Volltext Seite (XML)
Nummer 2S8 — 28. Jahrgang «r1i-«tn> «mal wOckienti. mit den illuslr. «ratirdetlagen .Dt» Seit'und der Kinderdetlage .Frohmut', lowi» de» r«ktd,ilage„ ,Lt. Bemw-BlaN'. .Unlerbaltung und Wissen'. .Die Well der grau'. »Nerzllicher Ratgeber' .Da» gute Bu»' .Fiimrund. Wau'. Monatlich« Bez«a»vr«i» S MI. etnlchl. VeNeiigeld. »i»,eInuMner 10 4 Gonnabend- ». Sonntagnummer KV 4. HauvtlchrtstieUerl De.«. L«»c,l>r. Drerden. SüchMe Donnerstag» 7. November 1928 >U«»>a,»ort, Dre»d«n «uzetgenvreti», Die lgewaltene Petit,eile »<« ^ äamIUen. a»,eigen u.Tlellenaeiuche L»4- Die Pet,trettameze1le. M mm breit. 1 Für «n,eigen autzerftalb des Verbreitungsgebietes 4«z die PetitreNamezelle l.:»«^. Brteigeb.»»^. Im Falle bdherer «ewalt erltlchl ,ede VewNichlung aus Lie'enmg iotvi« Srlallung d. «n,eigen.«ultriigen ». Leistung v. Tcbadeneliatz. «elchastlicher leil Art»» V««,. Dresden. <Sei»iift»ftell«. Dr»it».iv««la,i »ermama. »l^«. silr Verlag und Druckerei. Filiale Dresden. Dresden-«. 1. Polterslratzetl. FernrulLlOlL P-sti«»ckloiUo Dresden ML «anNonto «tadtdaut Dresden Nr. «171» Für chrislliche Polikik und Kultur Redaktion der Sächsischen i»olk»,eituu« DreSden-Alistad, l. Polierstrah, i7. Fernem 2M „nd „NIL ll Prinz Max von Baden »l» Das „Kabinett -er Arbeit" Paris. 6. November. „Maim" veröffentlicht Erklärungen Tardieus, die den be. sliliimien Willen des neuen Ministerpräsidenten zum Ausdruck bringen, energisch zu regieren. Tardieu erklärte, er wolle arbei ten und wolle daher im heutigen Kabinettsrat seine Kollegen auch auffordern, von den Sonntagsreden abzuschen, die selten dem Wiederaufbau der Nation dienten, ja sehr oft ihn beein trächtigten. Man verlange von den Ministern nicht Reden, sondern Taten. Er wolle sein Ministerium tatsächlich leiten und zivar nicht dadurch, datz er im Kabinettsrxit die grossen und die kleinen Angelegenheiten zur Diskussion stelle und bei der Entscheidung die Schiedsrichtcrrolle spiele, sondern indem er stündlich über das Funktionieren eines jeden einzelnen Räder werkes wache. Die erste Pflicht des Chefs sei, Weisungen zu erteilen. Er wolle regieren, um zum Ziele zu kommen. Er zweifle nicht daran, datz er am D on ne r s t ag in der Kammer eine Mehrheit erhalten werde, denn er wolle sie und der Lieg sei und bleibe eine Willenssrage. lieber den Inhalt der Regierungserklärung schreibt „Echo de Poris", das Ministerium Tardieu werde er klären. das; es die von Briand eingeleitete und verfolgte Frie dens- und Annüherungspolitik weiter betreiben wolle, aber bedingt durch die Siärerheit Frankreichs und zivar sowghl hin. sichtlich der Räumung des Rheinlandes als auch der auf der Londoner Konferenz zu behandelnden Seeabrlistung. In Gegen Gaebel und Degner Berlin, 6. November. Die Iustizpressestelle teilt mit: Unter Vorbehalt der vor- gefundenen KasseiMlege und der unter Decknamen geführten Konten wurden heute der Bürgermeister Schneider, die Ltodtrote Degner und Gaebel. Direktor Schüning und Staülamtsrat Sa Kolosski durch di« Staatsanwalisciiasi l vernommen. Nachdem auch die Gebrüder Skiavek hierzu ver nommen waren, hat die Staotsanwaltscliaft I die Eröffnung der Voruntersuchung gegen die zuerst genannten fünf Personen wegen passiver Bestechung und gegen die Gebrüder Sklarek ivegen aktiver Bestechung beantragt. Gegen die Tladträte Gaebel und Degner ist Haftbefehl lvegen Fluchtverdachts und Verdunkelungsgefahr erlassen. Wie weiter bekannt wird, war die Aufdeckung der Ge heimkonnten vernichtend für dieStadträt« Deg n e r und Gar de I. Aus ihnen er-gibt sich, daß mindestens Gaebel in ziem lich uiwerhiillter Form Bestechungssummen angenommen hat. sie 30 000 Mark im Jahre erreichten. Auch das Konto Deguer weist ähnliche Beträge auf. wenn auch schon aus der Art der Buchung hervorgeht. daf>. die finanziellen Bewegungen auf dem Konto tu „eleganterer" Form vorqcnommen worbe» sind. Giebel wird auch vorgeworsen, dah er seinen Einfluss auch da ran geltend gemacht habe, dass in der kommunistischen Press« Angriffe gegen die Firma Sklarek unterblieben sind, obwohl aus Kreisen der von den Wohlfahrtsämtern versorgten Per sonen schwere Klagen über die KBG. Vorlagen. — Sichüning wird beschuldigt, ebenfalls ein Geheimkonto bei Sklarek gehabt z» hoben. Durch ihn sind die ersten stü-tisären Verträge mit den Gebrüdern Sklarek getätigt worden. Böh über die Pelzgefchlchke Berlin. 5. November. Oberbürgermeister Bötz lässt durch das Nachrichtenamt der Stadl Berlin folgende Erklärung verbreiten: 1. Die meiner Frau von den Gebr. Sklarek gelieferte Pelzjakkelstihr als ein besonders günstiger Einkauf von Pelzfellen aufgedrängt worden. Nach Lieferung der Jacke habe ich die Uebersendung der Rechnung verlangt. Da mir der Rechnungsbetrag zu niedrig erschien. Ich mich andererseits mit den Gebr. Sklarek nicht in Verhandlungen über den Preis einzulassen wünschte, habe Ich mich der pein lichen Erörterung dadurch entziehen wollen, datz ich einen Be. trag zur Linderung von Not verwandte und di« Gebr. Sklarek hiervon benachrichtigt«. Ich erkenne natürlich heute, zumal nach den jetzigen Aufklärungen über di« Persönlichkeit der Ver käufer und de» Wert der Pelzjacke, datz es unvorsichtig von mir gewesen ist, den Pelzkauf zu dulden und — entgegen meinem ursprünglichen Gefühl — die Pelzjack« nicht zurückzu- gleicher Weise werbe die Regierungserklärung auch über die Finanzen und die wünscheneswerlen Mohnahmen zur steuer lichen Erleichterung Auskunft geben. Die Absichten auf dem Gebiete der Sozialpolitik würben ebenfalls umrissen werben. — Briand würde in Beantwortung der vorliegenden Inter pellationen eine umfassende Darlegung geben, bei der er die Fragen der Haager Konferenz und der Kommerzialisierung der deutschen Schulden behandeln werbe. Der Chef der neuen Re gierung habe den Wunsch, dass die Behandlung der Interpella tionen noch am Donnerstagabend zu Ende gehe. Selbst wenn es sich um die einfache Abstimmung darüber handele, solle die Kammer für oder gegen die neue Regierung Stellung nehmen. Man könne gewitz sein, so sch'ietzt das Blatt, datz die Abstim mung zugunsten der Regierung ausfallen werde. Gestern haben drei Fraktionen zur Regierung Tardieu Stellung genommen. Die s o z ia l r e p u b l i k a » i sch e Fraktion (Richtung Painlcve-Briandj hat in einer nicht stark besuchten Sitzung eine Entschliehung angenommen, in der sie sich mit den LinHszxirteieu solidarisch erklärt und betont, das; die gefundene Lösung der Krisis in Frankreich und im Ausland« nicht ohne Besorgnis ausgenommen werde und dah die Beibehaltung der Friedenspolitik Vriand-Herriot die wesentliche Frage bilde, in der man nicht nachgeben könne. Die Fraktion der L in k s r e p ub l i ka ne r dagegen hat ihre Befriedigung über die Zusammensetzung des Kabinetts Tardieu zum Ausdruck gebracht und ihm Unterstützung versprochen. Die Fraktion der demokratische» Aktion Ser Gruppe Maginot hat den gleichen Beschluh gesaht. geben. Einer rechtlichen und sittlichen Schuld bin ich mir nicht bemüht. Die Pelzsacke ist ivenige Stunden nach meiner Rück kehr dem Konkursverwalter der Firma Sklarek zur Verfügung gestellt worden. Ander« Pelzjacken habe» ich und meine Familie von den Gebr. Sklarek nickt bezogen. 2. Es ist unrichtig, datz eines meiner Kinder bei der Firma Sklarek ein iwsondercs Konto „Bötz jun." gehabt hat. Ich und meine Familie haben vor mehreren Jahren vereinzelt Klei dungsstücke von der Firma Sklarek bezogen und »ach Lieferung ordnungsmätztg bezahlt. Datz ich überhaupt Waren von der Firma Sklarek genommen habe, erklärt sich aus der Uelwr- nahme der städtischen KBG. durch die Gebrüder Sklarek. 3. Zwischen den Gebr Sklarek und mir oder meiner Familie haben niemals persönliche oder gesellscl>afi. liäw Beziehungen irgendwelcher Art bestanden. Ich und meine Familie sind niemals.l>ei ihnen zu Gaste gcivesen. ebenso wenig wie die Gebrüder Sklarek bei u. 4. Eine Begünstigung der Gebrüder Sklarek durch mich ist niemals erfolgt und auch niemals in Frage ge kommen. Ich habe niemals aus ihre Lieserungsgesckäne oder Kreditgeschäfte Eiuflutz genommen oder auch nur Eiuflutz zu nehmen versucht. Nach der Dezeriiatsverteiluug und der be stehenden Organisation hal>e ich mit den Licferungsgesckäsie» und de» Kreditgeschäften zwischen den Gebrüdern Sklarek und der Stadt nichts zu tun gehabt. 6. Es ist mir n i e m a l s g e m e ld e t worden, datz die Gebrüder Sklarek hohe Millionen Kredite von der Stadlbank erhalte» haben. Ich habe von den hol>en Mül.onen- krediten der Gebrüder Sklarek erst während der zweiten Halste meiner Amerikareise erfahren. Ich bin von jeher grundsätzlich gegen hob« Kredite der Stadtbank an private Unternehmen ge- ivesen. Ich l)abe bereits iin Jahre 1026 mit dem damaligen Stadtkümmerer Dr. Kaiding und dem Geschäftsführer Schmitt der Berliner Siadtbank ausdrücklich vereinbart, datz hohe Kredite der Stadtbank an Private nicht gegeben werden sollen. 6. Ich verurteile aufs schärfste, datz zwischen den Gebrüder» Sklarek und der Stadt Berlin ein Monopol vertrag ohne die städtischen Körnenctzaften allgeschlossen 'vordem ist. Ich habe von diesem Beriragsabschlutz erst in Amerika gehört. Alle Behauptungen, die mit den vorstehende» Erklärun gen nicht üboreinstimmen und alle sonstige» über mich auf-, gestellten Behauptungen, die darauf hinauslausen, dah ich un erlaubte Vorteile irgendwelcher Art in Anspruch genommen hak>e. sind unwahr und werden von mir gerichtlich »erfolgt werde». gez. Bötz. Oberbürgermeister. Der U nie »-such» ngsliommissar des Oberprüsidcnten hat. wie das Nachrichtenamt weiter mitteilt, dem Obevbürgermeister erklärt, datz das sogenannte Gel>eimko»to „Gusi.w" nach dem Ergebnis der Ermittlungen nichts mit seiner Person z» tun habe Konstanz. 6. November. Prinz Max von Baden, der letzte kaiserliche Reichskanzler, ist tputc srtih nm si.45 Uhr im Alter von 63 Jahren gestorben. Wieder ist ein Zeuge der Vergangenheit dahingegan gen, einer, an dessen Namen sich unvergeßliche Erinne rung an deutsches Schicksal knüpft. Nach Stresemann. dem Außenminister des neuen Reiches, nach Bülow, dein Lieblingskanzler Wilhelm 1>., nun Max von Baden, der letzte Kanzler des kaiserlichen Deutsch land. Nichts beweist besser, daß wir unaufhaltsam in ein neues Zeitalter Hineinrüchen. als diese Gräber, die wir am Wege Hinter uns lassen. Persönlichkeit und Wirken des Prinzen Max von Baden sind in den letzten Jahren heftig umstritten war- den. Die einen priesen ihn als den Wegbereiter einer neuen Zeit, aus dessen Händen das Volk seine volle Frei heit empfangen habe. Die anderen (so Wilhelm ll.s sahen in ihm den Verräter, der die Abdankung seines kaiser lichen Herrn verkündete, ehe sie unterzeichnet war. — Beide Vorstellungen sind wohl irrig. Prinz Max von Baden erscheint uns als ein Mann lauteren Charakters, der klar die Katastrophe voraussah, die lrommen mußte, und von einem unglückseligen Schicksal bestimmt wurde, für die letzten Folgerungen dieser Katastrophe die Verant wortung zu übernehmen. In einem Augenblick, in dem es eines Mannes von härterem Willen bednrst hätte, um das über Deutschland hereinbreäzende Schicksal zu meistern Als Bismarck in Versailles 1871 die Kaiserprokl.r- mation verlesen hatte, brachte der Großherzog von Baden als erster das Hock ans den neuen deutschen Kaiser ans. lind ein badischer Prinz war es. der 1918 dein Volke das Ende der Hohenzollern-Monarchie verkündete. In diesen Tatsachen scheint ein tieferer Sinn zu liegen. Das badische Volk, geistig elastischer und politisch einsichtiger als die meisten anderen deutschen Stämme (die jüngsten Wahlen haben das wieder glänzend bewiesene hat hier wie dort durch einen seiner Söhne gewissermaßen die Varoie für die neue Zeit ansgeben dürfen. Wer Ruhm tür etwas Großes hält, dem mag es beneidenswert erscheinen, Trä ger einer solchen historischen Ausgabe zu sein. Prinz Max hat sein Schicksal, das ihn in schwerster Stunde an die Spitze des Reiches berief, ziveiiellos als tragisch emp funden. Prinz Max war Demokrat, nicht im Sinne einer politischen Partei, sondern im Sinne einer aruiG- sätzlichen Einstellung zum Staat. Aus dieser Einstellung heraus mußte er die politischen Zustände, wie sie in Deutschland Nor 1914 bestanden, als unnatürlich und ver hängnisvoll cmntinden. Seine Amtsführung als P"üli- dent der Ersten Kammer in Baden zeigte denn auch, wel chen politischen Stil er für den richtigen hielt. Seine un voreingenommene Art, Menschen und Dinge zu betrach ten und nutzbar zu machen, erwarb ihm rasch allgemeine Sympathie. Erklärungen, die er im Dezember 1!>I7 in der Ersten Kammer, im August 1918 beim Festakt der hun dertjährigen Verfasstmgsseier in Karlsruhe abgab. zeig ten. daß er klar die innerpolitischen Schäden erkau >:e, die Deutschlands schwere Lage während des Weltkrieges noch ungünstiger gestalteten. Diese viel beachteten Reden waren wohl auch der Anlaß zu seiner Ansang Oktober 1918 erfolgten Berufung als Reichskanzler. Nicht in dem Sinne freilich war Prinz Max Demo krat, daß er die M onarchi e abgelchnt hätte. Die Mon archie galt ihm nach seiner .Herkunft und seiner ganzen Entwicklung als die bessere Staatsform, lind seine Be mühungen im Oktober 1918 waren denn auch in erster Linie darauf gerichtet, die Monarchie zu retten. So er klären sich seine innenpolitischen Reformen, deren Ziel die Herstellung der parlamentarisch kontrollierten Mon archie nach englischem Muster war. Aber auch seine außenpolitische» Schritte, die den Versuch darstelltcn. die unvermeidliche Katastrophe so gliinpslich als möglich zu gestalten. Beide Versuche scheiterten. Außenpolitisch des halb, weil der militärische Zusammenbruch schon zu weit fortgeschritten war. Es nützte nichts, daß der Prinz mit innerem Widerstreben, dem Drängen Lndendorsss fol gend, das Angebot bedingungslosen Waffenstillstandes hinausgab. Nathena», der nm nächsten Tage in einem vielbeachteten Artikel erklärte: „Der Schiit! war falsch!" hat recht behalten. Es war der erste Schritt nach Ber- Die heutige Nummer enthält die Beilage ,.U nter. haltungundWisse n". KaMesehle in der Sklarek-Sache