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Sächsische Volkszeitung : 11.03.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-03-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190603118
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19060311
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19060311
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-03
- Tag 1906-03-11
-
Monat
1906-03
-
Jahr
1906
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 11.03.1906
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Die Einführung von Arbeitskammern »misse vom Reiche ausgehen. — In den unteren polnischen Volksschichten wird als Verräter gcbrandmarkt, der den Kaiser als patriotisch per- ehrt. So schreibt der „Lech" u. a.: Einen elenden Charakter hätten diejenigen Polen zur Schau getragen, die ain Tage der silbernen Hochzeit des Kaiserpaares illuminiert oder sich an den Festlichkeiten beteiligt hätten. Man »volle von wirk lich abhängigen Leuten gar nicht reden, deren es nur wenige gebe, sondern nur von solchen, die keine Rücksichten zu nehmen brauchten. Ta höre doch alles auf, wenn hier ein polnisck»er Arzt illuminiere, dort ein Pfarrer beim Fackel zuge eine Fackel schleppe, wie der Pfarrer L. in Zerkow, und anderswo wiederum ein polnisä)er Rechtsanwalt in Frack und weißer Binde „dojczland iber ales" singe. Tie Teutschen müßten die Polen »vahrkxfft verachten wegen des Mangels an Nationalbewußtsein: selbst ein unverständiges Tier denke an die erhaltene Züchtigung, die Polen aber dankten für er- lxlltene Schläge durch Illumination und Teilnahme ai» Fackelzügen. — Im lippischeu Landtage äußerte der StnatSininister Freiherr v. Gevekot in einer Abwehr sozialdemokratischer Angriffe: „Ich stehe persönlich auf dein Standpunkte, daß mau das Gastrecht nicht verletzen darf, auch dann nicht, wenn eS sich um politische Gegner handelt. Daß ich diesen Standpunkt auch praktisch betätige, wissen Sie, meine Herren, denn ich habe die Herren Sozialdemokraten schon bei mir als Gast zu Tffch gehabt." — Rosa und Arthur helft, sonst gehen die Genossen nächstens auch in Lippe zu Hose! — Reichstagsabgeordneter Eugen Richter P. Eugen Richter ist heute in den frühen Morgenstunden verschieden. Der Verstorbene gehörte der freisinnigen Volkspartei an, deren Vorsitzender er zuletzt »var. Richter ist 1838 zu Düsseldorf geboren. Nach Absolvierung des Ghmnasiums in Koblenz studierte er iu Bonn. Heidelberg und Berlin die Rechte, war 1884 Negierungsassessor in seiner Heimat stadt und wurde zum Bürgermeister von Neuwied gewählt. Er gründete 1885, die „Freis. Zeitung" nnd war ver schiedentlich schriftstellerisch tätig. Iw Reichstag vertrat er die Kreise Nordhausen. Rudolstadt und zuletzt Hagen. Mit Engen Richter ist einer der bekanntesten Redner nnd populärsten Abgeordneten dahingegangen. Der Verstorbene genoß bei allen Parteien, und nicht zuletzt dein» Zentrum, den» er nnnpathisch gegenüberstand, großes Ansehen. — Bei der d.Nstrischcn Landtags-Ersahwahl in Wcißcn- bnrg wurde der liberale Protestantische Pfarrer Albrecht gewählt. Beckh lkonservativ-bündlerisch) erhielt bloß 50, Lehrer Wünländer (Bauernbund) 6 Stimmen. — „Ter Gipfel der Frechheit" überschreibt der konser vativ-protestantische „Bayerische Voltsfrennd" in Nr. 56 die Mitteilung, daß das Münchner Freidenkerorgan „Wahr heit" einen Anfrns an die Kinder bringt, in dein sie ansge- fordert werden, ungläubig zu werden, da es keinen persön lichen Gott gebe. Tas konservative Blatt schreibt: „Man greift sich an die Stirn nnd fragt sich, ob man träumt oder »nacht. Aber so weit geht die Bosheit nnd die Niedertracht der Religionshasser, daß sie schon die unschuldigen Kinder mit ihren Lügen vergisten »vollen! Was bieten denn diese Wahnwitzigen denen, die sie um ihre Seele und ihren Glau ben bestehlen, für einen Ersatz im Leben und im Sterben? Haben die gar leine Spur mehr von Gewissen, daß sie in ihr geistiges Elend nicht genug andere hineinstürzen kön nen, sogar die Kinder? Und »vie weit sind »vir gekommen mit unserer vielgepriesenen Kultur, »venu das die Früchte sind? Graust es nicht allen denen, die sich noch das Denk vermögen gewahrt haben vor den» Mednsengesicht, das uns da mit zynischer Frechheit nnd abgrnndloser Häßlichkeit ent- gegengrinst? Bei solchen erschreckenden Zeichen der heutige!'. Verderbtheit will man noch spotten, wenn erliste christlich' Kreise immer und immer »nieder ihre Stimme erheben zum Mahnen nnd Warnen! Wo würden »vir hinkommen, wenn dieses Schandwerk von Ausruf einen Erfolg hätte? Zuckst - und gesetzlose Menschen würden nnfwachsen, die weder eine göttliche noch menschlick>e Autorität über sich anerkennen. Menschei», die in» brutalsten Egoismus alles niedertreten, was ihnen im Wege steht, Zuchthäusler nnd Selbstmord kandidaten! Es wäre der Anfang vom Ende unseres Vol kes, wollten »vir solchem schamlosen Treiben nicht entgegen treten mit aller Gewalt. Nicht der einzelne vermag da et was andznrichten. Mehr »vie alles andere fordern solche Vorgänge alle ch r i st l i ch e >» K reise zu ein m üti - gen» Zusammengehen ans. Da müssen alle Gegensätze schweige», gegenüber der eine»» großen Gesabr muß alles andere verschwinden nnd a » s d e r g a n. z e n L i i» i e m u ß nur e i n N n f erschallen: „Hie Ebr ist ns!" Wem» »vir Ehristei» aber uns selbst zer fleische»», dann werden »vir nichts gewinnen und den Vorteil werden nur die haben, die nngeslört inzwischei» ihre trüben Schlammfluten ii» immer weitere Schichten unseres Volkes durchsickern lasse»» können. Jetzt sind sie schon bei den Kin dern!" Wir freuen uns ansrichtig dieser AnSlassnng. Wäre es angesichts eines solch »rxihmvitzigen Treibens des Neu heidentums nicht klüger, wenn, sich die christliche»» Konfes sionen »nter dem Ruse: Für Ehristns! gemeinsam gegen den gemeinsamen Feind, den Unglauben nnd seine Vertre ter, wendeteil, anstatt sich gegenseitig zu bekämpfen, »näh rend die Gottesleugner sich darob höhnisch lachend die Hände reiben? Ist der „Kampf gegen Non»" wirklich notwendiger, als der KVnnpf gegen den Unglaube»»? Diese Frage sollte sich der Evangelische Bund einmal offen und ehrlich beant worten! — Protestantische Toleranz. Ter „Neichsbote" beschäf- tigt sich ii» Nr. 54 (dritte Beilage) mit der Schrift „Luther nnd die Gewissenssreiheit" von Nikolaus Panlns. Dabei behauptet das Berliner Pastorenblatt, daß die römische Kirck»e von jeher die heftigste nnd mächtigste Gegnerin der Gewissensfreihcit und Toleranz gewesen nnd es bis auf den heutige»» Tag geblieben sei. Zufällig ergeht sich dasselbe Blatt in ganz der gleichen Nummer (zweite Beilage) über den kirchlichen Liberalismus innerl-crlb des Protestantis mus. Wir laben in Nr. 52 (4. März) diesen höchst bemer kenswerten Artikel teilweise »»»»seren Lesern mitgetcilt. In den stärksten Ausdrücken »randte sich der „Neichsbote" gegen die Forderung der Liberalen »»ach offizieller Anerkennung der Gleichberechtigung beider Richtungen, der liberalen wie der orthodoxen: die Erfüllung dieser Forderung bedeute den Umsturz der Grundlagen der protestan- tischen Kirche! Auf welck>er Seite liegt nun die In toleranz? Die katholische Kirche hat das Recht und die hei lige Pflicht, dogmatische Intoleranz zu üben. Sie hat von ihrem Stifter den Auftrag erhalten, darüber mit peinlicher Sorgfalt zu wachen, daß der anvertraute Glaubensschatz stets rein erhalten bleibe. Zum Glauben zwingt die katholische Kirche niemanden, nur muß sie konsequcnterweise verlangen, daß jeder, der den von ihr be»vahrten Glaubensschatz nicht annehmei» will, sich auch von ihr trennt. Die Protestanten hingegen haben als erstes Prinzip ihres Glaubens die freie Forschung hingestellt, so daß jedes Mitglied der protestanti schen Kirche nur das zu glauben hat, tvas es nach Maßgabe seiner Fähigkeiten als Glaubensinhalt aus der Bibel her ausfindet. Und wenn der „Reichsbote" fast täglich den Versuch macht, eine Gruppe Protestanten als Ketzer zu brandmarken, die zufällig nicht seine Ansichten auf den» Ge biete des Glaubens vertreten, so ist er in» höchsten Sinne des Wortes intolerant. Freie Forschung hat der Protestan- tismus in» Gegensatz znm Katholizismus auf seine Fahne geschrieben, daher ist jedes ehrlich gewonnene Resultat dieser Forschung berechtigt. Die katholische Kirche allein hat das Recht und die Pflicht, auf den» Gebiete des Glaubens intole rant zu sein, die protestantische hingegen muß auf grund ihres Fundamentalprinzips tolerant sein. Tas vergißt der „Neichsbote", daher ist er intolerant. — Ein beachtenswertes Urteil füllt die „Freie deutsche Presse" über die derzeitigen Zustände in der Kolonial- abteilung, von der sie schreibt: „Der Erbprinz von Hohen lohe ist gewiß ein sehr ehrenwerter, liebenswürdiger Mann und vielleicht auch ein tüchtiger Verwaltungsbeamter, aber für das schwierige Amt eines Kolonialsekretärs hat er bisher den Befähigungsnachweis in keiner Richtung erbracht. Auf andere Beamte der Kolonial verwaltung kann er sich aber nicht stützen, denn der einzige, bei welchem eine besondere Geschäftskenntnis vorhanden »var, der Geheiincat Helfferich. verläßt demnächst den Neichsdienst, von den anderen Herren der Zentralverwallung, soweit sie in der Budget-Kommission aufgetreten sind, »vollen »vir lieber schweigen, als zuverlässige Stützen ihrcS Chefs haben sie sich nicht erwiesen." Jedes Wort ist hieran wahr! Gerade deshalb sollten nicht liberale Blätter das Zentrum verdächtigen, als ob es das Neichskolonialamt aus Gründen der persönlichen Abneigung ablehne, wollte inan solche ins Feld führen, sie ließen sich wahrlich finden. Oesterreich-Ungarn. — Die Nordd. Allg. Ztg. schreibt: Echo de Paris will in der Mitteilung aus Budapest die von der dortigen Presse bereits zurückgewiesene Behauptung ausrecht erhalten, der Kaiser Habs in Kopenhagen dem Erzherzog Salvator rund heraus erklärt, er werde den Kaiser Franz Joseph im Kampfe gegen die Ungarn unterstützen. Wir stellen fest, daß der Gewährsmann des Echo de Paris rund heraus geflunkert hat. Die Sr. Majestät zugeschriebeae Aeußerung ist dreist erfunden. Die Budapester Presse hat es »nit vollem Recht abgelehnt, sich durch solche Plampe Machenschaften mystifizieren zu lassen. — Tcr Handelsvertrag zwischen Lesterreich-Ungarn und der Schweiz ist am 9. d. M. unterzeichnet worden. — Ein Brief des Grafen Tisza. Der Führer der libe ralen Partei, Graf Tisza, hat an seine Wähler ein Schr i- bcn gerichtet, in dem er den Kampf der Koalition gegen die Krone als aussichtslos und leichtsinnig bezeichnet. Znm Schlüsse des langen Brieses fordert er auf, zur Deakschen Grundlage znrnckzukehren: das allein tonne den Friede:» bringen. Im österrcichschci» Abgcordnctcnhause trat an» 9. d. M. bei der fortgesetzten Beratung der Wahlreformvor lage Titano (Italiener) für Erhaltung des nationalen Be sitzstandes und Schutz der Minoritäten ein. Verzagnassi er kennt die Eiiisiihrnng des gleichen, geheimen Wahlrechtes als den modernen politischen Freiheitsideen entsprechend und gerecht an. Sylva Taronea (kons.) erklärte, die Wahlrcform- vorlage der Negierung entspreche weder den» von der Re gierung proklamierten Grundsätze der Gerechtigkeit, noch der historische»» Entwickln»»;» nnd werde auch nicht die vom Ministerpräsidenten erhoffte Wirkung haben, »veil diese nur ans der Grundlage nationaler Verständigung zu erreichen sei. Redner tritt für eine Verfassungsänderung im Sinne der Entlastung des Neichrates und der Erweiternng der Kompetenz der Landtage ein. Adler (Soz.) erklärte, die Sozialdemokratei» begrüßen die Vorlage trotz der ihr an haftenden Mängel aufrichtig. Dem Vorredner gegenüber betonte Adler, die Negierung habe die Vorlage nicht so sehr unter dem Drucke der Sozialdemokratie eingebrackst, als »veil sie an den staatlichen Einrichtungen -Oesterreichs ver zweifeln mußte. Die Sozialdemokraten halten ai» ihrer Nationalität fest nnd haben großes Interesse an der Ent wicklung des Staates. Abg. Graf S t ernberg (Radilal- tscheche) polemisierte nnter heftigen Ausfällen gegen die Ne gierung nnd irat für eine radikale Verfassnngsreform im Sinne der Anregungen des Grafen Dzieduszycki ein. Aba. O >» i c n l betonte, daß das einzig richtige Prinzip für die Wablreform eine Herstellung des Gleichgewichtes zwischen slavischen und nichtslavi''chen Mandaten sei»» würde. Tie Verhandlung wurde dann abgebrochen nnd die nächste Sitzung ans Dienstag anberanmt. — Der König der Hellenen konferierte an» 9. d. M. im deutschen Botschafts palais über eine Stunde mit dem Botsckiafter Grafen Wedel. An» Sonnabend kehrt der König nach Athen zurück. Nom. — Der heilige Vater enrpfing die ne»» ernannten fran zösischen Bischöfe, denen sich eine Deichetung der französi- chen Kolonie cmgeschlosscn hatte, in Abschiedsaudienz. Zu gegen »rxlren der Kardinalstaatssekretär und der Kardinal- Mathicu. Letzterer richtete eine kurze Ansprache an Se. Heiligkeit. Zum Schlüsse sagte er: „Wenn »vir alle einig ind, alle geineinsam kämpfen für die Verteidigung unserer »eiligsten Rechte, so werden ohne Zweifel die Dinge inner halb zehn Jahren in unseren» Vaterlands sich geändert baden, und die katholische Religion wird wiederum den Be treis liefern, daß sie aus den Verfolgungen gestärkt hervor- geben und den Sieg behalten wird." In seiner Antwort hob der heilige Vater hervor, -aß Frankreich immer rühm- reich dagestanden habe, so lange es treu zur Kirche hielt; der Verfall nahe, sobald die Religion im Lande verfolgt werde. Er empfahl den Franzosen an, vereint sich unter das Ban- ner der Kirche zu stellen und wacker für sie zu streiten, den Bischöfen, diesen Hauptleuten in der Schlacht, aber den schul digen Gehorsam zu leisten, dann würde der Sieg nicht aus- bleiben. — Der „Osservatore Nomano" veröffentlicht ein Kollektivschreiben des lombardischen Episkopates an den Papst, in dem er ihm seinen Tank ansspricht für seine Worte über das Trennungsgesetz in Frankreich. Hraarrerry — Präsident Fallidres hat Sarrien angeboten, die Bildung des neuen Kabinetts zu übernehmen. Sarrien hat sich vorbel»alten, sich mit seinen Freunden zu beraten. — Die Bemühungen, ein neues Kabinett zustande zu bringen, sind bisher ohne Erfolg geblieben. Niemand scheint Lust zu haben, unter der gegenwärtigen schtvierigen Lage, in der sowohl die innere »vie die äußere Politik Frankreichs sich befindet, das Erbe Nouviers anzutreten. Nach neuester Meldung soll Bourgeois unter Hinweis ans seine Gesund heit den Antrag, ein neues Kabinett zu bilden, abgelehnt haben. Es heißt aber, daß er gegebenen Falles bereit sei, das Portefeuille des Äußeren zu übernehmen, insbesondere in einen» Kabinett, an dessen Spitze der Senator Poincarck steht. Genannt wird neben Bongeois in erster Linie noch Elämenceau und Sarrien. — Znm Sturz des Kabinetts Rvuvier. Es wäre völlig verfehlt, nunmehr ans ein Ende des französischen Kultur kampfes zu rechnen. Es liegt zwar noch keine verläßliche Nachricht vor, welche die Gruppierung der Parteien bei der so überraschend verlaufenen Abstimmung erkennen läßt, aber man wird kaum fehlgehen, wenn man annimmt, daß sich hier wieder eininal die Extreme berührt, das heißt Rechte und radikale Linke die Hand gereicht haben zum Sturze dvs Ministeriums. Der kirchentreue Flügel auf der Rechten ist gegen das Ministerium, weil es zu viel, die radikale Linke ist dagegen, weil ihr Ronvier zu »venig Kulturkampf treibt. Tie weitest rechts Stehenden sind ans Prinzip gegen das Ministerium, die radikale Linke, weil ihr das Ministerium zu „milde", zu „nachsichtig" ist bei Anwendung des Lren- nungsgesetzes. Zn dieser so verschiedenen Fronde gesellen sich dann noch diejenigen, — nnd deren gibt es in der franzö sischen Kammer nicht wenige, — die der Ansicht sind Ronvier. nnd seine Kollegen seien jetzt lange genug Minister gewesen, es sei ai» der Zeit, daß andere, das heißt womöglich sie selbst, an ihre Stelle rücken, um in» Machtgefühl eines Ministers zu schwelgen. — Aus Nom »vird berichtet, daß die Mitteilungen über die Durchführungsbestimmungen des Trennungsgesetzes, so »veit diese bisher vom Staatsrat ausgearbeitet worden seien, in» Vatikan einen sehr schlechten Eindruck hervorgerufen hätten. Falls das Gesetz durch die Durchführnngsbestim- nmngen wirklich noch verschärft werden sollte, würde der Vatikan der Frage der Bildung von Kultusvereinigungeu überhaupt nicht näher treten. Lpariien. — Zur Marokko-Konferenz. Die Erklärung des deut sche»» Vertreters in Algeciras liegt heute im Wortlaute vor. Herr v. Nadowitz sagte, daß seine Negierung keine Ein wendungen erheben würde gegen eine Organisation der Polizei durch Frankreich nnd Spanien in den de»»» Handel geöffneten Häfen unter Garantien, die geeignet seien, die Freiheit des Handels zu sichern. Er forderte eine inter nationale Ueberrvachnng der französisch-spanischen Polizei, ja, im weiteren zur Wahrung der Gleichstellung aller Nationen auf wirtschaftlichem Gebiete „ein Vorgehen, ana log dem in Mazedonien oder China." Tas ist ein Stand- pnnkt, der formell »venig von den» verschieden »st, ans den sich Deutschland von Anfang an gestellt hat. Sachlich ist kein Anzeichen von der ursprünglichen Haltung zu entdecken: Volle Gleichberechtigung für alle Nationen, daher keine Sonderstclliliig irgend eines Staates, welche diese Gleichberechtigung gefährdet. Frankreich und Spanien mögen die Polizei ansübei», aber wir trauen ihnen nicht, und deshalb ist eine internationale Uebertvachnng, an der also auch Deutschland beteiligt sein müßte, nötig. Es »vird dabei ans Mazedonien nnd China hingewiesen. In Maze donien ist eine internationale Polizei organisiert, die unter dem Kommando eines italienischen Offiziers steht und bei der die Delegierten der Großmächte eventuell ein Wörtchen mitzusprechen haben. Was China anlangt, so sind dort be kanntlich nicht nur einzelne Plätze von internationalen Truppen besetzt, sondern es befinden sich sogar in der Haupt stadt europäische, amerikanische nnd japanische Truppen kontingente. Es erscheint kann» wahrscheinlich, daß Frank- reich ans ein ähnliches Arrangement in Bezug auf die Polizcigewalt eingehen »vird, nnd wenn nicht Nadowitz er klärt hätte, er sei bereit, in eine Prüfung des österreichischen Vermittlungsvorschlages einzutreten, würde man auf eine Einigung keinen Deut mehr geben können. — Der öster reichisch-ungarische Vermittlungs-Vorschlag geht dahin, daß in vier Häfen französische nnd in drei spanische Instrukteure angestellt werden sollen, während in Casablanca ein mit Jn- spektionsbefugnissei» über die ganze Organisation ausge- rüsteter Offizier einer neutralen Mackst (Hollands oder der Schweiz) residieren soll. Türkei. — Die Pforte hat das Verlangen der Vereinigten Staaten beiüglich der gesetzlichen Anerkennung aller Missionsanstaltcn nicht erfüllt, indem sie diese von den üblichen gesetzlichen Formalitäten abhängig n acht. Der diesbezügliche Konsiikt scheint sich soinit zu verschärfen. Die Vereinigten Staaten erklärten auch formell, daß sie der dreiprozentigen Zollerhöhnng nicht znstimmen. Sie verlangten ferner die Absetzung des Richters Jussuf Bey in Beirntb. welcher ein Buch publiziert hat, worin die amerikanischen Missionen angegriffen werden. Außerdem wurde auch die Regelung anderer Affären verlangt. Nordamerika. — In der Nähe der Bucht von Lolon auf Manila rat ein Gefecht zwischen Aufständischen und amerikanischen Truppen ffattgefnnden. Die Aufständischen haben 600 Mann verloren, »vährend die Verluste sich bei den ameri kanischen Truppen auf 16 Mann tot, 1 Offizier und
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