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Vorwurfes fällt somit auf diesen treuen Freund selbst. Man Kat bei den Beratungen selbst vielfach den Eindruck, als seien die Regierungsvertrcter unter sich selbst nicht einig. — Die Zeatrum-fraktiou des Reich-tuze« üerät von Mittwoch ab die Reichserbschaftssteuer in ihren Einzelheiten, alle Gerüchte über eine frühere Stellungnahme dersrlsen sind somit uniichtig. — Da- Abflauen de- siidwestafrikanischeu Aufstaude ist ein höchst erfreuliches Zeichen, dadurch ist eS dem Reichstage möglich, die Gelder für diesen unglücklichen Aufstand mehr zurückzuhalten. Die Regierung fordert jetzt noch zur Unterdrückung desselben rund 130 Mil!. Mark sie will noch mindestens für 1 Jahr alle 14 000 Mann in der Kolonie belassen. In der Mitte der Budgetkommisston besteht sehr wenig Neignna, cust diese Pläne «i,zugeben. — Das preußische Abgeordnetenhaus setzte am Mitt- woch die Beratung des Justizetats fort. Ter Zentrums abgeordnete Faltin forderte, wie schon vor Jakren, auch jetzt wieder die Gleicksttellnng der Gerichtssekretäre mit den Venvaltnngssckretären und batte den Erfolg, daß der nene Justizininister eine neue Prüfung der Angelegenheit zusagte. Der Abgeordnete Hoh eiset (Ztr.) wünschte eine Ver mehrung des Gottesdienstes in den Gefängnissen und die Erhöhung des Bibliothekfonds in demselben. Von seiten der Regierung wurde eine zusagende Antwort gegeben. Graf Ballest rein tZtr.) wünschte in den zweisprachigen Gegenden Vermehrung der Tolinetsck^er. Eine Reihe von lokalen Wünschen folgte. Ter Etat der Bauverwaltnng gab Tr. T a h l e in (Ztr.) Veranlassung, Sonntagsruhe in den Häfen von Duisburg und Nnhrort zu fordern. Ter konservative Abgeordnete v. Pappen hei in erkundigte sich nach dein stand der Schifsahrtsabgaben und erhielt vom Minister v. Bndde die Antwort, daß die Regierung die im Kanalgesetz übernommenen Pslichten ansführen würde, wo- bci die Abgeordneten Brömel und Funk (frs. Ver.) ihre alter Bedenken wieder vorbrachten. Tie Einigung der Liberalen sollte am Sonntag nm einen guten Teil vorangekommen sein: aber jetzt macht be reits das Organ der freisinnigen Volkspartei ein.n dicken Strich durch die Rechnung, indem es schreibt: „Unter der Ueberschrist „Tie Einignng der Liberalen" teilt die Mon- tagsansgabe des „Berl. Tagebl." ein Einignngsprogramm mit, welches durch Telegierte der beiden freisinnigen Frak tionen und der süddeutschen Voltspartei znm Zwecke der Bildung eines „liberalen Blocks" vereinbart sei. Tiese Mit teilung ist, wie uns vom Vorsitzenden des Zentralansschnsses der Freisinnigen Volkspartei erklärt wird, nicht zntressend. Tie Leitung der freisinnigen Volkspartei hat von solchen Verhandlungen keine Kenntnis und die Fraktionen der Par tei sind nickt durch Telegierte bei derartigen Vereinbarun gen beteiligt gewesen." Also wieder nichts! Auffallend ist es nur, wie man ein solcl-es Programm anfstellen kann, wenn eines der beteiligten Faktoren von demselben gar nichts wissen will. Tie Nationalsozialen scheinen hier die treibenden Kräfte gewesen zu sein, also gerade feile, die bei der freisinnigen Volkspartei am unbeliebtesten sind. Aber das ausgestellte Einignngsprogranini findet auch nicht die Billigung der „Freien deutschen Presse", diese meint viel mehr: „In der Hauptsache besteht das Einignngsprogramin der freisinnigen Vereinigung ans allgemeinen Sätzen, die in ihrer Allgemeinheit nicht zu bestreiten sind, mit denen aber in der praktischen Politik wenig oder gar nichts anzu- fangen ist. Gerade diejenigen Fragen der Politik, die jetzt - und wohl auch für das nächste Jahrzehnt — im Vorder grund der Erörterung steben, sind in dem Programm nicht erwächst, sondern nur in schattenhaften Umrissen angedentet, So ist von der Kolonialpolitik mit keiner Silbe die Rede. Auch in bezug ans Heer und Flotte kommt das Programm über Allgemeinheiten nicht hinaus. Sogar zur Frage der Festsetzung der Präsenzstärke wird keinerlei Stellung geno>i- meil. Man sieht also, daß es noch geranme Zeit dauern wird, ehe auch nur ein solches Einignngsprogramm An nahme findet, mit dem Programm selbst ist es aber bekannt lich noch lange nicht getan. Tie Freisinnige Vereinigung hat sich mit den Nalionalsozialen „geeinigt" und seither ist heftiger Streit im eigenen Lager. Die treibende Kraft hin ter diesem neuen Programm ist der Knltnrkämpfer Tr. Müller Meiningen, der gern einen deutschen „Bloc" hätte. Es ist ganz zweifellos, daß das Zentrum sich bei den nächsten Reichstagswahlen einem solchen „Bloc" gegenüber befinden wird: darüber täuschen wir uns gar nicht, und cs muß schon setzt in unseren Reihen auf diese Eventualität hingewiesen werden, damit wir durch Einigkeit stark bleiben. Wenn vorerst auch die „Einignng" noch nicht zu stände kommt, bei den Wahlen besteht diese gegen das Zentrum so sicher als etwas. Peinliches Aiifschrn erregten seinerzeit Mitteilungen, die der Spiritistensührer Tr. Egbert Müller in Berlin über angeblich enge Beziehungen der Berliner Kriminalpolizei znm Spiritismus machte. Seitens der Berliner Kriminal> Polizei wurde die Nichtigkeit der Müllerschen Ausführungen abgelengnet. Dieser Tage nahm nun Dr. Müller Gelegen heit. noch einmal das Thema „Spiritismus und Kriminal polizei" zu besprechen. Er trat der Erklärung der Kriminal polizei entgegen und berief sich znm Beweise der engen Be- ziehungen der Kriminalpolizei znm Spiritismus auf das Zeugnis des Kriminalkommissärs v. Treskow und anderer höherer Kriminalbeamten. Ter verstorbene Kriminal inspektor von Meerscheidt Hüllesseni habe tatsäMich sich an Tr. Müller gewandt, uni den Mörder der Frau Wende mir Hilfe des Spiritismus zu entdecken. Von der nächtlichen Sitzung auf dem Grabe der Ermordeten habe man nur ans Furcht vor der Lächerlichkeit Abstand genommen. Dagegen habe die Kriminalpolizei die Hilfe zweier „Psychographen' in Anspruch genommen und einen Mann, den die Geister- schrist dieser Leute als den Mörder bezeichnet», längere Zeit beobachtet. — Auch über den Spiritismus am kaiserlichen Hofe erzählte Dr. Müller manches Pi kante. Bei der Besprechung von Erscheinungen erwähnte er nebenbei, wie ihn der diensttuende Zeremonienmeiskr des Kaisers um eine Sitzung ersucht liabe; Tr. Müller deutete an, daß dies oft vorkomme. Der frühere Minister v. Putt- kamer habe ihm erklärt: „Wir wissen ja, daß in der nächsten Umgebung des .Kaisers der Spiritismus sehr beliebt ist, aber man kann den Spiritismus doch nickst mit Staats mitteln unterstützen." — Dr. Müller verlangt nämlich die Errichtung eines — Lehrstuhles für Spiritismus an der Universität. Auch wenn man von der Glaubwürdigkeit der Erzählungen des seltsamen Berliner Spiritistenführers nur eine geringe Meinung hat, wird man wünschen, daß seine Behauptungen bald und energisch widerlegt werden. — Der Toleranzantrag der Zentrumsfraktion des Reichstages. Das von dem Abgeordneten Erzberger her ausgegebene Werk in den Stimmen aus Maria-Laach vom bekannten Kirchenrechtslehrer U. Laurentius besprochen; hierbei finden sich folgende Stellen: „Der Toleranzantrag lxst manche Angriffe erfahren. Den Gegnern stehen zu ihrer Verteidigung einige Schriften und zumal eine Reihe von Artikeln der Zentrumspresse gegenüber. Eine umfang reichere, systematische Arbeit über die Toleranzanträge, die Beratungen darüber im Reichstage und die in Betracht kom menden bisherigen staatskirchlichen Gesetze und deren Au- weirdungen bietet aber erst das Buch: „Ter Toleranzan trag." Als Aufgabe des Buches bezeichnet M. Erzberger ein Zweifaches. Einmal soll das Werk ein Führer sein für solche, welche dem katholischen Volksteil in Versammlungen die gewünschte Aufklärung über den bedeutsamen kirchen- politischen Antrag zu geben berufen sind. Tann soll das Buch die weitverbreiteten irrigen Anschauungen über den Toleranzantrag zerstreuen und dartun, wie durch Annahme desselben ein dauerndes Fundament für den dem deutschen Reiche ,so notwendigen konfessionellen Frieden geschaffen wird. Ter allgemeine Teil behandelt in sechs Büchern den Begriff der Toleranz, die staatliche Toleranz der deutschen Bundesstaaten, die Vorläufer des Toleranzantrages, den Toleranzantrag der Zentrumsfraktion des deutschen Reichs tages. Hier findet sich eine übersichtliche Nebeneinander stellung des ursprünglichen Entwurfes, der Komniissions- und Reichstagsbeschlüsse. Tas fünfte Buch bespricht die Einwände gegen den gesamten Toleranzantrag, das sechste endlich verzeichnet die Erfolge des Toleranzantrages. Ist der Antrag auch bislang nicht zum Gesetz geworden, so hat die öffentliche Besprechung schreiender Mißstände doch ein zelne Bundesstaaten veranlaßt, eine zum Teil freilich reckst bescheidene Besserung der Landesgesetze anzubahnen. Der zweite, spezielle Teil des Buches erläutert die einzelnen — vierzehn — Bestimmungen des Toleranzantrages. Tie Erläuterung geschieht durchweg in der Anordnung, daß zu nächst die verschiedenartige landesgesetzliche Regelung des Antrages des betreffenden Punktes dargelegt wird, woran sich die Fassung des Antrages, deren Entstehung und Ent wickelung zum jetzt vorliegenden Wortlaut anschliesst. Ter Zugang zu dem reichen Inhalt des Buches wird durch ein alphabetisches Personen- und Sachregister erleichtert. Zur Ausklärung der weitesten Volkskreise über die Notwendig keit des Toleranzantrages ist neben dem Werke eine kürzere Schrift erschienen, welche die Intoleranz in einigen deut schen Bundesstaaten darstellt und den Wortlaut deS Tole ranzantrages enthält: Der Toleranzantrag der Zentrums- frattion des Reichstages von M. Erzberger. Sonderab- drnck ans dem Werke desselben Verfassers über den „Tole- ranzantrag der Zentrumsfraktion des Reichstages". (54) Osnabrück 1900. Verlag von Bernhard Wehbcrg. Preis 25 Pf. Jüngst wurde eine Schrift des Jenenser Super intendenten Dr. Braasch gegen den Toleranzantrag, wie die „Geraer Zeitung" berichtete, vom durchlauchtigsten Regen ten von Reuß ä. L. den Kirchen- und Schulvorständen des Landes zur Verfügung gestellt. Wir können uns nur dein Wunsche Erzjbergers anschlicßen, man möge nun seiner Schrift für den Toleranzantrag das gleiche Wohlwollen zu teil werden lassen, gemäß dem deutschen Worte: „Eines Mannes Rede ist keine Rede, Mai: soll sie hören alte beede." Jos. Laurentius t-v .7." Wir können das Buch zu Vorträgen in katholischen Ver einen nur bestens empfehlen. — Der sozialdemokratische Parteisondö hat im Monat Januar eine Bereicherung von rund 146 000 Mk. erfahren! Hierzu trugen die geschäftlichen Unternehmungen, der vierteljährliche Gewinn aus dem Verlage des Vorwärts und des Wahren Jakob 42 000 Mk. bei. Aus privaten Mitteln, deren Spender mit AVE und THZ bezeichnet werden, floß die Kleinigkeit von «0000 Mk.. aus Berliner Organisationen 18 500 Mk.. der Nest verteilte sich auf kleinere Beiträge. Immer wieder stellen wir die Ovfcr- frendigkeit der sozialdemokratischen Partei in ihren einzelnen Mitgliedern, die auf einem Brett 80 000 Mk. für das Parteiiuteresse darbringen, wie die Bereitwilligkeit der großen Massen zu Partsibeiträgen den bürgerlichen Parteien als nachahmnngswürdigcs Beispiel hin. können aber auch nur wiederholt feftstellen. daß die sozialdemokratische Partci zwar die reichste, über unerschöpfliche Geldmittel ver fügende ist. sich aber ängstlich hütet, mit ihren Schätzen der gerade von ihr als Agitation benutzten Notlage dieser oder jener Arbeitergrnppe aufznhclfen. Solltet! nicht die Katho liken sich diese Opf> rfreudigkeit für Presse und Agitation zum Vorbild nehmen? — Unfallgefahr in der Landwirtschaft. Nickst nur die Lohnarbeit in der Industrie, sondern auch in der Landwirt schaft weist nach den dem Reichstage vorgelegtcn Nechnungs- ergebnissen der Bernfsgenossensckxstten für das Jahr 1904 eine steigende Unsallziffer ans. Stieg dock) die Zahl der landwirtsckxiftlichen Unfälle, für welche das erste Mal Ent schädigung gezahlt wurde, von 62 397, gleich 5,58 pro 1000 versicherte Personen im Jahre 1903 auf 66 003 gleich 5,90 pro 1000 versicherte Personen im Jahre 1904. Nun gibt es zwar bei gewerblichen sowohl wie bei landnstrtschaftlichen Berufsgenossenschaften mehr oder weniger Unfallverhü- tnngsvorschriften, aber sic werden zu wenig beobachtet. Das liegt einerseits an der vielfach hastenden eintönigen, das Ge fühl für die großen Gefahren abstumpfenden Arbeitsweise, andererseits in der mangelnden Beaufsichtigung der land- wirtsckxsttlichen Betriebe durch die Bcrufsgenossenschaften. Hierfür tvandten die 48 landwirtschaftlichen Bernfsgenosscn- sckmften mit 4 658 892 Betrieben und 11 189 071 durch schnittlich Versicherten im Berichtsjahre 1904 ganze 24 097.85 Mark auf, »vährend die 66 gewerblichen Berufs- genosseuschgften mit 619 419 Betrieben und 7 849 120 Ver sicherten in derselben Zeit für die BetricbSübexwachung 1 030 344,41 Mark verausgabten. Die Ausgaben für die Betriebsüberwachung in der Landwirtschaft verteilen sich auf zehn Berufsgenossenschaften, während die übrigen 38 land wirtschaftlichen Berufsgenossenschaften hierfür nichts aufzu- wenden für nötig hielten. Anscheinend infolge dieser man» gelnden Uebcrwachung hat man auch nicht für nötig gehal- ten, sich in große Unkosten zwecks Erlaß von Unfallverhü- tuugsvorschriften zu stürzen. Es ist daher dringend zu wünschen, daß die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaf, ten mehr wie bisher auf den Erlaß und die Ueberwachung von Unfallverhütungsvorschriften durch besondere Beamte Wert legen. Wenn dadurch die Zahl der Unfälle in der Landwirtschaft verringert oder wenigstens ein weiteres Stei gen verhütet wird, so haben von den dann ausfallenden Un kosten die Landwirte selbst den meisten Vorteil. Oesterreich Unflar«. — Ter als Kanzelredner und Dolksschriftsteller be kannte und beliebte Redemptorist I*. Georg Freund ist in Wien im 57. Lebensjahre Plötzlich gestorben. An dem Leichenbegängnisse nahmen u. a. der Erzbischof Dr. Teodora- wicz, die Fürstbischöfe Doktor Napotnik, Endrici, Schuster, die Bischöfe Mayer und Doubrawa und eine große Menschen menge teil. — Das Amtsblatt veröffentlicht eine Verordnung der ungarischen Negierung, in der es heißt: Se. kaiserliche apostolische und königliche Majestät haben den mit dem Deutschen Reiche am 25. Januar 1905 abgeschlossenen neuen Handelsvertag (Ergänzungsvertrag), sowie die dazu ge hörige Erklärung und die am selbigen Tage abgeschlossene Veterinär-Konvention ratifiziert. Andererseits aber habe die Königl. ungarische Negierung die nahe Gefahr der schweren wirtschaftlichen Krise erwogen, die in dem Fall über das Land Hereinbrechen würde, daß unsere Außen handelsbeziehungen zum Deutschen Reiche voin 1. März ab ungeregelt blieben, und läßt sie im Hinblick auf den Still stand der Tätigkeit der Gesetzgebung den mit dem Deutschen Reiche abgeschlossenen neuen Vertrag die hierzu gehörige Erklärung und die ertvähnte Veterinär-Konvention auf Grund einer allerhöchsten Entschließung und in Erwartung der nachträglichen Zustimmung der Gesetzgebung im Wege dieser Notverordnung am 1. März hiermit ins Leben treten. '— Sämtliche Koalitions-Parteien hatten beschlossen, am Mittwoch keine Sitzung im Parlamente abznhalten. Am Schlüsse der Konferenz, in der der Beschluß gefaßt wurde, sprach Kossuth: „Obwohl die Brachialgewalt unserer Eigen schaft als Abgeordnete tatsächlich ein Ende bereitet hat, ver bleiben uns doch unsere bürgerlichen Rechte und diese aus- znnützen, ist unsere Pflicht. Es ist meine feste lieber- zengnng, daß alles, was jetzt geschieht, das Grab der 67er und den Triumph der 48er Idee vorbereitet." — Nor dem Parlament tvaren am Mittwoch vier Kompagnien In- fauterie und eine Eskadron Husaren ausgestellt. Polizei bewachte die Lore des Parlaments. Eine große Zahl Neu gieriger trat sich dortselbst angesammelt. Es wurde nie- mandem der Eintritt in das Parlament gestattet. Rom. — Im gestrigen Konsistorium hielt der Papst eine Ansprache, in der er nach kurzer Zusammenfassung der in der Enzyklika vom 11. d. M. enthaltenen Schlußfolgerungen und Motive wieder vor den Kollegien der Kardinale das Treniumgsgesetz in Frankreich verurteilt. Es beleidige den Gottcsgedanken, sei entgegen der göttlichen Verfassung der Kirche, verletze die Freiheit und das Reckst der Kirche und verstoße gegen die Gefühle des heiligen Stuhles, des Epis- topats, der Geistlichkeit und der französischen Katholiken und verletze auch infolge Bruches des Koutördcsts das Völker recht. Tie Ansprache schließt mit der Aufforderung an die katholischen Franzosen, die Religion zu verteidigen in der Hoffnung auf bessere Zeiten für ihr Vaterland. Arankreirtt — In der Kammer verlas Nouvicr eine umfassende Botschaft des neuen Präsidenten. Sie konstatiert n. a. die Festigkeit des republikanischen Regimes. An eine Ver minderung der Armee sei nickst zn denken. Bezüglich der austvärtigen Politik heißt es bloß: „In ihrer austvärtigen Politik, die von Gradheit, Erleuchtung und Mäßigung, nicht minder aber auch von Festigkeit geleitet wird, gibt da nicht die Republik in ihrer andauernden Treue gegen ihre Freunde und Verbündeten ein Beispiel, um welchen Preis sie herzliche Beziehungen mit allen Mächten zu erhaltet» sucht?" Im übrigen verherrlicht sie die Grundsätze der De- mokrcstie. — In der Vormittagssitzung beriet die Kammer die Vorlage betreffend die Altersversicherung der Arbeiter. Jules Roger wies nach, daß der Gesetzentwurf auf hypo thetischen Berechnungen beruhe, und beschwor das Haus, leine unnützen Kundgebungen zn machen, die bedauerliche Folgen für das Nationalvermögen haben würden. — Tie gesetzlichen Inventar-Aufnahmen sollten am Mittwoch in 27 Pariser Kirchen vorgcnommen werden. Ziemlich viele Gläubige, von denen mehrere die Nacht iir den Kirchen zngebrackst hatten, tvaren anwesend. Die Pfarrer verlasen Protesterklärungen gegen die Jnvcntari- siernng, die dann auch nur in einigen Kirchen ausgeführt werden konnte, während in anderen die Finanzagenten sich, ohne daß es zu ernsten Zwischenfällen gekommen wäre, vor dem Widerstande der Gläubigen znrückzogen. Ms jetzt wird nur von einer unbedeutenden Rauferei in der Kirche St. Louis cn Lille gemeldet. — Früh erschien ein Regierungskommissar auf dem dickstbesetzten Platze vor der Kirche Notre Dame de Victorie und wurde dort mit ironischen Zurufen empfangen. Der Kommissar wird seinen Besuch später wiederholen, ohne sein Erscheinen vorher anzukündigen. In der Chaillot-Kirche, nächst dem Triumphbogen, führte der greise Akademiker und Deputierte Graf Mun die zur Kundgebung vereinigte Menge. Der Graf hatte in der Kirche übernachtet. Auch hier verlieb der Kommissar unverrichteter Sache den Kampf- Platz. — In der Deputiertenkammer sprach Rouanet von den Grausamkeiten, die iyi Jahre 1903 am Kongo begangen worden seien: er behauptet, daß in einer Gegend 20 000 dis 30 000 Eingeborene niedergcmackst worden seien. Er führt verschiedene Vorgänge an, für welche er die Verant wortlichkeit dem Gouverneur Gentil zuschreibt. Er greift