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Sächsische Volkszeitung : 02.03.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-03-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190603025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19060302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19060302
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-03
- Tag 1906-03-02
-
Monat
1906-03
-
Jahr
1906
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 02.03.1906
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50. Freitag, den s. März 1V0V. s. Jahrgang. KWsche Aolkszeitung ü«adl»r«gjger tagrvlatt s. wsdrdeit. siecbt u. freideil. z ML». .'> ' - - ^' '' »» >>->» ^ HNIKiitzee «t»af-e 4». — Aernwr-'Ler Pr. U«V. »Ktzeml »««»ich ,«»«. uiU «u«riahme der «am,, u. F.Mage,1, ^ ü«sdl»r«gige§ c-gevian f. wadrdett. «rcdt u. freidett. Inserat« «erden di» Saeipait. VetitzeUe oder deren Raum mit LS Pi. berechnet, bet Wiederholung bedeutender Rabatt, «»«d rackeret. R.dattt»» ,»d »esch仫sfte«e, », Pllkittze» «traf-e 4». — Kernwri-cher Pr. liNM r. Die Antisemiten. »Was tun die Hohenlohe?" fragt ein bekanntes Schlag- wort, und die Antwort lautet: „Sie teilen sich in sieben Linien!" Aehnliches kann man von den Antisemiten sagen! Keine Partei ist so klein und so bunt gemischt; höchstens ihre Antipoden, die freisinnige Vereinigung, können hierin noch in Konkurrenz treten. Derzeit aber befinden sich die Antisemiten aller Grade in einer Umwälzung, aus welcher Fernerstehende kaum klug werden. Die Antisemiten haben zu viel „Führer" und zu wenig Mannschaften. Jeder „Füh- rer" aber will eine eigene Partei haben und die beiden ersten Führer, Liebermann von Sonnenberg und Zinnuer- mann, stehen nicht gerade im besten Verhältnis zu einander. Daher kommt es, daß ihre Fraktionen sich noch weniger mit einander vertragen. Nun haben sich früher die beiden über die Wahlkreise geeinigt, in welchen sie sich um das Mandat bewerben wollen, aber dieser Pakt wird nicht gehalten. Jetzt ist großer Streit entbrannt, wem das Hessenlaud Zu fällen soll. Gegenlvärtig ist obenauf Liebermann von Sonnenberg, denn er l)at eine Fraktion von 17 Mann, während Zimmer mann nur über fünf verfügt. Freilich ist die erstere Irak- tion, die sich wirtschaftliche Vereinigung nennt, auch sehr eigenartig zusammengesetzt. Zunächst gehören ihr die Ver treter des Bundes der Landwirte an (Graf Neventlow, Lie- bermann von Sonnenberg, Lattmann, Schack) und dann die drei Vertreter des Bundes aus Württemberg (Dr. Wolfs und die beiden Abgeordneten Vogt), ferner die beiden katho lischen niederbayrischen Bauernbündler, ferner Stöcker und sein Adlatus Burckhardt. Man weiß vorerst noch nicht recht, welches gemeinschaftliche Band diese Gruppe um schlingt. Sie ist auch schon wiederholt in politischen und kirchenpolitischen Fragen auseinandergefallen, nur in wirt schaftlichen Materien scheint sie geschlossen zu marschieren. Aber auch hier treten verschiedene Farben hervor; von dem christlich-sozialen Stöcker znm niederbayrischen Bauernbünd ler Mittermeier ist ein großer Schritt! Jedenfalls hat die Fraktion durch ihre Stärke jetzt das eine erreicht, daß sie in allen wichtigen Kommissionen vertreten ist, lvährend dies bei Zersplitterung nicht möglich sein würde. Diese Rich tung nimmt auch in vielen Fragen eine sehr freundliche Stellung zum Zentrum ein. Sie steht jetzt wohl noch etwas in den politischen Kinderschuhen, kann aber für die Zukunft von sehr erheblicher Bedeutung werden. Je mehr sich die konservative Partei vom Arbeiterschutz abwendet, desto mehr wird die wirtschaftliche Vereinigung gewinnen, und es ist gar nicht ausgeschlossen, daß sie bei den kommenden Wahlen sich nahezu verdoppeln wird. Anerkennen muß man, daß sie eine Anzahl tüchtiger Arbeitskräfte in ihren Reihen hat, zum Beispiel Dr. Wolfs. Lattmann, Schack. Anders steht es mit den Antisemiten um Zimmermann; sie sind im Abnehmen begriffen. Die Abgeordneten Vruhn, Böckler, Fröllich, Werner und Krösel sind allein noch ge blieben. Aber diese sind nicht einmal unter sich einig; selbst diese kleine Schar kämpft gegeneinander. Jetzt hat diese Richtung auch ihr Berliuer Organ „Staatsbürgerzeitung" verloren, Dr. Stöcker, der schwer reich ist, hat sie aufgekauft und wird sie in demselben Geiste leiten, in welchem sein „Das Reich" redigiert wird. Nur der gedruckte Kopf wird von jetzt an verschieden sein. Ein uraltes Blatt ist damit von der Bildfläche verschwunden. Verschwunden war die ..Staatsbürgerzeitung" schon, als sie ihre vorletzte Schwen kung machte, nachdem Abgeordneter Vruhn aus ihrer Lei tung geschieden war. Die Redaktion, die im September 1906 ans Ruder kan:, glaubte, einen Aufschwung dadurch bcrbeizuführen, daß sie die politische Farbe des Blattes et- nas weniger grell und zugleich etwas bunter machte. Das Experiment ist mißglückt, obwohl die Zeitung viele gute Mitarbeiter hatte. Gegen die Katholiken und das Zentrum verhielt sie sich immer ablehnend und mancher sehr unartige Ausdruck hat in den Spalten dieses Blattes gestanden. Trotzdem »var sie jeden Kulturkampfgelüsten und der ausgesprochenen konfessionellen Hetze des Evangelischen Bun des abhold. Bei uiw in Sachs m rm.r die antisemitische Partei vor Jahren in voller Blüte. Sie eroberte Reichstags-, Land tags- und Stadtinandate und hatte in manchen Städten direkt das Regiment inne. Aber es ist anders geworden. Das Parteiprogramm fand keine praktische Durchführung. Der Antisemitismus ist eine eminent wirtschaftliche Rich tung. Wer sich aber Antisemit nennt und trotzdem den wirt schaftlichen Einfluß des Judentums mit seinem eigenen Ver mögen unterstützt, stellt sich im praktischen Leben in direk- tcn Gegensatz zu seinem politischen Parteiprogramm. An dem häßlichen Rassenhaß und der Inkonsequenz ist die Rich tung abgcflaut. Dazu kommt uoch die unglaublich unge schickte Haltung des Parteiorgans, der „Deutschen Wacht". Es ging seine eigenen Wego^ kümmerte sich nicht um Partei- Programm und Parteiführer, ja cs suchte die Person des Reichstagsabgeordnotcn Zimmcrmann in den Augen der Partei zu verdächtigen und herabzusetzen. Statt in Anti semitismus machte es lieber in Katholikenhetze; das schadet wenigstens dem Geschäft nicht. Die Partei nahm daher dem Blatte das Recht, sich ihr Organ zu nennen. Abgeordneter Zintmermann gründete das Wochenblatt „Reform", welche das Parteiprogramm in klarer und entschiedener Weise vertrat. Trotz des unnoblen Verhaltens des Verlages der „Deutschen Wacht" gegen das berechtigte Verlangen des Zlb- geordneten Zimmermann, gemäß des Vergleiches mit dem verantwortlichen Redakteur Herrn Herrlein, die aufgestell- ten ehrenrührigen Behauptungen öffentlich zurückzunehmen, ist es, wie das Blatt meldet, zu einer „erfreulichen Eini gung" zwischen dem „Deutschen Reformverein zu Dresden" und der „Deutschen Wacht" gekommen. „Eine besondere, aus Vertretern beider Teile bestehende Kommission", werden wir belehrt, „hat alle im Vorjahre entstandenen Differenzen ausgeglichen, so daß nunmehr die „Deutsche Wacht" wie derum wie früher die Interessen des Dresdner Reformver eins vertreten kann. Dieses Abkommen dürfte in allen Ne- formerkreisen mit großer Freude ausgenommen werden." — Den Widerspruch vermögen wir uns nicht zu erklären: erst desavouiert das Blatt den Parteiführer und dann gestattet der „Deutsche Reformvcrein zu Dresden", daß das Blatt > wie früher seine Interessen vertreten kann. Freilich nur des Dresdner Vereins, nicht der Partei, aber immerhin ist die Angelegenheit geheimnisvoll und läßt vermuten, daß erst recht Differenzen zwischen der Parteileitung und dem Dresdner Reformverein ausgebrochen sind. Zum Vorteil der Partei dient diese inkonsequente Tak- ^ tik nicht. Die „Eigenbrödelei" florierte bald nach ihrer Gründung, als die „Judenflinten" die Geister bewegten. Im Reichstage hat diese Richtung nur wenig gearbeitet, sie beschränkt sich ganz und gar auf die Rede im Plenum und sucht insbesondere die Handwerker um sich zu scharen. Die neue Mittelstands-Vereinigung sollte ihr auf die Strümpfe helfen, jetzt ist es so, daß keines von beiden marschieren kann. Dagegen wenden jetzt die Antisemiten um Zinnnermann sehr viel Kraft auf, um denen um Liebermann von Sonnen berg zu schaden, besonders gehen sie gegen den neugewählten Abgeordneten Schack vor. Derselbe hat von seiner Eise nacher Wahl her noch ziemlich viele Wahlschulden und suchte diese durch Saminlungen zu decken; in dem betreffenden Zirkular findet sich auch der Satz, daß die Auflegung dieser Gelder um so dringender sei, weil sonst der getvählte Abge ordnete in ein Abhängigkeits-Verhältnis gebracht werden kann, wenn andere Leute die Gelder hergeben. Man sah allgeniein hierin eine Spitze gegen den Bund der Land wirte. Hiergegen schreibt nun Sckxnck: „Daß der Bund der Landwirte auch niemals den Versuch gemacht hat, irgend einen Abgeordneten der deutsch-sozialen Partei seine Politik vorzuschreiben oder seine Gesinnung durch Bezahlung von Wahlschulden zu erkaufen, wie das Ihre Notiz durchblicken läßt; derartige Unterstellungen sollten Sie doch lieber Zei tungen oder Zeitschriften überlassen, die ich nicht näher be zeichnen will." Das hessische Antisemitenblatt, an welches diese Zeilen gerichtet sind, will diese generelle Aufstellung nicht gelten lassen, es schreibt vielmehr: „Herr Schack schreibt, noch niemals habe der Bund der Landwirte den Versuch gemacht, irgend einen deutschsozialen Abgeordneten seine Politik vorzuschreiben. Woher weiß er das? Glaubt er, daß seine Kollegen ihm die Geschichte ihrer sämtlichen Liaisons erzählen? Glaubt er, daß Zumutungen dieser Art notariell protokolliert werden? Daß ihm persönlich gegen über solcher Versuch gemacht worden sei, haben wir nicht be hauptet; wir haben vielmehr die Hoffnung ausgedrückt, daß er nie in die Lage kommen werde, ^derartiges über sich er gehen lassen zu müssen." Man sieht also, wenn die Anti semiten selbst auch sehr schvach sind, ihrer nächsten Ver- wandtscknft können sie doch immerhin noch Schwierigkeiten aller Art bereiten. Bei den nächsten Wahlen dürfte der Hauptkampf zwischen beiden Richtungen im Hessenlande be sonders stark werden. Deutscher Reichstag. k. Berlin. 52. Sitzung am 28. Februar 1606. Auf der Tagesordnung steht der Initiativantrag Nißle: (kons). betr. Vewöbrung von Vcteranenbeihilfen. Abg. Nißler (kons.) begründet seinen Antrag. Die neuen AuSführungSbestimmungen des Bundesrates genügen nicht, in den verschiedenen Land'steilen ist die Ausführung eine sehr verschiedene, deshalb muß das Gesetz selbst Garantie treffen, daß alle bedürftigen Veteranen unterstützt werden. Sein Gesetzentwurf habe große vaterländische Bedeutung. Das Vaterland müsse gegen seine großen Söhne dankbar sein. Mein Gesetzentwurf suche an die Budget-Kommission verwiesen werden, aber diese sollte ihn so be arbeiten. daß man ihn später auch wieder erkennt. — S aats- sekretär Frhr. v. Stengel: Die verbündeten Negierungen stehen an Wohlwollen für die Kriegsteilnehmer nicht hinter dem hohen Hause zurück Wir haben erlt dieser Tage einen Nachtragsetat eingebrocht, der für die anerkannten Veteranen die notwendigen Gelder bereit stellt und dies trotz der schlechten Finanzlage. Aber bei allem Wohlwollen sprechen doch starke Bedenken gegen den Antrag Nißler. Als man 1895 diese Beibilie gewährte, rechnete man mit einem I ihreSaufwand von 2 Millionen und der Re-chö. invalidenfondS batte 18 Millionen Mark Überschuß, beute ist eS ganz anders. Der ReichSinvakidenfondS bat jetzt 300 Millionen Unterbilnnz, der Bedarf der Beteranendeihilfe ist über 16'/, Mill. Mark und der Höchstvnnkt ist noch nicht einmal erreicht, dann be trägt die Belastung 25-80 Mill. Mark. (Hörtil 6-70V000 Kriegs teilnehmer leben noch, wir schätzen sie ans 620000 Mann. Rechnet man die Leute ab. welche Pension und Unterstützungen bereits er kalten so bleiben noch 560000 Kriegsteilnelimer für die Veteranen beihilfe übrig. Die neuen AuSführungSvorschckften sind genügend, nur eine einzige Beschwerde ist in einem Jahre hiergegen einge- laufen. Als unterstützungsbedürftig gilt, wer nur noch des ortsüblichen Lohnes verdient, da find wir sebr weit gegangen. Für die Beurteilung der UnterstützungSbedürftigkeit kann man nicht schablonenhaft eine feste Summe setzen, da trifft die Ausführung«, befiiinmung de» Bundesrate» da« Richtige. Die Bestimmung, daß jeder Kriegsteilnehmer. der 60 Jahre alt ist. die Beihilfe erbalten soll, ist ganz unannehmbar. Für 1906 würde die Mebrbelastung allein 27 Millionen Mark mehr betragen. (Hört!) Aber olle« wehrt sich gegen neue Steuern. (Sehr richtig!) Der Antrag Nißler ist im ersten Teil überflüssig, der andere aber höchst be denklich, so daß ich seine Annahme nicht empfehlen kann. — Abg. Jt schert (Ztr.): Mit dem Ziele de« Antrages sind wir einver standen, auch wir wollen für die Kriegsteilnehmer Erleichterungen. Der vorliegende fünfte Nachtragsetat ist aus Anregung meiner politische Freunde eingelaufen, und wir begrüßen dieses Entgegen- kommen, jetzt können wenigstens alle anerkannten Veteranen die Beihilfe vom 1. April 1906 an erhalten. Die neuen AuSfübrunaS- bestimmungen vom 1. Mai 1905 bringen tatsächlich Abhilfe für die meisten Veteranen und gehen weiter als die Vorschläge de» Initiativantrages. Eine feste Summe von 6VV Mk. für die Grenze der Unter lützungSbedürftigkeit ist praktisch nicht durchführbar, an einem kleinen Orte kann sie viel bedeuten, am großen sehr wenig. Die Budget-Kommission soll sich überlegen, inwieweit sie die heutigen AuSführungSbestimmungen in« Gesetz selbst hinein arbeiten kann. Die Verwaltung sollte ein Schema auSarbeiteu lassen für die Eingaben behufs Erlangung der Beihilfe. (Beifall.) Die unteren Instanzen befassen sich oftmals nicht gern mit diesen Dingen. Die Krieger- und Deteranenvereine sollten mehr zur Vermittelung herangezogen werden. Es genügt nickt bloß, wohl wollende Politik zu treiben, man mutz ebrliche Politik treiben und diese hat sich nach den vorhandenen Mitteln zu richwn. (Sehr richtig!) Man darf nicht nur Ausgaben bewilligen, man muß sich auch nach den Einnahmen umsehen. Eine Wehrsteuer hat auch Bedenken und sie soll für den Reichsinvalidenfonds belegt werden. Der Initiativantrag muß in der Budget-Kommisston näher auf seine Durchführbarkeit geprüft werden. (Beifall s — Abg. Bock (Soz.): Bei aller Abneigung gegen den Militarismus sind wir stets für seine Opfer eingetreten. Für die Offiziere ist hinreichend gesorgt, für die Veteranen nicht. Bauen Sie einige Linienschiffe weniger, dann haben Sie das Geld. Man nehme den Schatz aus dem Juliusturm und gebe die Zinsen hiervon den Veteranen. Wir sind für Einkommen, und Vermögenssteuer auch für Reichserb- schaftssteucr. Er schildert Fälle, in denen Pensionen, die erwerbs unfähigen Veteranen oder deren unbemittelten altrrsschachen Witwen bewilligt worden sind, ohne zineichenden Grund gekürzt wurden. Je länger wir warten, desto mehr verzögern wir die so notwendige Hilfe für die bedürftigen Veteranen und deren Familien. Die ungenügende Fürsorge für die Veteranen drohe, die Disziplin im Heere zu erschüttern. Die gesamte sozialdemokratische Fraktion stimme für diesen Antrag. — Abg. Graf v. Oriola (natl.): Der Inhalt und die Ten denz der Rede des Vorredners charakterisieren sich in den Worten: Vom deutschen Reich habe nur die Bourpeoffe Vorteil." Dirftr Satz schlage der Wahrbeit ins Gesicht. Die Rede sei voll Klassen- haß. Auch bei den Offizierspensionrn könne es Vorkommen, daß Abzüge gemacht werden, wenn Nebeneinnahmen vorhanden sind. Der Redner habe nur Aufregung Hervorrufen und Haß erregen wollen gegen die bürgerlichen Parteien. Der Antrag Nißler ent spreche im wesentlichen dem von der nationalliberalen Partei im Jahre 1903 gestellten Antrag. Wenn letzterer nicht wiederholt worden sei, so sei dies mit Rücksicht auf dte Erklärung des Herrn Staatssekretärs geschehen, der einen sachgemäßen Gesetzentwurf in Aussicht gestellt habe. Früher bestanden 3 Bedingungen für den Anspruch ans Vetcrnncnbeihilfe, nämlich 1. ebrenvolle Beteiligung am Kriege, 2. vollständige Erwerbe Unfähigkeit, 3. hilfsbedürftige Lage. Die 2. Bedingung sei gemildert »nd die Ei werbSunfäbig- kcit schon als gegeben angenommen worden, wenn die Arbeits fähigkeit auf V, herabgegangen sei. Er setze beim Sbg. Nißler die besten Absichten voraus und sei überzeugt, daß auch Sftßlcr ihm die wohlwollendsten Tendenzen unterstelle. Aber er halte für not wendig, daß der beantragte Gesetzentwurf der Vudgetkommission überwiesen werde. Er wünscht, daß der Nachtragsctat für Vetrranenbeihilfe in Bälde auf die Tagesordnung gesetzt und der Etat des Neichsinvalidenfonds damit verbunden werde. Unseren immer wiederkehrenden Anregungen sei es gelungen, die Veteranen- beihilfen wesenrlich zu vermehren. — ii bg. A r e n d t (Rp.) er klärt sich damit einverstanden, daß der NuchtragSetat für Vcte- ranenbeihilfe in Kürze gemeinsam mit dem Etat für den Jvva- lidenfond auf die Tagesordnung gesetzt werde. Der Abg. Bock habe die Folgen eines unglücklichen Krieges geschildert, möge er daraus die Schlußfolgerung ziehen, wie notwendig cS sei, die Schlagfertigkeit unseres Heeres zu erhalten und die hierfür nötiacn Ausgaben zu bewilligen. Redner plädiert dakür, daß nur die Hilfsbedürftigkeit der Veteranen in Betracht kcmme und daß ein etwaiger Verdienst eines Sobnes oder einer Tochter außer Berücksichtigung bleibe. Nach Ansicht des Herrn Staatssekretärs würde sich die Ausgabe von VeterancnbcibNse von 16>/2 Millionen Mk. auf 24 Millionen Mk. erhöhen; eine solche Mehrbelastung sei doch Ivohl nicht zu befürchten. Doch handle es sich hier um eine Ehrenfrage, nicht um eine Finovzsragr, und würde er den not wendigen Aufwand für Veteranenbeihilie auch dann nickt scheuen, wenn eS die vom Herrn StaatSsekrrtär berechnete Summe er reichen würde. — Die Abg. Bergmann (Freis. Vpt.), Knlerski (Pole), Potthoff (Frs. Ver.). Werner (Antis.) und v. Oertzen empfehlen den Antrag und weiteres Entgegen kommen für die Veteranen. — Abg. Liebermann von Sonnenberg (W. Ver.) tadelt, daß die Budgetkommission so lange nicht an die Beratung des MilitärpensionsgesctzcS heran« gehe; seine Partei lehne die Verantwortung hierfür ab. In ganz Deutschland sollte die Militärverwaltung mit der Zuwendung der Beihilfen befaßt werden. Alle Parteien sind einig in der Für sorge für die Veteranen, nur die Sozialdemokraten wollen auch hier aufreizend wirken. Nach kurzen Bemerkungen der Abgeord neten Zubeil (Sozd.) »nd Hufnagel winde der Gesetz- entwurs der Bndqetkommission überwiesen. Das Haus vertagt sich auf Donnerstag 1 Uhr. Etat des Justizamtcs. Schluß 7 Uhr. Politische Rundschau. Dresden, den 1. März 1906. — Tic Budgctkvmmission des Reichstages vollendete am 28. Februar die Beratung des Kolouialetats. Erz- bcrger (Zeutr.) beantragte Ablehnung der Position von 61 000 Mark für Eingeboreiienscluilen und eines Internates für weiße Kinder; man dürfe das Reich nicht so weit in An spruch nehmen, daß es Internate für Pflanzer baue. Die Kommission genehmigte diese Position mit 12 gegen 9 Stimmen. Sodann wurde in die Beratung des Etats für Kiantschou cingetreten. Dr. Pnasche (nat.-lib.) re ferierte über die vertraulichen Besprechungen der Subkom- Mission. Bebel (Soz.) fragt, ob die Befestigungen weiter ansgebant werden sollen. Staatssekretär von Tirpitz macht vertrauliche Mitteilungen, ans denen mitgeteikt wer den darf, daß große Befestigungen nicht in Aussicht stehen, daß aber iimnerhin ein gewisses Maß von Kraftcntfaktnng daselbst geboten sei. Was! die wirtschaftliche Bedeutung anlangt, so könne man nur mit nüchternen Augen der Sache
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