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Nummer 221 — 28. Jahrgang Gr,ch»tm 8 ma> wS«»n«I. mit den Mustr. »raN«d«tloge» .DI« N»U-und d«k«i»d-rbetlage.Frohmut'. >owt« denr«r«»e»aaen «t. V«mio-Blatt'. .Unterhaltung und Wissen' .Die Welt der «stau». «er,ttt»er Ratgeder' Da» gute »ui»' .Fitmnind. schau'. Monatlicher Ve»«,»»r«t» S MI. elnlchl. Bestellgeld. Kin-elnummer 1V Sonnabend. »«Sonntagnummer UV 1 HauvtschrtMetter! Le.«. L«»e,vk. Dresden. SüchfWe Dienskag.den 24.SeplemberlS2- Weela,»«,», »»«»den Au,ei,»»dretl«, Dir tgewaltene PeM^tle »V ^ Familie» anzetgen u.rtellengesitche »»§. Die VetitreNamezell«. Mnu, breit. I Fs. Für Anzeigen auherhak» de» BrrbieitungSgebtetei diePetttrellamezetlel.ISV^. Brlesgeb.8«^. Fm Fall, hbherer »etvalt erlischt ,ebe «»rpsltchtung aus Lieierimg l»»S Erfüllung v. Anzeigen.AuitrSgen u. Leistung d. Schadenersatz »«schSltticher reit: Art»» Le»z, Dresden. oolrsseiluna <tz«,chitft»ftelle. D»»a ».Verla,, «ermania. A^». ,ür Berlag imd Drutker»«.FU«al» Dresden. DreldenA.1. PolierstrasieN. FernrusSlvIL Postscheck,onto DreSben »703. Bankkonto Etadtbank Dresden Br 8l7l» Für chrisNiche Politik und Kullur Redaktion der «ächsifcheu ivalkszettaaa Dk«»den«iMslaLi l. Polierslrahe >7. Fernru» M7U und 7IM2. l Voreilige Kombinalionen Dresden. 23. September. Der Sächsische Landesdienst des Wolff- schen Telegraphen-Büros gibt an die Presse folgende Mitteilung weiter: „Bischof Dr. Schreiber in Berlin. Dresden. 22. September. Aus Berlin wird uns gemeldet: „In den katholi schen Kirchen Berlins wurde heute ein Hirtenschreiben des Fürstbischofs von Breslau. Kardinal Bertram, ver. lesen, mit dem er sich als Oberhirt von der jetzt selbstän dig gewordenen Diözese Berlin verabschiedet. Mit dem 1. Oktober übernimmt Bischof Dr. Schreiber-Bautzen das Amt des Administrators des neuen Bistums Berlin. Seine Ernennung zum Bischof wird nach Bildung des Domkapitels und der sonstigen Neueinrichtungen für die Diözesanverivaltung erst später erfolgen. Bischof Dr. Schreiber hat bereits die Diözesanverwaltung im Frei staat Sachsen organisiert, steht also in Berlin vor einer ihm schon vertrauten Aufgabe. Seine Wahl zum Leiter der neuen Diözese Berlin erfolgte auf Grund der Bor schläge des Gesamtepiskopates, dessen Bertrauensmann der neue Bischof bei den zukünftigen Verhandlungen der Pischöse mit -en Berliner Regierungsstellen sein wird." Gens. ri. September. Di« allgemeine Aussprache über den englischen Ent- fchließungsantrag z»m Abrüstungsproblem wurde heute vor mittag mit einer Red« des chinesischen Delegierten L « neLing abgeschlossen. Wie gestern die Skandinavier, Ungarn. Oesterreich und Kanada, setzt« sich auch China mit großer Entschiedenheit für denenglischen Antrag ein. Hierauf begründete Polttis (Griechenland) «inen Gegen antrag, den er im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden Benesch «ingebracht hat. Der Gegenantrag erwähnt di« vier englischen Hauptpunkte überhaupt nicht, sondern nimmt lediglich nach Hin weis auf die Aussicht einer baldigen Verständigung über di« See abrüstung von den Erklärungen der verschiedenen Delegationen Kenntnis, die in bezug auf die Grundsätze abgegeben worden waren, von denen sich der Vorbereitungsausschuß bei seinen Schlußberatungen leiten lassen sollte. Der Antrag stellt ferner fest, daß di« Lösung des Abrüstungsproblem» nur auf dem Weg« gegenseitiger Zugeständnisse der Regierungen erreicht werden könne. Laudon, der Präsident des Vorbereitungsausschusses, der diesmal, wie er ausdrücklich erklärt«, im Namen seiner Regierung (t)t sprach, unterstützt den von Politi» ringe« brachten Antrag, dan in ihm die verschiedenen Auffassungen be rücksichtigt werden, vor allem di« Forderung der unbedingt nötigen gegenseitigen Zugeständnisse enthalten sei. Da» dürfe freilich nicht wie bisher rein negativ bleiben und müßte vor allem die Einbeziehung und Herabsetzung der Kriegsmaterialien bezwecken. Auch sei die Schaffung einer internationalen Kon trolle zur Ueberwachung der Durchführung der Abrustungs- konvention nach Auffassung der holländischen Regierung un umgänglich. Die holländische Delegation sei überzeugt, daß die Zeit dränge und nach der Regelung dar See-Abrüstungsfrage nicht versäumt werden dürfe, um di« Abrüstungsvorbereitungen abzuschließen und zu einem allgemeinen Abriistungsabkommen zu gelangen, wie das auch in der holländischen Thronrede vor einigen Tagen zum Ausdruck gekommen fei. Lord RobertEeetl.deram Schluß einer längere« Rede seinen Antrag zugunsten de» griechischen Gegenantrag» zurückzog, charakterisiert« di« Aus- spräche Uber seinen «ntschllrßungsantrag als außerordentlich interessant. Sie Hab« da» ganze Abrüstungsproble« wieder auf geworfen. Die Kritik habe nur dem »ou ihm vorgeschlageuen verfahre« gegolten. Zum vewei, dafür, daß dt« veratuuge« de» «orbertitung»au,schusse» über die i« seinem ««trage er- vähateu vier Punkte nutz »o, alle« über dt« «ekhrüukuui de» An zuständiger Stelle haben wir darüber Erkundi gungen eingezogen, aus denen hervorgeht, datz obige Nachricht des W. S. L., soweit sie den Bischof Dr. Schrei ber angeht, auf Mutmaßungen beruht. Man teilte uns hierzu von maßgebender Stelle folgendes mit: Es ist richtig, daß sich Kardinal und Fürstbischof Bertram gestern, Sonntag, den 22. September, von den seither zum Bistum Breslau gehörigen Katholiken der Delegaturbezlrke Berlin durch ein Hirtenschreiben ver abschiedet hat. Alle anderen Mitteilungen in dem oben mitgeteilten Bericht des Wolffschen Telegrapben-Bllros (Sächsischer Landesdienst) beruhen, soweit die Dinge hier bekannt sind, auf Mutmaßungen. Bischof Dr. Schreiber hat keinerlei amtliche Mitteilung erhalten, daß er am 1. Oktober d. I. das Bistum Berlin übernehmen soll. Auch ist ihm unbekannt, daß er vorläufig als Administrator verwalten wer de. Daß die Wahl des neuen Bischofs von Berlin auf Vor schlag des gesamten deutschen Episkopates erfolgte und daß der neue Bischof Bertrauensmann des deutschen Epi skopates bei den Berliner Regierungsstellen werde, ist hier ebenfalls unbekannt. Kriegsmaterial» noch nicht als abgeschlossen gelten könne, zitiert« er ein« längere Erklärung, die Präsident Luudon im Borbereitungsausschuß in diesem Sinn« abgegeben hatte, und gab seiner Meinung Ausdruck, daß hiermit die Türe svr oie wiederbehandtuug seiner Anträg« osseu- g« bl leben sei. Diese Tür sei durch den griechischen Lntschließungsantrag und die von Politis gegebene Begründung noch weiter geöffnet worden. Die wichtigste Frage bleibe die Beschränkung des Kriegsmaterials, da der Krieg immer mehr zu einem Krieg zwischen Maschinen und immer weniger zu einem Krieg zwischen Menschen werde. Die wichtigsten Punkte seines Antrags seien also vor dem Borbereitungsausschuß noch in dir Schwebe, ein« Auffassung, die auch durch die Aossührun. gen von Politis bestätigt werde. Unter diesen Umständen ver zichte er aus eine Abstimmung über seinen Entschließungsantrag. Er sei dabei allerdings nicht so sicher wie Politis, daß dieser Antrag nicht die Mehrheit des Ausschusses erhalten hätte Um aber die weiteren Arbeiten des Vorbereitungsausschusseg nicht zu belasten und nicht einen offenen Zwiespalt entstehen zu las sen, ziehe er seinen Antrag zurück und nehme den von Politis an. Der französisch« Delegiert« Massigli gab in einer kurzen Erklärung ebenfalls diesem Antrag sein« Zustimmung. Darauf ergriff Graf Bernstorff das Wort zu einer kurzen Rede, in der er betonte, daß er die Annahme der Eecilschen Rrsolution der Annahme der Resolution von Politi» vorgrzogrn hätte. Er stelle aber fest, daß auch diese Rrsolution das Ziel erreicht, daß Lord Robert Ereil in der Vorbereitenden Abrüstungskommisston noch einmal di« Thesen feiner Resolution Vorbringen und zur Diskussion stellen wird. Er sei zwar auch weiterhin der Ansicht, daß der Abbau der ausgebildeten Reserven außerordentlich wichtig sei, doch gebe er Lord Robert Cecil zu, daß bei einer wirklich wesentlichen Einschränkung des Material» diese Frage etwas in oen Hintergrund treten könne. (?) Zu der Resolution des griechischen Delegierten Politi» beantragte Graf Bernstorff eine« Zusatz, in dem der Wunsch der Kommission zum Ausdruck gebracht wird, dem Streben der Völker nach einer ersten Ver wirklichung der im Vülkerbundspakt gegebene» Versprechungen Rechnung zu tragen. Rur mit großem Bedauern kann man auf deutscher Seite von dem Verzicht Tectls auf Abstimmung über seinen Abniftunasvorschlaa Kenntnis nehmen. Aufbau des neuen Europa Von Dr. Ignaz Seipel, österreichischer Bundeskanzler a. D. In der Mitte des Kontinents, wo di« Menschen deutschen Stammes siedeln, ist Europa. Wenn nun gerade wir den Weg nach Europa suchen, so liegt darin das Bekenntnis, daß wir noch nicht in einem höheren Europa sind, daß das künftige Europa entweder elwas Schönes oder etwas Notwendiges ist, das wir austrcben müs sen, wenn wir nicht zugrundegehen wollen Das Europa, „ach dem wir unterwegs sein möchten, ist ein Europa des gesickerten Friedens. Ein friedliches Europa als eine Art Zufallserscheinung oder alz Ermaltungspause zwischen zwei Wasen eines kriegerisch angespann ten und aufgcstachelten Eurozm genügt uns nickt Ei» besseres Europa ist nur ein Europa, das in seiner Organisation. in der dau ernde» Einstellung seiner Bewobner. i„ dem erklärten und durch entsprechende Talsachen verbürgten Willen seiner Staatsmänner die Gewähr des Friedens bietet. Ein friedliches Europa haben sich gewiß die Europäer zu allen Zeilen gcwünichl, und zwar nickt nur die Pazifisten. Wenn darüber eine Abstimmung möglich wäre — aber es müßten auch die Stimme» jener nach nütgezäblt werden können, die längst in den Gräbern Europas ruhen —. dann ergäbe sich aus allen Völkern »ud allen Jahrhunderten eine Zeugenschaft für den Frieden, der nichts widerstehen könnte. Freilich würde eine solche Abstimmung »och immer nicht allzugroßes Gewicht haben, wenn sie eben nur aus Slimmung, aus Sentimentalität beruhte und eine Utopie zum Gegenstand hätte. Zu allem Stimnumgsmäßigc» hinzu sind aber di« Erfahrungen gekommen LLalirscheinlich bulle» vor dem Weltkrieg verschiedene von den Völkern Europas gesagt: Der Krieg ist zwar ei,, Uebel, aber wir werden doch von ihm verschont bleiben. Setz dem Weltkrieg ist es anders Glaubt noch jemand, ein Krieg zwi- schen europäischen Staaten werde isoliert bleiben? In Wahrheit kan» niemand mehr in Europa ans einen dauernden Frieden, auch nur jür sich, rechnen, wen» nicht der Friede für ganz Europa orga nisiert wird. Die Erfahrungen des Weltkrieges sprechen dafür, daß die Friedensfrage Europa ganz besonders, vor allen anderen Kon« lincnlcn angeht. Es ist nicht mehr so, daß ein Krieg nur die Kräfte verhältnisse zwischen den europäischen Völker» verschübe. Aus de» Weltkrieg ist ganz Europa, Sieger und Besiegte und Neutrale, ge« schwächt hervorgegangcn. Soll Europa nickt nur als geographischer, sondern als historischer, politischer, wirtschaftlicher und kultureller Begriff fortbestehen, ohne zu verkümmern, daun darf es nicht mehr durch europäische Kriege sich selbst zerfleischen. Die wirtschaftlich« llebermacht ist dahin, der kulturelle Vorsprung ist nicht «ehr s« groß, daß Europa seiner FriedeiiSarbeit Zeit und Kraft entziehe» dürste Wenn wir inchl ad sichtlich die Augen schließen, dann müsse« wir es sehen, wie die Weit dem Frieden entgegenreist, wie da«, «vatz früher Utopie schien, aushört, Utopie zu sein. Man leugnet zuweile« noch, daß unser« Zeit für di« Organisation des dauernden Friedens reifer sei als die Vergangenheit. Man tut «s mit Unrecht. Di« international« Schiedsgerichtsbarkeit erfüllt seit Jahrzehnten ihre» hohe» Zweck. Sie Hai eine ganze Reihe von Kriegen verhindert^ allerdings nicht alle, allerdings nicht den Weltkrieg. Rach dem Welt krieg ist der Völkerbund geschaffen worden. Er ist eine Enttäuschung nur für jene, di« flm für der weltpolitischen Weisheit letzten Schluß, nicht aber für ein Glied der Entwicklung und eine selbst der Weiter bildung bedürftige» Einrichtung anjabcu. Der Kellogg-Pakt lmt den Krieg geächtet, noch nicht ausgeschlossen, aber auch er ist ein Zeichen der für den Frieden heranreisLnden Zeit. Die Paneuropäische Be wegung ist in die Kopse der Staatsmänner bineingewachsen und er hielt durch di« Aktion des Ministerpräsidenten Briand konkrete Ge stalt. Aber wir sind »och lange nickt am Ziel. Die Voraussetzungen für den Frieden muffen in Europa jetzt geschaffen werden. Di« Schwierigkeiten stammen nicht nur aus der Beschränktheit der Köpse, sondern aus der Größe der Ausgabe. Wir können das neu« Europa nicht im luftleeren Raum schassen: wir könne» nicht das Europa, das di« Jahrtausende ausgezeichnet haben, wegwischen, um den Platz für ein neues freizumachen. Wir wollen es auch gar nicht. Gerade der Eifer, Europa zu ertialten. das zu erhalten, was es ist, ivas es von den anderen Erdteilen unterscheidet, beseelt uns. Europa ist cltvas anderes alz die anderen Kontinente. Europa ist kein Kolo- nistcnland. Es sind nicht die Völker, oder Volksteile, im Besitz einer fertigen Zivilisation, von anderswoher nach Europa gekommen. Sie sind hier geworden, was sie sind. Alle europäischen Völker sind enge miteinanver verwandt und doch — das ist wieder so echt europäisch — ungeheuer differenziert. Es ist eine cinheitiick-e Zivilisation, in der wir Europäer alle leben, die christlich»«, in die sich auch jene ein- gelebt habe», dl« nicht Christen geworden sind, und aus der auch nicht ausschieden, die es nicht mehr sein wollen. Diese Völker l>abcn sich in dem kleinen Europa immer wieder zerstritten, dabei haben sie sich aber auch erst recht zuianimengcstritten. sowohl kriegerisch als diplomatisch. Aus allem Streit, der in der Geschichte Europas ver zeichnet ist, blieb ein Uebcrrcst ungelöster Fragen, der Mangel an einer auch nur halbwegs genügenden Parallelität der nationalen, staatlichen und wirtselmstlicben Verhältnisse, di«, tvenn sie vorher», den märe, allerdings den Europäern das Vertragen und damit die Sicherung des Friedens leicht machte. Aber es ist ihnen eben nicht leicht gemacht. Daher sind wir nicht am Ziel. Der Weg kann nur einer sein: Vertrauen schasse». Viele helfe,, zusammen, di« friedliche Einigung Europas zu ver hindern oder doch zu verlangsamen. Es sind neben denen, die sie überhaupt nicht wollen oder noch immer für unheilbar utopistisch halten, vor allein die Ungeduldigen. Aber ein« Ungeduld, die das Resultat erzwingen oder sich mit einem Scheinerfolg begnügen wollte, anstatt di« nn«ntbehrliche Vorarbeit zu leisten, ist gefährlich. Rückzug Lord Ceells Kompromihvorfchiag Politis — Frankreich stimmt zu — Dernftvrffs Bedauern — Ein gefährlicher Weg