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Sächsische Volkszeitung : 09.08.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-08-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192908098
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19290809
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19290809
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1929
-
Monat
1929-08
- Tag 1929-08-09
-
Monat
1929-08
-
Jahr
1929
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 09.08.1929
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»«mmer 18» Sächsische Dolkszeitung Eine Kiskensabrik und Rohprodukkenhandlung am Freiberger Platz zerstört Durch spielende Kinder verursacht Dresden, 8. August. Am Mittwoch nachmittag brach in dem Hintergebäude Freiberger Platz 23, einem großen Holzschuppen, in dem eine Kistenfabrik und eine Lumpenhandlnng untergrbracht stirb, ein Brand ans. TaS Gebäude mit großen Vorräten an Lumpen, Kisten und vielem Altmaterial brannte i,i ganzer Ausdehnung. Dir Feuerwehr bekämpfte den Brand mit einer groben und elf kleineren Schlauchleitungen. Eine Frau und ein Kind, die sich in dem brcnirenden Gebäude befanden, mußten über Steckleiter» in Sicherheit grbraitst werdrn. Die Dächer der an grenzenden Häuser und zahlreick»« in Nachbargrundstücken stehend« Bäume wurden durch die Hitze in Mitleidenschaft gezogen. Der Brand ist durch zwei Knaben im Alter von 8 und 10 Fakiren ver. vrsacht worden, die mit Streichhölzern gespielt haben. Da dir Po- ktzei infolge des Brandes auf dem Freiberger Platz zu großen Ab sperrungen schreite,, mußte, kam eS auch zu einer längeren Stockung i« Strnßeiibahnverkchr Zu dem iiinerlpilb dieser Woche zweiten Grogs euer in Dresden wird uns weiter gemeldet: zahlreiche Zuschauer am Freiberger Platz und in den benachbarten Straßen ansammeltcn, für di« es aber nur ganz wenig zu sehen gab, weil sich alles hinter hohen Häusern abspielte. Eine Brandnxiche blieb bis Donnerstag vormittag am Platze. Würde der Brand zur Nachtzeit ansgebrochen sein, dann konnte sehr leicht ein wirk liches Großseuer daraus entstehen. » Dieser Brand erinnert an ein recht bedauerliches Unglück, das sich vor nahezu fünfzehn Fahren im Nochbargrundstück Freiberger Platz 21 zugetragen, wo übrigens jetzt auch das Dach des Hinter gebäudes mit Feuer gefangen l>att«. und bei dem der damalige B ra » d i » s p c k > o r Mitlman» anf entletzlichc Weise töd lich verunglückt nxir. Fm August 1911 kurz nach Ansbruch des Weltkrieges war dort ein gefährliches Schadenfeuer entstanden. An dein fraglichen Tage gegen i Uhr morgens erteilte dieser Feuer- wehrbeamle auf dem Dache einige Anweisungen an seine Abteilung, tat dabei nach rückwärts einen Fehltritt >m dstnrzte durch ein«« Lichtschacht vier Stockwerke tief hinab. Brandinspektor Mitmann- fiel im Hofraum mit dem Rücken aus ein eisernes Geläiwer „no zog sich dadurch u. a. eine schwere Verletzung der Wirbelsäule zu, an deren Folgen er bald darauf verstarb. , Brände im Oslerzgebirge Während eines schweren Gewitters schlug in Liebenau, Bezirk Lauenstci» ein Blitz in das im Mitteldorf'e gelegenen Wohn haus des Landwirtes Bruno Fischer und zündete. Binnen weniger Minuten stand das mit Stroh gedeckte Grunostück, auf dessen Boden auch über IttO Zentner Heu lagerten, in Hellen Flammen. ES brannte vollständig nieder. Einiges Mobiliar und das Vieh konnten in Sicherheit gebracht und die angrenzende Scheune vor einem Ucbergrcifcn des Feuers geschützt tverden. Fast zu gleicher Zeit schlug ein Blitz in Hennersdorf, Gendarmcriebezirk Schmiedcberg, in das Wohnhaus des im Ober dorfs gelegenen Gutes von Walter, das ebenfalls »och mit Stroh bedeckt nxir. Auch dieses Gebäude stand in kürzester Zeit ln Hellen Flammen, die in den auf dem Dachboden lagernden Heuvorrälen eine reichliche Nahrung fanden. Der Gutsbesitzer und eine mit im Hause wohnende Familie Krumbiegel erleiden erheblichen Schaden, da nur aus den Erdgeschoßräumcn die Einrichtnngsgcgenstände gt» borge »werden konnten, sonst aber in den obere» Stockwerken alle» vom Feuer vernichtet wurde. Auch dieses Haus brannt« bis otzf die Umfassungsmauern nieder. Das Problem -er christlichen Ehe Eine Stellungnahme -er akademischen Bonifaiius-Einigung auf dem 3. Derbandslag in Würzburg Die Brandstelle liegt in dem Hosviereck, das begrenzt wird vom Freiberger Platz, der Freiberger Straße, Matcrnistraße und Nosenstraß« Der weite Raum ist angcsüllt von undurchdringlichen! Rauch, durch de» Helle Flammen zucken und lodern. Besonders ge fährdet erscheint der lange rückwärtige Flügel des Grundstücks Nr. 23, aus dem die Feuerwehr Frauen und Kinder her an Sh ölen muß, die von den oberen Stockwerken durch den Qualm im Trepiienhaus und in den Zimmer» keinen Ausweg mehv fanden. Dazu kommt di« gewaltige H i tz e c n t w i ckl n n g. Unter ihrer Einwirkung springt der Putz in großen Stücke» von den Außenwänden. Die im benachbarten Schulhofe stehenden Bäume fangen an zu dorren. Explosionsartig wird «ine schöne große Platane von den Flammen eingehüllt und lodert anf wie eine Fackel. Nicht weit von ihr befindet fick ein Apfelbaum, über „ud über beladen mit Früchten. Sie schmoren regelrecht und hängen schließlich, Bratäpfeln gleich, an den verkohlten Zweigen. Die Zahl der springenden Fensterscheiben lies; sich kaum übersehen. Selbst im Erdgeschoß der entfernteren 21. Volksschule bleibt keine der vielen unteren Scheiben heil. Enorme Wassermassen schleudern die zwölf Rohre in die Glut. Man hört das Brechen van Balken, das Einstürzen von Mauern. Der ausgedehnte Brandherd nxir anfänglich in folge der riesige» giaiichcntwickiuiig schwer zu erreichen. Unter der Oberleitung dez BauamtmannS Wolf wurde der Löschangrifs der Feuexwebrabteilungen vom Grundstück Frciberg. Platz 23 aus direkt, vom Nachbargrundstück Nr. 21, vom Hosraum der angrenzende» 21. Volksichnle, sowie von zwei Grundstücken drc Bartholomäistraste anS vorgetragen. An die der Brandstelle am nächsten gelegenen Slrastciiscnerhübne auf dem Freiberger Platz, der Rofeu-, Malerin- u, Llartholomälsiraße wur den zahlreiche Schlauchleitungen angeschlossen und das Wasser unter tekkweiser Mitvcrwcndung der aufgcfabrenc» Motorspritz e u zwecks Verstärkung des Druckes in zehn Rohrleitungen an den Brandherd herangeiülnt. Mitten während der Bekämpfung des Cehadcnscucrs stellte siel, heraus, das; auch das Dach des drei stöckige,, Hintergebäudes i», Grundstück Freiberger Platz 21 mit in Brand gerate» war. Unter Benutzung einer großen meckxnuschen Schiebclcitcr. die im Hofranm zur Ausstellung gelangte, und unter Anwendung einer Schlauchleitung konnte dieser Brand rasch unter drückt werden. Tie umfangreiche Niederlage der Rohproduktcn- lmndlung. die eine Menge leicht brennbarer Rohmaterialien, Papier- abfälle uiw. enthielt, brannte in einer Ausdehnung von 80 Meter Tiefe und 12 Meter Breite vollständig und das angrenzende Kisten lager zum größten Teile ab. Die AblöschungS- und Aufräumrmgsarbeitei, beschäftigten die Feuerwehr noch mehrere Stunden lang. ^Um diese Arbeiten besser bewerkstellige» zu können, hatte man ein Stück Hof mauer der 21. Volksschule umgelegt, hinter der sich die in Brand ge ratenen Niederlagen befanden. Das Anrücken der zahlreichen Fahrzeuge der Feuerwehr, die ungewöhnlich starke Rauchentwicklung bildeten den Anlast, daß sich In den letzten Tagen (vom 2. bis 5. August) fand in L"" q- burg der 3. Verbandstag der A. B. E. statt. Der Zudrang Studenten und Studentinnen war crsreulich groß, etwa 290 aus allen deutschen Gauen. Der gewaltige Vau des neuen Marianhiller Missionsseminars bildete die würdige Um rahmung der Tagung. Der Erfolg der Tagung mar schon gewährleistet durch die Redner, die sich zur Verfügung stellten, welche anerkannte Autoritäten auf diesem Gebiet dnrstellen. Wir lassen ihre Namen hier folgen: 8. Prior Ham menstede 0. 8. 6. — Abtei Maria Laach, Rektor L u tz-Elkeringhaisen, ?. vr. Hugo Laug O. 8. 8., München, Ministerialrat Dr. Meller-Darmstadt, ?. Da- m a s u s Z ä h r i n g e r 0. 8. 8., B euron, Prof. Fr. Keller - Freiburg, ?. Friedrich Mucker mann 8. ck. und Abt Adalbert v. Heipperg O. 8. 8., Neuburg b. Heidelberg. * Es wird heute viel geredet über die sexuelle Frage, nur zu viel. Aber der tiefe sittliche Ernst, die heilige Ehr furcht, mit der hier in diesen Tagen junge Menschen von diesen Dingen gesprochen und gemeinsam um das Ideal gerungen haben, ist anderswo nicht leicht wiederzusinden. Hier folge eine kurze Zusammenfassung des in großem Ernst erörterten Stoffes. Das Geschlechtlich« im Schöpsungsplane Gottes. Das Geschlechtliche ist nicht, wie im Lauf der Jahrhunderte wiederholt behauptet wurde, und vielfach noch heute behauptet wird, etwas Minderwertiges, Eottfeindliches. Im klassischen Schöpsungsbericht der Genesis heistt cs vielmehr: „Mann und Weib, so schuf er sie." Das Geschlechtliche war also u r - sprüngliche Absicht Gottes, es ist die Ofsenbarung göttlicher Weisheit und Liebe. Mann und Weib sind auf ein ander hingeordnet, sie stehen im Spannungsverhältnis, in Polarität. Sie sind aber auch unlöslich verknust zu einer Ein heit, freilich unter Wahrung der persönlichen Eigenart. Diese Polarität bedeutet Teilnahme am Weltgesctz der Lebens dynamik. Wird sie ausgeschaltet, so tritt Erstarrung und Tod ein. — Der Mensch kann das Geschlechtliche seinem persönlichen Herrschaftsbereich eingliedern als ein perfönlich freies, sich selbst bestimmendes Wesen. Das Geschlechtliche ist da her nicht ein unentrinnbares Schicksal, sondern lichte Eottesoffenbarnng vom Lebenssinn. Daraus ergibt sich als Folgerung: 1. Rückhaltlose Bejahung der geschlechtlichen Lcbens- spannuiig! Diese darf nicht auiaekwbeii wervsn durch Ver reugnima, werrnnung werentttmer Mel^rechtsnnteckfchkev«. Solche Versuche müssen anfs schärfste zurückgewiesen werden. Jede Ausschaltung eines natürlichen Eeschlcchtscharaklers ist ein persönlicher und gesellschaftlicher Lebensvcrlust. Seine Eigenart muß sich bewußt in allen Lebensäußerungen auswirken, be sonders in der Kleidung der Geschlechter. 2. Viele Ehen zerbrechen a» einer Mißachtung des Ge schlechts g e h e i m n i ss e s. Die Ehe wird langweilig und zer bricht, wenn durch Unterdrückung oder („kameradschaftliche") Angleichung man soweit kommt, daß das eine dem andern nichts mehr zu sagen hat. Eine Kameradschaftsehe ist etwas Widersinniges. Denn Ehe ist von Natur ans ein Zueinander geordnetsein zweier Menschen. Mann und Frau sind so ver schieden, sich so sehr Geheimnis, das; ein ganzes Leben zu kurz ist, um den anderen zu begreifen. Das hält die Sehnsucht wach, ohne daß die Liebe stirbt. 3. Anerkennung der verschiedenen Lebensauf gaben beider Geschlechter. Heute treten sie sich unter dem Zwang der Verhältnisse aus dom Arbeitsmarkt vielfach feindlich gegenüber. — Rock, schlimmer ist es im Bildungswesen. Ein seitig werden die männlichen Bildungssormen als idealer Maß stab für die weibliche Bildung genommen. Und doch sind beide Geschlechter bestellt als Träger und Hüter ewiger Wechsel beziehung. Darum schärfste Arbeitsteilung der Geschlechter! Eine Kultur, die das ausgleichen will, ist dem Untergang ge weiht Die Frau ist heute ein Mann zweiter Klasse geworden. Nicht Befreiung von der männlichen Herrschaft, sondern vom männlichen Typus, lautet heute die Forderung. Nicht Kampf um Gleichberechtigung, sondern um Eigenart! Die geschlechtliche Polarität drängt auf Vereinigung. Das geschieht in der gott gewollten Form der Ehe, näherhin der christlichen Ehe. Das Ideal der christlichen Ehe. Ideale sind Ideen, die Gott von den Dingen hat. Wir können die großen Opscr in der Ehe nur bringen, wenn höchste ideale Einstellung über alle Schwierigkeiten mit ekstatischer Wucht hinwegträgt. Grundlage ist die Taufe. Der getauft« Mann repräsentiert Christus, wie Christus ja auch ein männ- liches Wesen ist. Die geiauste Iungsrau ist ebenso ein neuer Christus, wie Christus gewissermaßen auch ein weibliches Da sein hat, indem er in der Kirche fortlebt. Christus wählt nun im Sakrament der Ehe einen seiner männlichen Freunde aus und uberträgt auf ihn die ihm selbst zukommenden Anrechte gegenüber der getauften Christin. So „werden gute Ehen im Himmel geschlossen". Christus läßt Ihre Hand aus der seinen in die des Freundes binüberaleiten. Welches Mmterium — Raffaels Schwester-Madonnen In«, Streik um die „Gaeia" Ein alter Kunstgelehrtenstreit scheint entschieden zu sein. Die Madonna von Gaeta soll dt.ni Heiligen Vater zu seinem Priesterjubi läum geschenkt werden als ein echter Naffacl. Wir geben hier einem ^Verteidiger der Echtheit der „M adonna dt Gaeta" das Wort, der vorher schon in der ,.K u n st a u t t i o n" sich zu dem Fall äuherte. Wie bei den meisten dieser Streitfälle ist eine Beweisführung auch hier nicht lückenlos möglich. Aber selbst, wenn sich einmal der Gegenbeweis lückenlos durchführen liehe, so blieb« das dem Heiligen Diäter geschenkte Werk noch ein Kunstwerk von sehr hohem Wert und verdiente unbedingt. Europa erhalten zu werden. In dieser Zeit gewaltigen und gewaltsamen Unrechts er quickt es zu hören, daß ein Jahrhunderte altes Unrecht aus geglichen und gutgemacht ist — wenn auch nur gegen ein Bild! Die Madonna oi Gaeta wird — als echter Raffael anerkannt — ein Geschenk Amerikas an Seine Heiligkeit den Papst in den Vatikan einziehcn. Ihre Schwester-Madonna, die ins Rund gefaßte Madonna aus dem Hause Alba war seit vier Jahrhunderten hochberühmt als ein Werk aus Raffaels römischer Zeit, trotzdem sie sein Signum nicht trug. Sie kam aus dem spanischen Herzogshause Alba über England 1836 für den damals gewaltig hohen Preis von 11V99 Pfund, gleich fast eine viertel Million Mark, in die Petersburger Eremitage. — Die Madonna di Gaeia (bis darauf, daß sie ein „Quadro" von einem Meter Höhe war, ihr pauscgciiau in jeder Hnuptlinie verwandt), blieb länger in der Heimat. Noch Elisabeth von der Necke gab sie als „Perugino" in der stillen Capella De! 'Nobili in Gaeta. Als 1899 die Franzosen Gaeta beschossen, bekam das Bild einen glatten Bruch, der sich gut heilen ließ. Aus Händlerhand er warb e« »er preußische Gesandte am neapolitanischen Hos, Gras Friedrich non Wylich und Lottu m. 1830 kam die „Gaeta" nach Deutschland und hing dann lange im stille» Schloß der Fürsten von Putüus. Sic galt als eine Kopie na ch d er Alba. Trotzdem da» tu hochgeschätzten Büchern stand, wehrte sich schon in den neunziger Jahren der Berliner Porträtmaler vustav Richter tn einer Broschüre dagegen und der gesunde Kunstoerstand steht rasch, daß hier ein verjährter Irrtum walten nuß. Ein Perugino konnte die Madona di Gaeta nicht sein — un, Raffael» Willmit Dar bätte dann nämlich ein Werk »Ines Meisters pausegenau in der Atva als eigenes Werk aus- zegeben, Die Ilebernahme von Einzelheiten galt damals für mlässig. Dies wäre auch dem Cincqnecento als Diebstahl er- ichienen. Und eine Kopie nach der „Alba"? Da hätte der Kopist den reifen römischen Stil in Raffaels umbrisch-floren- llnischem Frllhstil auch in der Farbe zurückkopiert und sie auster- >em mit einer Fülle von Einzelheiten. Bäumchen im Hinter- grnnoe. mehr Viumeii im Vordergründe ansgestattet. Weicher Kopist kann und tut das? Die gründliche Bildvergleichung, die 1923 mit Professor A. Lückes Forschungsarbeit einsetztc, ergab dann auch, daß die Gaeta ein Original sein müsse. Sogenannte „Neuezüge', d. h. Veränderungen und Uebermalungen, die natürlich kein Kopist nötig hat, sondern nur der Schaffende, waren festzustcllen. Die ungleich größere Naturnähe wies beim Jesus- und Iohannesknaben auf Modell-, bei den Pflanzen auf Natur- studien. So stand es, als sich Ende 1921 Raffael gleichsam selbst aus dem Grabe meldete und die echte Tochterschaft der Gaeta be zeugte. Unbildlich gesprochen Professor Stllckelberg in Basel, ein erster Sachkenner, fand im goldenen Ornament eines uns so recht vor die Augen hingelegten Ecwandsaumes, daß die Madonna di Gaeta im Gegensatz zur Alba signiert sei. Das San P, gleich Sanzio, Perugia ist dem bloßen Auge sichtbar und das R. am Anfang ist — ein gemalter Scherz — in der Biegung der Falte nur halb zu sehen, während das A. und wieder das V. deutlich Kästchen. Das war ein gewaltiger Schritt vorwärts, der auch dadurch, daß F. Hermanin. der Direktor der römi schen staatlichen Kunstmuseen, sich 1925, in einem Sonderheft der Zeitschrift für bildende Kunst für die Echtheit der Gaeta cin- setztc, festen Boden bekam. Nun schien sich das Blatt zu wenden. War die Gaeta das erste frühe Original aus Raffaels vor römischer Zeit, in der er noch innig vertieft unter erstem Ein- slusse Michel Angelas aus bis ins letzte durchdachten Teilen ein in sich vollkommenes Ganzes schuf: Was war dann die ilst- signierte Alba? Eine Kopie? Maltcchnische Untersuchungen Professor A. Lüdkes in Petersburg haben ergeben, was ich aus früherer Kenntnis des Werkes immer angenommen habe, daß auch die Alba ein zweites Original von Raffaels eigener Hand ist, das er unter Benutzung einer Pause mit kühler Sicherheit im Geiste seines gewandelten Tonsinns und Seelenwillens vollendete. Zum Glück der Alba besitzen wir aukerdem die Zwischenali-d«r. di« Vor arbeiten zu der Umwandlung vom x-mavro zum Tonoo. cri». große cklereckige Zeichnung mit Zeichen der Pausnadel im Late ran, die ich für die Arbeit eines Rasfaelschlllcrs halte, den er vielleicht nach Gaeta geschickt hat, läßt schon die für das ge plante Tondo überflüssigen Bäume des Hintergrundes fort, lockt die Haare des Icsnsknaben reicher, wie cs dann auch aus dem Tondo geschieht und deutet den Fuß des Johannes, der nicht mit ins Rund kam, kaum an. Eine kleine Raffaelskizze (in Lille bewahrt) aber versucht zunächst mit Aenderungen des Motivs eine wirkliche Rundkomposition vorzubilden, ebenso wie ein« Randskizze des gleichen Blattes das Sedia-Motiv ins Viereck umzusormen sich bemüht. Das schließt die Kette, und wir sehen den Vorgang als hätten wir ihn miterlebt. Der tn Rom mit Aufträgen über häufte Künstler steht dann doch von der Umbildung in eine wirk liche Rundkomposition ab und läßt die Pause des Quadro, die inverkennbare Dreieckskomposition, a-3 dar Tondo nbertraoen. rvovel ver Johannes seinen Fuß einbnßt. Das ist einer der stärksten Beweise dafür, daß die Gaeta das erste Original ist: sie ist eine mathematisch strenge Dreieckskomposition, die ins Quadrat gehört. Vollste Klarheit aber über den genauesten Zusammenhang der beiden Bilder gab uns Proscssor Lüdke in gemeinsamer Arbeit mit Direktor E. W a I d m a n n , Bremen, erst in der englischen für Amerika erschienenen Gaeta-Publikation. die auch die Fülle der Sachverständigen-Gutachten bringt. Die Linien der Gestalten und der Hintergründe waren zwar genau gleich, aber die Pause ergab, scharf rechtwinklig aufgelegt, falsch« Schnittpunkte. Erst als Professor Lüdke die Pause etwa- nack links verschob, so daß sie rechts ein Segment des Tono »ich! mehr deckte und damit auch da, Hauot der Madonna etwa: weiter nach links gerückt wurde, und als er zweitens di» Basis linie nicht mehr genau horizontal legte, sondern recht» ein wenig auswärts schob, erst da war der umgekehrt unmöglich» genau-' Pausenzusammenhang hergestellt und alle Schnittpunkte sttmm- ten überein. Wenn es sich nicht um ein „Tableau" handelte möchte man hier Tableau! sagen. Wie genau und sicher di» Stilvergleichung mit anderen Werken aus Raffaels Frühzeit die Madonna dl Gaeta In sein Gesamtwerk einordnct, kann ich hier nicht darlcgen. Dt» Haupt beweise genügen, um diesen Triumph fachwissenschastlicher Arbeit zu belegen, und das Interesse, das der Vatikan und di« väost- licke Kunstverwattuna unter Direktor^N o a a r a. der sich rast
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