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Kummer 267 — 28. Jahrgang DMHetni «mal «SOenIl. mit de« Ulustr. Biatlddeilagen .Die Neu- und der Mnderdetlage .ffrohmul'. owte de» rertdeüage» «El. Benno-Blatt'. .Unterhaltung und WMen'. Dt« Veit der 8-m>'.^«er»tllLee Ratgeber' »Das gute Buch' .»Umrund. tz»«t'. Monatlicher «e»n»»»r«>« s Ml. ein,»«. Bestellgeld, ditijelnuinmer ly E Sonnabend, u. Sonntag»innmer »v Hauvtlchrittletter, Lg.». Le»e»tzl. Die,den. SüchUche Do lkSS Dienstag, den IS.November 1926 Veelaggort > Leedden A»,eigr«p»els«, Die lgetvaltene BeM,etle !»y l.^amllle» an,eigen u.Ttellengeinche »Ol- DiePrtitreName,eile brelt I ISr «n,eigen außerhalb de» Berbre,tnng»gebl«t«< E« l die Petitreklame,etle I .»<» ^lk. Brie,ged. »N ^.Im Jak hdberer Gewalt erltlchi >el>e BervMchtung aut Lletenmg lo»ll Erfüllung i>. Rn,»igen>?l»Itrügen ». Letktnng d. Schadenerfah, »elchüNItcher l«U Aet»» He»»»« Dresden. tleschäftVft«»«, lDrnlkit.Eierlagi »ermanta. Wr «erlag und Druikeret, fflllale Dresden, Dresden.«. 1. Bollerstraß« >7. IernrutSIOIL. Polllchecktonio Dresden 7701 Ban Skonto' «tadtbant Dresden Nr ftl7l» Für christliche Pvltiik und Kultur Redaktion der Eächfikchen lvolkSzettung DreSden-SUtlladl l. Polierstraße >7. Zernrin ÄNU und »1012. Der Tag -er Gemeindewahten Unpvttlische Abstimmung Dresden. 18. November. Die politische Lage hat an Klarheit nicht gewonnen. Das scheint uns dos wesentli6>e Ergebnis der Wahlen zu sein, die am Sonntag in Sach sen. Preußen und Hessen stattgesunden haben. Die Be teiligung der Bevölkerung war überall wesentlich stärker, als sie sonst bei Gemeinde wählen zu sein pflegt, in einzel nen Orten kamen LO Prozent der Wahlberechtigten cm die Urne. Daß die Entscheidung in der oder jener Gemeinde anders geworden wäre, wenn man weniger Nichtivähler gezählt hätte, ist schwer zu gl-auben. Alle Parteien haben ikrc Kräfte bis zum äußersten aufgeboten. Das Ergeb nis zeigt kein einlieilliches Bild: weder ein Ruck nach rechts noch ein Ruck nach links ist zu verzeichnen. Deutschland hat noch lange nicht den Zustand der Gärung überwunden, noch) lange nicht haben seine poli tischen Kräfte nach den Stürmen des Krieges und den Nöten des Zusammenbruchs jene Klärung erreicht, die die Stärke der parlamentarisch regierten Weststaaten aus» macht. Dafür hat der gestrige Wahltag eine neue, schmerz liche Bestätigung erbracht. sgi Sachsen l)at der Wahlkampf in allen größe ren Kommunen einen im wesentlichen einheitlichen Cha- raliler gehabt. Fast überall stand eine Listenverbindung der nicht-marxistischen Parteien auf der einen, Sozial demokraten und Kommunisten auf der anderen Seite. Dazwischen Altsozialisten und Nationalsozialisten, schließ lich versprengte eigenbrötlerische Gruppen, die sich mit allerlei „zugkräftigen" Namen, schmückten. Sa hat ja leider die Kampffront schon seit Jahren in Sachsen gestanden. Und auch diesmal ist das Ergebnis genauso gewesen wie von je: e i n e n. w i r k! i che n Sieg hat keine von beiden Seiten errun gen. Ter Hauptstoß der „bürgerlichen" Listenverbiirdun- gen richtete sich gegen die Sozialdemokratie. Aber die Sozialdemokratie hat sich gegen diesen Stoß sehr gut behauptet: sie hat im allgemeinen ihren Bestand ge nährt. in einzelnen Städten (so in Dresden und Leipzig) sogar Mandate gewonnen. Trotzdem ist der von der SPD. ausgegebenen Parole: „Erobert die Rathäuser!" mir ganz vereinzelt in wenig bedeutenden Gemeinden ein Erfolg beschießen gewesen. In allen großen Städten Sachsens sind die Linksparteien in der Minderheit geblieben oder haben ihre bisherige Mehrheit verloren. Das ist auf zwei Umstände zurückzu- fuhren: Einmal auf die starken Verluste der Kom mun isten, die u. a. in Leipzig 5 und in Dresden 3 Mandate eingebüßt haben, zum andern auf das Ver schwinden der Altsozialisten, die mit Aus nahme von Bautzen in keiner der größeren sächsischen Emrindem mehr einen Vertreter haben. Die Mehrheiten der neuen Stadtparlamente — sind ie nun wirklich „bürgerlich" ? Nichts weniger als >as. Man erinnert sich, daß bei der Gemeindeivahl 1926 te Alte Sozialdemokratische Partei in Dresden und vie- en anderen Gemeinden eine entscheidende Stellung zivi- ciien link» und rechts gewonnen l>atte. Die Alt- oziali^en sind verschwunden, aber an hie Stelle sind die N a t i o na l s o z ia l i st e n getreten, die fast in allen großen Städten Sachsens „das Zünglein an der Wage" bil den. Schon die Schlüsselstellung der Altsozialisten, die bei unpassenden Gelegenheiten auch einmal mit der Oppo sition stimmten,,war säpver zu ertragen. Der Ersatz der Alt sozial isten durch die Hitler-Leute aber bedeutet — wie immer man die wohl zum Untergang verurteilte ALP. beurteilen mag — daß an Stelle erfahrener, in der Ver antwortung geschulter Politiker unerfahrene, mit törich te» Wahlverspvechungen belastete Agitatoren trete». Man darf gespannt sein, wie sich die .Herren von der SiSDAP. auf dem ihnen neuen Felde der Kommunalpolitik be wegen werden. Die Erfahrungen, die die bapriscl^ Stadt Auburg init einer von Natioiralsozialisten abhängige,» Vlehrlfeit gemacht hat, sind wenig erbaulich. Jedenfalls iverden wir jetzt in .zahlreichen sächsi schen Gemeindeparlamenten ein ähnliches Schauspiel er leben, wie im Sächsischen Landtage, wo die Nlehrheit von »er Gnade der Herren um Killinger abhängig ist. Sach sen alsDomäne Hitlers — welch ein Schauspiels Vielleicht regt sich in dieser wirklich komischen Situation doch der politische Verstand, vi e l l e i ch t kommt man doch in einem oder anderen der sächsischen Gemeindeparlamente zu der Erkenntnis, daß mit der Formel „Rechts oder Links!" auch in Sachsen nicht alle Fragen gelöst werden können. Vielleicht... » Die Ergebnisse einiger Städte sind bemerkenswert. Zunächst darf-rühmend hervorgehoben werden, daß die Lausitz so „rückständig" ist, die politische Unvernunft, die in Westsachsen den innerdeutsckev Rekord hält, noch nicht in gleicher Weise zu besitzen. In Zittau wird man ohne „Nazis" gegen die Linke regieren können, wahrscheinlich auch in Bautzen. Hoch klingt das Lied vom braven Schirgiswalde, wo — o einzigartiges Wunder im roten Sachsen? — kein einziger Sozialdemokrat und kein einziger Kommunist im Stadtparlament sitzt. Dafür hat das Zentrum dort seine Mandatszahl von 5 auf 6 erhöhen können, die Christlichsoziale Partei, die dort als Anachro nismus noch existiert, hat 2 von ihren 4 Mandaten ver loren. Möchten doch die Christlichsozialen jetzt erkennen, daß ihnen ihr eigenbrötlerisches Vorgehen nichts nützt! Schirgisivalde hat bei dieser Kommunalwahl gezeigt, was katholische Tradition für die Sicherung einer verautwor- tungsbewußten Politik bedeutet, so wie das der katho lische Süden und Westen des Reicl-es beim Volksbegehren gezeigt haben. Wie in Schirgiswalde, so hat sich das Zentrum in anderen sächsischen Gemeinden gut, gehalten. In Pirna zieht zum ersten Male seit Jahren ein Zentrumsmann ins Stadtparlament ein. In Bautzen und Leipzig hat das Zentrum seine Mandate behalten. Ebenso in Dres den. wo es trotz überaus starker Wahlbeteiligung mit eig ner Liste sein Maubat behauptet und gegenüber ber Ge- meindewahl von 1926 etwa 1906 Stimmen gewannen hat. Die Popularität die Verwaltungsamtmaun Müller, der ja bereits l>ei den Landtagswahlen im Mai d. I. als Spitzenkandidat des Zentrums aufgestellt war. genießt, l-at zu diesem beachtliclien Fortschritt sicl)er nicht wenig beigetragen. In einigen Gemeinden war der Wahlkampf beson ders heftig. So in Leipzig, wo noch am Wahltage selbst mit Straßenumzügen und Plakaten eifrig um die Stimmen der Wähler gerungen wurde: mit 84 Prozenß Wahlbeteiligung steht Leipzig weit über dem Durch schnitt. Aber nicht nur Großstädte haben solchen Eifer aufgebracht. Das kleine Seitendorf bei Zittau, wo seit Jahren die eingesessene Bevölkerung sich gegen den von der aufgepropsten Kolonie des Hirschteider Werkes ausgehenden Radikalismus wehrt, hat 91 Prozent Wahl beteiligung erreicht: ein Rekord nicht nur für Sachsen^ sondern für ganz Deutsä'tand. Trotzdem ist es nicht ge« lungen, die Mehrheit der Linksparteien im Gemeinde parlament zu brechen. Game 35 Stimmen hal>en die Ent scheidung gegeben — ein neuer Beiveis, wie wichtig bet der Wahl jede einzelne Stimme ist! Für die R e f o r m b e d ü r f t i g k e i t de» Wahlrechts hat die Gemeinde wähl in Dresden einen neuen Beweis erbracht. Die Altsozialisten blieben 3tz Stimmen unter dem Dahlguatienten und erhielten kein Mandat, während die Vaiksrechtspartei. der fast 200g Stimmen zum Wahlquotienten fehlen. aus Grund de» Listenverbindung mit anderen Parteien ein Mandat er hielt. Man erinnert sich, daß 1926 die Zentrumspartei in Pirna, die auch in Listenverbindung mit den andere» „bürgerlichen" Parteien stand und der nur 3 Stimmen zum Wahlguotienlen fehlten, kein Mandat erhalten hat. Das Wahlrecht ist aber seit 1926 in diesem Punkte ge» ändert worden. Bei dieser Aeuderung hat man aber nur- ein Unrecht durch ein anderes ersetzt, wie der neue Dresd ner Fall wohl init aller Deutlichkeit erweist. Die Wahlen in P r e u ß e n und Hessen müsse» nach ganz anderen Gesichtspunkten beurteilt werden wie die in Sachsen. Der Gegensatz „bürgerlich oder rot" hat dort längst nicht die Bedeutung gehabt wie in unserer engeren Heimat. Einige Erscheinungen freilich, die wir für Sachsen festgestellt haben, lassen M auch in Preuße» beobachten: Anwachsen der Nationalsozialisten, Verlust» der Kommunisten, Stimmengewinne der Dolkspartei auf Kosten der Deutschnationalen. Im Westen IM die Wirt- sckxrftsMrtei, die dort zum ersten Male im kommunale» Wahlkampf eine Rolle spielte, Erfolge erzielt, die ihrem Das Ergebnis in Dresden Stadtverorduetenwahl Stimmen Maildate Landtagswahl Reichstagswahl 1ft29 1926 1029 1926 1929 1928 1. Sozialdemokratische Partei 137» 992 (107 291) 28 (26) 134 783 144 071 2. Deutschnationale Volkspartei . 32 880 (84 933) 7 (0> 39 793 52 008 6. Deutsche Volkspartei .... 57 871 (39 45,0) 12 (10) 58 5,87 60 362 4. Kommunistische Partei . . . 32 178 (38 924) 7 (10) 38 571 42 037 5. Einheitsliste des Mittelstandes 31 536 (24410) 7 (6) 29674 16 697 6. Deutsche Demokratische Partei. 25 100 (17 875) 5 (5) 31635 28 138 7. Alte Sozialdemokratische Partei 4 816 (12 981) 0 (3) 9 75,9 8 024 8. Allgemeiner Hausbesitzer-Verein 16 022 (11 508) 3 (3> — — 9. Hentrrrmspartel .... 5 345 (4408) 1 (1) 5 5,71 4895, 10. Deutsche Rentnerpartei . . . 2060 (-) 0 (-) — — 11. Nationalsozial. Deutsche Arbeiterpartei 17 030 (-) 4 (-) 13 345 8 224 12. Eidgenossenschaft 1855 (-) 0 '-) — — 13. Bolksrechtspartei 2 714 (95,46) 1 (2) 3 368 4 870 Gesamtzahl der gültigen Stimmen. 367 618 (307 264) 35,9 841 365,247 Wahlbeteiligung 74,5 o» C'7.2 °/g) 74.6 o/o 77.9 Der für ein selbständiges Rknndat notwendige Wahlquolienl betrug diesmal 4 876, während er bei der Ge« meindewahl von 1926 nur 4096 betragen hatte. Die Altjozialislen sind nur um 60 Stimmen unter diesem Quotienten geblieben und haben infolgedessen kein Mandat erhalten, während die Dolksrechl-Partei, der mehr als 2000 Stimmen zur Erreichung eiges Mandats aus eigener Kraft gefehlt haben, ihr Mandat nur der Listen verbindung mit anderen Parteien verdankt. Die Ienirumspartet hat fast 500 Stimmen über den Wahlquotien ten aufgebracht. rvet ere Ergebnisse aus sächsischen Gemeinden siehe im Innenblail!