Volltext Seite (XML)
1. Es war im Anfang der achtziger Jahre, als ich — durch eine größere Erbschaft in gute Vermögensverhältnisse gekommen — beschloß, nrir ein neues und gutes Musikinstrument, einen Erard oder Bechstein anzukaufen. Ich selbst war nicht musikalisch, wohl aber meine ganze Familie, die außer vier Heran wachsenden Kindern noch eine Schwester meiner Frau mit in sich schloß. Meine Absicht fand also begeisterten Widerhall und ich begann mich nach der bestrenommiertesten Mederlage zu erkundigen. Selbst erst kurze Zeit in der großen, ansehnlichen Provinzhauptstadt, in der ich mich als Arzt nieder gelassen hatte, mangelte mir fast noch jede Lokalkenntnis, sowie auch die Ver trautheit mit den gesellschaftlichen Verhältnissen. Von meinem Hauswirt, einem gediegenen Rentier, wurde mir auch die nötige Aufklärung. „Ich würde Ihnen raten, das Magazin des Herrn Pianofortefabrikantcn — Franke zu besuchen. Sie finden dort nebst eigener hiesiger Arbeit die größte Nachdruck verboten. — Alle Rechte Vorbehalten. Auswahl der berühmtesten Firmen. Der Mann hat den größten Umsatz — ein wirklich fabelhaftes Glück. Vor einen, Jahrzehnt »mißte man noch nichts von seiner Existenz — heute gehört er zu den ersten Bürgern der Stadt," be lehrte mich mein freundlicher Wirt. „Gut," sagte ich, „dorthin gebe ich; das sogenannte „Glück" kann doch nur in dem großen Umsatz bestehen, der wiederum als ein Beweis der Reelli- tät anzusehen ist. Bitte also um die nähere Adresse!" „Herr Franke hat seinen Basar jetzt Parkstraße Nr. 14, im elegantesten Stadtviertel, er wohnt auch gleichzeitig dort, cs ist ein hochherrschaftliches Palais!" „So," sagte ich etlvas mißtrauisch, „ich glaubte vorhin herauszuhören, daß sich sein Gesckxift aus kleinen Anfängen herlcitet — da ist der Herr wohl sehr vermögend — oder nran muß horrende Preise zahlen." — Ich hatte mir die Adresse notiert. — „Keins von beiden," lachte mein Wirt, „man wird sehr solid dort bedient und von anfänglichem Reichtum war keine Rede. Herr Franke war früher Buchhalter in ebensolchem Geschäft und soll ziemlich karg besoldet gewesen sein. Wenigstens erzählte er selbst gelegentlich in Gesellschaft, daß er seinem Hausdiener nrehr zahlt, als er früher selbst gehabt." „Das wäre ja lobenswert," bemerkte ich, „das sogenannte Palais ist wobl Eigentum der Firmen, die er vertritt," fragte ich, ohne weiteres be sonderes Interesse, nur um der Unterhaltung wegen. „Das nicht, Herr Franke ist selbst Eigentümer; jedenfalls ist er dazu gekommen, ohne daß er es selbst wollte, wenigstens ist dies meine Ansicht. Die früheren Geschäftsräume, die er mietweise inne hatte, wurden ihm gekündigt, lixül das Haus im Innern der Stadt wegen Straßenverbreiterung vom Fiskus augekam't werden mußte. Gerade um diese Zeit kam das gräflich N.sche Palais - ,