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Sächsische Volkszeitung : 13.10.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-10-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192610139
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19261013
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19261013
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-10
- Tag 1926-10-13
-
Monat
1926-10
-
Jahr
1926
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 13.10.1926
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'Dittrvoch, den 18. Oktober 1926 Nr. WS: Seite 2 - Abgesehen von den Programmpunkten, die über a l l- ge meine Weltpolitik, Locarno und die A b - r ü >'. u n g s k o n f e r e n z handeln, wird vor allem auch die Frage zur Erörterung stehen, wie in der auswärtigen Politik eine dauernde Fühlungna h m e mltden Dominions organisiert werden kann. Die Dominions sind nicht geneigt, sich hieran wie bei dem Vertrag von Locarno einfach vor voltendete Tatsachen stellen zu lassen und erstreben eine Umwandlung ihrer le diglich koinniissarischen Vertretungen beim Kolonialamt in London in regelrechte Gesandtschaften beim Foreign Office. Dieser Frage nach der Vertretung der Dominions m London entspricht die andere liech umstrittene Frage nach der Art de' Vertretung der Krone in den Domini ons. Die englische Krone ist in den Dominions durch Ee- neralgouverneure vertreten. Nun. haben Irland und Kanada den Antrag gestellt, diese'Generalgouverneure jeweils aus den Staatsmännern des betreffenden Domi nions auszuwahlen und nicht landfremde eng lische Gouve r n e » r e zu entsenden. Dieser Antrag wird sogar von Australien unterstützt. Ebenso der zweite, demzufolge die Dominions ihre Vertreter auf der Konferenz selbst finanzieren wollen, um sie nicht dort — als Gäste der englischen Negierung — in ihren politischen Funktionen gehemmt zu wissen. / - Schließlich wird noch die A u s w a n d e r u n g's - und Siedlungsfrage nusgerollt werden. Die eng lische Regierung wird sich nämlich bald vor die Aufgabe gestellt sehen, größere Mengen von Auswanderern als bisher auszusenden, weil selbst nach lleberwindung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten eine so erhebliche Anzahl von Arbeitslosen übrigbleiben wird, daß man für ihre anderweitige Unterbringung Sorge tragen muß. Bekenntnisse zur Weimarer Verfassung Kassel, de» 12. Oktober. Der 5. preußische Richleriag, der gestern in Kassel eröffnet worden ist, hat folgende Entschließung unter starkem Beifall ein stimmig angenommen: „Die im Preußischen Richterverein ver einigten Richter und Staatsanwälte erblicken in der Weimarer Perfassung die Grundlagen des Rechts und die Gewähr für den Bestand des Vaterlandes und bekunden ihre unerschütterliche Verfassungstreue. Die Richter sind Diener des durch Gesetz nie dergelegten Willens des deutschen Volkes, nicht Diener irgend einer Parlci. Sie erachten es daher als ihre Pflicht, die Verfas sung der Republik als oberstes Gesetz des deutschen Volksstaatcs zu stärken." Diese Entschließung ist ein neuer Beweis ^afür, daß die Fülle, in denen gegen Republikaner von seiten eines Richters be wußt ungünstig geurteilt worden ist swie z. B. in Magdeburg) Einzelfälle sind und daß die überivältigende Mehrzahl der Richter vorurteilssrei aus dem Boden der Verfassung steht. Hamburg, den 12. Oktober. Artur Mahraun, der Hoch meister des Iungdentscheu Ordens, betonte gestern in einer Zu sammenkunft des hiesigen Iungdo, daß zwischen den rechtsradi kalem Verbänden und dem Iungdentschen Orden unüberbrückbare Gegensätze der Weltanschauung beständen. Mahrann bekannte sich zur Weimarer Verfassung, die dazu da sei, die Interessen des Einzelnen denen der Gesamtheit unter,znordnen. Zwischenfälle im Femeausfchutz München, 12. Oktober. In der gestrigen Sitzung des Femeansschusses wei gerte sich der erste Zeuge, General von Epp, bei der Ver eidigung die Hände aus den Hosentaschen zu nehmen. Trotz wiederholter höflicher Belehrung durch den Vorsitzenden Abg. Sch etter (Zentr.) kam der Zeuge der Aufforde rung erst nach, als der Ausschuß ihm ein Mißbilligungs- votnm erteilte. Nach einem scharfen Zusammenstoß mit dem Abg. Mittelmann (D. Vp.) jagte der General schließlich aus. Seines Wissens habe eine Feme überhaupt micht bestanden. Es hätten lediglich einige Leute zur Selbsthilfe gegriffen, da gegen den Waffenvcrrat nichts geschehen war. EPP will sich nicht entsinnen können, den Fememörder Schweighardt irgendwie empfohlen zu haben. Nu Einzelheiten könne er sich im übrigen nicht mehr er innern. Der aus dem Hitlerpmsch bekannte Hauptmann Rühm erklärte, er habe vor Männern wie Schweighardt, die aller größte Hochachtung. Da der Zeuge Nöhm sich weigerte auf Fragen des Abg. Dr. Levi zu antworten, wurde er in eine Geldstrafe von 890 Mark genommen. Der ehemalige Leutnant Schweighardt, der dann wernonimen wurde, wird des Mordes an dem Dienst mädchen Sandmann und dem Abg. Gareis beschuldigt. Er bestreitet aber die Mordtat und erklärt, er habe zur Zeit der Ermordung der Sandmann a» einer Festlichkeit teilge nommen, und sei zur Zeit der Ermordung dies Gaveis ln Graz gewesen. Opfer des Sturmes Amsterdam, 12. Oktober. (Drahtb.) Der schwere Sturm, der seit drei Tagep über Hol land wütet, hat am gestrigen Montag eine große Reihe von Opfern gefordert. Ein Herings sä nger mit 18 Mann an Bord ist im Sturm untcrgegangen und mit Mann und Maus in den Wellen verschwunden. Einige Leichen wurden bereits angespült, doch konnte man des Schiff trotz langen Kuchens bisher nicht finden. Ein anderer Heringsfänger Ist ebenfalls dem Sturm zum Opfer gefallen. 12 Mail» der Besatzung kamen in den Wellen um. Der Fischer selbst und ein Schiffsjunge wurden von einem deutschen Dampfer aufgenoimnen. Der Junge ist an der Erschöpfung gestorben, während der Fischer schwer verwundet im Hospital Aufnahme fand. Weiter wird gemeldet, daß der polnische Dampfer Wisla strandete. Zwei Mann der Besatzung wurden durch die Wellen über Bord geworfen und ertranken. Die übrigen konnten von einem Schlepper gerettet werden. Man fürchtet, daß ein drittes Heringsboot, das dtzeser Tage zurückkehrcn sollte, gleichfalls im Sturme unteraegangcn ist. Aus ver schiedenen Teilen des Landes, besoiroers aus den Ufergebie- tru der Maas, werden Ueberschwcmmunocn gemeldet. Auf der Maas hat gestern das Schiff Larenberg den Schlepper Dänemark übcrrannt. Die vier Mann starke Besatzung des Schleppers ertrank. Die Leichen konnten bisher noch nicht gefunden werden. -f Paris—Köln in zwei Stunden. Die Bossische Zei tung meidet: Der Leiter des französischen Zentralflug- hasens Le Vourget bei Paris flog gestern in zwei Stunden von Paris nach Köln. Reiseziel ist Berlin. An Bord befand sich auch der Leiter des französischen metrologischen Insti tuts, der einen Besuch der deutschen Station erwidern will. Die Reise gilt gleichzeitig dem Studium der Organisation der großen deutschen Flugplätze und Luftverkehrsei nvich- tungcn. WitternngSanSsichten: Wechselnd, vorwiegend stark be wölkt: anfänglich noch Neigung zu Niederschlagsschauern, auf dem Erzgebirgskamm möglicherweise als Schnee. Flach land kühl bei lebhaften westlichen Winden. Gebirge sehr kühl bei stürmischen nordwestlichen Winde». Luftbewegung !m Laufe des morgigen Tages abflauend. Voraussichtlicher WiticrungScharakter des Donnerstag: Keine durchgreifepb» Aenderuna de» jetzt herrichenden WUterunaSchavalter» «MII. O i»llS WM Das Londoner Blatt „The Spectaior" verössentllcht seit einiger Zeit „I ug e n d c r i n n e r u » g e n des deutschen Exkaisers". I» einem Kapitel wird „Bismarck und der Kulturkampf" behandelt. Dabei kau» es sich Wilhelm II. nicht versage», gehässige und beleidigende Angriffe gegen das deutsche Zcnirum und indirekt gegen de» Katholizismus zu richten. Wiih'lm schreibt: .Es Iran» heute nicht mehr zweiselhasi sein, daß dieser Kamps (der Kuliurtzamps) eine vernichtende Kata strophe für die geistige Einheit Deutschlands war. vor allem indem er die Stärkung der Zentrnmspartel nach sich zog. Denn bas Zentrum, das ursprünglich ans einer klerikalen und sxrrtikularistischen Opposition gegen die Grün dung des Reiches hervorging, vereinigte ans Grund duner Ten denz Elemente in sich die politisch, sozial und konfessionell — beispielsweise die Polen, die Elsässer und die protestanischcn Welsen — so verschieden voneinander waren, daß niemand ihm eine lange Lebensdauer prophezeit haben würde. Es war nur der Kulturkampf, der fest zusammeuschweißte. Als die Ver tretung der klerikalen Martprer im Kampfe gegen Bisniarcks „üip.klelianische Chriftenuersolgung" gewann es ausschlaggeben den Einfluß auf die Massen der katholischen Wählerschaft und büeb zum Schaden unseres Vaterlandes am Lebe», auch als die Beendigung des Knllurkampses ihm die Existenzberechtigung entzogen hatte. Einzig in Europa als eine konfessionelle Partei in einer politischen Körperschaft, wurde das Zentrum sozusagen zum Selbstzweck. Geistig abhängig von einer aus wärtigen Macht, dem Papsttum, konnten die Führer der Zentrumspartei weder ihre natürliche Abneigung gegen das protestantische Herrscherhaus verleugnen, noch sich zu einem vor behaltlos freudigen Bekenntnis zum Reichsgcdcniken aufschwin- geu. In Ermangelung jedes konsequenten Programms für eine nationale Politik, <!) »ahm die Haltung dieser konfessionellen Partei in allen grundlegenden politischen Frage», in allem für das nationale Leben Wesentlichen auch den Charakter eines ungenierten Opportunismus und einer Selbstsucht (!) an. den sie bis auf den heutigen Tag behalten hat. Nichts liegt mir ferner als der Wunsch, die Vaterlands liebe der Millionen deutscher Zentrumsanhänger zu leugnen. Nichtsdestoweniger habe ich aus Grund vieler melancholischen (!!) Erfahrungen die Ueberzeugung gewannen, daß der aufrichtige katholische Idealismus, der diese Wählermassen beseelt, miß braucht wird von Führern, deren politisches Treiben in keiner Weise den wahren Wünschen ihrer Gefolgsäzaft entspricht. Das dies möglich war und noch möglich ist, läßt sich indessen ans dem unglückseligen Eindruck erklären, den der Kulturkampf in den Gemütern der deutschen Katholiken zurückgelassen !>at. Von dieser Erinnerung lebt die Zentrumspariei noch heute: das ist sogar jetzt noch die Quelle ihrer Macht. Und so müssen noch kommende Geschlechter leide», weil der Staat der Bismarckschen Aera einmal dem Papsttum als Gegner gegenüberirat. Ich hatte allerdings auch den Vorzug, eine Reihe von her vorragenden Katholiken kennenzulerne». Zuerst von ihnen alle» muß ich meinen Onkel, Kardinal Gustav Hohenlohe, den jüngeren Bruder des damaligen Botschafters in Paris und späteren Reichskanzler, nennen. Er war ein bezaubernder, kul tivierter Mann», ein sehr unabhängiger Prälat, ein ganz ent schiedener Anhänger der deutschen Negierung und durä>aus ge willt, die Sache Deutschlands beiiy Vatikan hochzuhallen: ,,, seinem Arbeitszimmer hing sogar ei» Porträt' Bismarcks, von dem Fürsten eigenhändig gezeichnet. Von der Zentrumspartei, besonders von WindiHorst, trug ihm das entsprechenden Haß ein. Er schuf sich eine gute Stellung in Rom, wo er lebte, besonders unter Pius IX., den er auf seiner Flucht nach Gaeta begleitet hatte. Unter den tüchtige» und einsichtigen Katholiken, mit denen ich frei über alles sprechen konnte, muß ich auch den Fürstbischof von Prag, Kardinal Schönborn, und den hervorragenden Kardinal Ko pp nennen, dessen einfaches, gehaltvolles und echt deutsches Wesen den denkbar größten Reiz für mich hatte. Da war auch ferner noch A n d r ea s T h i e I, der Bischof von Erin» land. der ein hohes Alter erreicht nnö unter vier Herrschern gedient hatte; von Kadien ging ich häufig ans Besuch zu ihm hinüber. Sehr gut stand ich mich auch mit dein jungen lebhaft, ten und energischen Prior Scheu fsgen von Trier; wir habMH osl sreimülig und ohne Vorbehalt Gedanken aiisgetauscht. Das alles waren Männer, deren politische Aussassung ganz und gax von derjenigen unserer Zentruinsparteifithrer vörschie- den war. In der Zeit, von der ich soeben gesprochen Hobe, als der Kulturkampf abgebrochen worden und die Wicderaussöh- nung zwischen der Kurie und der preußischen Regierung voll zogen war, erwiesen diese Führer sich vollkommen extremistisch und i» Wahrheit päpstlicher als der Papst. In jenen Tagen konnte man oft die Frage hören, ob Windthorst oder Leo XIll. der Papst sei, und zuweilen siel die Antwort sogar zugunsten des ersteren aus. Mir persönlich war es eine Quelle des Ver- gnügens und der Befriedigung, daß Männer, wie Kopp und andere katholische Würdenträger häufig meine Gesellschaft suchten und mir in der denkbar freimütigsten Weise ihr Ver trauen schenkten. Wie ich meinem Onkel Hohenlohe mit Stolz erzählen konnte, war es mir bei verschiedenen Gelegenheiten auch möglich, die Wünsche dieser Männer zu fördern und mit Erfolg für ihre Erfüllung zu sorgen. So war es mir zu meiner aufrichtige» Freude vergönnt, mit meinen bescheidenen Kräften einigermaßen an der friedlichen Beilegung des unheilvolle» Streites mitzuarbeiten.* Nach all dem, was man früher über die Einstellung Wilhelms zum Zentrum und zum Katholizismus gehört hat, brauchen uns diese sentimentalen (!) Herzensergüsse gerade nicht wnnderzunehmen. Der ehemalige Kaiser spielt hier hervorragende katholische Männer gegen das Zentrum aus. eine Methode, die seit 1918 in Deutschland vielerorts besonders in Mahlzeiten recht beliebt geworden ist, und in der sich zu üben ja auch Wilhelm II. in Doorn genügend Muße gefunden haben dürfte. Wir müssen bedenken, das; dieser Mann sich einst als Kaiser aller Deutschen ehren und titulieren ließ. Inwieweit er dieses Ehrentitels unwürdig war, erhellt aus Vorstehendem zur Genüge. Wir bedauern, daß er all denen, die ihm als dem ehemaligen Herrscher Deutschlands gern noch eine gewisse .Hochachtung bewahren möchten, auch diese Gefühle allzu» sehr trübt. Tumulte im PreutzenlanLkag Berlin, 12. Oktober. Der preußische Landtag nahm gestern die erste Lesung des Gesetzes über die Abfindung derHohen- zollcru vor. Dabei verursachten die Kommunisten, wie vorauszusehen war, wüste L ä r in s z e n e n. Sofort bei Beginn der Sitzung, als der preußische Finanzminister Dr. H ö P k er - A s ch o s f das Wort ergriff, riefen die Kom- luunisten „Hohenzollernschieber" und „Gehen Sie in die Sieges-Allee". Der Präsident mußte schließlich die Sitzung auf einige Minuten unterbreche». Nach Wiederaufnahme der Sitzung kam endlich der Finanzminister zu Wort. Er gab einen Ueberblick über den Verlauf der Vergleichsverhand lungen und wies darauf hin, daß »ach der Ablehnung des KompromißautragcS im Reichstage keine Möglichkeit mehr bestand, die Sache auf gesetzgeberischem Wege zu regeln. Es sei also nötig gewesen, die Frage der Vermögensauseill andersetzung mit dem ehemals regierenden Königshanse auf dem Wege des Vergleichs zu regeln. Der Minister empfahl zum Schluß die Annahme des Kompronlißentwurfes, der bedeutende Verbesserungen gegenüber dem früheren Ver gleich enthalte. Abg. Pieck (Komm.) stellte den Antrag, dem Minister präsidenten das Vertrauen zu eirtziehen. — Abg. Bar th e l s-Crefeld (Komm.) erklärte, der Hohenzollernschacher könne nur mit zweifellos bestochenen Volksvertretern durch geführt werden. Wenn die sogenannte Republik noch An- standsgesühl besäße, müßte sie sämtliche Hohenzollcrn des Landes verweisen und sie entschädigungslos enteignen. — Ein Antrag der Kommunisten, den Ministerpräsidenten hcK'beizurufen, wurde gegen die Antragsteller abgelehnt. Abg. Heilmann (Soz.) erklärte, es seien keine Aus sichten dafür vorhanden, daß der Reichstag im Winter eine befriedigende Lösung zustande bringe. Die Sozialdemokraten treffe lein Vorwurf, wenn sie auf den Boden des Vergleichs treten, der sich im Nahmen des letzten Reichstagskompromis- scs halte. Weil größere Schädigungen zu befürchten seien, werde vre sozialdemokratische Partei der Verabschiedung der Vorlage keine Hindernisse in den Weg legen. Abg. Dr. Winkler (Dnat.) begrüßte es, daß durch ein weites Entgegenkommen des Königshaus» die gegenwärtige Vorlage ermöglicht fei. Von ihr sei eine Entgiftung des politischen Lebens zu erwarten. — Abg. Dr. Leidig (DVP.) bezcichncte den Vergleich als ein befriedigendes Resultat für beide Teile. Es kamen dann noch ein« Reihe kommunistischer Redner zu Worte, die sich gegenseitig i» Beschimpfungen überboten. Der Abg. Casper (Komm.) schüttete schließlich dem Deutsch- nationalen Abgeordneten Wiedemann ein Glas Wasser ins Gesicht. (!) Casper wurde von der Sitzung ausgeschlossen. Die Anträge der Kommunisten auf Herbeirufung des Innen ministers und des Handelsministers, sowie der Miß trau c ns a n t r a g gegen den Ministerpräsidenten wurde gegen die Stimmen der Kommunisten abgelehnt. Die Vorlage wurde schließlich nach einem Schlußantrage des Abg. Herold (Ztr.) dem Hauptausschuß überwiesen. Nach Schluß der Sitzung kam e» noch zu Tätlichkeiten zwilchen Kommunisten «nd Sozialdemokraten, in dessen Verlauf der Kommmnnist Hoffmann dem sozialdemokra tischen Abgeordneten Klodt «inen Fußtritt versetzte. Im Anschluß an die Sitzung trat sofort der Haupt- ans schuß des Landtages zusammen. Der HauPtauSschuß hat gestern abend die Vorlage über den vergleich mit dem L-Lenzollernhan,« bei Stimmenthaltung der Sozialdemo kraten mit allen gegen di« drei Stimmen der Komm „nisten angenommen. Die Vorlage ist nnn an das Plenum zurückgegangen »nd wird heute und morgen in zweiter »nd dritter Lesung verabschiedet. Die KoalMonsmSglichkeilen In Verfolg einer Einladung der Zentrums fraktion des preußischen Landtages an die Fraktion der Deutschen Bolksp artet fand gestern abend die erst« Besprechung zwischen den Führern beider Fraktionen zwecks Bildung einer Koalition in Preußen statt. Die Besprecht»», gen werden heute fortgesetzt. Zur Entschließung der preußischen Landtagsfraktivn der Deutschen Völkspartei, dnß die Partei zu Besprechungen über eine Regierungserweiterung bereit sei, wird der „Ger mania" aus Landtayskreiisen geschrieben, daß bei den Re gierungs-Parteien die grundsätzliche Bereitschaft zur Groszen Koalition durchaus vorhanden sei, daß jedoch die Volkspartei in Preußen angesichts der viel ge festigteren Lage der Republik einem Partner gegenüber stünde, dessen staatspolitische Stellung eine gacü andere sec als im Jahre 1924. Trotzdem sei es überflüssig, noch mals auf das nachdrücklichste zu betonen, daß sich dlie Hal tung der Zentrumspartei nicht geändert habe, und blaß sie nach wie vor verhandlnngsbereit fei. Die deutschnativnale Politik habe auf der ganzen Linie versagt und bildet heute keine Gefahr mehr für den Bestand der benachbarten Deutschen Volkspartei. Diese habe gegenüber den Deutsch nationalen «ine taktisch viel vorteil haftere Position als noch im vorigen Jahre. Wir brauchen der Volkspartei keine guten Ratschläge zu geben. Aber ihre Leitung ist zu klug, als daß sie ihr Schicksal mit dem einer im Niedergang begriffenen Partei verbinden könnte. Der Demokratische Aeitungsdienst erfährt au» führenden demokvatischen Landtagskreisen, daß die Partei mit Rücksicht auf ihre schwere Aufgabe Mittler zwischen der bürgerlichen und der sozialdemokratischen Partei zu sein, sich nicht mit einer Aschenbrödelrolle begnügen kann. An dererseits sei sie sich sehr wohl bewußt, daß es nicht an gängig ist, leichtsiunigerweise die Verantwortung abzulehuen, - Abg. Dr. Scholz (Deutsche Volkspartei) schreibt i» der „Königsbcrger Allg. Zeitung": Die Deutsche Volks- Partei kann abwarten, wie die politische» Dinge im Win ter sich entwickeln. Für den Fall der Erweiterung der Koalition (im Reiche) wird sie Garantien dafür verlangen müssen, daß diese eine gewisse Dauer verspricht, daß also in den grundsätzlichen Anschauungen auf nationalem, wirt schaftlichem und außenpolitischem Gebiet eine weitergehend« Uebereinstimmung erzielt wird. Andernfalls sei eine auj kleiner Basis beruhende, aber innerlich gefestigte Regierung vorzuziehen. Die deutschnationale „Deutsche Tageszeitung' (Nr. 442) sieht tu dem Beschlüsse der Deutschen Volks- Partei den Anfang einer unheilvollen Entwicklung nicht nur in Preußen, sondern aller Voraussicht »ach auch im Reich. Weiteste nationale und vor alle» Dingen wirtschaft liche Kreise würden es sicher mit schmerzlichstem Befremden ausnehnren, wenn in derselben Zeit, in der die Rufe dev schwerleidende» Wirtschaft nach Herstellung einer Negierung aus einer von gesunden wirtschaftlichen Auffassungen ge tragenen parlamentarischen Basis immer lauter werden, mg Deutsche Völkspartei die Möglichkeit der Schaffung ein«, solchen Regierungsgrundlage zerschlägt.
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