Vorführungen, wenn die so plumpen trollig aussehenden Tiere von einem Turm aus auf der Rutschbahn in den verschiedensten Stellungen in das meter- tiefe Wasserbafstn gleiten und dann in demselben herum tollen. Manches lustige Intermezzo zwischen den Tieren schleicht sich ein, was eine um so größere Anziehungskraft auf die Kinder ausübt. Leipzig. Am Htmmslfahrtstage gingen 104 Kinder zur ersten heiligen Kommunion, 49 Knaben und 55 Mäd chen. In Vertretung des hochw. Herrn Superiors Mon- signor Schmittmann, der am 1. Juni von seinem Urlaub zurückkehrt, hielt die schöne Gemeindefeier Herr Kaplan Klesse. Da» Lehrerkollegium unserer Hauptschule beteiligte sich, wie alljährlich, an der heil. Kommunion und gab so den Kindern, wie der Gemeinde ein erhabenes Beispiel. Zum ersten Male hatte da» Pfarramt für die Angehörigen der Erstkommunikanten Plätze reservieren lassen und hat sich diese Einrichtung trefflich bewährt. Leipzig. (Auszeichnung) Se. Majestät der König, der kürzlich die Widmung des von Woerl's Reisebücher-Verlag in Leipzig herausgegebenen Buches „Das Königreich Sachsen in Wort und Bild" anzunehmen geruhte, hat aus Anlaß seines Geburtstages dem Herausgeber der bekannten Woerl'schen Reifebücher, dem k. u. k. Hofbuchhändler Leo Woerl in Leipzig, den Titel eines König!. Sächsischen Hof- buchhändlerS verliehen. I Leipzig, 29. Mai. Der Rat hat die von den beiden hiesigen Straßenbahngesellschaften erneut beantragte Er höhung ihrer Tarife abgelehnt. Die beiden Gesellschaften haben gegen diese Entscheidung Rekurs bei der Kreishaupt mannschaft eingelegt. Voraussichtlich wird es aber beim Zehnpfennigtarif bleiben. — Der ordentliche Professor der Mathematik an unserer Universität, Dr. Karl Neumann, begeht heute sein 50jähriges Doktorjubiläum. Der Jubilar steht im 75. Lebensjahre. — Der Rat hat zur Erweiterung seiner Wasserzusührungseinrichlungen in den Fluren von Canitz und Wasewitz rund 1200 Acker Land im Werte von etwa 3^ Mill. Mk. erworben. — Nach der Bilanz des Stammvermögens besitzt die Stadt Leipzig insgesamt 130 494 227,91 Mk. Vermögen, denen 96 003 052,21 Mk. Schulden gegenüberstehen. Es verbleibt sonach ein Rein- Vermögen von 34 491 175,40 Mk. Warze». Ein großer Freudentag war für die hiesige junge Pfarrgemeinde der vergangene Sonntag. Es ist zwar nichts Seltenes, aber es hat seine beständige Zug- kraft, wenn es heißt: Der Leipziger Kirchenchor mit seinem tüchtigen Dirigenten Herrn Organist Löbmann kommt. Die Kirche war von Andächtigen, die unter den mächtigen und erhebenden Chorgesängen ein umso innigeres Gebet zum Himmel senden wollten, dicht gefüllt. Wegen amt- licher Behinderung des Pfarrers hielt Herr Kaplan Delenk- Leipzig aushilfsweise den Gottesdienst. In zu Herzen gehenden und überzeugenden Worten sprach der hochw. Herr über den katholischen Gottesdienst und die Verherr lichung desselben durch dis feierlichen Klänge der Orgel, die leider hier, wo sie zur Erbauung und Begeisterung einer jungen Pfarrgemeinde so viel beitragen könnte, noch so schmerzlich vermißt werde. Um hierin Abhilfe zu schaffen bleibe bei der großen Armut der mit 19 000Mk. Hypothek und jährlich 760 Mk. Zinsen belasteten Wurzener Kirche nur ein Mittel übrig, der Appell an die bisher so ausgezeichnete Opferwilligkeit der Pfarrgemeinde. und da diese fast nur aus einfachen Arbeitern besteht, der Appell an einsichtsvolle edle auswärtige Wohltäter. — Beim Hoch amte verstand es der allgemein so verehrte geschätzte Herr Dirigent Löbmann und seine wackeren Sänger vortrefflich, durch kunstvolle Darbietung einer Missa von Haller die fromme Andacht der Zuhörer zur größeren Ehre Gottes mächtig zu steigern. Die vortrefflichen Worte des Predigers und der erbauliche Gesang des Leipziger Kirchenchores wirkten nicht nur im Herzen aller, sie zeigten sich erfolg reich auch in der Opferbüchse; denn die Sammlung ergab den unter hiesigen Verhältnissen überaus hohen Ertrag von 70 Mk. als Grundstock zum Orgelfonds. Gott lohne es allen! Gott und gute Menschen mögen zum Anfang das Vollenden geben! — Im Hochamte gingen zahlreiche Polen, es waren 56, zur heil. Kommunion: ebensoviele mußten, nachdem sie teilweise 5 Stunden gewartet hatten, ohne die hl. Sakramente empfangen zu haben, um 1 Uhr nach Hause zurückkehren. — Nach dem Vormittagsgottes, dienste begab sich der Kirchenchor zu Fuß nach der Hoh- burger Schweiz zum Mittagsmahle: am Nachmittage, nach dem gemeinsamen Besuche der neueingesührten Maiandacht marschierte der „Katholische Männerein" mit den Frauen und jugendlichen Angehörigen der Mitglieder gleichfalls nach der Hohburger Schweiz ab, wo an einer lauschigen Stelle des Freiherrlich von Schönberg'schen Waldes die Leipziger Sänger noch manches herrliche Lied zur Er quickung der Herzen und zum Lobe des Herrn verhallen ließen. Die alte liebe Freundschaft zwischen den Nachbarn Leipzig und Wurzen wurde vielfach besiegelt. Reden von den Herren Pfarrer Lange, Organist Löbmann und Dr. theol. Nentzschka, Gesang und Glüserklang beim Freibier wechselten stetig ab, — die Stimmung war die herzlichste, auch beim Echo die beste, bis nach einer „katholischen" Karusselfahrt die Leipziger in 3 mächtigen Omnibussen, die Wurzener aber auf Schusters Rappen heimfuhren. Ein hochangesehener lieber, lieber Gast sagte als Schlußurteil: „Einen Tag in solch herrlicher Freundschaft habe ich lange nicht erlebt; unser Herrgott muß heute seine Freude ge habt haben, es gibt in schrecklicher, schrecklicher Zeit doch auch noch gute, gute Menschen. — Kirchweih feiern wir wieder z'sammen! Thammenhain. Dem berühmten Porträtmaler Beckert- München, der Se. Heiligkeiten Papst Le« XIII. und Pius X., sowie Se. Majestät den Kaiser Wilhelm I. wiederholt porträtierte, ist in Thammenhain, wo er jetzt besuchsweise weilt, die hohe Auszeichnung erwiesen worden, daß er zum Kommandeur des hohen päpstlichen Sylvester ordens ernannt wurde. Heinrichs b. Suhl. Ein erschütternder Uuglücksfall ereignete sich in der hießigen Waffen- und Fahrradfabrik. Ein Ostern aus der Schule entlassenes Mädchen sollte fast fertig gestellte Jnfanteriesäbel von einer Werkstatt zur an deren bringen. Auf dem Hofe der Fabrik entfiel ihr einer der Säbel. Als daS Mädchen sich sofort danach bückte, stach sich die Spitze des Säbels so unglücklich ins Herz, daß der Tod in wenigen Minuten eintrat. (Wettere- »AuS Stadt und Land" in der Beilage.) VereinSuachrichteu. 8 Leipzig. (Arbeiter-Verein.) Freitag den 1. Juni ist Gewerkschaftsversammlung im Gesellenhause. Da wich- ttge Punkte auf der Tagesordnung stehen, so werden un sere Mitglieder gebeten, vollzählig und pünktlich '/z 9 Uhr zu erscheinen. § Leipzig-Plagwitz. Am 1. Pfingsttage nachm. 3 Uhr hat der Jüngltngsverein seine regelmäßige Zusammenkunft. Neues Asm Tage. München, 30. Mai. Ein furchtbarer Orkan hat gestern den Bezirk Eggenselden heimgesucht. Die Straßen sind mit Hunderten von entwurzelten Bäumen bedeckt. Zahlreiche Bauernhöfe sind stark beschädigt. Dächer sind abgedeckt, mehrere Schuppen dem Erdboden gleich gemacht. Der Kuppelturm der Kirche zu Rimbach wurde auf da» Feld geschleudert und drei Neubauten sind zusammen gestürzt. Der Orkan hat 5 Minuten gedauert und war von starken Regenschauern und Hagel begleitet. Hannover, 29. Mai. Die Zianistenvereinigung für Deutschland veranstaltet am 4. und 5. Juni d. I. in Hannover ihren X. ordentlichen Delegiertentag. Frankfurt. 29. Mai. In der sensationellen Ange legenheit der Leiche im Koffer erfährt der „Franks. Gen.» Anz.", daß es sich nunmehr herausgestellt hat. daß eS sich bei der Leiche der Witwe Vogel nicht um einen Raubmord handelt. Vielmehr sei jetzt auf Grund des Sachverständigen gutachtens anzunehpien, -aß die Frau Vogel eines natür lichen Todes gestorben ist. Meyer hat die Leiche in einen Koffer gepackt und beiseite geschafft, um sich in den Besitz des großen Vermögens der Toten zu setzen. Meyer stand zu der Toten in keinerlei VerwandtschastSverhältnis. Er wollte nur Zeit gewinnen, um mit dem Gelde der Verstorbenen nach Amerika flüchten zu können. Heidelberg. 30. Mai. Der „Pfälzer Bote" berichtet: Eine größere Anzahl Personen, die in einem hiesigen Hotel das Mittagessen einnahmen, sind unter DergiftungSerfchei- nungen erkrankt. Unter den Erkrankten befinden sich die russischen Fürstinnen Obolenski und Gagarin, sowie etwa 12 Studenten. Auch das Personal ist in Mitleidenschaft gezogen. Lebensgefahr besteht für die Erkrankten nicht. Riga. 30. Mai. Ein mit 75 Passagieren und Ladung nach dem Badeorte Dubbeln bestimmter Dampfer ist hier gestern unmittelbar nach dem Ablegen von der Landungs brücke gekentert, wie man annimmt, infolge von lieber- laduna. Es sind nur 10 Personen gerettet. Telegramme. Berlin, 29. Mai. In der Festung Tünamünde wurden heute die acht vom Kriegsgericht wegen Ermor dung dreier Polizisten zum Tode verurteilten Verbrecher hingerichtet. Augsburg, 29. Mai. Der seit Wochen andauernde Ausstande der im Metallarbeiterverbande organisierten Former ist beendet. Hannover, 29. Mai. Die ausständigen Former und Gießereiarbeiter haben heute die zwischen den Kom misionen vereinbarten Bedingungen bis auf einige neben sächliche Punkte angenommen. Der achtwöchige Kampf in der Metallindustrie kann damit als beendet gellen, so- daß die für den 2. Juni angedrohte Aussperrung nicht in Kraft treten dürfte. Wien, 29. Mai. Die „Wiener Zeitg." wird morgen ein kaiserliches Handschreiben an den Prinzen Hohenlohe veröffentlichen, in dem die Demission des gesamten Kabi netts angenommen und dasselbe beauftragt wird, bis zur Bildung eines neuen Kabinetts die Geschäfte weiterzuführen. Wien, 30. Mai. Die „Neue Freie Presse" meldet: Freiherr von Chlumetzky wurde zum zweiten Male zum Kaiser berufen. Er empfahl diesem, Dr. von Körber die Bildung des Kabinetts zu übertragen, dieser werde aber sicher jetzt dieselbe nicht annehmen. Wien, 29. Mai. In der heutigen Obmänncrkonferenz wurde festgestellt, daß die Vertagung der Sitzung im Abge ordnetenhaus«: seitens des Präsidenten der Geschäftsordnung widerspreche. Gegenüber der Befürchtung einer eventuellen Vertagung des Neichsrates wurde von mehreren Seiten mit Scl)ärfe ausgesprochen, daß dann die Mitglieder der Dele gation ihre Mandate niederzulegen hätten. Die Obmänner- konferenz beschloß einstimmig, einen Dringlichkeitsantrag morgen einzubringen, wonach das Abgeordnetenhaus die be stimmte Envartnng ansspricht, daß dem Neichsrate durch Vertagung in dieser kritischen Zeit es nicht unmöglich ge macht werde, die Rechte und Interessen der im Neichsrat ver tretenen Länder zu wahren. Budapest, 29. Mai. Die Kossnthpartei, die bisher an der Delegation nicht teilgenominen hat, beschloß in ihrer heutigen Konferenz, diesen starren Standpunkt anszugeben und den Parteimitgliedern die Teilnahme an der Delegation anheimzilstellen, worauf die Delegationswahlen vorgenom men wurden. Madrid, 39. Mai. Ter Empfang der zur Vermäh lung des Königs eingetroffenen außerordentlichen Gesandt- schäften verlief mit großer Feierlichkeit. Die prinzlichen Ab- gesandten wurden vom König und der Prinzessin Ena im Thronsaale des Schlosses gemäß dem alten Zeremoniell nach der Reihe ihres Eintreffens in mehreren Gruppen empfan gen. Später empfing sie auch die Königin-Mutter. Im Ministerium des Aenßercn fand später diplomatischer Emp fang der sämtlichen außerordentlichen Gesandtschaften statt. P a r i s, 30. Mai. Dem „Journal" zufolge erhielt der Erzbischof von Paris ein versiegeltes Schreiben des Papstes, das den Vermerk trägt: „Erst in der Vollversammlung der Bischöfe zu eröffnen!" Die Versammlung wird heute vor- mittag 11 Uhr eröffnet. Kunst, Wissenschaft und Literatur. I Der Schöpfer der volkstümlichen Zauberposse war der Wiener Ferdinand Raimund. Er war es. der die Wiener Lokalposse durch Verbindung des humoristischen Elemente» mit einem phantastischen zur Zauberposse erhöhte, indem er die Feen zu Trägerinnen seiner Ideen machte, um durch sie die Hand lung festzufügen. Da, wo rS ihm aelang, die Idee in den Charakteren selbst zur Darstellung zu bringen, hat er BolkSstücke im besten Sinne des Wortes geschaffen, so in den an Gemüt und Phantasie gleich reichen Stücken »Der Bauer al» Millionär", »Der Slpenkönig" und in dem größten und hervorragendsten »Der