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Nr. L76. Sonnabend, den 4. August LV06. S. JayrnanS. Wsche PMsMlMg An,„at, werden dt« »getpal«. »ettt,«U« -d« »eren Maum »G — - - — bedeut,diavan v-u>di>l»g!ser rrgevisn k. Wsindeit. «eev<«. fnidett.! sie, IM«. Handwerkerfragen im Reichstage. Es geht mich in der Fürsorge für das Handwerk im Reichstage aufwärts, vor allem dank dein entschiedenen Ein greifen der Zentrumsfraktion. Wenn kürzlich auf einer Handwerkerversammlung der Ausspruch getan wurde, daß sich niemand um die Interessen des Handwerkes bekümmere, fo ist dies ein großer Irrtum, der in erster Linie wohl aus Unkenntnis zurückzufllhren ist. Aber gerade diese Behaup tung gibt uns Veranlassung, einmal im Zusammenhang darzulegen, was das Zentrum im Reichstage für die Hand werker erstrebt und auch schon erreicht hat. Ein voller Erfolg ist errungen auf dem Gebiete des Submissionswesens: im Jahre 1904 brachte der Abgeordnete Gröber einen entsprechenden Antrag ein und Heuer nun find die neuen Vorschriften ergangen, die eine wesentliche Berücksichtigung des Handwerkes enthalten, die namentlich die Zerlegung in kleine Lose, genügend Zeit für die Aus führung und prompte Bezahlung vorfchreiben. Die Vor schriften sind also gut, aber hier kommt gar alles auf die Ausführung an und gar zu oft macht man die Erfahrung, daß die unteren Instanzen aus oft ganz unerklärlichen Ur sachen sich hieran nicht halten. Da sollen die Handwerker nun nicht räsonnieren und nicht die Faust in der Tasche machen, sondern bei solchen Vorkommnissen, namentlich bei der Zurücksetzung des Handwerkes und der Bevorzugung der Großindustrie, ganz ruhig an ihre Organisationen, be sonders an die Handwerkskammern herantreten, diesem die Beschwerden unterbreiten und wir sind sicher, daß sofort eine Abhilfe erfolgen wird. Es fehlt den Zentralstellen nicht am guten Willen, dem Handwerk zu helfen, aber wenn man hier Sie Beschwerden nicht erfährt, kann man die Mißstände auch nicht beseitigen. Nachdem auf Anregung des Zentrums hin gute Vorschriften erlassen worden sind, ist es nun Sache der ^Handwerker selbst, auf eine sachgemäße Ausführung der selben hinzparbeiten. Die Frage des Befähigungsnachweises im Baugewerbe wird noch im November dieses Jahres erledigt werden, be reits liegt ein Entwurf und der Kommissionsbericht hierüber Dor. Das Gesetz bringt nun allerdings nicht den glatten Befähigungsnachweis in der Form, daß es vorschreibt: wer nicht die Meisterprüfung abgelegt hat, darf keine Bauten auffnhren. Der Bundesrat ist hierfür nicht zu haben. Das Gesetz geht vielmehr den umgekehrten Weg, es läßt die Ge werbefreiheit auch für das Baugewerbe weiter bestehen, be stimmt aber, daß die weitere Ausübung des Gewerbes untersagt werden kann, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Unternehmers bekunden; ein Man gel an theoretischen und technischen Kenntnissen soll nicht angenommen werden, wenn der Unternehmer die Meister prüfung im Zimmer-, Maurer- oder Steinhaucrgewerbe ab gelegt hat. Das Gesetz geht also in dieser Hinsicht weiter als der Befähigungsnachweis, es ermöglicht ein Einschreiten auch gegen solche zweifelhafte Unternehmer, welche die Mei sterprüfung ablegten. Dabei sollen stets Sachverständige aus dem Handwerk gehört tverden, die es in der Hand haben, durch ihr Gutachten gegen solche Unternehmer vorzu gehen. Man sieht also, daß auch dieser Gesetzentwurf die Autonomie des Handwerks stark stützen will. Die Hand werkskammern und die Sachverständigen des Handwerkes haben es in der Hand, in welchem Umfange das Gesetz An wendung finden soll. Bei den Kommissionsberatungen über dieses Gesetz ist von den Zentrunrsabgeordneten auch die Frage des soge nannten kleinen Befähigungsnachweises für das ganze Handwerk gefordert worden; dieser geht bekanntlich dahin, daß nur derjenige Handwerker Lehrlinge ausbildcn darf der den Meistertitel zu führen berechtigt ist. Schon im Jahre 1897 hat das Zentrum bei der Beratring des Hand werkergesetzes diesen Antrag gestellt, er scheiterte aber an dem Widerspruch der Negierung und der Nationalliberalen. Letztere haben sich nunmehr eines Besseren besonnen und die Negierung sagte auch zu, daß sie einlenken werde; im preußischen Abgeordneteirlxmse l)at der neue Handelsmini ster Delbrück sich bereit erklärt, und ebenso Gras Posadowsky inr Reichstage. Bereits im Herbst ist auch auf eine defen sive Zusage zu reck-neu, so daß das Gesetz gar bald verab schiedet lverden kann. Die Schaffung eines eigenen Neichshandwerkerblattes nach Art des Neichsarbeitsblattes ist zuerst vom Zentrum angeregt worden; es sollte hier ein gutes, aber billiges Arsenal für die Handwerkerorganisationen errichtet werden. Sonderbarerweise l-aben sich nun eine Anzahl von Hand werkskammern gegen dieses Blatt ausgesprochen und somit eine Wohltat zurückgewiesen, die man gern gegeben hätte; vielleicht besinnen sich die Organisationen noch) eines besse ren und rufen mit uns nach einem solchen Zentralorgan. Die Abgrenzung von Fabrik und Handwerk ist eine der wichtigsten Fragen, weil die heutige Praxis der Behör den dahin geht, jeden leistungsfähigen Handwerksbetrieb als „Fabrik" anzusehen und leider finden sich so viele Leute, die sich lieber „Fabrikant" anreden lassen, statt den Titel eines ehrsamen „Meisters" vorzuziehen. Wenn nun diese Entwickelung so weiter geht, haben wir als Handwerker schließlich nur noch die kümmerlichsten Betriebe, die nicht vorwärts kommen können, alle besseren entziehen sich der Beitragsleistung zu den Handwerkskammern. Das Zen trum hat deshalb schon im letzten Winter einen Antrag ge stellt, der dieser Entwickelung vorzubeugen sucht. Gleich zeitig fordert es, daß die Großbetriebe zu den Koften der Handwerkerorganisationen und der Handwerkerausbildung mehr herangezogen werden. Heute ist es so, dag das Hand werk die Lehrlinge ausbilden muß und daß vielleicht 70 bis 80 Prozent dieser Lehrlinge später als Arbeiter in der Großindustrie ihr Unterkommen finden. Die Industrie hat den Idutzen, das Handwerk den „Butzen". Nunmehr stellen die Einzelregierungen fest, wie viele Lehrlinge des Hand werks in der Industrie beschäftigt werden, um eine Ver teilungsmaßregel für die Kosten zu erhalten! Man sieht also, wie auf stetes Drängen des Handwerks und des Zentrums die Fürsorge für diesen Stand doch er heblich vorwärts geht und dies ist auch geboten im Interesse der Allgemeinheit. Politische Rundschau. Dresden, den 3. August 1SOS. — Die Zusammenkunft Kaiser Wilhelms mit dem König Eduard in Schloß Friedrichshof wird am 16. d. M. stattfinden. Ein neuer Besuch des Kaisers beim Reichs kanzler steht nach dem B. T. für Mitte dieses Monats bevor, ^en man wohl nicht mit Unrecht mit der bevor stehenden Begegnung mit König Eduard und ebenso mit den Vorgängen in du Kolonialverwalung in Zusammen hang bringen werde. — Der Kaiser wird am 8. August nachmittags ^4 Uhr auf Villa Hügel bei Essen cintreffen. Am 9. August erfolgt die Fahrt nach Kleinhausen und am 10. August tvird der Kaiser die Kruppschen Weifte besichtigen. — Der „Rcichsanzeiger" vom Mittwoch enthält den allerhöchsten Erlaß, betreffend Abänderungen der Ver- ordnung vom 18. Juli 1898 zur Ausführung des Gesetzes über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden, sowie das Gesetz, betr. die Einsetzung von Be zirkseisenbahnräten und eines Landeseisenbahnrats für die Staatseisenbahnverwaltung. — Wann endlich? sollen unsere Truppen aus Deutsch- Südwestafrika zurück. ;o müssen wir fragen! Der Reichs- tag hat den Etat nur angenommen mit der Bestimmung, daß Soldaten heimkehren müssen! Jeder Mann kostet uns dort unten im Jahre 10 000 Mk. d. h. per Tag nahezu 80 Mk.I Und dies alles wegen der 800 Hotten- tottenräuber! Die Haltung einer solchen großen Truppen macht hat auch schon in England Aufsehen erregt; im Unterhause hat ein Redner darauf bi-ngewiesen, daß im deutschen Reichstage bereits die Ansicht vertreten worden sei. daß mindestens 5000 Mann zuviel in Südwestafrika stehen. England müsse ein sorgfältiges Auge auf diese Truppenmacht haben. Ein anderer Redner spottet zwar über den Gedanken, daß ein Teil dieser Soldaten in die englische Kolonie einziehen könne, falls es in Europa zu einem Krieg kommen werde! Mag man sich zu solchen Plänen, die leider auch in Deutschland manchen Anklarg finden, stellen, wie man will; zunächst muß gefordert werden, daß das Etatsgesetz, das über die Heimbeförderung von Truppen bestimmt, strenge durchgesührt wird. Die Ausgaben für Südwestafrika sind nachgerade auf einer Höhe angelangt, die man bei Ausbruch des Aufstandes für ganz unmöglich gehalten hätte. — Die kolonialen Misrstiinde treten mit jedem Tage weiter hervor; es vergeht fast keine Nummer einer Berliner Zeitung, die nicht Mitteilungen von weiteren sckstimmen Dingen bringt. Ein französisches Blatt schrieb dieser Tage, daß die Kolonialpolitik seither das Deutsche Reich nur eine Menge Geld, aber auch einen Teil seines Ansehens gekostet habe. Leider ist es nur zu tvahr. Und noch ist das sckstimmste nicht bekannt: noch sind Dinge geschehen, deren Aufdeckung sich erst im Ansclstusse an den Fall Fischer vollziehen wird. Sonderbar ist, daß die offizielle Presse noch immer schweigt; hier findet man keinen Ton über all diese Dinge, weder eine Mitteilung noch eine Abwehr gegen die vielen schweren An schuldigungen. An amtlicher Stelle hütet man sich deshalb, weil durch Reden die Sache nur noch schlimmer werden würde. Dafür sehen sich jetzt eine Anzahl kolonialfreund- licher Blätter genötigt, sehr schlimme Dinge mitzuteilen. Als Vater der Verträge mit Tippelskirch wird der seit April pensionierte Geheimrich Hellwig genannt, nxis zutrefferrd ist. Dieser Beamte hat der Firma neben dem schriftlichen Ver trag noch mündliche Zusicherungen gemacht, die das Reich bis 1911 ganz fest an dieselbe ketten sollen. Er selbst ist aber nicht in Pension gesendet worden, weil er solche Dinge machte, sondern aus rein politischen Gründen, tveil er gegen den famosen Peters zu sck>arf aufgetreten sei, weil der Reichskanzler den Freunden Peters einen „Gefallen er weisen" wollte. Und nun sitzt dieser Geheimrat im Auf sichtsrate der Benzschen Gesellscl-aften, die sich mit dein Bahn- lxni in den Kolonien befaßt! — Ein neuer schwerer Schlag gegen den Reichskanzler Fürst Viilow selbst wird im „Berl. Tagebl." geführt; hiernach ist der Reichskanzler selbst schuld an dem Vertnschungsshstem. Es wird nämlich hier mitgc- teilt, das; schom im Jahre 1904 dem Fürsten Bülow eine ganze Reihe der schweisten Verfehlungen der Kolonialbe- anrten mitgeteilt nwrden ist, daß dieser aber keine Unter suchung einleitete, bis auf die neueste Zeit. Alles, was das genannte Blatt mitteilt, ist zutreffend und richtig, schon am 14. Dezember 1905 hat der Abgeordnete Erzberger diese Dinge im Reichstage vorgetragen: die Regierung suchte durch Schweigen ihre Situation zu verbessern. Den Be amten aber, der alle diese Scheußlichkeiten anfdeckte, hat man mit Dienstentlassung bestraft, N>eshalb? Weil er zwei Reichstagsabgcordneten hiervon Kenntnis gab, nachdem Buddha und Christus. Immer und immer wieder lassen sich Leute vernehmen, welche das Christentum zu einem Absenker der Religion des Buddha, des indischen Prinzen, machen wollen. Wenn wenigstens diese modernen Buddha-Schwärmer sich daran machen wollten, stichl-altige Gründe für ihre Be- l-auptungen beizubringen, wenigstens zeigen wollten, wann und wo denn die behauptete Beeinflussung des jungen Christentums, also Christus und seines Jüngcrkrcises, oder doch der' Evangelien stattgefunden haben könnte. Das ist der Punkt, auf den es ankommt. Aber darüber geht man mit ein paar Worten weg, um angebliche Aehn- lichkeiten, Parallelen in dein Leben Buddhas und Jesu zu betonen und dann zu schließen: Diese Dinge sind einander ähnlich, also stammen sie von einander ab. Was ließe sich mit solchem Grundsatz nicht alles beweisen? Also: Duddl-a und der Buddhismus predigen Liebe für die Tiere; wenn bei uns in Westeuropa ein Tierschutzverein sich auftut, so muß der nach dieser Denkart stark vom Buddhismus beeinflußt sein! Und doch handelt cs sich um Dinge, die ganz unabhängig von einander existieren. Wenn der Buddhismus Liebe zu den Tieren Predigt, so tut er es, weil er zugleich die Scclcnwanderung verkündet und er also im Tiere leicht eine darin befindliche Seele verletzen könnte; tvährend die Tierschutz-Idee in der Ausführung des Ge- dankens, daß der Gcrnhte sich auch seines Viehes erbarmt mit dieser buddhistischen Tierlicbe absolut gar nichts zu tun hat. Also: wenn zwei das Gleiche tun, so ist es noch lange nicht dasselbe; inan muß den Grundgedanken nachgchen, aus denen heraus die Sachen entspringen. Das ist auch zu berücksichtigen bei den angeblichen Aehnlichkeiten in dem Leben Jesu und des indischen Reli- gionsstiftcrs. Jesus hat eine Jüngcrschar — Buddha auch — aber was soll das beweisen, wo doch jeder Ncligionsstifter eine Jüngcr schar hat. Hier wie dort — ein Verräter und ein Lieblingsjünger — ist ebenfalls zu allen Zeiten vorgekommcn! Hier wie dort eine Versuchung. Ist ebenfalls bei Buddha etwas ganz Natürliches. Wer die Wellflucht, die Verleugnung aller Dinge der Welt, das Verlassen von Besitz und Familie, vollständiges Abgcstorbensein gegen alle irdi schen Interessen als Jdealzustand preist, der muß als Held erprobt sein, muß irgend einmal die Feuerprobe bestanden haben. Daher die phantastisch ausgeschmückte Versuchung Buddhas durch den Geist der Welt, Mara und seine Töchter. Wie leichtfertig oder besser fast frivol manche solcher Aehnlichkeiten konstruiert werden, dafür ein Beispiel aus dem Buche „Buddha und Christus", Leipzig 1906, von Th. Kappftein, aus der Sammlung „Das moderne Christentum", der die Sterbcszene bei Buddha mit der Passionsgcschichte Jesu zusammcngeftellt. (S. 29 f.) Pathetisch wird die Sache eingeleitet mit den Worten: „Auf einer letzten Wände- rung in den Norden des Landes wird der greise Meister von einer schweren Krankheit befallen, die ihn dem Tode nahe bringt". Warum wird nur verschwiegen, daß die Krankheit eine Folge von übermäßigem Genuß von Eberfleisch war. Daß dann Buddha „Abschiedsreden" an seine Jünger hält, ist nichts Absonderliches; daß man aber in den „Abschieds reden Jesu" eine Kopie davon sehen will, das ist allerdings recht absonderlich. Eben veröffentlicht einer der ersten Kenner der indischen Literatur, H. Oldenberg, zwei Vorträge „Indien und die Religionswissenschaft", wo er auch auf die Frage angeblicher Beziehungen zwischen den Evangelien und dem Leben Buddhas zu sprick-en kommt. Znxir meint er (S. 18) sei das eine Frage, die ein absolutes Ja oder Nein nicht zu lasse. „Die eigentliche Verantwortung einer Entscheidung in diesem Falle kann durchaus nur der berufene Kenner des Neuen Testamentes tragen." Tann fährt er fort: „Als meinen subjektiven Eindruck trage ich es doch aus- zusprechen, daß nichts in den vier Evangelien auf mehr als bloß innere Parallelität mit Buddhistischem, auf wirkliche Entlehnung ans Indien weisen muß oder mit besonderer Wahrscheinlichkeit hinweist. Ein hervorragender Jndologc liat vor kurzem gesagt, daß wie jetzt Babel ungestüm an die Pforten des Alten Testamentes pocht, so, vorläufig noch leise, an die Türe des Neuen Testamentes Buddha klopft. Gewiß, solches Klopfen hört hier und dort, wer die späteren Schichten der altchristlichen Literatur durchforscht. Auch das stumpfste Ohr kann es nickst überhören, wenn sich in dem mittelalterlich-christlichen Roman von Barlaam und Josa phat die ganze Jugcndgesckstckste des Königssohnes vom Sakpahanse wiedcrfindet. Aber an die Pforten des Neuen Testamentes selbst scheint mir Buddha kaum zu klopfen." Was den hier genannten mittelalterlichen Roman von Barlaam und Josapl>at angeht, so stammt der ans der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts nach Christus und ist überl-aupt nur eine christlick>e Bearbeitung der Bnddhalegende; kann also gar nickst als ein „Klopfen Brrddl-as" an den Türen des Christentums angesehen werden. Was soll übcrlxuipt mit solchen „Entlehnungen" ge- Wonnen sein?