Suche löschen...
Sächsische Volkszeitung : 31.10.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-10-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190610318
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19061031
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19061031
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-10
- Tag 1906-10-31
-
Monat
1906-10
-
Jahr
1906
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 31.10.1906
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
dem König und dm Ellern der Braut die Ehrenplätze ein- nahm, waren über 80 (iKdecke aufgelegt. Im Verlaufe der Tafel gedacht Graf Easerta in ivarmenlpfundenem Trinkspruche des jungen Paares und des sächsischen Königs hauses, wobcü er besonders seine Freude über die Anwesen heit des Königs ausdrückte. Der König von Sachsen er widerte: „Eure Königliche Hoheit wollen überzeugt sein, daß ich von nicht weniger herzlick-en und aufrichtigen Ge fühlen erfüllt bin, als die, dessen Königliche Hoheit so lie benswürdigen Ausdruck verliehen. Ich schitze mich überaus glücklich, das; es mir gestattet ist, den erlauchten Eltern uns allen denen die .Hand zu drücken, die bisher meine Schwäge rin mit Liebe und Sorgfalt umgaben; ich fühle aber auch in vollem Maße die Empfindungen nach, welche die Hohei ten in; Augenblicke beseelen und lwlte es für ein Glück, Ihnen näher zn treten und eben deshalb ist es mir ein be sonderes Bedürfnis, Ihnen zu versichern, daß die Prin zessin alsbald eine zweite Familie finden soll, die nur dar auf wartet, sie mit Normer Herzlickffeit zu empfangen, und gleichzeitig ein treues, liebenswürdiges Volk, das sich rüstet, ihr ein frohes Willkommen zu bieten. Ich sehe es meiner seits als ein glücklicl-es Vorzeicl>en an, daß ich der Prinzessin meine erste Huldigung unter demselben sonnigen Himmel darbringen darf, der ihre Jugend bestrahlte in der Um gebung, wo alle Reize dieses schönen Frankreich sich ver einigt zu haben scannen, um eine lw'itere Zukunft zu ver bürgen: diese Sonne, dessen bin ich gewiß, soll der Braut auch in ihrer neuen Heimat treu bleiben, wo sie ihrerseits Glück und Freude ansstrahlen wird: wissen wir es doch, in N>elcl>eui Maße ihr die.Kunst eigen ist, die uns allen als die höcky'w und kostbarste Zierde einer Fürstin gilt, die Kunst der Frauen, Tränen zu trocknen und andere glücklich niackx'n zu Helsen. Mit Freude heiße ich dich, liebste Sckmxi- gerin, willkommen und von ganzem Herzen danke ich den Königlichen Hoheiten, daß sie ihre Tochter meinem gelieb ten Bruder anvertrauen. Sie wollen nur gestatten, dieser meiner Euipsindiiiig Ausdruck zu verleihen, indem ich mein Glas erhebe ans das Wohl des erlauchten .Hauses Bourbon- Sizilien, insbesondere Graf und Gräfin Easerta und mei ner liebenswürdigen Schvägerin. Sie leben hock)! hoch! hock)!" Politische Nundschan Dresden, den 30. Oktober IW« An den Obel Präsidenten von Trott zn Solz in Pots dam erging unter dem 24. Oktober eine Ordre des Königs bezüglich der Einführung des preußischen Kronprinzen in die ZivilverNmltuiig der Monarchie. — Das Viehscnchrngeseb, das schon während des vori gen TagnngsabschnilteS des Reichstages vorbereitet worden ist, wird in nächster Zeit dem Bnndesrate vorgelegt werden. — Tie „Nordd. Allgem. Ztg." schreibt zum Rücktritt des Generals v. Massow: „Die Unabhängigkeit der er kennenden Militärgerichte in Auslegung der Gesetze anzn- tasten, ist der Militär; istizvermoltimg niemals beigekommen. Sie hat nur diejenigen Aufsichtsbesugnisse für sich in Anspruch genommen, tue auch in der Zioiljustiz dem Justizminisler unbestritten zustehe». Außerhalb des Rabmens der Justiz- ailfsicht liegende Vefehlsbefiignisse zur Gesetzcsaii-legnug sind weder vom Kaiser erlassen, noch vom Kriegsministeriwn oder Reichsmorineamt erteilt worden. Die Frage, die zur Klarstellung d ö Anssichtsrechtes der Militärjnstizvermaltnng die Veranlassung gegeben hat, betraf das Ztrafvollstrecknngs- Verfahren. Es handelte sich um die Mitzeichnung der gerichtSherrlichen Strafoollstreckmigsversiignngen durch die richterlichen Militärjnstizbeamten. Im Hinblick auf die vom „Verl. Tagcbl." iu Nr. .">40 dargebrachteu Darstellungen wird weiter betont, daß dein Neichsmilitärgericht das Aof- sichtsrecht über die Militärgerichte ebensowenig eingeräumt wird, wie denn Reichsgerichte über bürgerliche Gerichte." Der neue Kolonialdircktor Dcrnbnrg hat in der l.tzteu Woche auch den I'. Provinzial Acker von Knecht- sieden und den Apollo!. Vikar. Bischof Vogt von Bagamapo in Ollasrika empfangen. In der Unterredung kam die Frage der Regiernngsschulen auch zur Sprache und zwar der Schule für die weißen Kinder in Ollccknka. Dabei hat Exzellenz Ternbnrg sich rückaaltlos für die Simwtanschnlen ansgeiprochen. Man wird sich der scharsen Kämpfe er- inner», tue im letzten Winter über diese Frage entuaudeu sind u >d wobei die Sozialdemokraten Ansschlag für die Simnltanschnle gaben: Zentrum »nd Ko iservatioe wurden überstimmt. Wenn der neue Kolonialbireklor in dieser wichtigen Frage si.t, ans die Seite der Gegner des Zentrums stellt, so soll er sich von diesem auch die Gelber bewilligen lassen. Die beiden Missionare haben auch auf das Be denkliche dieser Einrichtung vom kolonialen Standpunkte aufmerksam gemacht. Wie brr Reichskanzler, d-'r beide Missionare auch empfing sich zu dieser Frage stellt, haben wir nickst ermitt 'lii können. Der Vorstand der deutschen Kvlvninlgescllschaft, .'äerzog Inkan» Al brecht von Mecklenburg, bat schon wieder holt bewiesen, wie weltfremd er die Dinge beurteilt: so diesen Sommer in Elberfeld und eben jetzt in Leipzig, wo er eine Vorstandssitzung seiner Gesellschaft abhielt. Er führte hierbei ans: Fern liegt es jemand von uns, einen wirklich Schuldigen i» Schutz nehmen zn wollen. Front machen müssen wir al>er in entschiedenster Form gegen die Art und Weise, wie diese Anklagen erhöhen werden. Deshalb, fuhr der Herzog mit seltsamer Logik fort, trete er für den tüchtigen Beamten und Offizier, für den fleißig arbeitende» Kaufmann und Farmer ein »nd gegen gemein m Klatsch bier und dmnßen und die untätigen Personen und Gesell'ckasten. Es müsse durch Vergangenes ein Strich ge macht. der Blick frei »nd offen in die Znknnft gerichtet und positive Arbeit geleistet werden. Man könne nickst ernten, kaum daß man gesäet habe. Nach dem Berichterstatter des „Berliner Lolalanzeigers" soll Herzog Johann Albrecht über die Kolonialslandale unter anderem gesagt haben: „Die Enthülter bringen die Anklagen immer nur Teilchen für Teilchen und rühren mit ersichtlichem Behagen uralte, längst abgetane Sachen wieder ans!" — Wir können nnmög- lich annehine», daß sich der Herzog so ausgcsprochen hat. Ihre Sühne lxiben die meisten jener Kolonialskandale noch gar nicht oder erst in geringem Maße gefunden. Ist eine Sache aber bereits damit abgetan, daß sie geschehen ist? Dann würden wir auch dem Hauptmann von Köpenick empfehlen, sich vor Gericht damit zu verteidigen, daß die Sackp: ja „abgetan" ist. T-er Mecklenburger Herzog sckxnnt die Zeitungen nicht zn lesen, fairst müßte er wissen, daß es sich nicht um „längst abgetane" Sachen handelt, sondern uni schwere Mißstände, die jetzt erst bekannt werden. Oder waren sie der Kvlonialgcsellsckiast sck>on länger bekannt? Tann wäre es traurig für sie, tvenn sie nicht ans Abhilfe hin- drang. Schließlich hat sie auch eine Resolution folgenden Inhaltes angenommen: „Tie Veröffentlichungen über Vorgänge und Zustände bei der Kolonialverivaltung haben insofern genützt, als sie die Notwendigkeit durchgreifender Reformen gezeigt haben. Andererseits haben die dabei untergelansenen Uebertreibnngen und offenkundigen Ent stellungen viel geschadet." Wir wissen nicht, wer sich des letzten Vergehens schuldig gemacht haben soll: die Reso lution nennt auch diese Fälle nicht: meint sie nickst die Vor- sckmßgeschichte des Erbprinzen Hohenlohe, die jetzt so eifrig in der liberalen Presse besprochen wird? Tie gesamt' Kolonialgesellschaft hat durch diese Kundgebung gezeigt, >cke fremd sie unserem Volksleben ist; denn im Volk spricht man ganz anders über solche Vorkommnisse. Das Organ des Bundes der Landwirte, die „Deutsche Tageszeitung" schreibt zu der am Sonntag von uns beleuchteten Resolution des Berliner Journalisten- und Schriftstellervereins folgendes: „Wie wir hören, dürfte mich die Zentrnmsfraktion sich nach dem Wiederzusammentritt des Reichstages mit der Angelegenheit befassen. In den Kreisen der katholischen Journalisten wird das unbegreif- liche Vorgehen des Abgeordneten Erzberger fast allgemein verurteilt." Diese beiden Sähe hat sich das Blatt vollständig ans den Fingern gesogen: der Vorsitzende der Zentrums- srattion hat jedenfalls dem Blatte seine erfundenen Mit teilungen nicht zngehen lassen und auch sonst denkt niemand daran, daß man sich in der Fraktion mit dieser Sack>e be fassen will. In den Kreisen der katholischen Journalisten steht man aber vor wie nach ans der Seite des genannten Abgeordneten und was die „Deutsche Tageszeitung" ver breitet ist eine Unwahrl>eit: der Haß gegen den genannten Zentriiinsabgeordneten hat sie ganz blind gemacht. Wir werden ja bald sehen, welche Wege die Zentrnmsfraktion wandeln wird: jedenfalls verbittet sie sich von der „Deut schen Tageszeitung" jede'» Ratschlag: das Blatt möge sich um seine eigenen Parteifreunde im Reichstage kümmern. — In Bremen hat der bekannte verstorbene Pastor an St. Maillini, Kalthofs, einen Nachfolger in der Person des Jenenser Privatdozenten Lipsins erhalten. Dieses Frühjahr war zn lesen, daß die tk>eologisck)e Fakultät in Jena Lipsins den Rat gegeben habe, wegen seiner radikalen, ablehnenden Stellung znni Christentum" wenigstens zur philosophischen Fakultät liherzntrete», und bei seiner Berufung nach Bremen wurde er in der Presse geradezu als „Atheist" bezeichnet. Gleichwohl tonnte Lipsins evangelischer Pastor in Bremen werden. Die positiven protestantischen Blätter reden denn auch von „gotteslästerlichein Unfug", von „frechem Heiden tum" usw., das sich in Bremen breit mache. Selbstver ständlich tonnte z. B. die Leitung der preußischen Landes- tirche gegen Zustände aiiftreten, wie sie in Bremen herr sche»: cs ist das auch schon einmal geschehen, indem von preußisch-kirchlicher Seite darauf anfmerksmn gemacht wurde, daß die Taufen des Pastors Manritz in Preußen nicht aiiertännt werden. Das hat geholfen: der Bremer Senat ordnete sofort die Wiederholung dieser Taufen an. Wenn die preußische Landeskirche auch in anderer Hinsicht eingriffe, würde inan in Bremen bald znm „Kreuze" kriechen. Namentlich könnte der deutsch-evangelische Kirchen- ansschiiß als Vertretung aller deutsch-evangelischen Kirchm- genieinsckxisten hier seines Amtes walten. Allein man hat Angst vor der liberalen Entrüstnngsbewegung und darum läßt man den Unfug in Bremen gewähren. Und die gläu bigen Protestanten seufzen zwar, aber damit glauben sie auch genug getan zu haben. Lenke nach Bremen zu schicken, welche das christliche Bewußtsein beleben könnten, hält man nickt für notwendig: solche Maßregeln ergreift inan höch stens gegenüber den „Römischen" in Oesterreich, um sie für das lautere Clxuigelinin zu retten. — Zu dem Bcinch vou Reichstagsabgeordnctrn in Dcutsch-Ostafrika erhält die „Kolon. Zeilschr." aus Tanga eine Znschrist, der wir folgendes eiHwhmen: „Schon.Wochen vor der Ankunft der Abgeordneten herrschte ungewohnte rege Tätigkeit auf allen Wegen und Plätzen. Die Straßen der Stadt sah man etwas gründlicher gereinigt, weil die darauf entstandenen Graswiesen einmal wieder abgcmäht worden waren; allerdings zur großen Trauer der herum- irrenden, herrenlosen Eiel und sonstigen Tiere. Dann schwang sich unser Lokalblatt die „tUanibara Post', zu friicher Tätigkeit auf nnd faßte den löblichen Entschluß sich wieder etwas mehr mit Annoncen zu schmücken. Der Redakteur scheitle keine Mühe bei dieser Gelegenheit und ging persönlich herum, um diese Annoncen zu sammeln. Hoffentlich haben die Abgeordneten einen guten Eindruck von der Kolonie und einen noch günstigeren von den Stadt bezirken bekommen; der Besuch war aber zu kurz, zu hastig und zn einseitig, als daß große Hoffnungen an sein Er gebnis geknüpft werden könnten. Etwas weniger Festessen, weniger schöne Reden, weniger Programme nnd Vorbe reitungen hätten den Abgeordneten gestattet, sich etwas mehr nlnzilsehen, mit allen Kreisen zn verkehren, und ein getreues Bild von Deutsch Ostafrika heiinzulragen." Es gibt also auch noch im 20. Jahrhundert „Potemkinsche Töifer". — Profrssor Burgks, von der Columbia-Universität in Network, der erste Inhaber der Theodore Rooscvelt- Professur an der Berliner Universität, hielt Sonnabend seine Antrittsrede. Erschienen waren der Kaiser, die Kaiserin, Prinz August Wilhelm, der Kultusminister Stndt. der aiiierilänisclze Botschafter Tower u. a. Burgeß brachte zunächst einen Brief Roosevelts zur Verlesung, worin Roose- velt der Universität Berlin die herzlichsten Grüße und Wiinsck)e übermittelte und die historisch gewordene Freund- scl-aft zwischen den Vereinigten Staaten nnd Deutschland, sowie die Verdienste von Männern deutscher Geburt und Abstammung um, die Union hcrvorhob. Der Gipfel des Austausches der Kultur zwischen beiden Ländern sei ge wissermaßen die Errichtmig der Roosevelt-Professur. In der Rede selbst sagte Burgeß unter anderem, die größte Bürgschaft des Friedens nnd der Wohlfahrt Europas sei nicht durch Koketterien zwischen atlantischen Mächten, selbst nicht durch Verträge und Bündnisse zwischen ihnen gegeben, sondern durch das Deutsche Reich und das deutsche Heer. Tie Begründung der Professur ermögliche, Fragen von allergrößter Wichtigkeit in der gründlichsten und freund schaftlichsten Ueberlegung zn belxmdeln, die ans diploma tischem Wege kauni berührt werden dürfen. Die Interessen der Vereinigten Staaten nnd der Welt könnten nickst besser gefördert iverden als durch starke teutonische Einwanderung. Burgeß teilte niit, er werde über VerfassnngKgeschichte und Verfassungsrechte der Vereinigten Staaten lesen. Rektor Professor Kaftan brachte ein Hoch ans den Kaiser aus und sagte: Kommilitonen, wir wollen unseren Dank zum Aus druck bringen, indem wir die dargebotcne Rechte, die uns von Amerika herübergereicht wird, ergreifen, und indem wir auf den Manu, der die Inkarnation aller guten Eigen schaften seines Volkes ist, ein Hurra ausbringen: Präsident Noosevelt Hurra, Hurra, HurraI Alle stimmten ein. Oetterrei ^-Ungarn. — Die ungarischen Blätter erklären, daß in Ungarn eine Erhöhung des Nekrutenkontingents ohne gleichzeitige Konzessionen in nationaler Hinsicht absolut undurchführbar sei. Kriegsminister v. Pitreick), welcher die Nekrntenfrage dadurch lösen konnte nnd wollte, daß er für Ungarn gleich zeitig die Parität in der auswärtigen Vertretung, ferner eine günstige Erledigung der Fahnen- und Embtemensrage, die Absckzasfung des Gott erhalte sowie die ungarische Nc- ginientssprache hätte sicherstellen sollen, wäre daher nach der Behauptung des „Budapesti Hirlap" nicht an dein Wider stande der Magiiaren erlahmt, sondern an dem Wider stande der maßgebenden Wiener Kreise, welche all diesen Forderungen ein kategorisches Nein entgegensetzten. „Daraufhin ist der Mann," sagt das Blatt lveiter, „der der Sympathie der ungarischen Delegation erworben hatte, znli'ickgetrcckcii. Ter nnniittelbare Anlaß dazu lvar die Unter zeichnung der Verordnung, welche der Armee die offizielle und korporative Beteiligung an den Nakoczy-Feierlichkeiten untersagt wurde." — Also deshalb? Herr Pitreich er scheint da ja in einem eigentümlichen Lichte. — Der neue Reichskriegsniinister trat sein Amt mit der bestimmten Erklärung an, die militärischen „Notwendigkeiten" bei der magyarischen Koalition durchsetzen zu wollen, die diese seinem Vorgänger vcnveigerte. Kriegsminister Schönaich macht daraus sogar eine Ehrensrage für die Koalition, in dem er sich ans deren vertragsmäßige Verpflichtung beruft, die in dem Pakt mit der Krone vom 6. April d. I. enthalten sei, in einem Pakte, ans Grund dessen allein die Koalition die Regienlng erlangte. Die Gerüchte von einer Demission Wekcrles haben sich bis jetzt nicht bewahrheitet. Frankreich. — Tie Anwendung des Trennnngsgesetzes. In par lamentarischen Kreisen verlautet, daß die Negierung über die Maßnahmen zur Anwendung des Trenimngsgcsctzes nuninehr vollständig schlüssig geworden sei. Für den Fall, als sich die Kultusvereinigungen bis zum 11. Dezember nickst gebildet haben, werden die Kircheir entsprechend dem Gesetze wieder unter die Klöster gestellt iverden. Ans die Abhaltung des Gottesdienstes in kirchlichen Gebäuden wird das Gesetz vom Jahre 1881 und das bestehende Verfamm- lnngsrecht Anwendung finden und die Priester werden sich für alle gottesdienstlichen Veraiistaltniigen jenem Gesetze aiipassen müssen. Ferner wird sich die Negierung vielleicht genötigt sehen, dem Gesetze vom Jahre 1884 betreffend den Verlust der französischen Staatsbürgerschaft eine Bestim mung hinzuziisügen, nach welcher jene Priester, die einer ausländischen Behörde l damit ist Rom gemeint! A. d. R.) gehorchen oder das Gesetz betreffend die Organisation des Gottesdienstes in Frankreich nicht anerkennen, der franzö sischen Staatsbürgerschaft verlustig gehen. Schließlich werde das Militärgesetz auch ans die Priester angewendet werden und etwa 6000 Priester, welche nach den früheren Be- stimm»,igen nur ein Jahr gedient haben, werden zur Ab leistnng noch eines Militärdienskjahrcs einberufen werden. — Von anderer Seite wird gerüchtweise gemeldet, der Staatsrat habe die Meinung geäußert, daß die Zmvendung von Kirchengütern an Kultnsvereinigungen, welche sich ohne Teilnahme eines Priesters gebildet haben, ungesetzlich sei und daß es ausschließlich den Bischöfen zustche zu ent-- scheiden, ob ein Priester als Dissident anznsehcn sei oder- nicht. — Außer der „Jeanne d'Arc" iverden in Toulon noch zwei Kreuzer, ein Transportdampfer und mehrere Torpedos nach Tanger in Dienst gestellt, woraus mall in oen Marin> krcisen den naheliegenden Schluß zieht, daß die Regierung einen größeren Umfang der Aktion in Marokko Voraussicht oder doch für möglich hält, als zunächst angenommen wird. Von Deutschlands Loyalität ist die Regierung überzeugt nnd sie besorgt von: dieser Seite keine Verwickelung.. Rußland. — Der Stadthouptmonn von Petersburg gab be- kannt, daß am 80. d. M.. dem Jahrestage des Mani festes des Kaisers, keinerlei öffentliche Kundgebungen ge duldet und daß sie, wenn eS sein müßte, mit Waffen gewalt unterdrückt worden würden. Achnliche Bekannt machungen erfolgten durch die örtlichen Behörden auch in den Provinzstädtcn. — Nach Meldungen aus verschiedene!, Tellen des Reiches geht die Nekrutenanshebung in vollste« Ordnung vor sich. — Zum Bombenüberfall hat die Petersburger Polizei, die Haussuchungen in allen Stadlvierteln vornimmt, 21 Per- sonen verhaftet, die verdächtig sind, an dem Ueberfall beteiligt gewesen zn sein. Darunter befindet sich ein Mann, der in Petersburg verschiedene Wohnungen und auch Pferde besah. Dieselbe Persönlichkeit soll auch als Kutscher verkleidet ge wesen sein und die Dame gefahren haben, die die geraubten 366 000 Rubel mitnahm. Unter den Arrestanten befinden sich Studenten und Arbeiter. Der Hauptansührer ist be- reits in der Peter Pauls-Festung interniert. Die Unter suchung ergab, daß die Räuberbande in verschiedenen Straßen Posten aufgestellt hatten. Ebenso ist festgestellt. daß die Räuber der Partei der sogenannten Maximalisten ange hörten, die in Opposition zu den Sozialrevolutionären
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)