Volltext Seite (XML)
Nummer 256 — 2S. Jahrgang jkrschelnl «mal WSchll. mit tllust«. Gratirreila«en.Heimat un» «eit' und der Kinderbellage .Frohmut'. sowie den Textbeilage» ;<SI. Benno-Viatt'. .Untcrhaitung und Wissen'. .Die Welt de» grau', .»erzliicher Ratgeber'. .Da» gute Buch'. .Fiimrund« schau'. Monatlicher Bezugspreis S ^ einschi. Bestellgeld. Einzelnummer 10 Sonnabend» u. Sonntagnummer E0 <F, Hauptschrislleiier: Dr. G. AeSczyk, Dresden, SüchMe Mittwoch, den 5. November 1S3V BerlagSort, Dresden glnzetgenprels«: Die Igesgaliene peiitzeile DU 4. Familie,« anzeigen ».Stellengesuche 2tt Z. Die peiltreklamezeile. 88 n,n> breit, l e«. Für Anzeigen auherhaib de» BerbrciiungSgedieieS >S<» die pciiireliamezeile Brtelgeb.tiUZ. Im Falle höherer Gcwaii erlischt jede Berpflichtung aus Lieserung sowie krsüllung v. Anzeigen > Auslrügen u. Leistung v Schadenersatz, Geschäftlicher Teil, Franz Bungarv, Dresden. volksseiluna «e«»äs»Sftellr, DrnSu.Brrtag i «rrmania. für «erlag und Druideret. Filiale Dresden. Dresdens, l. Polierslrah-17. FernnnsioiL Postlchecklonlo Dresden r7»z. Bankkonto Ltadtbank Dresden Ar tN7>!« Für chrislliche Politik und Kullur Rednktian der LäMiil-tien BottSzeitung DreSden-Mtltadi t. Voiierstrahe >7. Fernriu L071I und »WI2. Brüning und Diekrich vor dem Reichsral Reichsregierung fordern Der Reichsral soll die Resormgeseye binnen 14 Tagen verabschieden Länder und Finanzrefvrm Berlin. 4. November. Die heutige öffentliche Reichsraissitzung fand iin großen Saal des Reichshaushallausschusses statt, der an Stelle des sonst benutzten Reichsratssaales gewählt worden war, um durch den größeren Rahmen die besondere Bedeutung dieser Tagung zu unterstreichen. Da der Reichstag jetzt nicht versammelt ist. waren ver hältnismäßig wenig Parlamentarier als Zuhörer anwesend, während die Presse'außerordentlich stark, vertreten war. Unter den Gästen befand sich auch Reichstagspräsident Löbe. Reichskanzler Dr. Brüning erschien frühzeitig in Beglei tung des Reichsfinanzministers Dietrich. Bald darauf erschienen auch die Reichsminister Stegerwald und Curtms. Die meisten Länder waren durch ihre Ministerpräsidenten vertreten, Preu ßen durch Ministerpräsident Braun und Bayern durch Minister präsident Held, Sachsen durch Ministerpräsident Schieck und Finanzminister Hedrich. Reichskanzler vr. Brüning eröffnet,' die Sitzung mit folgender Rede: „Die jetzige öffentliche Tagung des Reichsrats ist die Fortsetzung der im Laufe der letzten vierzehn Tage zwischen der Reichsregierung und den Ländern geführten vertraulichen Verhandlungen über die gro ßen Fragen der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Wir stehen vor einem G e se tz g e b u n g s w e r k. wie es van so großer Be deutung uns seit vielen Jahren nicht Vorgelegen bat. Dieses Ge setzgebungswerk steht in engster Beziehung zu unserer Wirt schaftspolitik und vor allem unserer Außenpolitik, ja, es bildet die Voraussetzung für unsere Außenpolitik. Nachdem wir die Freiheit von der ausländischen Kontrolle durch die Annahme des Aoungplanes bekommen haben, muß es die Aufgabe jeder Reichsregierung sein, wie sie auch parteipolitisch zusammengesetzt ist, dafür zu sorgen, daß von dieser Freiheit der richtige Gebrauch gemacht wird und Sicherungen dafür ge troffen werden, daß diese Freiheit unter allen Umständen er halten bleibt. Die Freiheit ist auch mit Opfern verbunden. Das Ziel unserer Finanz- und Wirtschaftspolitik ist. die Aktions fähigkeit unserer Außenpolitik zu erweitern. Wir müssen das Vertrauen zu unserer Wirtschaft wicdcrgewinnen. Ausland und Inland, vor allen, aber die Wirtschaft, er warten, daß das Finanz- und Wirtschafts-Programm in kürze ster Frist Gesetz werde. Die deutsche Wirtschaft muß unter allen Ilmständen, wenn es gelingen soll, dem Problem der Arbeits losigkeit einigermaßen Herr zu werde», wieder Vertrauen In die deutsche Finanzgcbarung für die ganze Zukunft bekommen. Es bedarf keiner Frage, daß ein gewisser Teil der Arbeitslosigkeit in Deutschland zurück zuführen ist auf eine gewisse Resignation und eine Vertrauens krise. Dieser Zug der Resignation und Müdigkeit, der durch unsere Wirtschaft geht, muß beseitigt werden. Wir haben die feste Zuversicht, daß es bei Anspannung aller Kräfte Deutschland gelingen wird, den Anschluß an die weltwirtschaftliche Umstellung zu finden und daß Deutschland dabei weniger leiden wird als andere Länder. Der Streit bei den kommenden Verhandlungen wird im Reichsrat gehen um die 100-MiIlionen-Kürzung an den Länderüberweisungen, um 12» das Bauprogramm der Reichsregicrung, um die Senkung ^ derRealstcuern und um den endgültigen Finanzausgleich, den wir in Form eines Rahmengesetzes Ende dieser Woche Ihnen zuleiten werden. Es wird möglich sein, die Realsteueru 2ü»sknlnm. Das soll der Schlußstein sein zu den Preissenkungsmaßnahmen der Regierung, denn damit soll das Argument beseitigt werden, das jetzt gegen die Preissenkung im Kleinhandel und bei den Lebensmitteln angewandt wird. Wir bedürfen zur Durchfüh rung der Preissenkung derUnterstützungderOeffenl- lichkeit und der Presse. Wir sind auch überzeugt, daß es möglich sein wird, den Wohnungsmarkt in Gang zu bringen. Wir müssen in diesem oder im nächsten Jahre zu einer Ueberleitung des Wohnungs markts von der rein staatlichen Unterstützung zur Privatwirt schaft kommen, weil mir sonst in zwei oder drei Jahren vor einem jähen Absturz sichen und jahrelang hunderttausend,' arbeitsloser Bauarbeiter haben würden. Unbedingt notwen dig ist rücksichtslose Sparsamkeit auf allen Gebieten, denn mit weiteren Steuererhöhungen kön nen wir den Finanzbedarf nicht mehr decken. Auch in der Ta bakbesteuerung haben wir jetzt das Optimum erreicht. Die ein zige S'"uer, die noch erhöht werden könnte, wäre die Umsatz steuer. aber eine solche Erhöhung wäre unvereinbar mit unserer Prcissenlrungsaktion. Zur Kürzung der Beamte»- gehälter mußten wir greisen, weil einfach ein anderer Wog nicht vorhanden war. Wir haben das gewiß nicht leichten Her zens getan, aber wir meinen, daß die Beamtenschaft sich durch dieses Opfer am stärksten in das Volksganze einstigen wird. Nach einiger Zeit wird man erkennen, daß durch diese Notmaß' nahmen die Reichsregierung de», Berufsbcamtentum keinen Schaden, sondern einen großen Dienst erwiesen hat. Wir müssen an den Reichsrat die Bitte richten, inner- h a l b 14 T a g e n die Gesamtheit dieser Gesetze zur Verabschie dung zu bringen. Das ist gewiß eine außerordentlich schwierige Arbeit, aber sie ist notwendig zur Wiederberuhigung der öffent lichen Atmosphäre 'in Deutschland und zur Ankurbelung der Wirtschaft, die die Voraussetzung ist für eine Preissenkung und für eine Einschränkung der Arbeitslosigkeit. Wir haben uns damit beschäftigt, wie der Arbeitslosigkeit ge steuert werden kann, aber die Reichsregierung lehnt es ab. in dieser Stunde Einzelmaßnahmen vorzuschlagen, weil Voraus« setzung die Beschaffung von Kapital und Kredit ist. Das wird' eben nur möglich sein, wenn es gelingt, vorher in kürzester Frist dieses Gesetzgebungswe.K zu erledigen. Der Reichsrat befindet sich in einer großen geschichtlichen Stunde seiner Tätig keit. Sie wissen alle, daß schnell e s Handeln not iv e n - d i g ist und daß davon ein großes Stück der Zukunst des deut schen Volkes abhängig ist." Reichssjnanzminitt« r Dietrich erläuterte dam, die vorliegenden Gesetzentwürfe im einzelnen. Es handelt sich dabei um den Etat, um das Gehallskürzungs gesetz. um das Gesetz zur Senkung des Personalauswands. um die Äusgnbenbegrenzung im Haushalt, uni die Fortsetzung der bisher als Notverordnung verfügten Zuschläge zu den höheren Einkommensteuerstufen, uni die Fortsetzung der Erhöhung der Tantiemesteuer, »m die Senkung der Realste»,-rn und die Ver einfachung des Steuersnslcms. Die Vorlage zur Erhöhung der Tabaksteuer wird in den nächste» Tagen entgehen Der Reichshaushalt, wie er Ihnen jetzt vorliegt, meist in Einnahmen und Ausgaben insgesamt eine Summe von 10.655 Milliarden Mark auf. Diese Summe ist gegenüber dein endgül tigen Etat des Jahres 1020, wie er auf Grund der Notverord nung vom Juli ausgestellt war. um 1.14 Milliarden 'Mark ge senkt. Im neue» Haushalt konnten infolge der Beitragserhöhung bei der Arbeitslosenversicherung 207 Millionen gespart werden. Die Gehaltskürzungen bedeute» für das Reich einlchiießlich der Post eine Ersparnis von 121 'Millionen, für Länder und Ge nieinden eine solche von 270 Millionen. Davon sollen 170 Mil lionen den Ländern und Gemeinden verbleiben, während 100 Millionen an den Ueberweisungen gekürzt werden sollen Diese Kürzung ist notwendig, und durch diesen Abstrich soll der Ge danke dokumentiert werde», daß ein starker Druck in der Rich tung der Sparsamkeit auf der ganzen Linie aus- geübt werden muß. Durch diese Maßnahme soll auch erreicht werden, daß um jeden Preis die Ela:-- von Rckch. Ländern und Gemeinden in Ordnung gebracht werde!,. Eine Drosselung der Wirtschaft durch neue Steuern würde sehr bald nicht zu Mehreinnahmen, sondern zu verstärkten Stcueraussällen führen. Das Gesetz über die Ausgabenbegren zung bestimmt, daß in Reich. Ländern und Gemeinden die Aus gabenansätze für 1022 und 1022 ineht die Summe überseht eiten dürfen, die für 1021 feslaest'tzt ist. Ei» unttangreiches Gesetz schasst die iwtwendige V e r e i n s a2h u n g des St e u e r - wescus. Außer der Befreiung der 'Vermögen bis zu 2»o00 'Mark von der Bermöaeussteuer und der Umsätze bis zu 5000 Mark adcr 0000 Mark von der Uinsatzsteurr Urnen die 'Verein fachungen bei der landwirtschaftlichen und gewerblichen Be steuerung. Die Schwierigkeiten der landiviitichallUchen Be steuerung werden am einfachsten dadurch be'eitigl. daß man bei denjenigen Z-mnIen, die eilt Vermögen von wer .-er aG 2 > »00 Maek zu versteuern babcn, nur noch eine Grundsteuer erhebt. » Die Verotuogen des Reick.rates sind vom Reichskanzler durch seine Reisen zu den Negierungen der einzelnen Länder sorgfältig vorbereitet worden. Die Renen, die den .Kanzler zu nächst nach den süddeutsch-,m Ländern geiiihrt haben — mit oem bayerischen Mmmerprästdentcii Heid Hot Dr. Brüning wieder holt in Berlin verhandelt —. sind , -B..i mit der Riintebr des -Kanzlers aus Dresden rum Abschluß getoininen. Die Regierung Kat dir Hosninng, daß der Neichsrat ihr Programm und de» mit diesem Programm ci-gverlm »Lenen Erat bis gegen Ende des November erledigt Kat, damit der Reichstag, wenn er am 0. Dezember zusninmentritk, seinerseits sofort an die Verhand lungen der wichtige,, Vorlagen Herangehen kan». Auch für die Erledigung der jeM vor uns siebende» Aus gaben wird es eines beianVers hohen Maßes von V e r a » t w o r t u n a s b en n ' i e i n u n d w o r i u n g s g cstl h is bedürfen. Dos Kabinett Brüning Hot schon zwei schwere Siluolionen überwunden. Es wird jetzt alle seine Kräfte ansponnen. um auch die vor ihm liegend« Situation erfolgreich obzuschließen. Bio» muß deshalb ickor heute a» echte gesetzlichen Körperschaften und an alte Parteien die Forderung richten, daß sie in dieser besonders großen 'Rol lo ge. i„ der besondere Maßnahmen notwendig sind, alles ein seitig Parteipolitische z u r ü ä s! e! I e n . um das. was unbe dingt nötig ist. damit unserer Wirtschaft gchoisen nnd unsere Finanzen aufrechter! alten werden können, zu verwirklichen. E NolhUe 1930 Ein riMwen-iees Werk (Nt Dresden. -I. Nvvember. linier Vorsitz von Slaatsminister Richter fand am Montag, den 2. November 1020 eine Besprechung sämllichee Spiizcnver- bände der freien Wohlfahrtspflege, der Vertreter der Arbeit nehmer- und Arbei>gcbervc,oände, der Flanenverbände und der Verbünde der Kriegsbeschädigten. Kriegerhinlerbiicbencn. So- zial- und Kleinrentner statt, in der die Notwendigkeit von Hilfsmaßnahmen zur Bekämpfung der Not des siommench'» Winters lwsprochcn wurde. De,', einleitenden Vortrag hielt Univcrsitätsprosessor Dr. Keßler von der Universität Leipzig, der dara>,s hinwies. daß mit einer Eriveibslosigkeii im honnnen- den Winter zu rechnen sei. wie sic noch nie in Dcuischlaud ge herrscht habe. Bei der daraus erwachsende» 'Not hönntcn die Hilfsmaßnahmen der öfsenilichcn Kärperschajien nur einen Teil der Aufgaben crsüllen. Es sei aber nötig, daß alle diejenigen, denen es vergönnt sei. noch durch ihre Arbeit Erwerb zu sin- den, sich zu einer Deutschen R o t g e m e i n s ch a s t zusam- menschlössen, um durch Geld und Sachspende» und mit persön licher Hilfeleistung der Not zn steuern. Besonders wichtig jci es, sich der arbeitslosen Jugend anznnehincn und sür die Alien zn sorgen. Neben der wirischosilichen Hilse sei hier die seelische I Fürsorge ein besonderes Erfordernis. Es gälte eine Bewegung gegen die deutsche Not zu sckasfen Die Vertreter der anwe senden Verbände aller Richtungen erklärten ihre Zustimmung zur tätigen Mitwirkung. Der Wille der Beriamwinng kan durch oic nachfolgende Entschließung zum Ausdruck: „Die sächsische,, Spitzennerbönde der freie,, Wohlfal-rts pslege erkenenn die dringende 'Notwendigkeit an. die harte, bisher kaum erlebte Not weitester Schichte,, der Bevölkerung, die sich in den bevorstehenden Wintcrinonatc,, noch steigern wird, „ach Möglichkeit zu linder,, und sind gewillt, diese Not- hilsc im Freistaat Sachsen zusammen mit den amtliche,, Stelle,, zn organisiere,, und dnrchznsiihren und alle Volksgenossen, die hierzu i„ der Lage sind, zur Mitarbeit, »uterstiitzung „nd zum Opserbringen auszurusen. Sie billigen die Einsetzung eines Landesnrbeitsausschusses sür die Sächsische 'Nothilfe >0.2», der »>it Beschleunigung die Richtlinien für die Hilssarbeit ausstelle,, soll." Ter Landesarheiisa»-schuß wurde aus 'Vertretern der 7 Spitze'nncrbände der freien Wohlsahrtspslege. des Verbandes der Vezirksverbände, des Gemeindeiages. des Landesan-iämises der Ingendvcrbändc. des Landesansschnsses süe Leibesübungen und des Landcs-Arbeiler-Sparlkarlells »nter Vorsitz vo» Minister Richter gebildet. Der Ausschuß wird sich in den nächsten Tagen mit einem Ausruf an Sachsens Vcvöilieriing wenden.