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Sächsische Volkszeitung : 09.05.1930
- Erscheinungsdatum
- 1930-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193005098
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19300509
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19300509
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1930
-
Monat
1930-05
- Tag 1930-05-09
-
Monat
1930-05
-
Jahr
1930
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 09.05.1930
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Die Krise -es Parlamentarismus Eine Rede Dr. Siier-Somlvs Lier Prosejsor und Dekan der rechtswisienjchastlichen Fakultät der Universität Köln, D r. S t i e r - S o in l o , hat bei der Eröffnung des Frühjahrskursus der „Pereinigung für Rechts- und staatswissenschaftUche Fortbildung" in Köln eine fehl beachtenswerte, interessante Rede über die „Krise des Parlamentarismus" gehalten, der man weiteste Verbreitung wünschen möchte. Wir legen unseren Aus. siihrungen den Bericht zugrunde, den die „Kölnische Volks« zeitung" in ihrer Nr. 230 b vom Dienstagabend gegeben hat. Dr. Stier-Somlo ging von der Frage aus. „ob es zu weit gehe, von einer Krise des Parlamentarismus zu sprechen oder nur von K r a n k h e i t s e r s ch e i n u n g e n, die zum Tode führten, wenn nicht Ausschließung neuer Kräste von außen erfolge", und er stellte fest, daß diese Frage in der wissenschaft lich-praktischen politischen Diskussion verneint werde. Eine Krise des Parlamentarismus sei in verschiedenen Formen in der ganzen Welt vorhanden. Dr. Stier-Somlo nannte dabei die Länder: Türkei, Italien, Rußland, Südslawien, Spa nien, Portugal, Litauen, Polen und andere. Er fügte dieser Tatsack>e die absolut richtige Kennzeichnung hinzu: „Der Par lamentarismus ist überall nicht krank, weil die Diktatoren ihn bedrohen, sondern die Diktatoren bedrohen den Parlamentaris» m»s. weil er krank ist.* Dann kam der Redner aus die Gründe, die seiner Meinung nach für die Krise maßgebend sind. Der Parlamen tarismus, so sagte er, sei in der größten Zahl der Fälle in der zurückliegenden Zeit der FUrstengewalt nbgerungcn worden, er sei von sittlichen Ideen getragen gewesen^ habe sich in seinen idealistischen Erwartungen aber übersteigert. Dann lei eine Ernüchterung eingetreten und dabei Hütten sich fühlbare Fehler eingestellt. Dr. Stier-Somlo erinnerte u. a. dabei an das Wahl recht. Alle wüßten, daß das Wahlalter zu niedrig sei, aber nicht jeder wage es auszusprechen. Mit der im 20. Lebens jahr erreichten Erwerbssähiakeit sei noch nicht politische Urteils fähigkeit verbunden. Der Parlamentarismus versage vor allen Dingen in der Auslese der Führerpersönlichkeit. Die Auswahl nach Erprobung, Erfahrung und Maß der Kennt nisse werde unter den heutigen Verhältnissen radikal verworfen. Durch den Mangel aber eines ausgleichcnden Selektionsprinzips sei ein Parlamentarismus vorhanden, der grundsätzlich feine Aufgaben nicht zu erfüllen vermöge. Solange die Aus wahl nach kleinen lokalen oligarchischen Gesichtspunkten ge trosten worden sei. wo die Menschen einander naher gekannt hatten, hätte der Parlamentarismus seine höchste Blüte erlebt. Mit der Verbreiterung des Wahlrechts und der Vergrößerung der Wahlkreise ginge das geistige Niveau rettungslos abwärts. Dann kommt der Redner auf ein auch in Deutschland s<l)on viel erörtertes Thema: auf die Frage des Zwei- K a m mersi) ste m s. Er betont, daß das Problem der zweiten Kammer nicht von der Tagesordnung verschwinden dürse. Der iwrhanbene vorläufige R e i chs w i r t s ch a f t sr a t, der eine berufsständische Körperschaft darstelle, müsse so ausgebaut werden, daß er keine politische Parteirichtung aufweise. Er könne sich auch eine Verbindung vorstellen zwischen Reichswirtschaftsrat und Rerchsrat. Das neue Parlament müsse einmal berufs ständisch er und dann so zusagen land es ständischer Natur sein. Es gäbe keinen anderen Weg zur praktischen Reform, außer der Schassung einer parlamentarischen Körperschaft neben dem Reichstag, bei der es keine politischen Parteien gebe. Auch in Preußen sei eine zweite Kammer möglich. Es sei ein Ausbau des Staats- rates denkbar, bei welchem die Vertreter der geistigen, kirch lichen, künstlerischen und wissenschaftlichen Schichten des Volkes Verüctsichtigung finden könnten. > Dr. Stier-Somlo verlangt mit vollem Recht eine Er- Höhung des Verantwort» ngsbewußtsei ns, er wendet sich gegen die Ausnutzung des Abgeordnetenmandats zu Zwecken persönlicher Art. und er kommt ,n diesem Zusammen hang auf die sehr interessante Frage der Immunität, für die er eine bessere Umgrenzung verlangt. Die heutige Immunität sei ein Skandal. Die Im munität stamme aus dem heimischen Zeitalter des Parlamen- tarismus, wo sie für die Volkstribunen einen besonderen Schutz gegenüber monarchischer Gewalt darstellte. Heute werde die Immunität mißbraucht, um die Justiz zu narren und das straf würdige Verhalten von Parlamentsmitgliedern der Ahndung zu enttieNcn. 2)as letzte Kapitel des Vortrages bildete die heute llblicl>« praktische parlamentarische Regierungsweise und deren Kritik. Dr. Stier-Somlo ist der Meinung, daß die deutsche Form, wonach eine Regierung, der das Vertrauen des Reichstags versagt werde, zurücktreten müsse, den Mangel an Standigkeit der Regierungen und Ministerstürzerei aus sach lichen und unsachlichen Gründen zur Folge hatte. Bei der heutigen Regierungsweise könne man sich nur von heute auf morgen einstellen, nicht aber auf lange Sicht. Es herrschen nur die Gegenwnrtsinteressen, und viele Parlamentsmitglieder Hütten nur ihr eigenes Mandat im Sinn. Der Redner denkt an eine Wahl der Regierung auf drei bis vier'Jahre der Ausschluß' des Sturzes der Regierung auf eine bestimmte Zeit. Die öffent liche Meinung und die Presse halte er für mächtig genug, um unter Umständen auch eine freiwillige Abdankung zu erzwingen. In sehr bestimmter Weise warnte jedoch Dr. Stier-Somlo vor der Propagierung des Gedankens, die verfassungsmäßi gen Rechte des Reichspräsidenten zu mehren. Die verfassungsrechtliche Macht des Reichspräsidenten sei durch den Artikel 48 der Reichsverfassung groß genug. Sie wachse von selbst, je mehr sich das Parlament (wir haben das jetzt erlebt) aktiver, schöpferischer Arbeit entziehe. Alles, was darüber hinausgehe, bedeute das Ende der deutschen Republik. Dr. Stier-Somlo schloß mit dem Wunsche, daß Deutschland von den Folgen einer Entwicklung bewahrt bleiben möge, die sich ergeben müßten, wenn das Schicksal dieses W-Millionen- Volkes von den fast allmächtigen Händen eines einzelnen ge halten werde. s, Diese Ausführungen Prof. Dr. Stier-Somlos be handeln eine brennende Frage, von deren Lösung die politische Zukunft des deutschen Reiches absolut abhängig ist. Es ist begrüßenswert, daß der Kölner Gelehrte sich so offen mit dem Problem auseinandergesetzt hat, zumal er sehr viele Gedanken vorzutragen wußte, deren Verwirk lichung als dringendes Gebot der Stunde bezeichnet werden muß. Die Regierung Brüning, die Vorgänge beim Sturz des Kabinetts Müller und dis Entstehung des jetzigen Kabinetts, hat die Frage nach dem richtig verstandenen und richtig angewendeten Parlamentarismus wieder in den Vordergrund gestellt. Wir müssen uns ernsthaft an die Arbeit begeben, um endlich die Schäden u ndFe h lerausz um erzen,dieu ns er System an sich trägt. Dazu ist zunächst die Er kenntnis dieser Fehler notwendig, dann ein rücksichts loses Eingeständnis eben dieser Fehler, und schließlich derentschiedeneWillezurRefor m. Wir werde« uns demnächst mit den Ausführungen Dr. Stier-Somlos noch näher auseinandersetzen. Ehrung für Oskar von Miller Der Reichspräsident hat dem Schöpfer und Leiter des Deut schen Museums, Exzellenz Eehciinrat Dr. Ing. Oskar von Miller-München zu seinem 75. Geburtstage den Adler schild des Reiches verliehen und mit nachstehendem Schreiben zugehen lassen: „Ew. Exzellenz zu Ihrem 75. Geburtstage meine herzlichste» Glückwünsche auszusprcchen, ist mir ein ausrichtiges Bedürfnis. In einem arbeitsvollen Leben haben Sie der deutschen Wirt schaft und Technik wertvolle Dienst« geleistet und Ihre Arbeits kraft und Initiative bis in die Gegenwart hinein in den Dienst öffentlicher Interessen gestellt. Die Arbeit Ihres Lebens haben Sie gekrönt durch die Schöpfung des Deutschen Museums, dessen weiterer Ausbau durch die in diesen Tagen erfolgte Vollendung des Studienbaues wiederum Ihr besonderes Verdienst ist. Dem Danke des Deutschen Volkes möchte ich Ausdruck geben, indem ich Ihnen die höchste Ehrung zuerkenne, die die deutsche Re publik verleiht, den Adlerschild, der auf der Vorderseite das Symbol des Reiches und auf der Rückseite die Widmung „Dem Schöpfer des Deutschen Museums" trägt. Diese Ehrung soll Ihnen ein Zeichen dafür sein, daß mit mir das Vaterland Ihres Geburtstages gedenkt. Mit den besten Grüßen und den aufrich tigsten Wünschen für Ihr weiteres Wirken und Schaffen bin ich Ew. Exzellenz sehr ergebener gez. v. Hindenburg." Das werdende Kabinett Dresden, 8. Mai. Der Ausbau des künftigen Kabinetts Schi eck be ginnt jetzt deutlich zu werden. Am Mittwoch hat Ministerprä sident Schleck die beiden bisherigen Minister Richter und Man ns seid besucht und sie anfgcsordert, auch in seinem Kabinett wieder das Innere und die Justiz zu übernehmen. Beide Herren habe» zngesagt. — Weiler bestätigt es sich nun mehr, das; Dr. Schieck dem Ministerialoirelrlor i. R. Dr. I n st das Finanzministerium angeboten hat. Geheimrat Inst hat dir Annahme dieses Amtes jedoch abgeiehnt. Es verlautet, daß Ministerpräsident Schieck glaubt, daß vier Minister' (einschließlich des Ministerpräsidenten! für das sächsische Kabinett völlig ausreichend sind. Dem Bernchmen nach will der Ministerpräsident das Volksbildungs-Ministerium mit übernehmen, der Innenminister soll weiter das Arbeitsminisie- rium cind der Finanzministcr das Wictschastsministerium mit verwalten. Am Dienstag hielt der beäannte nationalsozialistische Reichstagsabgcordnete Straffer in Kamen.', eine Rede, in der er auch ans die Wahl des Präsidenten Schieck zum Mini- sterpräsidenien zu sprechen kam SIrasser erklärte, die Natio nalsozialisten würden nicht dulden, daß der neue Ministerprä. sident Männer berufe, die gewillt seien, verkappte marxistische Negiernngspolitik zu treiben. Die Nationalsozialisten würden Ihre StellungnalMe zum Austösniigsaiittaq der Linksparteieik von der Zusammensetzung des Kabinetts abbänaia mache». Vrrrrlrn un6 Umgebung Trauerseier für Dr. Karfk Dresden. 8. Mai. Im großen Sitzungssaal der Industrie- und Haiioelskam »er Dresden fand gestern nachmittag eine T r a nersei e r für den so tragisch ums Lebe» gekommenen Smidikns Tr. A n n u s: K a r st statt. Eine überaus zahlreiche Tranergemeinde nahm an dieser Feier teil. u. a. sah man Vertreter der staaliichen uns släölncben Behörden, der Industrie, des Handels und der Bankweit. Bor dem Sarge, den ein Berg von Blumen und Kränzen bedeckte, hielten Chargierte der katholiich-de.ttiehen Sttidenterwcrbindn'ig Saro Thnrmgia lE. B.) die Ehrenwache. Ein Orgelvorspiei und die weihevollen Klange eilies Largo» von Haydn, gespielt vom Dresdner Streichguainelt, leiteten die Trailer feie, ein. P rä ! al D r. K aise r sprach über dem Sarge die kirchlichen Gebete und würdigte dann in bewegten Worten die Persönlichkeit des Toten. Ec zeichnete ik» als eine religiöse Per sönlichkeit. die erwachsen sei ans dem Schoße einer gläubig katho lischen Familie. Das Höchste sei ihm stets der christliche Geist ge wesen. der auch ans der Höhe des Strebens und Erfolges den Menschen znrücksnhre zum Urguell alles Guten. Dr. Karst sei im Leben ein Vorbild und ein Beweis dafür gewesen, daß dir Grundlage des Glaubens erhalten werden muß. wenn der Mensch harmonisch sein Leben führen soll. Ein Zeugnis, wie der Ver storbene es mit seinem Leben gegeben habe, verdiene Beachtung. Es würde besser stehen um unsere Zeit, wenn alle dieses feste Fundament einer echten Religiosität hätten. Dankbar gedachte Prälat Kaiser auch der Mitarbeit des Verstorbenen im C B.. dem er beigetretcn sei in einer Zeit, !n der die Zugehörigkeit zu einer solchen Korporation in erster Linie ein Opfer bedeutet habe. Er rühmte die Vernistrcns. das Gerechtigkeitsgefühl, das soziale Verständnis des Verstorbenen und schloß mit dein Wnnsche. daß das Andenken des Verstorbenen als einer geschlossenen religiösen Persönlichkeit als Vorbild iveitcrlcben möge. Der Chor der Kapellknaben der Hofkirche sang hierauf deck Choral: Der Herr ist mein Hirte. — Präsident Wols sprach snr die Dresdner Industrie- und Handelskammer. Die ganze Lebens, arbcit von Dr. Karst sei der Kammer und der sächsischen Wirt- scl>aft gewidmet gewesen: nahezu LI Jahre habe er die Geschäfte der Kammer mit glänzendem Geschick und Erfolg geführt. Ein ausgezeichneter Kenner der sächsischen Wirtschaft, sei er in hohem Maße befähigt gewesen, praktische, wirtschafispolitische Arbeit für die sächsisckze Heimat zu leisten. Dabei Kobe er nie vergessen, das Ganze im Auge zu behalten ans der Erkenntnis heraus, daß ein einzelner Wiriscljastsziveig nur dann gedeihen könne, wenn er sich Ein Weihespiel -er Nation Stnweis aus Alberk Talhosss »»Totenmal" Große Dinge bereiten sich in München vor. Ein« chorlsche Bühne richtet fick auf, und der Schweizer Dichter AlbertTal - Hofs hat dafür das erste Stück geschaffen, nämlich das „Toten- in a l". Es nennt sich eine „dramatiscy-chorische Vision für Wort, Tanz, Licht". An Persönlichkeiten, die unmittelbar beteiligt sind, wird für die Gesamtregie. Raum und Bühnenbild, genannt der Dichter selber, für di« Leitung der Choreographie und als soiistisch-länzcrische Hauptfigur Mary Wigman, für die licht- und theatertechnische» Einrichtungen Professor Adolf Linnebach, für Maske» und Ausgestaltung des Raumes Professor Bruno Eoldschmitt, für die Einstudierung der sgrechorchestrischen Partitur Karl Vogt. Sechzig Verufs- si'icä>cr und Bernfstänzer werden Mitwirken. ItiÜO Sitzplätze warten auf Teilnehmer aus den deutschen Landen und aus aller Wett. Erster Vorsitzender der neugegrüiideten „Gesellschaft zur Förderung dramatisch-synthetischer Kunst dcr Gegenwart" ist der Staatstheaterdircktor Konstan tin Heydel, und das Protektorat des Ganzen hat die L'.adt München übernommen. Di« Ausführungen rverden vom 2n. Juni bis zum D. September gehen. So fällt der Anfang dieser Darstellung mit dem dritten deutschen Tänzer- kongreß zusammen, der vom 19. bis 25. Juni ebenfalls nach München einberusen ist. Manche werden den Besuch von Ober au,mcrga» mit einer Reise zu dieser cigeulümlich neuen chori- sclieu Bühne verbinden. Dieses alles sei hier angeführt, well es immerhin eine gewisse Vorstellung von dcr Größe des ge- vlanten Unternehmens und von den Hoffnungen, die man darauf sitzt, vermitteln kann. Es ist natürlich nicht möglich, ein endgültiges Urteil über ein Spiel abzugeben, das man nur in einigen Bruchstücken erst kennt, dessen Erfolg durchaus auf einer Gesamtwirkung der ver schiedensten Kräste beruht, die erst bei der Aufführung selbst in Erscheinung treten kann, dessen Gelingen überhaupt von zahl losen Unwägbarkeiten abhängt. Dennoch kann ein Stück Kritik schon vorher geleistet werden, jenes Stück, das nach Goetbes Ansicht d«« Ausgangspunkt aller Kritik bilden sollte, di« Klä rung d«U««, was der Schöpfer des Totenmnles »nd mithin auch der choeifchen Bühne sich voraeletU bat. Darüber «iniaes zu sagen ist mir deshalb vergönnt, weil ein glücklicher Zufall es »Ar ermöglicht hat, den Dichter Albert Talhoff Heine Mitarbeiter und feine Gönner in München, wenn auch, leider noch allzu fluchtig, kennen zu lernen. Die Zeit reicht grade, um einige Proben mitanzusehen, um das prächtige Finale der Dichtung zu vernehmen, um in stundenlangen Gesprächen wenigstens etwas vom Geiste des Gewollten in sich aufznnehmcn. Wer sich über das. was hier folgte, noch hinaus mit dem Unternehmen be schäftigen will, der lese die kleine Schrift von Fritz Böhme dar über, die von der „chorischen Bühne" knrausgegeben wird (Mün chen, Postamt 13, Schließfach). Das Werk „Totenmal" erscheint in einer Text- und einer Buchausgabe in verschiedenen Sprachen in der Deutschen Verkagsanstalt Stuttgart, Was will also Albert Talhosf? Es ist etwas Künstlerisches und etwas Ethisch-Religiöses zugleich. Beides lebt in ihm als eine vollkommene Einheit, darf man auch vielleicht die Betrach tung beider Richtungen seines Schaffens jede für sich ins Auge fassen. Beginnen wir mit dem Künstlerischen. Es wird immer darauf ausaehen, das Zeitbild selber im Ewigen zu gestalten. Dieses Zeitbild nun, ln dem mir uns bewegen, hat seine ganz be stimmten Eigentümlichkeiten. Es ist nicht mehr das von früher, cs ist in vieler Hinsicht neu und andersartig. Durch die ganze Breite des Lebens hin sehen wir ein Bemühen, aus dem Leer lauf des Organisatorische», des Abstrakten, des unfruchtbar In tellektuellen berauszukommen. Dahi» zielen vor allem jene Be- strebungen, die so oder so mit dem Leib, mit dem Dlutvollen, mit dem Lebendigen zu tun haben. Sport, Tanz, rhythmisches Turnen gehören dahin. Auch das, was wir in der Musik, in der Architektur und in der Lebenshaltung überhaupt gewahren, mel det sich hier an. Nor allem kommt auch das in Betracht, was aus der technischen Svelt an künstlerischer Wirkung heroorwachscn will bis in die Lichtcffekte hinein, mit denen die großen Städte bei festlichen Gelegenheiten prunken. All dieses Neue das un bekümmert um die Gesetze der reifen Schönheit einfach bei uns wächst, oft nicht einmal einem künstlerischen Ideal. Zandern ein fach dem Zweck und der Reklame dienend, stürzt auf den modernen Menschen ein, rwrivirrt ihm Sinn und Herz, erschüt tert ihn In seiner gewohnten Sickwrhcit. lx-berrscht ilm mit seiner »nnatttrlickx» Steigerung der Reize, bedroht ihn und seine Kul tur mit einer Art geistiger Anarchie »nd schreit gradezu »ach einem schöpserischen Geist, der von der Herrschaft einer über ragenden Idee ans. vom Urbild einer gestaltenden Kultur der alles dieses ergreift und in de» Rahmen einer köderen Ordnung sowie in den Neigen ver SchSiihelt zwingt. Dazu ist vor allem nötig, daß einmal jeder Einzclwirkung, die sich in ihrer Berein« zelung gern zum Tyrannen aller andern aufwirft, die richtige Stelle im Ganzen eines Gcsamtknnstwerkes zugewiesen werde. Diesen seinen sesten Willen hat Talhoff dadurch bekundet, daß er dem Wart, dem unmittelbarsten Ausdruck der Seele, jener künstlerischen Gestalt, die mehr als jede andere das tiesste Ge heimnis des Menschentums in sich birgt, die erste und die füh rende Stelle zurückgibt. Damit ist eine Hierarchie der künstle rischen Werte wiederhcrgestellt, die schon weithin das Opfer un organischer Einbrüche geworden ist. c Dadurch, daß das Wort wieder führend wird, ist es möglich geworden, dem neuen Werk auch eine klare und alles zu höchster Wirkung zusammenreißcnde Idee zu geben. Auch der Tanz, auch die Musik, auch die Baukunst sind der Ausdruck von Ideen. Aber sie sind doch nicht imstande, diesen Ideen einen völlig eindeuiigen Ausdruck zu geben. Man spürt wobt in ihnen de» göttlichen oder den dämonischen Hintergrund, sie rcickzen am Ende sogar tiefer in die Abgründe der Ahnung und der letzten Geheimnisse hinein, aber sie stehen hinter dem Worte zurück, wenn es genaue Prägung einer übersinnlichen oder gar einer übernatürlichen Idee geht. Sie versinken sogar ohne das Wort und seine mtta- phnsisckien Möglichkeiten leicht in den chaotistlx-n Untergrund, wo animalisches Fluten an die Stelle geistiger Bewegung tritt und Kunst voriuscht, wo doch nur dumpfer Trieb ist. So tomntt es denn, daß uns Talhosf aus die Frage, welcher Idee sein Stück diene eine vollkommen klare und befriedigende Am wen geben kann. Es dient einfach im großen Sinne der christlichen Idee. Es dringt in das Gestlzehen des Welttrieaes unter dem Boran- leuchten eines Glaubens ein. der das Geheimnis des Kreuzes und das eniipreckrende der Verwandlung im Mittelvuntle dal. Aus diesem Glauben brechen Lichter ans. fließen Akkorde, er bebe» sich Einsichten, ström- ein übergewalliges Gefüllt, das weit und groß und lief genug ist. all das Färchlerlickn.- in sich anszn- nedinen. cs zu verklären, es in neue, erdabene Lei-e ns werte nm- znietzen. Daß die Formung eines solaren Wertes smi ganz selbst verständlich so gestalten lieg, daß es sowobl dem Katholiken als auch dem Prolesionten. ja äberdaupt jedem Meirichen, der den göttlickren Lichtsnnken in sich bittet und sein Lebe» leise danach richtet, «in erschütterndes Erlebnis sein kann, daß es auch in diesem Sinne alle echten Kräfte unieres Volkes '» einer Feier n einen lermag. daß es darum gradezu ein Weibespiel der »atton werden kann das laßt uns aiadezu da» Allerdöcküte vo»
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