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Sächsische Volkszeitung : 19.01.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190601196
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19060119
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19060119
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-01
- Tag 1906-01-19
-
Monat
1906-01
-
Jahr
1906
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 19.01.1906
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Errichtung tvarm befürlvortet hatte. Bei der Vergrößerung deö Kaiser-Wilhelm-Kanals fordert Tr. Arndt, daß die Ver- »valtung desselben an Preußen übergehe. Staatssekretär Graf Posadowsky erklärt, daß sich kein Reick-skanzler hier für finden würde, der dies unternehmen sollte. Erzberger (Zentr.) erhebt gleichfalls Widerspruch gegen einen solchen Vorschlag: wenn Preußen etwas übernehmen wollte, könnte es den Anfang mit den Kolonien machen. (Heiterkeit.) Preußen habe dadurch, daß es die Neichseisenbahnverwal- tung bereits venvalte, schon einen sehr großen Vorsprung. Der Nechnnngshof und die Reichsschuldenverlvaltung seien bereits in Preußischen Händen. Ter Kanal l)abe doch großes Interesse für die Marineverwaltung und dürfe nie in die Venvaltung Preußens übergehen. Tie Redner weiterer Parteien sprack-en sich ähnlich aus. Für das Neichsmilitär- gericht wurde ein neuer Platz gefordert, 110 Mark für das Geviertmeter. Erzberger (Zentr.) wies nach, daß er kürz- lich erst nur 15 Minuten von diesem Platze entfernt für ein katholisches Krankenhaus das Geviertmeter zu 02 Mark ge kauft habe; deshalb beantragt er Aussetzung der Abstim- ! niung. Tie Redner sämtlicher Fraktionen stimmten dem zu. ! Tie Beschlußfassung wurde ansgesetzt, damit ein billigerer ! Platz gesucht werde. — Znr Marokko-Konferenz. Die erste Siyung hinter- j ließ bei allen einen angenctunen Eindruck, da Spanien. > Deutschland und Frankreich übereil,stimmtcii. Rach der ! Rede des Herzogs v. Alinodovar ans der Konferenz von " Algeciras sagte Revoil. dem Malin zufolge: „Ich schließe ' mich den Empfindungen, di? der Herzog v. Almodovar so ! beredt auSgedriickt hat. an und schlag? vor. daß die Kon- " seren; der von ihm so höflich ausocsprochene» Idee bei- ^ stimme und zur Basis der geplanten Reformen das drei- fache Prinzip, der Souveränität des Sultans, der Inte- ! grität des marokkanischen Reiches und der offenen Tür in ! kommerzieller Beziehung, wähle. Diesen Prinzipien schließen sich diejenigen an. die in ökonomischer .Hiiisichi im Pro gramm verzeichnet stehen, das sind Submissionen bei allen öffentlichen Arbeiten und keine Fortgabe ösfeutlici er Per- waltungszweige zu gunsteu besonderer Interessen." Die nächste Sitzung findet am Doimerciag statt. Aas der Tagesordnung stehen die Beseitigung des Wasfenschmnggels und Maßnahmen, um die Ordnung in Marokko zu garantieren. — Die Delegierten der Bereinigten Staaten in Algeciras werden, nach den ihnen erteilten i Anweisungen, sich an der Lonnig der Politischen Probleme ^ Marokkos so gut wie nicht beteiligen, außer daß sie die ! Hoffnung anssprechen, daß. welch? Abmachungen immer ! getroffen werden, den Bereinigten Staaten Gleichheit der § Rechte gewährleistet werde. Die Bereinigten Staaten sind für eine internationale Vereinbarung über die Polizei- Verwaltung Marokkos außerhalb des Grenzgcbieles, für Besserung der religiösen und der ZtandeSver «ältnisse in Marokko und Beseitigung der starken Benachteiligung der Juden. Die Delegierten sind angewiesen, die Vorschläge zu unterstützen, die auf Verhinderung Privater Monopole bei den öffentlichen Berwaltungszweigen abzieleu. Sie werden zu jedem zustandekommeuden Vertrage ihre Unter- " schrift ml ,'i>i',u-<>»<I>,„i geben, während die endgültige Ent- > scheidnng dem amerikanischen Senat überlassen wird. — > Die F:age des Waffenichmn gels wird deshalb zuerst be handelt, weil man hofft, dirüber am ersten zu einem Positiven Einverständnis zu gelangen. Dies würde die Behandlung der übrigen Mrterien erleichtern, die schwierigerer Natur sind. Bei dein allgemeinen aufrichtigen Wunsche, ans der Konferenz einen tatsächlichen Erfolg und Einvernehmen zu erzielen, herrscht Zuversicht auf das G?- ling n wenn auch dic Schwierigkeiten nicht zu unterschätzen sind, da die Gewährung der Handelsfreiheit die praktische VoranSs'tznnq Hst. daß die zu bildende Polizei dem inter nationalen Einflüsse nicht entzogen wird. — Auch an der Berliner Universität wurde das F'ng- blatt verbreitet, von dem unser Leipziger Korrespondent gestern meldete, daß es an der Leipziger Universität an Professoren und Studenten von — Dienstmännern verteilt worden sei. Die Tägl. Rundschau sckrcibt dazu: „Einige Eigenbrödler unter unseren jünasten akademiscbcn Bürgern haben sich eine Unbesonnenheit geleistet, die außer«rdentlich geeignet »st. den Kampf um die akademische Freiheit und gegen die konfessionellen Korporanonen in Mißkredit zu bringen. Da die ullramontane Presse sich der Angelegen heit voraussichtlich mit Begeisterung bemächtigen wird, so geht es nicht an, über den Vcnfall einfach znr Tages ordnung überzugehen, wie es sonst am Platze wäre." Also sonst würde die protestantische P.esse dieses sympto matische Ereignis unerwähnt lassen wenn nicht die kalh. Presse davon Gebrauch machte. Man steckt am liebsten den Kops in den Sand wie der Vogel Strauß und will nicht sehen und hören das Krachen des Gebälkes im Hanse des Protestantismus. Nach uns die Sintflut, rsr die Parole! Die am 17. d. M. nachmittags 4 Uhr von der Lei tung der sozialdemokratischen Partei in Hamburg einberufe- uen acht Volksversammlungen mit der Tagesordnung „Wahlen zur Bürgerschaft" waren von vielen Tausenden be sucht. In den Versammlungen wurden von sozialdemokra tischen Führer» scharfe Reden gegen die Wahlrechtsvorlage gehalten, welche mit lautem Beifall ausgenommen wurden. Tie Versammlungen nahmen einen ruhigen Verlauf. Schon eine Stunde vor Beginn der gestrigen Sitzung der Bürger- scl)aft hatten sich eine nach Tausenden zählende Menschen menge vor dem Nanthanse angesammelt, das in weitem Kreise von einem starten Polizeiaufgebot abgesperrt war. Größere Ausschreitungen und Verletzungen sind nicht vor gekommen. Gegen 10 Uhr abends fand eine größere Men schenansammlung in der Gegend des Fischiiiarttes, des Schopenstehl und der Niedernstraße statt. Viele Straßen- lateriien und Fensterscheiben wurden zertrümmert. Die Schntzmaiilisclxfft, die mit Steinen, Flaschen und anderen Gegenständen beworfen wurde, zog blank. Eine Anzahl Per sonen wurde mehr oder weniger schwer verletzt. — Die Bür gerschaft bewilligte 10 000 Mark zur Unterstützung der not leidende» Tentschen in Rußland und begann sodann die Be ratung des Ansschnßberichtes über den Antrag des Senates betreffend Abänderniig des Wahlgesetzes für die Wahlen zrir Bürgerschaft. Nach dreistündiger Tebatte erfolgte die Vertagung. Tie Reichsknnzlcrerklärung als AgitatiouSmittel. Was man schon am Montag in der Sitzung des Reichstages allgemein ausgesprochen hat, ist bereits eingetreten: die sozialdemokratische Presse benutzt die Stellniignahme des Reichskanzlers zu folgenden Auslassungen: „Der Kriegs- minister nahm den bürgerlichen Illusionären, die da glau ben, das Prinzip des TnellzwangeS sei aufgehoben, diese Einbildung. So nackt und offen wie wohl noch) nie, wurde von ihm Namens des! Reichskanzlers erklärt, daß ein Offi zier, der znin Verbrechen des Duells sich nicht bereit erklärt, ans der Armee fliegt. Diese ministerielle Aufforderung zum Ungehorsam gegen die Oiesetze, znr Mißachtung der „Maje stät des Gesetzes" wurde »och durch die Darlegung über troffen: Freilich verstoße das Duell gegen göttliches und menschliches Oiesetz. Aber mit seinem Gott muß sich der einzelne selbst absinden und die irdische Strafe erhält er zu meist freilich durch Begnadigung verschönt. Dieselben Ent- schnldigungsgrnnde könnte jeder Verbrecher für sich geltend machen. Tie bürgerlichen Parteien waren über diese, dem gesetzesverachtenden Standpunkt der feudalen herrschenden Klasse durchaus entsprechenden Erklärung bestürzt. Und gar noch vor dem 21. Januar, klagte Stöcker, muß solche Er klärung kommen! Mit Fug und Recht konnte Bebel be- banpten, daß durch diese zu Gewalttätigkeiten auffordernde Erklärung der Reichsregiernng der Aufklärung ein guter Dienst geleistet wird. Die herrschende Klasse ist es, die selbst durch den Mund des Reichskanzlers erklären läßt ans zur Gewalt, wer nicht zu gesetzwidrigen Gelval tttistigkeiten be reit ist, kann nicht Offizier bleiben, wer den Dnellnnfng wirksam bekämpfen will, muß seine Wurzeln, den Feudalis mus und die Klassenherrschaft bekämpfen. Wer aber, wie Zentrum und Freisinn, die Klassenherrschaft und den Feuda lismus von Tag zu Tag stärkt, hat kein Recht, sich darüber zu wnnderii, daß die Folgeerscheinungen der Klassenherrschaft wachsen und gedeihen. Wird der neue Herr Jnstizminister die Aufforderung zu Gewalttätigkeiten, wie sie von der Ne Weiin auch der Verdacht ans absichtliche Täuschung hinsicht lich dieser Stigmatisation die größte Wahrscheinlichkeit für sich bat und i» einzelnen Fällen sogar erwiesen ist (ver gleiche die Zusammensetzung von Pauli in den Schmidtschen Jahrbüchern 1870), so kann doch die Möglichkeit derartiger Krankl,eitsvorgänge im Hinblick auf die neueren sicher gestellten Erfahrungen über vasomotorische resp. ersndative Wirkungen hypnotischer Suggestionen nicht völlig bestritten tnerden «vergleiche vor allem die Untersnclmngen von Jen- drassit Verein der Aerzte zu Budapest, 1880, — Mabille — .Xi-, l>. ,1i> »<>»i,»I.. 1880 — n. a.). Tie einseitige Rich tung der Vorstellung im Verein mit pathologisch gesteigerte» intellektuellen Gefnblstönen ist das psychogene Moment der artiger hysterischer Stigmatisation, deren Entstehung bewußt oder auch unbeabsichtigt durch örtliche Reizungen (bei der Luise Latean mit den Fingern und mit einem Tnck)c s??j) gefördert worden ist" (a. a. O. S. 580). Indes die Stigmatisation besteht doch nicht bloß im Blut chweiß, sondern es bandelt sich um Wunden, und es bliebe also immer »och zu erklären die Eristenz der Wunde, ohne daß iie durch Eiterung sich verschlimmert oder auch die sich bei entsprechender Bebandliing nicht heilen ließe. Und waren denn alle diese Stigmatisierten Hysteriker? Man erinnert an die Oedem- (Gewächs)-bildnngen bei Hysterie, wodurch schließlich Hantgangrän bewirkt wurde, welche Schorfe absetze und oft Geschwürsflächen znrücklasse. Aber gerade bei der Hantgangrän (Gangrän — Brand) malmt BinSwanger (a. a. O. 580) znr größten Vorsicht und erinnert an eine Beobachtung, bei welcher sich an den ver- schicdensten Körperstellen Hantnccrosen und nlceröse (eiter-) Prozesse im Verlauf der .Krankheit gefunden wurden, und bemerkt dann. „daß es sich hierbei um Artefakte (künstliche hervor- gerufene Gebilde) handelte, ist wohl kaum zweifelhaft, trotz dem die Patientin direkt nicht überführt wurde. Es ist bemerkenswert, daß die Hantaffektionen unter strenger klinischer Kontrolle immer ausheilten und „Uaoickivv" (Rückfälle) in der Zeit eintraten, während welcher die Patientin zu Hause weilte. Die Annahme künstlich (durch ! Aetznngen?) herbeigeführter Hantverletznngen wird durch ^ andere TänschnngSversnche der Patientin wesentlich ge- § stützt." Warum haben die Vertreter der Wissensck-aft, die doch ^ sonst alles untersuchen, nicht auch die verschiedenen „Stig matisierten" der letzten Jahrzehnte zum Gegenstand ein gehender kritischer Untersuchung gemacht? Wir sind der Meinung, der wissensclxiftlichen Forschung wäre durch ein solches kritisches, strenges Untersnchnngsverfahren besser gedient, als durch ein vornehmes Absprechen oder Witzeln über mittelalterlichen Aberglauben. Auch BinSwanger spricht einmal von einer nur schein bar überwundenen religiös-mystischen Denkweise als dem geeignete» Nährboden für hysterische Epideniien und meint, diese werden besonders an den Orten anftreten, wo die Be- völkernng von den großen Verkehrsstraßen abgeschlossen in mittelalterlichen Ansclxmiingen verharrt und den ererbten Aberglauben hartnäckig pflegt (S. 71). Die Forderung einer strengen Untersuchung gilt selbst- redend auch in vollem Umfang von den Heilungen in Lour- des. Sonst registriert doch die Medizin alle möglichen Krantbeitsbilder und Krankengeschichten, warum nicht auch diese Heilungen und Krankengeschichten in ihrem gan- zen Verlauf vor, aber was nicht minder wichtig wäre auch nach der Heilung, ob nicht etwa ein Rückfall eingetreten. Man verweist ans die bei der Hysterie vorkommenden Läh mungen, Kontraktionen lind der dabei eintretenden Atrophie des Muskels lMnskelschwnnd), um manche wunderbare Heilung natürlich zu erklären. Aber man übersieht dabei, daß es sich bei diesen vielfach, nicht immer, um plötzliche Heilungen handelt. Religiöse, dogmatische Interessen sind mit allen diesen „Wundern" nicht verbunden, denn der Katholik kann über diese Heilungen denken, wie er will. Die Medizin aber kann sich gegen den Vorwurf nicht verteidigen, ein weites Gebiet, wie sie meint, neu ropat Hologi scher Casuistik grundsätzlich und absichtlich vernachlässigt zu haben. gierung heute proklamiert sind, verfolgen? Nein, eine Klassenjustiz kann nicht gerecht sein. Nur unterlasse der Herr Justizminister mitsamt seinen Kollegen nach der heutigen Sitzung die Wiederholung der beliebten Redensarten über eine unparteiische Justiz, es sei denn, sie geizen nach dem Ruhm, von allen Seiten vor, am und nach dem 21. Januar auSgelacht zu werden." Wir haben absichtlich diese Aus- lassung des „Vorlvärts" hierhergestellt, damit mau auch in unseren Kreisen sieht, wie eine solche Maßnahme wirkt. Die Sozialdemokraten haben wieder einmal dass gewohnte „Schweineglück" gehabt. Sie hatten ja keine zugkräftige Parole für ihre Demonstration: jetzt ist sie da und sogar reckst zugkräftig. Die Sozialdemokratie lebt so vielfach von den Fehlern der Regierung: aber einen solchen fetten Hasen hat ihr noch niemand in die Küche gejagt wie Fürst Bülow! Da mag er Hunderte und Tausende von Reden gegen Bebel halten, die Töpfe, die er gestern einschlug, kann er nicht mehr znsammenbinden: sie sind einfach verloren. Nur die be dingungslose Rücknahme dieser Erklärung könnte noch in etwas die Sache ins Geleise bringen. Aber das geschieht nickst, weil ein noch Höherer dahinter stehen soll! Für uns bleibt nichts anderes übrig, als daß die Antiduelliga eine recht große Ausdehnung gewinnt: wer es machen kann, trete in diese einl 10 000 neue Mitglieder würde die erste und beste Antwort auf die ganz und gar unerfreuliche Reichs- kanzlererklärnng sein. — Ter Äbg. Sartorius hat sein NcichStagsmaridat nicht niedeigelegt. Pfälzische Blätter berichten ans sein Verlangen, daß er lediglich die N.«'Verlegung ai gekündigt Hai! Es beißt, Herr Sartorius wolle sein Mandat r och behalten, bis sich die in fernem Wahlkreis si.r der, Wahl- ausfall in Betracht kommenden bisher i§en Kampnmiß- Parleien, die Nationalisteialen und die freisinnige VolkS- partei über einen Komprvmißkandidate» schlüssig cyn acht haben, ü«r ebenfalls der Freisinnigen Volkspartei an- g«hört. Herr Scnioriuc- wolle das Mandat für s«ine Partei retten —Das wird dem Heran keniersallr gelingen, da die freisinnige Partei nur in wenigen Excn p!a >n -m Wahlkreis vertreten ist und die Rationellster«."«» fick'nach den gemachten Erfahrungen dafür bedanken werden, vor den Wagen des Weinpansck'ers gespannt zu werden. — Ter „Wegweiser zum Zukunftsstaat" hat sein Er scheinen eingestellt: die Genossen finden also den Weg nicht mehr und müssen nun wieder dem holden Paar Stadthagen niid Luxemburg folgen. Die „perfide Art des persönlichen Angriffs!", die der „Vorwärts" gegen dieses nützliche Unter nehmen beliebte, hat ihm den .Hals gebrochen. Die Genossen müssen also bis ans weiteres ohne „Wegweiser znm Zu- tunftsstaat" durchs politische Leben tappen. Die letzte Niliimier bietet noch einige Perleit, die wir unseren Lesern nicht vor enthalten dürfen. Gerhard Claudius hat sich einen Vortrag der „blutigen Rosa" mit angehört, fand sie aber „recht sanft, sehr sanft sogar, so daß von der Blntglorie, mit der sie umwoben wird, wirklich mir ein sanftes Morgen rot übrig blieb. Unangenehm wurde Rosa nur, als sie in einer persönlichen Bemerkung einen Anarchisten abwehrte, der in seiner Erregung, in seiner wirklichen Begeisterung für seine Ideen ihr gegenüber etwas zu weit gegangen war. Die sozialistischen Führer scheinen eine merkwürdige und unver ständliche Nervosität gegenüber den Anarchisten an den Tag zu legen, da sie es für nötig halten, die vielfach sehr berechtigten und wahren Ausführungen derselben in höhnischer Weise vielfach, damit zu widerlegen, indem sie dieselben persönlich läckrerlich machen. Das wenig schöne Benehmen gegenüber den Anarchisten ist uns schon ver schiedentlich bei sozialdemokratischen Führern ausgefallen, n. a. auch beim Genossen Reichstagsabg'eordneten Ledebour, ebenfalls in Anlaß einer Tebatte über den Generalstreik resp. den politiscl)en Massenstreik. Da man im offiziellen sozialdemokratischen Lager die anarchistische Bewegung für so unbedeutend hält und als eine der Sozialdemokratie ab solut unschädliche Sache betrachtet, erscheint es unbegreiflich, warum die Empfindliclsteit, oder will man damit vielleicht das nicht ganz reine Gewissen beschwichtigen." Die letzte Nummer enthält aber noch die interessante Mitteilung einer Fra» Professor Rellah, daß bei dem Brandenburger Partei tage an die Delegierten blaue Aktendeckel mit je einein weißen Dogen Papier zu Notizen verteilt wurden. „Diese Verschwendung!" jainnierte sie. „Aber wenn schon, warum dann nicht wenigstens blutrote Aktendeckel und nicht blaue, wie ma» sie bei jeder Anfsiclstsratssitzung sieht." Alles in allem! die Genossen dürfen nur lesen, N>as der Parteivor- stand ihnen bietet. Te'terreirb-Unqarn. — Eine Umbildung des Ministeriums steht bevor. Und zwar soll es sich nin die Ernennung eines" deutschen und eines tschechischen Landsmailniiiinisters handeln, als welche der Obmann der deutschen Volkspartei, Derschatta, bezw. der tschechische Abgeordnete Pacak in Aussicht genommen seien. Die nächsten Tage dürften Aufklärung hinsichtlich dieses Gerüchtes bringen, das von anderer Seite für unbe gründet erklärt wird. — Unter dem Vorsitze des Ministers des Äußeren fand gestern eine gemeinsame Ministerkonferenz statt, in welcher die in der Angelegenheit der Handelsver- tragsverlxmdlnngen mit Serbien und Bulgarien sich aus der Lage ergebenden Beschlüsse einstimmig gefaßt wurden. Der Konferenzbeschliiß geht dahin, von Serbien das Fallenlassen der Zollunion mit Bulgarien zu fordern, im Weigerungsfälle alle Verhandlungen mit Serbien abzu brechen nnd sofort die veterinärpolizciliche Grenzsperre gegen Serbien zu verhängen. Diese Drohung dürfte die Schweinezüchter jenseits der Donau gefügig machen. Die bulgarische Negierung hat ihre Zollbehörden angewiesen, Herkünfte aus Ocsterreick>-Uiigarn bis auf weiteres nach dein Grundsätze der Meistbegünstigung zu behandeln. Ebenso ist der bulgarischen Negierung von Oesterreich-Ungarn die Er klärung zngegangen, daß Herkünfte aus Bulgarien in Oesterreich-Ungarn bis auf weitere sin gleicher Weise be handelt tvcrden. — Ueber die Wahlen ist bis Donnerstag 1 Uhr mor gens folgendes Ergebnis eingelaufen: Es wurden gewählt 171 Liberale, 27 Vertreter der Arbeiterpartei, 73 Unionisten, 50 Nationalisten. Die Liberalen gewannen 87, dic Arbei- terpartci 21, die Unionisten 2 Sitze. — In West-Birming-
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