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»r L» «»iS xs i, ^ L r- s 2 «r ß L x^ ^ZZ-L ^L§ ck! ^ »> s p V ^ o x: »_. o ^ 2 L'Z^-^L^ VZH -LS ' — 28 — mit aufgedunsenem Gesicht, schläfrigen, geröteten Augen, zitternden Händen; vor ihm stand eine Tasse init schwarzen Kaffee und ein Glas Branntwein. Ehe er das letztere nicht getrunken hatte, war er unfähig zu jeder Arbeit: der Alkohol hatte ihn schon so vergiftet, daß er immer neuer Anregungsmittel be durfte, um die nötige Frische zu bekommen, seine Nerven mußten erst künstlich angeregt und aufgerüttelt werden, ehe sie wieder reagierten. Dem Pfarrer ekelte beinahe vor diesem Menschen, der in einem faden scheinigen, schmutzigen Schlafrock am Tische saß, eine einstmals weiß gewesene Nachtmütze ans dem wirren, ungekämmten Haar, in der Hand das Brannt- wcinglas. Man sah es auf den ersten Blick, daß in diesem Hause die ordnende Hand der Hausfrau fehlte; alles war verwahrlost, unordentlich, schmutzig, vom Hausherrn angefangen bis herab zu dem alten Spitzerhund, der sich träge unter dem -Ofen wälzte, dessen Fell gelb und ungewaschen war, der aus blöden, verschwommenen Augen den seltenen Gast anstarrte, ohne sich zu erheben. Nur ein tiefes Knurren ließ er hören, wälzte sich auf die andere Seite und schließ weiter. — Lars streckte dem Pfarrer die Hand entgegen, die dieser flüchtig berührte, eine seltsam scliwammige. schmutzige, klebrige Hand, vor der einem graute. Er erhob sich halb von seinein Sitze zur Begrüßung des Pfarrers, der immer hin eine Person war, mit welcher inan zu rechnen hatte, wenn Lars auch nicht gerade viel auf die Religion und ihre Diener hielt. Denn er ging nur selten zur Kirche, sein höchster Götze war das Geld, sein zweiter der Branntwein. „Ein seltener Bogel," sagte er mit heiserem Lachen, schob das Brannt weinglas zur Seite und wischte die Tischplatte mit einer plumpen Bewegung der Hand ab. „Auch ein Glas gefällig — es fröstelt mich." Der Pfarrer ging nicht auf seinen Scherz ein. „Lars Märten," sagte er, „ich komme in einer ernsten Sache, in einer sehr ernsten Sache —" „Na, da bin ich man begierig. Ein Gesicht machen Sie, wie ein Leichen bitter. Nu also - schießen Sie los. Ich will derweil einen Schluck nehmen.' Er hob das Glas mit der Hand, welche heftig zitterte, und führte es zum Munde. „Nu also?" —" „Ich komme wegen dem Mädchen, der Karin - " „Ach - soooo?" machte Lars und setzte das Glas heftig auf den Tisch. In seinen matten, schläfrigen Angen begann plötzlich ein drohender Funke aufznblitzen. „So wegen der schwarzen Karin, der Here. Was geht denn die Sie an?" „Sie geht mich sehr viel an. Lars Märten. Ich bin ihr Seelsorger und ich darf und will nickt dulden, das; das Mädchen fernerhin io behandelt wird — so, wie ein Tier." „Nu ja was ist sie denn anders? So ein bissiger Hund, dem man die Peitsche gibt." „Das soll man aber nicht. Lars Märten. Wenigstens jetzt nicht mehr' Ihr habt sie gestern so übel zngerichtet. daß sie krank darniederliegt. Das hört von beute an auf. Lars Märten." Dieser richtete sich hinter seinem Tische auf, als ob er sich auf den Pfar rer stürzen wollte, stemmte die globigen Fäuste auf den Tisch und sagte schart, lauernd und drohend zugleich: „Dbo! Will mir's etwa einer verwehren?" — 25 — Zwei Stunden brannte das Dorf liäsierloh. die zusammenbrechenden Dächer und Häuser knatterten, als ob man mit Gewehren schösse und die Hitze war st. entsetzlich, daß wir alle jenseits des Hügels zum Meere hinabkletterten und unsere Kleider mit Wasser benetzten, um es darin aushalten zu können. An der Obergasse machte das Feuer endlich Halt. Der Wind ließ nach; aus den zusammeugestürzten Häusern wirbeleten schwarze Rauchsäulen auf, rote Flammen zuckten empor — aber unter uns lag ein Trümmerfeld, alle unsere Häuser, gegen siebzig an der Zahl, waren ein Raub der Flammen ge worden. Und da standen vierhundert Menschen und starrten in die rauchenden Trümmer und l-atten nichts mehr als das nackte Leben, nicht Haus, noch Bett nicht Kleidung noch Brot, nichts als die Kleider am Leibe, das Gebetbuch in der Hand und ein paar Heller in der Tasche —" „Das ist freilich entsetzlich," sagte der Pfarrer. „Und ist es an den Tag gekommen, wie der Brand ausbrach?" Die Alte nickte und deutete mit der Hand hinüber nach Karin. „Die hat's getan!" „Karin? Aber wie?" „Sie fürchtete sich in dem finsteren Schuppen und fand irgendwo ein Feuerzeug. Moos und dürres Gras lagen umher, da machte sic ein Feuer und hörte auf zu weinen, weil cs nun so hell um sic war. Aber das Feuer fraß weiter, erfaßte die dürren Bretter und Balken, entzündete die Hütte und Lars Märtens Haus, und äscherte das ganze Dorf ein." „Und Karin?" „Sie hämmerte mit den kleinen Fäusten an ein Brett und als es nicht brach, schlüpfte sie durch eine Lücke hinaus und lief hinab ans Meer, an den Leuchtturin, wo sie sich den ganzen Tag über verbarg. Am Abend fanden sie die Fischer, lwlb tot vor Schrecken, und sie gestand alles bei ihren wilden Drohungen." „Das arme Kind! Sie trug ja wohl die Schuld an dem Unglück, aber sie nxir sich dessen nicht bewußt, was sie tat. Lars Märten ist der eigentlich Schul dige, ihn hätte man bestrafen sollen." „Das dachten auch manche, aber keiner wagte es zu sagen, denn sie waren alle in seiner Hand. Sein Haus war zwar niedcrgebrannt, aber er roar hock versickert gewesen und erhielt eine große Summe Geldes, mit welcher er das Haus stattlicher anfbanen konnte als zuvor. Tie anderen aber tvaren nicht versichert mit ihren elenden Hütten und waren nun ganz auf ihn angewiesen. Er gab ihnen wohl Geld, daß sic ihre -Häuser aufbaucn konnten, aber er for derte hohen Zins und sie sind seitdem nichts anderes als seine Knechte. Alles. Nxis sie verdienen, gebt in seine Tasche und keiner darf ihm zuwider handeln, sonst sagt er sie von ihrem Hans. Tie Fische müssen sic ihm noch billiger liefern als vorher und er bereichert sich an ihrer Arbeit. Das Dorf ist o arm. daß es gar nicht zu sagen ist und die Leute kommen auch nicht aus ihrer Armut heraus, so lange Lars Märten lebt. Sie hassen ibn, aber keiner wagt etlvas gegen ihn zu unternehmen, weil er sonst verloren ist. Und so schleppen sie ihr elendes Dasein bin, hungern, frieren, arbeiten sich zu Tode — alles für Lars Märten, und kommen dock um keinen Schritt weiter vorwärts." ..Und Karin? Wie erging es ihr?" „Schlimm, Herr Pfarrer! Als es Lars Märten heraus hatte, daß Karin die Schuld an dem Brande trug, wollte er sie zuerst erdrosseln. Aber davon „Die Meeresbraut." 7